TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/29 W211 2221963-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.07.2020
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Entscheidungsdatum

29.07.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
DSG §1
DSGVO Art21
DSGVO Art6
GBG 1955 §7

Spruch

W211 2221963-1/3E

Im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Barbara SIMMA LL.M. als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Margareta MAYER-HAINZ und den fachkundigen Laienrichter Dr. Ulrich E. ZELLENBERG als Beisitzerin und Beisitzer über die Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch Brand Rechtsanwälte GmbH, gegen Spruchpunkt 1. des Bescheides der Datenschutzbehörde vom XXXX , Zl. XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheids wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass dieser zu lauten hat:

„Die Beschwerde wird hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung abgewiesen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am XXXX 2019 brachte die mitbeteiligte Partei eine Beschwerde nach dem Datenschutzgesetz (DSG) ein, worin zusammengefasst vorgebracht wurde, die (nunmehrige) Beschwerdeführerin habe der mitbeteiligten Partei bereits mehrmals, zuletzt am XXXX 2018, an deren Privatadresse Briefe gesendet, in denen sie Interesse am Erwerb der Liegenschaft der mitbeteiligten Partei bekundet habe. Im Hinblick auf die wiederholte Zusendung derartiger Schreiben sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin personenbezogene Daten der mitbeteiligten Partei schon seit längerer Zeit dauerhaft verarbeite. Die mitbeteiligte Partei habe daher die Beschwerdeführerin am XXXX 2018 gemäß Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) um Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten ersucht und, da sie der Auffassung sei, dass gegebenenfalls durchgeführte Datenverarbeitungen unzulässig seien, gemäß Art 17 DSGVO die Löschung gefordert. Die Beschwerdeführerin habe hierauf nicht reagiert. Ein berechtigtes Interesse iSd Art. 6 lit f DSGVO könne nicht existieren. Zwar möge die Beschwerdeführerin ein legitimes Interesse haben, Eigentümer_innen von Liegenschaften, an deren Erwerb sie interessiert sei, einmalig zu kontaktieren, um deren Verkaufsabsichten zu ergründen, ein Recht auf länger währende Datenverarbeitung resultiere daraus jedoch nicht. Das Ignorieren des Auskunftsbegehrens bilde einen Verstoß gegen Art. 12 und 15 DSGVO. Die Beschwerdeführerin habe darüber hinaus die mitbeteiligte Partei nicht gemäß Art. 14 DSGVO über die nicht bei der mitbeteiligten Partei erhobenen personenbezogenen Daten informiert. Der Datenschutzbeschwerde beigefügt waren Schreiben der Beschwerdeführerin vom XXXX 2017, XXXX 2017 und XXXX 2018, in welchen sich diese nach einem eventuellen Verkaufsinteresse der mitbeteiligten Partei erkundigte sowie ein an die Beschwerdeführerin gerichtetes Email der mitbeteiligten Partei vom XXXX 2018, das einen Antrag auf Löschung ihrer personenbezogenen Daten enthielt.

2. Mit Schreiben vom XXXX 2019 führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe das Email der mitbeteiligten Partei vom XXXX 2018 inklusive Antrag auf Auskunft bzw. Löschung von personenbezogenen Daten gemäß Art. 17 DSGVO erhalten. Durch ein internes Fehlverhalten sei das Schreiben leider unbeantwortet geblieben. Der Stellungnahme beigefügt war ein an die mitbeteiligte Partei gerichtetes Schreiben der Beschwerdeführerin desselben Tages, in dem dem Antrag auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO nachgekommen und der mitbeteiligten Partei mitgeteilt wurde, dass eine Löschung ihrer personenbezogenen Daten erfolgt sei.

3. Mit Schreiben vom XXXX 2019 erklärte die mitbeteiligte Partei, dass sie die von der Beschwerdeführerin erteilte Auskunft über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten für ausreichend halte und sie die durch Nichterteilung der Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO begangene Rechtsverletzung damit als beseitigt betrachte. Anderes gelte im Zusammenhang mit den geltend gemachten Verstößen gegen die Informationspflichten gemäß Art. 13 und 14 DSGVO und gegen das Recht auf Geheimhaltung durch unrechtmäßige Datenverarbeitung: Die geltend gemachten Rechtsverletzungen seien durch die ohne (ausreichende) Rechtsgrundlage bzw. ohne Information der mitbeteiligten Partei durchgeführten Datenverarbeitungen bereits endgültig eingetreten. Auch durch die nachträgliche Löschung ließen sich diese Rechtsverletzungen somit nicht beseitigen, da es sich, anders als bei der Verletzung des Auskunftsrechts, nicht um einen Dauertatbestand handle.

4. Mit Erledigung vom 25.03.2019 stellte die Datenschutzbehörde das Verfahren betreffend eine Verletzung des Rechts auf Auskunft aufgrund nachträglicher Beseitigung der Rechtsverletzung gemäß § 24 Abs. 6 DSG formlos ein und teilte den Verfahrensparteien mit, dass über die geltend gemachten Verletzungen im Recht auf Geheimhaltung und der Informationspflichten in einem gesonderten Bescheid abgesprochen werde.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX 2019 sprach die Datenschutzbehörde aus,

dass die Beschwerdeführerin die mitbeteiligte Partei dadurch in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt habe, indem sie ihre personenbezogenen Daten aus dem Grundbuch ermittelt und diese sodann dreimal zwecks möglicher Akquisition einer Liegenschaft per Brief kontaktiert habe (Spruchpunkt 1.).

Weiter wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin ihre Informationspflichten dahingehend verletzt habe, als sie der mitbeteiligten Partei die in Spruchpunkt 3 aufgezählten Informationen nicht erteilt habe (Spruchpunkt 2.).

Der Beschwerdeführerin wurde sodann aufgetragen, innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Exekution der mitbeteiligten Partei folgende Informationen zu erteilen (Spruchpunkt 3.): a. die Rechtsgrundlage für die erfolgte Verarbeitung der personenbezogenen Daten der mitbeteiligten Partei (Art. 14 Abs. 1 lit c DSGVO), b. die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer (Art. 14 Abs. 2 lit a DSGVO), c. sollte die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der mitbeteiligten Partei auf Art. 6 Abs. 1 lit f DSGVO beruhen, die berechtigten Interessen, die von der Beschwerdeführerin bei der Verarbeitung verfolgt worden seien (Art. 14 Abs. 2 lit b DSGVO).

Im Übrigen wurde die Beschwerde betreffend eine Verletzung der Informationspflichten abgewiesen, weil die mitbeteiligte Partei über die geltend gemachten Informationen nach Art. 14 Abs. 1 lit d, e und f und Abs. 2 lit c, e und f DSGVO iSd Art. 14 Abs. 5 lit a DSGVO bereits verfüge (Spruchpunkt 4.).

Begründend wurde ausgeführt, dass, wenngleich es sich beim Grundbuch um ein öffentliches Register handle, nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) dies nicht bedeute, dass die dem Register zu entnehmenden Tatsachen allgemein bekannt oder auch nur gerichtskundig seien, weshalb nicht schlichtweg von allgemein verfügbaren Daten iSd § 1 Abs. 1 DSG gesprochen werden könne. Nach der Rechtsprechung der Datenschutzbehörde sei die ganz generelle Annahme des Nichtvorliegens einer Verletzung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen für zulässigerweise veröffentlichte Daten auch nicht mit den Bestimmungen der DSGVO vereinbar. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass sich die vorliegende Verwendung der personenbezogenen Daten aus dem Grundbuch nicht auf die bloße Reproduktion beschränke, sondern die Daten zur möglichen Akquise von Liegenschaften im Rahmen des Gewerbes als Immobilientreuhänderin verwendet würden. Bei dieser Verknüpfung handle es sich um eine Verarbeitung gemäß Art. 4 Z 2 DSGVO, die stets eines Erlaubnistatbestandes nach der DSGVO bedürfe. Im vorliegenden Fall komme eine Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung aufgrund überwiegender berechtigter Interessen in Betracht, wobei aufgrund des Umstands, dass die personenbezogenen Daten der mitbeteiligten Partei bereits im Grundbuch öffentlich zugänglich seien, grundsätzlich von einer geringeren Schutzwürdigkeit auszugehen sei. Die mitbeteiligte Partei habe ein Interesse daran, dass ihre personenbezogenen Daten nicht dauerhaft zum Zwecke regelmäßiger Anfragen betreffend einen allfälligen Grundstücksverkauf durch die Beschwerdeführerin verarbeitet würden. Demgegenüber stehe das Interesse der Beschwerdeführerin als Immobilientreuhänderin, u.a. durch Ankauf sowie die Bewirtschaftung von (land-) wirtschaftlichen Flächen laufend neue Liegenschaften bzw. Grundstücke zu erwerben, die aus ihrer Sicht von wirtschaftlichem Interesse seien. Insgesamt komme die Datenschutzbehörde zu dem Ergebnis, dass eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung vorliege, da aufgrund der unverhältnismäßigen dreimaligen Kontaktierung innerhalb von einem Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr zur Ermittlung von Kaufabsichten insgesamt die berechtigten Interessen der mitbeteiligten Partei gegenüber den Interessen der Beschwerdeführerin überwiegen würden. Die Datenschutzbehörde hielt in diesem Zusammenhang ausdrücklich fest, dass eine bloß einmalige Anfrage zur Erkundung des Verkaufsinteresses verhältnismäßig sei. Zu den von der mitbeteiligten Partei behaupteten nicht erteilten Informationen nach Art. 14 Abs. 1 lit c, d, e, f und Abs. 2 lit. a, b, c, e, f DSGVO wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin weder in einer der drei Anfragen per Post, noch in der erteilten Auskunft vom XXXX 2019 oder zu einem sonstigen Zeitpunkt über die Rechtsgrundlage der gegenständlichen Datenverarbeitung informiert habe. Mit Auskunft vom XXXX 2019 sei der mitbeteiligten Partei mitgeteilt worden, dass ihr Name, ihre Adresse und ihre Email-Adresse von der Beschwerdeführerin verarbeitet würden. Weiter sei ihr mitgeteilt worden, dass keine Weiterübermittlung ihrer personenbezogenen Daten erfolge. Nach Art. 14 Abs. 2 DSGVO seien zusätzliche Informationen zu erteilen, wenn dies erforderlich erscheine, um der betroffenen Person gegenüber eine faire und transparente Verarbeitung zu gewährleisten: Im gegenständlichen Fall erscheine es im Hinblick auf Fairness und Transparenz erforderlich, dass die Beschwerdeführerin der mitbeteiligten Partei die Dauer, für die ihre personenbezogenen Daten gespeichert würden, oder falls dies nicht möglich sei, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer gemäß Art. 14 Abs. 2 lit a DSGVO mitteile. Auch erscheine es erforderlich, der mitbeteiligten Partei die berechtigten Interessen bekanntzugeben, sollte eine Verarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 lit f DSGVO beruhen, damit sich diese iSd Erwägungsgrundes 63 der DSGVO ein Bild über die Verarbeitung machen und die Rechtmäßigkeit überprüfen könne. Wenn die mitbeteiligte Partei ausführe, ihr seien die Informationen nach Art. 14 Abs. 2 lit c und d DSGVO (Bestehen eines Rechts auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung der Verarbeitung und Widerspruch bzw. Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde) nicht erteilt worden, sei festzuhalten, dass die mitbeteiligte Partei über diese Informationen verfüge und als Rechtsanwalt bereits zwei dieser Rechte geltend gemacht habe.

6. In ihrer gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides der Datenschutzbehörde gerichteten Beschwerde vom XXXX 2019 führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie auch Bauträger sei und zu diesem Zweck Grundstücke ankaufe sowie anschließend Wohnungen verkaufe bzw. vermiete. Die Beschwerdeführerin habe der mitbeteiligten Partei am XXXX 2018 (gemeint wohl XXXX 2017) einen Brief persönlich zugeschickt, der unbeantwortet geblieben sei. Es sei für die Beschwerdeführerin somit unklar gewesen, ob die mitbeteiligte Partei das Schreiben nicht erhalten, oder keine Verkaufsabsicht gehabt habe. Es entspreche der Erfahrung der Beschwerdeführerin, dass selbst wenn eine Verkaufsabsicht bestehe, ein_e Liegenschaftseigentümer_in nicht von sich aus tätig werde, sondern zwei- oder dreimal erinnert werden müsse. Oft werde auch durch das erstmalige Anschreiben ein Denkanstoß bei einem/einer Liegenschaftseigentümer_in bewirkt. Im vorliegenden Fall hätte, wenn die mitbeteiligte Partei erklärt hätte, dass sie keine Kontaktaufnahme wünsche, eine sofortige Löschung stattgefunden, nachdem dies jedoch nicht der Fall gewesen sei, sei für die Beschwerdeführerin erst nach der dritten Anschrift klar gewesen, dass die mitbeteiligte Partei kein Interesse habe einen Kaufvertrag abzuschließen. Das Grundbuch sei ein öffentliches Register, in das jede_r zu jeder Zeit Einsicht nehmen könne, ohne Interessen der im Grundbuch aufscheinenden Berechtigten und Verpflichteten zu verletzen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides führe die Datenschutzbehörde aus, zulässigerweise veröffentlichte Daten seien mit einem neuen Element verknüpft worden und vermeine, dass durch eine Kombination von öffentlich zugänglichen Daten mit anderen Daten die Zulässigkeit ihrer Verwendung völlig neu zu überprüfen sei. Gerade dies sei gegenständlich jedoch nicht der Fall, da Name und Postanschrift der mitbeteiligten Partei exakt wie aus dem Grundbuch entnommen verwendet worden seien. Der Verweis auf den Bescheid vom 15.01.2019 (GZ DSB-D123.527/0004-DSB/2018) könne ebenfalls nicht zur Begründung herangezogen werden, da in jenem Fall die Datensätze ISd § 27 Abs. 1 ÄrzteG 1998 mit der Möglichkeit der Abgabe einer Bewertung sowie eines Erfahrungsberichts kombiniert worden seien, wodurch ein informationeller Mehrwert entstanden sei und neue - über die Datensätze gemäß § 27 Abs. 1 ÄrzteG 1998 hinausgehende - personenbezogene Daten eines Beschwerdeführers verarbeitet worden seien. Der gegenständliche Fall sei damit nicht vergleichbar, weil öffentlich zugänglichen Daten aus dem Grundbuch völlig unverändert verwendet worden seien. Als Rechtfertigungsgrundlage für die Verarbeitung könne Art 6 Abs. 1 lit f DSGVO herangezogen werden. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung der Datenschutzbehörde sei unzureichend und unrichtig begründet. Bei richtiger Durchführung hätte sie zum Ergebnis kommen müssen, dass die Interessen oder Rechte der mitbeteiligten Partei nicht überwiegen würden. Das berechtigte Interesse der Beschwerdeführerin als Bauträgerin bestehe darin, neue Liegenschaften zu erwerben, um diese zu bebauen und Wohnungen zu vermieten oder zu verkaufen. In diesem Zusammenhang sei zu ergänzen, dass sich das Geschäftsinteresse, Liegenschaften anzukaufen, um Wohnungen zu errichten, mit dem öffentlichen Interesse decke, in XXXX mehr Wohnraum zu schaffen. Weiter sei anzuführen, dass gemäß Erwägungsgrund 47 der DSGVO die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung sei. Unter Zugrundelegung der Definition in Art. 2 lit a der EU-Richtlinie 2006/114/EG von Werbung sei die verfahrensgegenständliche Verarbeitung unzweifelhaft darunter zu subsumieren. Das Risiko und der Schweregrad der Konsequenzen der Datenverarbeitung für die betroffene Person sei im Rahmen einer Folgenabschätzung als äußerst gering einzustufen. Es würden weiter nur Name und Postanschrift verarbeitet, und die Daten würden nicht weitergegeben, veröffentlicht oder mit anderen Daten verknüpft, sondern ausschließlich zum Zweck verwendet, zu erkunden, ob eine interessante Liegenschaft angekauft werden könne. Diese Daten würden überdies nur so lange gespeichert, bis die Beschwerdeführerin positive Kenntnis habe, dass eine interessante Liegenschaft vom/von einer gegenwärtigen Eigentümer_in nicht verkauft werde. Außerdem habe es die mitbeteiligte Partei jederzeit selbst in der Hand, eine weitere Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu beenden, indem sie mitteile, am Verkauf nicht interessiert zu sein, oder der Datenverarbeitung widerspreche. Dies habe die mitbeteiligte Partei jedoch nicht getan.

7. Mit Schreiben vom XXXX 2019 legte die Datenschutzbehörde den Akt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Immobilientreuhänderin und Bauträgerin. Sie kauft zu diesem Zweck Grundstücke an und bebaut diese mit Wohnungen, die sie anschließend verkauft bzw. vermietet.

Die Beschwerdeführerin hat das Grundbuch zur Liegenschaft der mitbeteiligten Partei in XXXX abgefragt und auf diese Weise die dazugehörigen Kontaktdaten der mitbeteiligten Partei in Erfahrung gebracht. In weiterer Folge verwendete die Beschwerdeführerin die aus dem Grundbuch erhobenen Daten (Grundbuchauszug), um die mitbeteiligte Partei zwecks eines möglichen Ankaufs der genannten Liegenschaft dreimal mit Schreiben vom XXXX 2017, vom XXXX 2017 sowie vom XXXX 2018 postalisch zu kontaktieren.

Die Kontaktdaten der mitbeteiligten Partei wurden zu keinem anderen Zweck verwendet.

Mit Schreiben vom XXXX 2018 übermittelte die mitbeteiligte Partei der Beschwerdeführerin Anträge auf Auskunft und Löschung ihrer personenbezogenen Daten. Diese Anträge blieben zunächst unbeantwortet. Im Laufe des Verfahrens vor der Datenschutzbehörde erteilte die Beschwerdeführerin der mitbeteiligten Partei mit Schreiben vom XXXX 2019 Auskunft und teilte mit, dass sie ihre personenbezogenen Daten gelöscht habe, woraufhin das Verfahren betreffend eine geltend gemachte Verletzung im Recht auf Auskunft von der Datenschutzbehörde formlos eingestellt wurde.

Mit angefochtenem Bescheid vom XXXX 2019 sprach die Datenschutzbehörde u.a. aus, dass die Beschwerdeführerin die mitbeteiligte Partei dadurch in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt habe, indem sie ihre personenbezogenen Daten aus dem Grundbuch ermittelt und diese sodann dreimal zwecks möglicher Akquisition einer Liegenschaft per Brief kontaktiert hat (Spruchpunkt 1.).

Die Beschwerde vom XXXX 2019 richtet sich ausschließlich gegen Spruchpunkt 1. des Bescheides der Datenschutzbehörde vom XXXX 2019.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind nicht strittig. Der maßgebliche Sachverhalt konnte aufgrund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Rechtsgrundlagen:

§ 1 des Bundesgesetzes zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz - DSG) lautet (in Auszügen):

(Verfassungsbestimmung)

Grundrecht auf Datenschutz

§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

[…]

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung - DSGVO), lauten:

Artikel 6 Rechtmäßigkeit der Verarbeitung

(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:

a) – e) […]

f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.

[…]

Artikel 21 Widerspruchsrecht

(1) Die betroffene Person hat das Recht, aus Gründen, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben, jederzeit gegen die Verarbeitung sie betreffender personenbezogener Daten, die aufgrund von Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben e oder f erfolgt, Widerspruch einzulegen; dies gilt auch für ein auf diese Bestimmungen gestütztes Profiling. Der Verantwortliche verarbeitet die personenbezogenen Daten nicht mehr, es sei denn, er kann zwingende schutzwürdige Gründe für die Verarbeitung nachweisen, die die Interessen, Rechte und Freiheiten der betroffenen Person überwiegen, oder die Verarbeitung dient der Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen.

(2) Werden personenbezogene Daten verarbeitet, um Direktwerbung zu betreiben, so hat die betroffene Person das Recht, jederzeit Widerspruch gegen die Verarbeitung sie betreffender personenbezogener Daten zum Zwecke derartiger Werbung einzulegen; dies gilt auch für das Profiling, soweit es mit solcher Direktwerbung in Verbindung steht.

(3) Widerspricht die betroffene Person der Verarbeitung für Zwecke der Direktwerbung, so werden die personenbezogenen Daten nicht mehr für diese Zwecke verarbeitet.

(4) Die betroffene Person muss spätestens zum Zeitpunkt der ersten Kommunikation mit ihr ausdrücklich auf das in den Absätzen 1 und 2 genannte Recht hingewiesen werden; dieser Hinweis hat in einer verständlichen und von anderen Informationen getrennten Form zu erfolgen.

[…]

§ 7 des Allgemeinen Grundbuchgesetzes 1955 (GBG 1955) lautet:

§ 7 (1) Das Grundbuch ist öffentlich.

(2) Jedermann kann das Grundbuch in Gegenwart eines Grundbuchsbeamten einsehen und Abschriften oder Auszüge daraus erheben; der Grundbuchsführer hat sie zu erteilen.

2. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf den gegenständlichen Sachverhalt:

Bei den von der Beschwerdeführerin verwendeten Daten aus dem Grundbuch handelt es sich zweifelfrei um personenbezogene Daten iSd Art. 4 Z 1 DSGVO. Gemäß § 7 GBG 1955 ist das Grundbuch öffentlich, und jede_r kann dieses in Gegenwart eines Grundbuchsbeamten/einer Grundbuchsbeamtin einsehen und Abschriften oder Auszüge daraus erheben. Nach § 1 Abs. 1 DSG ist das Bestehen eines schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresses ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf Betroffene einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

Verweist die Datenschutzbehörde im angefochtenen Bescheid auf die Rechtsprechung des OGH, wonach die dem Register zu entnehmenden Tatsachen nicht allgemein bekannt oder auch nur gerichtskundig sind, und schließt aus diesem Umstand, dass bei Grundbuchsdaten nicht schlichtweg von allgemein verfügbaren Daten iSd § 1 Abs. 1 DSG gesprochen werden könne, so kann diese Ansicht durch das Bundesverwaltungsgericht nicht geteilt werden.

Öffentlich zugänglich sind Daten, wenn sie der Allgemeinheit oder zumindest einem größeren Personenkreis zur Verfügung stehen, also allgemein verfügbar sind. Die allgemeine Verfügbarkeit ist dabei als rechtliche und nicht als faktische zu verstehen. Entscheidend ist, ob ein entsprechend großer Kreis von Personen auf Daten zugreifen darf, nicht, ob er es kann. Ein entsprechend großer Kreis von Abfrageberechtigten und die Tatsache, dass im Einzelfall nicht geprüft wird, ob ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme besteht, reichen aus, um Daten als öffentlich zugänglich zu qualifizieren. Das Grundbuch gilt dabei gerade als Musterbeispiel einer öffentlich zugänglichen Datei und zeigt, dass auch eine Kostenersatz- und Identifizierungspflicht nicht zwingend dazu führen muss, dass Daten nicht öffentlich zugänglich sind (Löffler in Knyrim, DatKomm Art 89 DSGVO Rz 65 (Stand 1.10.2018, rdb.at)).

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits im Jahr 1992 (zur Bestimmung des § 1 DSG 1978) klargestellt hat, dass Voraussetzung für einen Grundrechtsanspruch nach § 1 DSG das Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses ist. Keine Schutzwürdigkeit komme demnach Informationen aus öffentlichen Büchern, wie zB dem Grundbuch oder dem Firmenbuch, zu (VwGH 19.02.1992, 90/12/0267).

Vor diesem Hintergrund kann aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts daher kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei Daten aus dem Grundbuch um allgemein verfügbaren Daten iSd § 1 Abs. 1 DSG handelt.

In weiterer Folge wird aber nicht übersehen, dass, wie die Datenschutzbehörde im angefochtenen Bescheid richtig anmerkt, die generelle Annahme des Nichtvorliegens einer Verletzung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen für zulässigerweise veröffentlichte Daten wohl nicht mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar erscheint. Etwa bejahte der Europäische Gerichtshof bereits im Jahr 2008 für öffentlich zugängliche Daten einen Anwendungsbereich des europäischen Datenschutzregimes – hier gemäß Richtlinie 95/46/EG (vgl. EuGH 16.12.2008, C73/07 Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia; wobei dieser Fall die öffentlichen Daten von Steuerbehörden betraf, nämlich den Namen und Vornamen von ca. 1,2 Mio natürlichen Personen, deren Einkommen aus Kapital und Erwerbstätigkeit und Angaben zur Besteuerung ihres Vermögens).

Dennoch ist davon auszugehen, dass nur bei bloßer Reproduktion von "allgemein zugänglichen Daten" ohne Generierung neuer Information tatsächlich eine mangelnde Schutzwürdigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 DSG anzunehmen ist. Dies deshalb, da eine Datenanwendung, die öffentliche Daten weiterverwendet, eher selten aus der ausschließlichen Duplikation von bereits veröffentlichten Daten besteht, da regelmäßig schon aus wirtschaftlichen Gründen ein informationeller Mehrwert erzeugt werden muss, und sei es auch nur zB durch eine neue Systematik des Informationsangebots oder durch Kombination von unterschiedlichen öffentlich zugänglichen Daten oder von öffentlich zugänglichen Daten mit anderen Daten. Falls dadurch "neue" Daten entstehen, ist die Zulässigkeit ihrer Verwendung völlig neu nach den Bestimmungen des DSG zu prüfen (vgl. zur Rechtslage nach dem DSG 2000 Kotschy in Jahnel (Hrsg), Datenschutzrecht und EGovernment Jahrbuch 2012, S. 46f).

Das Grundbuch als für jeden und jede einsehbares Register, das Aufzeichnungen über die jeweiligen Rechtsverhältnisse verschiedener Personen an einem Grundstück enthält, erleichtert den wirtschaftlichen Verkehr, spart Kosten, fördert die wirtschaftliche Entwicklung und gewährt Rechtssicherheit (vgl. Höller/Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 Vor § 1 GBG (Stand 1.9.2016, rdb.at)).

Im vorliegenden Fall wurden die Grundbuchsdaten der mitbeteiligten Partei durch die Beschwerdeführerin für insgesamt drei Schreiben verwendet, um die Verkaufsabsichten der mitbeteiligten Partei zu eruieren. Damit trat eine Änderung des Verwendungszwecks der aus dem Grundbuch erhobenen Daten der mitbeteiligten Partei ein, womit die verfahrensgegenständliche Verarbeitung auf eine eventuelle Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung nach § 1 DSG geprüft werden kann.

Als Rechtfertigungsgrund kommt dabei eine Datenverarbeitung aufgrund überwiegender berechtigter Interessen iSd § 1 Abs. 2 DSG in Frage, wobei eine Abwägung zwischen den Interessen der mitbeteiligen Partei und jenen der Beschwerdeführerin vorzunehmen ist. Aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit der DSGVO ist eine unionsrechtskonforme Interpretation des § 1 DSG geboten (Lachmayer in Knyrim, DatKomm Art 1 DSGVO Rz 70 (Stand 1.12.2018, rdb.at)), weshalb gegenständlich Art. 6 lit f DSGVO (erforderliche Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des/der Verantwortlichen oder eines/einer Dritten) zur Auslegung heranzuziehen ist.

Zunächst ist der Ansicht der Datenschutzbehörde zuzustimmen, dass die personenbezogenen Daten der mitbeteiligten Partei im Grundbuch öffentlich zugänglich sind und es sich dabei um keine besonders schutzwürdigen Daten iSd § 1 Abs. 2 zweiter Satz DSG bzw. sensible Daten iSd Art. 9 DSGVO und auch um keine strafrechtlich relevanten Daten iSd Art. 10 DSGVO handelt, weswegen grundsätzlich von einer herabgesetzten Schutzwürdigkeit auszugehen ist.

Jedoch besteht seitens der mitbeteiligten Partei ein Interesse daran, dass ihre personenbezogenen Daten nicht regelmäßig zum Zwecke von Anfragen betreffend einen allfälligen Grundstücksverkauf durch die Beschwerdeführerin verarbeitet werden. Andererseits muss beachtet werden, dass die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin als Immobilientreuhänderin und Bauträgerin u.a. darin besteht, neue Liegenschaften bzw. Grundstücke zu erwerben, die aus ihrer Sicht von wirtschaftlichem Interesse sind.

Verweist die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde darauf, dass die Tätigkeit des Anschreibens potentieller Grundstücksverkäufer_innen als Direktwerbung iSd DSGVO zu verstehen sei, die gemäß Erwägungsgrund 47 eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung gemäß Art. 6 lit f DSGVO darstelle, ist anzumerken, dass der Begriff der Direktwerbung weder in der DSGVO noch im TKG 2003 näher definiert ist. Nach der Rechtsprechung zu § 107 TKG 2003 ist unter dem Begriff „Direktwerbung“ jeder Inhalt zu verstehen, der für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee einschließlich bestimmter politischer Anliegen wirbt oder dafür Argumente liefert. Zudem hat der OGH wiederholt die Auffassung vertreten, dass der Begriff der „Direktwerbung“ weit auszulegen ist. Er erfasst jede elektronische Post, die für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee wirbt oder dafür Argumente liefert; darunter fällt etwa auch jede Maßnahme, die dazu dient, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen, wobei auch schon die Anregung zur Inanspruchnahme bestimmter Leistungen diesem Begriff unterstellt werden kann. Entgeltlichkeit ist nicht erforderlich (Haidinger in Knyrim, DatKomm Art 21 DSGVO Rz 33 (Stand 1.10.2018, rdb.at)). Die Kontaktierung von Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern zum Zweck des Erwerbes von Liegenschaften kann daher durchaus als Direktwerbung und somit als berechtigtes Interesse nach Art. 6 lit f DSGVO angesehen werden.

Ein Vorliegen eines derartigen berechtigten Interesses entbindet jedoch nicht von einer weiter vorzunehmenden Interessensabwägung: Verfahrensgegenständlich kontaktierte die Beschwerdeführerin die mitbeteiligte Partei insgesamt drei Mal postalisch, wobei zwei Schreiben innerhalb des kurzen Zeitraumes von einem Monat verschickt wurden. Wenn nun die Datenschutzbehörde im angefochtenen Bescheid ausführt, dass eine Kontaktaufnahme zweimal innerhalb eines Monats und insgesamt dreimal in etwas mehr als einem Jahr als unverhältnismäßig und über die Manifestation eines berechtigten Interesses hinausgehend anzusehen ist, so kann dieser Einschätzung nicht gefolgt werden. Es wird dabei vom erkennenden Senat nicht übersehen, dass gegenständlich die Beschwerdeführerin mehrmalig mit der mitbeteiligten Partei Kontakt aufnahm; dennoch kann in der Zusendung von insgesamt drei Schreiben an die öffentlich durch das Grundbuch zugängliche Adresse der mitbeteiligten Partei innerhalb von etwas mehr als einem Jahr keine unverhältnismäßige Verwendung jener – öffentlich zugänglichen – Daten gesehen werden. Bei Gegenüberstellung der Interessen der Parteien dahingehend, dass die Beschwerdeführerin ihr wirtschaftliches Unternehmensziel mit Komponenten des öffentlichen Interesses an der Schaffung von Wohnraum im Rahmen der in den Erläuterungen der DSGVO ausdrücklich erwähnten Direktwerbung unter Zugrundelegung öffentlich zugänglicher Daten wahrnimmt, während die mitbeteiligte Partei im Rahmen dieser Verwendung ihrer öffentlich zugänglichen Daten insgesamt drei unaufgeforderte Briefe im Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr erhielt, so kann von einem Überwiegen der Interessen der mitbeteiligten Partei gegenwärtig nicht gesprochen werden.

Damit kommt der erkennende Senat in Bezug auf die in die Prüfung miteinzubeziehenden Faktoren a) der grundsätzlich allgemeinen Verfügbarkeit der gegenständlich in Frage stehenden Daten, b) der konkreten Nennung eines berechtigten Interesses an der Möglichkeit der Vornahme von Direktwerbung im Erwägungsgrund 47 der DSGVO selbst sowie c) der geringen Schwere des mit den drei Schreiben im Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr einhergehenden Eingriffs in die Rechte der mitbeteiligten Partei in der vorzunehmenden Interessensabwägung zu einer anderen Gewichtung als die Datenschutzbehörde.

Nur ergänzend wird festgehalten, dass gerade beim gegenständlichen Ausgang des Beschwerdeverfahrens – nach einer Interessensabwägung im Einzelfall – die Bedeutung der Einhaltung der Informationspflichten nach den Art. 13 und 14 DSGVO herausgestrichen werden muss, um Betroffenen Transparenz über die Verarbeitung ihrer Daten zu gewähren und ihnen die Wahrnehmung ihrer Rechte zu ermöglichen. Die diesbezüglichen Unterlassungen der Beschwerdeführerin wurden in den nicht angefochtenen Spruchpunkten 2. und 3. des Bescheids vom XXXX bereits - richtigerweise - ausdrücklich festgehalten.

3. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall kann das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Beschwerde aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin geklärt ist. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als unrichtig. Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über Rechtsfragen zu erkennen (vgl. EGMR 05.09.2002, Appl. Nr. 42057/98, Speil/Österreich). Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).

Im Übrigen wurde von den Parteien eine mündliche Beschwerdeverhandlung nicht beantragt.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs unter anderem dazu fehlt, ob die Änderung des Verwendungszwecks von Grundbuchsdaten eine entsprechende Verknüpfung von Daten darstellt, die einen Rechtfertigungstatbestand erforderlich macht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Datenschutz Datenschutzbehörde Datenschutzbeschwerde Datenschutzverfahren Datenverarbeitung Datenverarbeitungszweck Datenverwendung Datenzugriff Direktwerbung Geheimhaltung Geheimhaltungsinteresse Grundbuch Interessenabwägung Liegenschaftserwerb Liegenschaftsveräußerung personenbezogene Daten Rechtsfrage Revision zulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W211.2221963.1.00

Im RIS seit

28.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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