TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/3 W141 2230451-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.11.2020
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Entscheidungsdatum

03.11.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W141 2230451-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX ,
geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch RA Mag. Nicole DUPONT, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom 22.10.2019, OB: 86368759600047, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Die Beschwerdeführerin hat am 11.04.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvoluts einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass sowie einen Antrag auf Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass und Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung gestellt

1.1.    Zur Überprüfung des Antrages wurden von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 05.06.2019, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen.

1.2.    Mit Schreiben vom 13.08.2019 wurde der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und ihr im Rahmen des gemäß § 45 AVG erteilten Parteiengehör die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme einzubringen.

1.3.    Mit Schreiben vom 10.09.2019 hat die bevollmächtigte Vertreterin der Beschwerdeführerin eine schriftliche Stellungnahme eingebracht. Unter Vorlage eines Befundkonvolutes nimmt diese zum Sachverständigengutachten ausführlich Stellung und beschreibt, dass die Diagnose Autoimmuncerebellitis darin gänzlich unbeachtet blieb. Neben den vorgelegten Blutbefunden zur Untermauerung der Immunsupression sei auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin sich wöchentlich einer Blutwäsche unterziehen müsse, im Gutachten nicht aufgenommen worden. Entgegen den Feststellungen im Sachverständigengutachten sei es sehr wohl zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin gekommen und auch die Angabe, es läge bei der Beschwerdeführerin keine erhebliche Einschränkung des Immunsystems vor, sei gänzlich unrichtig. Die Haupterkrankung der Beschwerdeführerin sei eine undifferenzierte Kollagenose mit Beteiligung des Zentralnervensystems in Form einer rezidivierenden Kleinhirnentzündung.

1.4.    Zur Überprüfung der vorgebrachten Einwendungen wurde von der belangten Behörde eine ärztliche Stellungnahme vom 22.10.2019 des Allgemeinmediziners mit dem Ergebnis eingeholt, dass die vorgebrachten Einwendungen nicht geeignet seien, um das Begutachtungsergebnis zu entkräften.

1.5.    Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.

Dem Bescheid war das Sachverständigengutachten beigelegt.

2.       Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertreterin der Beschwerdeführerin am 04.12.2019 Beschwerde erhoben. Unter Vorlage weiterer Beweismittel wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das Gutachten, auf welches die belangte Behörde ihre Entscheidung begründet, fehlerhaft sei und evidente Befunde übersehe. Weiters wird zu den einzelnen Positionen im Sachverständigengutachten ausführlich Stellung genommen und behauptete Fehlerhaftigkeiten wurden detailliert erläutert.

2.1.    Zur Überprüfung der vorgebrachten Einwendungen wurde von der belangten Behörde ein weiteres Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin vom 15.01.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen, der Beschwerdeführerin ist das Benützen von öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar.

3.       Mit Schreiben vom 22.04.2020 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

4.1.    Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 09.06.2020, sowie ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 06.07.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist und die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vorliegen.

4.2.    Mit Schreiben vom 26.08.2020 wurde den Parteien vom Bundesverwaltungsgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen.

Weder von Seiten der belangten Behörde noch von Seiten der Beschwerdeführerin wurde eine Stellungnahme eingebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.

1.       Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem, für die Entscheidung maßgeblichen, Sachverhalt aus.

1.1.    Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses.

1.2.    Zur beantragten Zusatzeintragung:

Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

1.2.1. Art der Funktionseinschränkungen:

-        Kollagenose unter hochgradiger immunssuppressiver Therapie – Immunapharese

-        Sek Raynaud Syndrom

-        Mikroangiopathie, ANA pos Anti Mi 2 pos

-        Hypokomplementämie

-        Autoimmuncerebellities

-        Ösophagusmotilitätsstörung - Müdigkeit, diätetische Maßnahmen, iatrogene Hypoimmunglobulinämie

-        Hyperlipidämie mit Lipidapharese

-        Asthma bronchiale

-        Zöliakie

-        heterozygote APC Resistenz

-        PCO

-        substituierte Hyperthyreose

-        Pityriasis vesicolor

1.2.2.   Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Größe: 173 cm Gewicht: 68 kg

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf frei beweglich, Hirnnerven: rotatorischer Nystagmus beim Blick nach rechts, keine Doppelbilder
Hörvermögen gut, Sehvermögen: unauffällig
Hals: keine vergrößerten Lymphknoten tastbar, Schilddrüse schluckverschieblich, Herz: Herztöne rhythmisch, rein, normofrequent,
Lunge: Vesiculäratmen, keine Rasselgeräusche, Lungenbasen verschieblich Bauch: weich, kein Druckschmerz, keine Abwehrspannung,
Leber und Milz nicht tastbar,
WS: unauffällig

OE: frei, Nacken und Schürzengriff möglich, grobe Kraft seitengleich
Schulter: frei beweglich
EBO und Handgelenke: frei beweglich
Finger: frei beweglich, OSJ

UE: Hüfte und Knie: unauffällige Beweglichkeit keine Ödembildung, auffallender feinschlägiger Tremor, Muskelkraft seitengleich abgeschwächt

Neurologisch:

Rechtshänder, umgelernt von links.

Hirnnerven: rotatorischer Nystagmus beim Blick nach rechts, keine Doppelbilder, Visus ausreichend, sonst soweit prüfbar altersgemäß, Sprache derzeit unaufällig

Obere Extremitäten: Tonus, grobe Kraft und Sensibilität distal bds unauffällig, leichte Dysbradydiadochokinese bds, Finger-Nase-Versuch bds leicht zielunsicher. Muskeleigenreflexe bds mittellebhaft auslösbar.

Untere Extremitäten: Tonus, Trophik, grobe Kraft und Sensibilität bds normal, leichte Koordinationsstörung, KHV bds etwas verwackelt, MER bds abgeschwächt Wirbelsäule: keine paravertebrale Verspannung

Gesamtmobilität - Gangbild:

Gang etwas breitbeinig, ataktisches Gangbild, ausreichend sicher und stabil. Keine Fallneigung, Zehenspitzen- und Fersengang nicht möglich.

Psychiatrischer Status:

Reaktiv dysthym, rezidivierende Depressionen, Schlaf: v.a. Durchschlafprobleme, Gedankenkreisen, Zustand nach Kindheitstrauma mit offenbar Flashbacks (AST wird bei Ansprache daraufhin sehr weinerlich)

1.2.3. Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Aufgrund der Kollagenose mit etablierter immunsuppressiver Therapie unter Bedachtnahme des insgesamt reduzierten Allgemeinzustandes und der eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit ist das Zurücklegen einer Wegstrecke im üblichen Ausmaß nicht mehr zumutbar. Es ist der Beschwerdeführerin nicht möglich eine Wegstrecke von 300 bis 400m in 10 min uneingeschränkt und ohne Pause zurückzulegen. Aufgrund der Grunderkrankung per se sollen Ansammlungen von Menschen gemieden werden und eine Teilnahme am öffentlichen Leben ist nur in eingeschränktem Maße möglich. Der Beschwerdeführerin ist der Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zumutbar.

1.3.    Der Antrag auf Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ist am 11.04.2019 bei der belangten Behörde eingelangt.

1.4.    Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift und den dieser beigelegten Beweismittel am 22.04.2020 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

2.       Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“.

Zu 1.1) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich – in freier Beweiswürdigung – in nachstehend ausgeführtem Umfang auf den vorgelegten und eingeholten Beweismitteln.

Die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten sind schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen.

Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befunden, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen. Diese stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis der eingeholten Sachverständigengutachten, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und es enthält auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Der Inhalt der Gutachten aus dem Fachbereichen Innere Medizin und Rheumatologie bzw. Neurologie und Psychiatrie wurden auch im Rahmen des Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie hält in ihrem Gutachten bezüglich der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel fest, dass aus rein nervenfachärztlicher Sicht die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel noch zumutbar ist, da keine maßgebenden Lähmungen und auch keine nennenswerten Einschränkungen an den oberen oder unteren Extremitäten bestehen. Der Gang ist ausreichend sicher und stabil, es kann auch noch eine längere Gehstrecke problemlos ohne erhöhte Sturzgefahr zurückgelegt werden. Die körperliche Belastbarkeit ist aus rein neurologischer Sicht nur geringgradig reduziert. Aus psychischer Sicht besteht eine reaktive Depression, aber auch eine posttraumatische Belastungsstörung nach Kindheitstrauma. Eine Sozialphobie, Klaustrophobie bzw. höhergradige Angststörung liegt aber nicht vor. Es besteht auch keine höhergradige Sehbehinderung, durch den Nystagmus ist das Sehen lediglich beim Blick nach rechts eingeschränkt, was das Autofahren einschränkt bzw laut Angabe nicht mehr möglich macht.

Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie merkt jedoch zu ihren medizinischen Ausführungen plausibel und nachvollziehbar an, dass die Beurteilung der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel aus neurologischer Sicht noch nicht abschließend ist und die Einschränkungen infolge der immunsuppressiven Therapie durch das internistische Gutachten zu klären sind.

Die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie führte im Sachverständigengutachten aus, dass keine erhebliche Bewegungseinschränkung der unteren Extremitäten bei der Beschwerdeführerin vorliegen, die Gelenke sind stabil und gut beweglich, relevante Ödembildung findet sich nicht, die Muskelkraft ist seitengleich abgeschwächt.

Die medizinische Sachverständige führte weiters aus, dass aufgrund der bekannten Kollagenose mit etablierter immunsuppressiver Therapie eine wesentliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vorliegt. Allerdings finden sich keine cardiologischen oder pulmologischen Einschränkungen im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Die Fachärztin für Rheumatologie und Innere Medizin erläutert klar und schlüssig, dass bei der Beschwerdeführerin eine chronische Erkrankung mit andauernder hochgradiger immunsuppressiver Therapie besteht. Die regelmäßig erforderliche Immunapharese (Blutwäsche) führt zu einer wesentlich erhöhten Infektanfälligkeit und zusätzlich besteht noch eine medikamentöse immunsuppressive Therapie. Die Intervalle der Immunapharese belaufen sich auf drei Wochen und somit besteht aus medizinischer Sicht eine andauernde erhöhte Infektanfälligkeit.

Des Weiteren hält die Sachverständige unmissverständlich fest, dass aufgrund der Grunderkrankung per se Ansammlungen von Menschen gemieden werden sollen und eine Teilnahme am öffentlichen Leben nur in eingeschränktem Maße möglich ist. Unter Berücksichtigung des insgesamt reduzierten Allgemeinzustandes bei schwerer Kollagenose und der eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit ist der Beschwerdeführerin daher weder das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300 bis 400m innerhalb von 10 Minuten, noch der Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel zumutbar.

Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Die Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Angaben der Beschwerdeführerin in der Beschwerde und die vorgelegten Befunde waren sohin geeignet, dass der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten zu entkräften und eine geänderte Beurteilung herbeizuführen.

Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.1.

Zu 1.3.) Der Antrag auf Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 11.04.2019 auf.

Zu 1.4.) Das Schreiben mit welchem die Beschwerdevorlage durch die belangte Behörde erfolgt ist weist am Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes das Datum 22.04.2020 auf.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)
1.         Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen im Falle des Eintretens von Änderungen durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen. (§ 43 Abs. 1 BBG)

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 46 BBG idF des BGBl. Nr. 57/2015 dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-        erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-        erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-        erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-        eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-        eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):

Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensations-möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-        arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-        Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-        hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-        Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-        COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-        Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-        mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung“ regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128 und die dort angeführte Vorjudikatur sowie VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242 und 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009,
Zl. 2007/11/0080).

Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 – 400 m ausgeht (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014).

Aufgrund der Grunderkrankung mit wesentlicher Reduktion des Allgemeinzustandes ist die Beschwerdeführerin nicht mehr in der Lage eine Wegstrecke von 300 bis 400m in 10 min ohne Pause zurückzulegen sowie ist ihr der Transport in öffentlichen Verkehrsmittel nicht zumutbar.

Unter Verweis auf die zuvor wiedergegebenen Ausführungen in den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sowie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ist der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen ein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung „Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
2.         Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher vom Bundesverwaltungsgericht ein ärztliches Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich Neurologie und Psychiatrie sowie ein weiteres ärztliches Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich Innere Medizin und Rheumatologie, beide basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde sowohl von der Beschwerdeführerin bzw. ihrer bevollmächtigten Vertreterin als auch von der belangten Behörde zur Kenntnis genommen. Das Beschwerdevorbringen war – wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt – geeignet, relevante Bedenken an den Feststellungen der belangten Behörde hervorzurufen. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt und es resultiert daraus die geänderte Beurteilung. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Unzumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W141.2230451.1.00

Im RIS seit

04.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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