TE Vwgh Erkenntnis 1997/7/17 96/18/0355

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Veröffentlicht am 17.07.1997
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Index

19/05 Menschenrechte;
20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

EheG §23;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 5. Juni 1996, Zl. SD 328/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 5. Juni 1996, wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer befinde sich seit seiner illegalen Einreise am 30. Oktober 1992 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet. Er sei wegen dieses illegalen Aufenthaltes und wegen der illegalen Einreise bereits einmal (3. Dezember 1992), rechtskräftig bestraft worden. Während seines illegalen Aufenthaltes in Österreich habe er am 5. Jänner 1993 eine namentlich angeführte österreichische Staatsangehörige vor dem Standesamt Wien-Floridsdorf geheiratet. Mit Hilfe der Heiratsurkunde habe er am 5. Jänner 1993 beim Arbeitsamt Lebensmittel in Wien einen Befreiungsschein beantragt, der ihm am 12. Jänner 1993 ausgestellt worden sei. Laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Wien vom 18. September 1995 sei wegen der vom Beschwerdeführer mit der österreichsischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe beim Bezirksgericht Donaustadt eine Ehenichtigkeitsklage gemäß § 23 EheG anhängig.

Der Beschwerdeführer behaupte, sich in Österreich nicht unberechtigt aufzuhalten, weil er entsprechend den fremdengesetzlichen Normen berechtigt wäre, auch von Österreich aus eine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen, und weil ihm diese grundsätzlich zu erteilen wäre. Er wäre von der belangten Behörde aufgefordert worden, die Beantragung der Aufenthaltsgenehmigung nachzuweisen. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer nicht einmal den Nachweis für die Stellung eines solchen Antrages erbracht habe, könnte ihm diese auch gar keine (vorläufige) Aufenthaltsberechtigung verschaffen.

Gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1992 seien Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten; hiebei sei auf § 19 FrG Bedacht zu nehmen. Der durch die Ausweisung bewirkte Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers werde dadurch relativiert, daß dieser illegal in das Bundesgebiet eingereist sei, sich hier seit seiner Einreise illegal aufhalte und die von ihm geschlossene Ehe aus dem Blickwinkel des anhängigen Ehenichtigkeitsverfahrens zu betrachten sei, womit zumindest feststehe, daß derzeit eine Ehegemeinschaft nicht bestehe. Der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers sei im Hinblick auf die Ziele von Art. 8 Abs. 2 MRK (hier: ein geordnetes Fremdenwesen als Teil der öffentlichen Ordnung) dringend geboten. Im Ausweisungsverfahren sei die Tatsache, daß der Berufungswerber im Besitz eines Befreiungsscheines sei und derzeit in einem aufrechten Dienstverhältnis ein monatliches Nettoeinkommen von S 14.000,-- erziele, unbeachtlich.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer seit seiner illegalen Einreise am 30. Oktober 1992 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen hegt der Gerichtshof gegen diese Beurteilung keine Bedenken. Die Behörde hatte demnach - vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 FrG - die Ausweisung im Grunde des § 17 Abs. 1 leg. cit. zu verfügen.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, das beim Bezirksgericht Donaustadt anhängige Verfahren wegen Ehenichtigkeit bedeute nicht, daß die vom Staatsanwalt behauptete Ehenichtigkeit tatsächlich vorliege. Solange eine rechtskräftige Entscheidung in dieser Angelegenheit nicht vorliege, sei daher eine Ausweisung "im Sinne eines Rechtsstaates" nicht möglich.

2.2. Die belangte Behörde kam - unter der Annahme des Vorliegens eines im Sinne des § 19 FrG relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers durch diese Maßnahme - zu dem Ergebnis, daß die Ausweisung nach dieser Bestimmung dringend geboten sei. Diese Beurteilung ist unbedenklich. Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. April 1997, Zl. 97/18/0171, mwN). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse wurde durch den Beschwerdeführer auf Grund seines zur Gänze und bereits ca. 3 3/4 Jahre währenden unrechtmäßigen Aufenthaltes in gravierender Weise beeinträchtigt. Dem stehen die in ihrer Gesamtheit keineswegs stark ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers gegenüber. Das Gewicht der Ehe des Beschwerdeführers wird dadurch relativiert, daß sie während des unrechtmäßigen Aufenthaltes geschlossen wurde und - was in der Beschwerde nicht bestritten wird - keine eheliche Lebensgemeinschaft besteht. Daß das Ehenichtigkeitsverfahren im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war, stand jedenfalls einer Entscheidung über die Ausweisung nicht entgegen.

3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996180355.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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