TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/30 W200 2220472-1

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Veröffentlicht am 30.10.2020
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Entscheidungsdatum

30.10.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W200 2220472-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband (KOBV), Lange Gasse 53, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (SMS) vom 25.04.2019, Zl. 19455520500024, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 28.01.2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass. Den Antrag angeschlossen war ein Konvolut medizinischer - konkret hämatologischer, labormedizinischer, neurologischer, internistischer, radiologischer - Befunde sowie Arztbriefe über diverse stationäre Spitalsaufenthalte.

Das vom Sozialministeriumservice eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 von 100. Zum Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, dem Ein- und Aussteigen sowie dem sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel führte der Allgemeinmediziner aus, dass durch die festgestellten Defizite, insbesondere eine neurologische Erkrankung sowie ein Zustand nach Hüftgelenksersatz rechts, mit erhaltener Kraft der Arme und der linken unteren Extremität ohne wesentliche kardiorespiratorische Leistungseinschränkung weder die Gehleistung noch die Beweglichkeit der Arme maßgeblich eingeschränkt seien, sodass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erheblich erschwert sei. Ein Rollator werde zwar verwendet, dessen Notwendigkeit sei jedoch nicht ausreichend begründbar.

In einer Stellungnahme im gewährten Parteiengehör wurde moniert, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage sei, eine Wegstrecke von 300 bis 400 Meter zurückzulegen. Die bestehende Hüftschädigung rechts führe zu einer neuerlichen Operation, die vom Sachverständigen nicht mitberücksichtigt worden sei. Der Stellungnahme angeschlossen waren abermals diverse medizinische Unterlagen.

In einer Stellungnahme blieb der befasste Allgemeinmediziner bei seiner Einschätzung und mit Bescheid vom 25.04.2019 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wurde unter Anschluss medizinischer Unterlagen Beschwerde erhoben sowie ein Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt über die Gewährung von Pflegegeld in der Höhe der Stufe 3 vorgelegt.

In weiterer Folge befand sich die Beschwerdeführerin wegen diverser Hüftoperationen in spitalsärztlicher Behandlung. Das schließlich erst im September 2020 eingeholte orthopädische Sachverständigengutachten vom 28.09.2020 gestaltete sich wie folgt:

„Vorgelegte, neue orthopädisch/unfallchirurgisch relevante Befunde:

Im Akt Abl. 94-107 - teilweise vor/nach Neuerungsstichtag. Mitgebracht nach Neuerungsstichtag Bericht Orthopädie Speising 2/2020 und 4/2020

Relevante Anamnese:

2017 HTEP rechts mit Schaftsprengung,8/2018 Schaftwechsel.

Stiff person-Syndrom.

Z.n.Bandscheibeneingriff C5/6

Nach Stellungnahme Dris XXXX : 9.6.2019 Ausbau der HTEP bei Infekt, Anlegen einer Girdlestone-Hüfte Orthopädie Speising.

28.6.2019 Reimplantation der Hüfte Orthopädie Speising.

16.9,2019 wieder Ausbau der Prothese bei Infekt.

1/2020    neuerlich Spacereinbau-Prostalac.

Hüftverrenkungen mit Spacer.

8-9/2020  Rehabilitation in Bad Ischl.

Jetzt neuerlich Reimplantation der rechten Hüfte-Bringt Röntgenbilder mit vom

17.8.2020 Orthopädie Speising:

Revisionsprothese rechts mit Pressfit-Pfanne und Schrauben, der Trochanter major fehlend, Beinverkürzung.

Jetzige Beschwerden:

Ich habe oft Muskelkrämpfe, das rechte Bein ist steif. Die Halswirbelsäule ist oft verspannt. Ich kann das rechte Bein schlecht benutzen.

Die rechte Hüfte ist nach den vielen Eingriffen schlecht beweglich, derzeit kann ich ohne Rollator nur sehr geringe Strecken gehen, dann mit einer Krücke und Begleitung.

Sozialanamnese: verheiratet, in Pension.

Allgemeiner Status:

159 cm große und 80 kg schwere Frau in gutem Allgemein- und Ernährungszustand. Thorax symmetrisch.

Relevanter Status:

Wirbelsäule im Lot. HWS in R 50-0-50, F 10-0-10, KJA 1 cm, Reklination 14 cm. Normale Brustkyphose, BWS-drehung 20-0-20, Schober Zeichen nicht prüfbar, FKBA und Seitneigung nicht prüfbar.

Obere Extremitäten:

Schultern in S 40-0-160, F 160-0-50, R 60-0-60, Ellbogen 0-0-130, Handgelenke 50-0-50, Faustschluß beidseits möglich.

Nacken- und Kreuzgriff durchführbar.

Untere Extremitäten:

Hüftgelenke in S rechts 0-0-35 zu links 0-0-100, F rechts wackelsteif zu links 300-20, R rechts wackelsteif zu links 25-0-10, Kniegelenke in S rechts 0-0-40 zu links 0-0-125. Sprunggelenke rechts 0-10-40 zu links 10-0-45.

Gangbild/Mobilität:

Gang in Straßenschuhen mit Rollator möglich. Zehenspitzen- und Fersenstand nicht möglich. Rechtes Bein wird gering belastet.

BEURTEILUNG

Ad 1)

1.       schweres Funktionsdefizit der rechten Hüfte, Zustand nach vielfachen Eingriffen, 2x Ausbau wegen Infekts; zuletzt Revisionshüftendoprothese

2.       Stiff person-Syndrom

3.       degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Zustand nach Bandscheibeneingriff C5/6

4.       Hypertonie

5.       Polymyalgie rheumatica

6.       Faktor V Leiden

Ad2/3)

Leiden 1 ist derzeit schweren Grades und war es retrospektiv gesehen damals auch. Zum Zeitpunkt der Stellungnahme war der septische Zustand nicht bekannt

In Zusammenwirken mit dem Leiden 2 ergibt sich:

Es bestehen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten.

Die BF hatte für viele Monate einen Platzhalter im Hüftgelenk bei chronischem Entzündungszustand.

Es bestanden damals sicher starke Schmerzen beim Benützen von ÖVM-septischer Zustand, zusammen mit dem stiff person syndrom ist/war weder die Gehstrecke ausreichend noch das sichere Benützen garantiert.

Ad4) Es ist eine Veränderung zum Gutachten erster Instanz objektivierbar.

Zum Zeitpunkt der Stellungnahme war das Leidensbild nicht bekannt und somit auch nicht dokumentiert, aber knapp 6 Wochen nach der Stellungnahme war der erste Hüftausbau, dann begann ein langer „Leidensweg".

Es ist davon auszugehen, dass das Leiden spätestens zum Zeitpunkt der Stellungnahme bestanden hat.“

Im gewährten Parteiengehör wurden keine Stellungnahmen abgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 50 von Hundert.

1.2.    Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.

1.2.1.  Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

Klinischer Status – orthopädischer/unfallchirurgischer Status:

Obere Extremitäten:

Schultern in S 40-0-160, F 160-0-50, R 60-0-60, Ellbogen 0-0-130, Handgelenke 50-0-50, Faustschluß beidseits möglich. Nacken- und Kreuzgriff durchführbar.

Untere Extremitäten:

Hüftgelenke in S rechts 0-0-35 zu links 0-0-100, F rechts wackelsteif zu links 300-20, R rechts wackelsteif zu links 25-0-10, Kniegelenke in S rechts 0-0-40 zu links 0-0-125. Sprunggelenke rechts 0-10-40 zu links 10-0-45.

Gangbild/Mobilität:

Gang in Straßenschuhen mit Rollator möglich. Zehenspitzen- und Fersenstand nicht möglich. Rechtes Bein wird gering belastet.

Funktionseinschränkungen: schweres Funktionsdefizit der rechten Hüfte, Zustand nach vielfachen Eingriffen, 2x Ausbau wegen Infekts; zuletzt Revisionshüftendoprothese; Stiff person-Syndrom; degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Zustand nach Bandscheibeneingriff C5/6; Hypertonie; Polymyalgie rheumatica; Faktor V Leiden

1.2.2.  Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Es liegen erhebliche Funktionsstörungen der unteren Extremitäten vor. Es bestehen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten.

Die Beschwerdeführerin hatte für viele Monate einen Platzhalter im Hüftgelenk bei chronischem Entzündungszustand.

Es bestanden damals sicher starke Schmerzen beim Benützen von öffentlichen Verkehrsmitteln. Durch den septischen Zustand, zusammen mit dem stiff person syndrom ist/war weder die Gehstrecke ausreichend noch das sichere Benützen garantiert.

Es besteht eine erhebliche Einschränkung der Mobilität durch die festgestellten Funktionseinschränkungen

2. Beweiswürdigung:

Zur Klärung des Sachverhaltes holte das BVwG ein fachärztliches Gutachten ein, in dem der Zustand der Beschwerdeführerin im Detail dargelegt und sehr wohl ein Hindernis für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt wurde. Die Leiden führen laut Gutachten nachvollziehbar zu Funktionsbeeinträchtigungen der unteren Extremitäten, die die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken. Insbesondere wurde auf die starken Schmerzen beim Benützen von öffentlichen Verkehrsmitteln sowie die Nicht- Ausreichende-Gehstrecke und das Nicht-Sichere-Benützen-Können der öffentlichen Verkehrsmittel hingewiesen, dies insbesondere aufgrund des septischen Zustandes der Hüfte in Verbindung mit dem Stiff person Syndrom.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vom BVwG eingeholten Sachverständigengutachtens. Dieses wurde daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:

Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 ist die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-         erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-         erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-         erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen oder
-         eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-         eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 wird ausgeführt:

Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Beurteilungskriterien zur Frage „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ sind Funktionseinschränkungen relevant, die die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Als Aktionsradius ist eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 200 bis 300 m anzunehmen.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Alle therapeutischen Möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des behandelnden Arztes/der behandelnden Ärztin ist nicht ausreichend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen. Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)

Bei der Beschwerdeführerin liegen – wie bereits ausgeführt - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen ein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar." rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. (§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. (§ 24 Abs. 2 Z.1 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Zur Klärung des Sachverhaltes war vom BVwG ein fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt worden. In dem vorzitierten Gutachten wurde der Zustand der Beschwerdeführerin im Detail dargelegt und das Vorliegen der Voraussetzungen – konkret das Vorliegen erheblicher Funktionseinschränkungen – für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung festgestellt.

Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde das Sachverständigengutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Unzumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W200.2220472.1.00

Im RIS seit

04.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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