TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/20 W227 2233327-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2020
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Entscheidungsdatum

20.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
C-SchVO 2020/21 §2 Abs1
C-SchVO 2020/21 §6 Abs1
C-SchVO 2020/21 §9 Abs1
Leistungsbeurteilungsverordnung §14 Abs5
Leistungsbeurteilungsverordnung §14 Abs6
Leistungsbeurteilungsverordnung §5 Abs2
Leistungsbeurteilungsverordnung §7 Abs1
SchUG §18 Abs1
SchUG §20 Abs1
SchUG §25 Abs1
SchUG §71 Abs2 litc
SchUG §82m

Spruch

W227 2233327-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Niederösterreich vom 29. Juni 2020, Zl. 20/GABAHS/1/M/FB/176629, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die eigenberechtigte Beschwerdeführerin besuchte im Schuljahr 2019/2020 die letzte Schulstufe des BG/BRG XXXX .

2. Am 20. Mai 2020 entschied die Klassenkonferenz der XXXX , dass die Beschwerdeführerin gemäß § 25 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) die letzte Schulstufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen habe, weil sie im Pflichtgegenstand „Mathematik“ mit „Nicht genügend“ beurteilt worden sei.

3. Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin frist- und formgerecht Widerspruch.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die Bildungsdirektion für Niederösterreich aus, dass die Beschwerdeführerin im Schuljahr 2019/2020 gemäß § 25 Abs. 1 i.V.m. § 71 SchUG die letzte Schulstufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen habe.

Begründend führte die Bildungsdirektion zusammengefasst aus, dass die Beschwerdeführerin im Pflichtgegenstand „Mathematik“ die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen nicht überwiegend erfüllt habe.

5. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, in der sie im Wesentlichen vorbringt:

Die Beschwerdeführerin habe keine Möglichkeit gehabt, die von der Lehrkraft „vorgefasste negative Beurteilung“ während der COVID-19-Krise in eine positive Beurteilung „umzukehren“.

So habe die Lehrkraft lediglich unverbindliche Übungsblätter elektronisch übermittelt und auf den Aufgabenpool einer Webseite verwiesen. Es habe keine verpflichtenden Arbeitsaufträge, Lernzielkontrollen oder direkte Kommunikation mittels Ton- und Videoübertragungen gegeben.

Bei der am 11. Mai 2020 stattgefundene 50-minütigen Schularbeit sei die Zeit für die Lösung der Aufgabenstellungen nicht ausreichend gewesen und manche Fragen seien inhaltlich „äußerst unklar“ formuliert worden. Zudem sei im Teil 1 bei Beispiel Nummer 7 von der Beschwerdeführerin „nur ein Wort ausgelassen“ worden und aus diesem Grund sei diese Aufgabe trotz richtigem Ergebnis mit „null“ Punkten bewertet worden.

Am 13. Mai 2020 habe die Lehrkraft der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die Schularbeit vom 11. Mai 2020 negativ ausgefallen sei und weiterhin die Möglichkeit einer mündlichen Prüfung bestehe. Der Prüfungstermin sei nur 5 Tage später mit 18. Mai 2020 von der Lehrkraft „einseitig“ festgelegt worden. Damit könne es sich bei dieser Prüfung um keine „Wunschprüfung“ i.S.d. § 5 Abs. 2 Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) handeln.

Vielmehr hätte gemäß § 20 Abs. 2 SchUG ex lege eine Feststellungsprüfung erfolgen müssen, weil aufgrund der COVID-19-Krise weder ein ortsgebundener noch ein ortsungebundener Unterricht stattgefunden habe, sodass von einem „ähnlichen Ausnahmefall“ i.S.d. § 20 Abs. 2 SchUG auszugehen sei. So hätten sich die Art und Qualität des Unterrichtes wesentlich von jenen (nachteilig) unterschieden, die ohne die COVID-19-Ausnahmesituation vorgelegen hätten. Bei „normalem“ Unterricht hätte die Beschwerdeführerin von diesem profitiert, allenfalls bestehende Defizite aufgeholt und im Ergebnis eine positive Gesamtbeurteilung in „Mathematik“ erreicht. Überdies habe ein ortsungebundener Unterricht tatsächlich nicht stattgefunden, weil ein bloßer Verweis auf den Aufgabenpool einer Webseite nicht den in § 6 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung zur Bewältigung der COVID-19 Folgen im Schulwesen für die Schuljahre 2019/20 und 2020/21 (C-SchVO) normierten Erfordernissen entspreche.

Folglich hätte die Schularbeit vom 11. Mai 2020 gemäß § 21 Abs. 4 LBVO 100 Minuten betragen müssen und nicht 50 Minuten. Auch wäre eine Feststellungsprüfung bis spätestens 14. Mai 2020 durchzuführen gewesen. Die mündliche Prüfung habe jedoch erst am 18. Mai 2020 stattgefunden.

Hinzu komme, dass die Beschwerdeführerin einen Großteil des Unterrichts ohne eigenes Verschulden versäumt habe bzw. ein solcher aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht wie vom SchUG vorgesehen stattgefunden habe, sodass die erfolgreiche Ablegung der Feststellungsprüfung „schwerlich zu erwarten“ gewesen sei und vom Schulleiter daher eine Nachtragsprüfung anzuordnen gewesen wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die am XXXX geborene und damit eigenberechtigte Beschwerdeführerin besuchte im Schuljahr 2019/2020 die letzte Schulstufe des BG/BRG XXXX .

Im Pflichtgegenstand „Mathematik“ sind die Jahresleistungen der Beschwerdeführerin mit „Nicht genügend“ zu beurteilen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen basieren auf dem unstrittigen Akteninhalt:

Dass die Jahresleistungen der Beschwerdeführerin im Pflichtgegenstand „Mathematik“ mit „Nicht genügend“ zu beurteilen sind, ergibt sich aus dem schlüssigen – auf den Unterlagen der Schule basierenden – Fachgutachten, das die Beschwerdeführerin nicht entkräften konnte.

Dabei ist insbesondere Folgendes hervorzuheben:

Die erste Schularbeit der Beschwerdeführerin vom 12. Dezember 2019 wurde (unstrittig) mit „Nicht genügend“ beurteilt (sie erreichte 15 von 40 möglichen Punkten).

Bei der zweiten Schularbeit am 11. Mai 2020 erreichte die Beschwerdeführerin nachvollziehbar 5,5 von 16 Punkten. So entsprachen die gestellten Aufgaben in Inhalt und Umfang den lehrplanmäßigen Vorgaben. Auch waren die Aufgaben – entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin – eindeutig und unkompliziert formuliert. Bei der strittigen Bewertung der Aufgabe 7 zum Themenbereich Wahrscheinlichkeitsverteilung war gefordert, sich die Grafik (Gauß‘sche Glockenkurve) genau anzusehen und den Inhalt der markierten Fläche im gegebenen Kontext zu deuten. Die Beschwerdeführerin formulierte die Lösung mit den Worten „Die markierte Fläche gibt an, dass höchstens 600 Mädchen zur Welt kommen.“ Da in diesem Satz das Element „die Wahrscheinlichkeit“ fehlte, konnte kein Punkt vergeben werden. Damit wurde sie zutreffend mit „Nicht genügend“ beurteilt.

Bei der mündlichen Prüfung am 18. Mai 2020, die – entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin nicht einseitig von der Lehrkraft festgelegt wurde, was insbesondere der Mailverkehr zwischen der Beschwerdeführerin und der Lehrkraft darlegt – waren bei der Beschwerdeführerin grundlegende Verständnisprobleme festzustellen, wodurch die gestellten Anforderungen des Lehrplans nicht einmal in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt wurden – sie wurde daher zutreffend mit „Nicht genügend“ beurteilt.

Im Bereich der Mitarbeit gab die Beschwerdeführerin (unstrittig) 10 von insgesamt 13 Hausübungen ab. Von diesen 10 abgegebenen Hausübungen wurden allerdings manche nicht fristgerecht abgegeben bzw. sind 3 Hausübungen in weiterer Folge nicht verbessert worden. Weiters konnte die Beschwerdeführerin bei keiner einzigen der 5 schriftlichen Lernzielkontrollen das Lernziel in den wesentlichen Bereichen erarbeiten. So erreichte die Beschwerdeführerin bei den Lernzielkontrollen am 22. Oktober 2019 zum Thema „bestimmtes und unbestimmtes Integral“ 1 von 6 möglichen Punkten, am 26. November 2019 zum Thema „Anwendungen der Integralrechnung“ 3 von 7 Punkten, am 28. Jänner 2020 zum Thema „Beschreibende Statistik, Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung“ 3 von 9 Punkten, am 21. Februar 2020 zum Thema „Binominalverteilung“ 2,5 von 7 Punkten und am 13. März 2020 zum Thema „Vektorrechnung“ 3 von 7 Punkten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]

3.1.1. Gemäß § 25 Abs. 1 SchUG ist eine Schulstufe erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält.

Gemäß § 71 Abs. 2 lit. c SchUG ist gegen Entscheidungen, dass der Schüler die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat, ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig.

Gemäß § 18 Abs. 1 SchUG hat der Lehrer die Beurteilung der Leistungen der Schüler in den einzelnen Unterrichtsgegenständen durch Feststellung der Mitarbeit der Schüler im Unterricht sowie durch besondere in die Unterrichtsarbeit eingeordnete mündliche, schriftliche und praktische oder nach anderen Arbeitsformen ausgerichtete Leistungsfeststellungen zu gewinnen. Maßstab für die Leistungsbeurteilung sind die Forderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand des Unterrichtes.

Gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz SchUG hat der Lehrer der Beurteilung der Leistungen eines Schülers in einem Unterrichtsgegenstand auf einer ganzen Schulstufe alle in dem betreffenden Unterrichtsjahr erbrachten Leistungen (§ 18) zugrunde zu legen, wobei dem zuletzt erreichten Leistungsstand das größere Gewicht zuzumessen ist.

Wenn sich bei längerem Fernbleiben des Schülers vom Unterricht und in ähnlichen Ausnahmefällen auf Grund der nach § 18 Abs. 1 gewonnenen Beurteilung eine sichere Beurteilung für die ganze Schulstufe nicht treffen lässt, hat der Lehrer gemäß § 20 Abs. 2 erster Satz SchUG eine Prüfung durchzuführen, von der der Schüler zwei Wochen vorher zu verständigen ist (Feststellungsprüfung).

Gemäß § 82m Abs. 1 SchUG kann der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Ausnahme zu den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Schuljahre 2019/2020 und 2020/2021 mit Verordnung

1.       bestehende Stichtage abweichend festsetzen und gesetzliche Fristen verkürzen, verlängern oder verlegen,

2.       die Schulleitung ermächtigen oder verpflichten, in Abstimmung mit den die einzelnen Unterrichtsgegenstände unterrichtenden Lehrern von der Aufteilung der Bildungs- und Lehraufgaben und des Lehrstoffes in den Lehrplänen auf die einzelnen Schulstufen oder Semester abzuweichen, Förderunterricht verpflichtend anzuordnen, den Besuch der gegenstandsbezogenen Lernzeit verpflichtend anzuordnen oder Ergänzungsunterricht vorzusehen,

3.       den Einsatz von elektronischer Kommunikation für die Abhaltung von Konferenzen, für Unterricht und Leistungsfeststellung und -beurteilung regeln,

4.       für Schularten, Schulformen, Schulen, Schulstandorte, einzelne Klassen oder Gruppen oder Teile von diesen bei ortsungebundenem Unterricht Leistungsfeststellung und -beurteilung regeln und

5.       die Schulleitung ermächtigen oder verpflichten, die Unterrichtszeit in bestimmten Unterrichtsgegenständen teilweise oder zur Gänze auf Teile des Unterrichtsjahres zusammenzuziehen.

Diese Verordnung muss unter Angabe der Geltungsdauer und einer neuen Regelung jene gesetzlichen Bestimmungen benennen, von welchen abgewichen werden soll und kann rückwirkend mit 16. März 2020 in Kraft gesetzt werden.

Gemäß § 82m Abs. 2 SchUG sind unter Ergänzungsunterricht Unterrichtseinheiten zu verstehen, die zusätzlich zur lehrplanmäßig verordneten Stundentafel abgehalten werden, um im stundenplanmäßigen Unterricht nicht behandelten oder im ortsungebundenen Unterricht angeleitet erarbeiteten Lehrstoff zu behandeln. Ergänzungsunterricht und Förderunterricht können während des gesamten Schuljahres von Lehrkräften oder Lehramtsstudierenden durchgeführt werden. Die Teilnahme an diesem Unterricht kann als freiwillig oder für Schüler verpflichtend geregelt werden.

Gemäß § 82m Abs. 3 SchUG umfasst ortsungebundener Unterricht die Vermittlung von Lehrstoff und die Unterstützung von Schülern unter Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel, deren Bereitstellung vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung unterstützt wird, (angeleitetes Erarbeiten) ohne physische Anwesenheit einer Mehrzahl von Schülerinnen und Schülern am gleichen Ort.

Gemäß § 5 Abs. 2 LBVO ist auf Wunsch des Schülers in jedem Pflichtgegenstand einmal im Semester eine mündliche Prüfung durchzuführen.

Gemäß § 7 Abs. 1 LBVO sind Schularbeiten im Lehrplan vorgesehene schriftliche Arbeiten zum Zwecke der Leistungsfeststellung in der Dauer von einer Unterrichtsstunde, sofern im Lehrplan nicht anderes bestimmt ist.

Nach § 14 Abs. 5 LBVO sind mit „Genügend“ Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt.

Nach § 14 Abs. 6 LBVO sind Leistungen mit „Nicht genügend“ zu beurteilen, mit denen der Schüler nicht einmal alle Erfordernisse für die Beurteilung mit „Genügend“ erfüllt.

Gemäß § 2 Abs. 1 C- SchVO (Anordnung ortsungebundenen Unterrichts) findet der Unterricht abweichend von § 10 und § 43 Abs. 1 SchUG und von §§ 11, 12 und 43 SchUG-BKV für alle Schüler sowie Studierende an Schulen im Geltungsbereich des § 1, ausgenommen jene gemäß Abs. 2, vom 16. März 2020 bis zum Ende des Schuljahres 2019/2020 als ortsungebundener Unterricht statt.

Nach § 6 Abs. 1 C-SchVO (Unterrichtsgestaltung bei ortsungebundenem Unterricht) erfolgt die Unterrichts- und Erziehungsarbeit und die Kommunikation zwischen Schülern, Studierenden, Erziehungsberechtigten, Lehrkräften und der Schulleitung mittels elektronischer Kommunikation, insbesondere die Aufbereitung des Lehrstoffes, durch das Erteilen von schriftlichen Arbeitsaufträgen, den Einsatz von Lernplattformen und die direkte Kommunikation durch zumindest Tonübertragungen oder Ton- und Videoübertragungen. Der Unterricht ist so zu gestalten, dass Schüler die Möglichkeit zu Rückfragen an die Lehrkräfte in mündlicher oder schriftlicher Form haben.

Nach § 9 Abs. 1 C-SchVO (Grundsätze der Leistungsbeurteilung) sind die Bestimmungen des § 2 Abs. 8, § 3 Abs. 1 lit. c sublit. aa, § 7 sowie aus § 20 Abs. 1 der letzte Nebensatz des ersten Satzes der LBVO ab dem 16. März 2020 für die Leistungsfeststellung nicht anzuwenden. Die von den Schülern von 16. März bis zur Ausnahme vom ortsungebundenen Unterricht gemäß Anlage A erbrachten Leistungen sind ausschließlich als Mitarbeit gemäß § 4 Abs. 1 LBVO zu werten. Von Schülern mittels elektronischer Kommunikation übermittelte Daten können als Aufzeichnungen gemäß § 4 Abs. 3 LBVO herangezogen werden.

Gemäß § 3 Abs. 4 der Verordnung für die Vorbereitung und Durchführung abschließender Prüfungen für das Schuljahr 2019/2020 (Ergänzungsunterricht) ist die Teilnahme am Ergänzungsunterricht in den Prüfungsgebieten der schriftlichen Klausur eines Schülers verpflichtend, wenn von dem Schüler

1.       in Schulen, in welchen kein Semesterzeugnis gemäß § 22a SchUG auszustellen ist, die letzte Schularbeit vor 1. Jänner 2020 geschrieben wurde, oder

2.       in Schulen, in welchen ein Semesterzeugnis gemäß §22a SchUG auszustellen ist, im 2. Semester keine Schularbeit geschrieben wurde.

Schularbeiten sind nur in jenen Gegenständen durchzuführen, die Prüfungsgebiet der gewählten schriftlichen Klausurarbeit sind, und dürfen von dem in den Lehrplänen festgelegten Ausmaß abweichen. Bei Schülerinnen und Schülern, die einer Risikogruppe angehören oder die mit Angehörigen einer Risikogruppe im selben Haushalt leben, kann die Schulleitung auf Antrag von Schularbeiten absehen und ortsungebundenen Unterricht sowie Leistungsfeststellungen mittels elektronischer Kommunikation anordnen.

3.1.2. Für den vorliegenden Fall bedeutet das Folgendes:

Dem Beschwerdevorbringen, bei „normalem“ Unterricht hätte die Beschwerdeführerin von diesem profitiert, allenfalls bestehende Defizite aufgeholt und im Ergebnis eine positive Gesamtbeurteilung in „Mathematik“ erreicht, ist zu entgegnen, dass – wie festgestellt – die Leistungen der Beschwerdeführerin im Pflichtgegenstand „Mathematik“ bereits vor der COVID-19-Krise und damit bei „normalem“ Unterricht mit „Nicht genügend“ zu beurteilen waren. Auch wurde die Beschwerdeführerin bereits am 11. März 2020 gemäß § 19 Abs. 3a SchUG nachweislich über ihren (negativen) Leistungsstand informiert.

Zum Vorbringen, die Beschwerdeführerin habe keine Möglichkeit gehabt, die von der Lehrkraft „vorgefasste negative Beurteilung“ während der COVID-19-Krise in eine positive Beurteilung „umzukehren“, weil die Lehrkraft lediglich unverbindliche Übungsblätter elektronisch übermittelt und auf den Aufgabenpool einer Webseite verwiesen habe, führte bereits die Bildungsdirektion für Niederösterreich zutreffend aus, dass alle für die beiden Schularbeiten der 8. Klasse (12. Schulstufe) relevanten Kompetenzen vor den Schulschließungen am 16. März 2020 entwickelt wurden und alle notwendigen Kenntnisse aus den vier Inhaltsbereichen vor dem 16. März 2020 erarbeitet wurden. Es musste daher kein neuer Stoff für die zweite Schularbeit oder für die schriftliche Reifeprüfung ab dem 16. März 2020 durchgenommen werden. Das Angebot der unterrichtenden Lehrkraft bereits während der Zeit des ortsungebundenen Unterrichts Übungsbeispiele zur Vorbereitung auf die Klausurprüfung im Reifeprüfungsgegenstand Mathematik von der vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung empfohlenen Homepage www.srdp.at abzurufen und durchzuarbeiten war daher i.S.d. § 6 Abs. 1 C-SchVO zweckmäßig und sinnvoll. Aufgrund des Umstandes, dass die Lösungen zu den Übungsbeispielen ebenfalls auf dieser Homepage abrufbar sind und die unterrichtende Lehrkraft jederzeitige schriftliche Hilfestellung angeboten hat (welche im Übrigen von der Beschwerdeführerin nicht in Anspruch genommen wurde), kann von einer ausreichenden Versorgung der Beschwerdeführerin mit Übungsmaterialien ausgegangen werden. Weiters erfolgte dadurch eine angemessene Vorbereitung auf die zweite Schularbeit, die etwaig den Ausschlag für den erfolgreichen Abschluss der letzten Schulstufe geben hätte können. Unter Berücksichtigung des Alters der Beschwerdeführerin konnte bei der Organisation der Bearbeitung dieser Übungsbeispiele eine gewisse Eigenständigkeit erwartet werden, wodurch die Erteilung zusätzlicher Arbeitsaufträge oder Lernzielkontrollen entfallen konnte. Die Zeit des Ergänzungsunterrichts bot, seiner Zielsetzung entsprechend, für die Beschwerdeführerin genügend Möglichkeiten (Abhaltung der zweiten Schularbeit und mündlichen Prüfung) sich eine positive Beurteilung zu erarbeiten – die Erteilung von unverbindlichen Übungsaufträgen während der Zeit des ortungebundenen Unterrichts als Vorbereitung war hierfür geeignet. Im Übrigen sind gemäß § 9 Abs. 1 2. Satz C-SchVO die von den Schülern von 16. März bis zur Ausnahme vom ortsungebundenen Unterricht gemäß Anlage A erbrachten Leistungen ausschließlich als Mitarbeit gemäß § 4 Abs. 1 LBVO zu werten. Während der Zeit des ortsungebundenen Unterrichts allfällig erbrachte Leistungen fließen somit lediglich als Teil der Mitarbeit in die Gesamtbeurteilung mit ein.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, der zeitliche Umfang der zweiten Schularbeit vom 11. Mai 2020 entspreche nicht den lehrplanmäßigen Vorgaben, führte bereits die Bildungsdirektion für Niederösterreich im angefochtenen Bescheid zutreffend aus, dass gemäß § 3 Abs. 4 zweiter Satz der Verordnung über die Vorbereitung und Durchführung abschließender Prüfungen für das Schuljahr 2019/2020 Schularbeiten nur in jenen Gegenständen durchzuführen sind, die Prüfungsgebiet der gewählten schriftlichen Klausurarbeit sind, und dürfen von dem in den Lehrplänen festgelegten Ausmaß abweichen. Demnach war es zulässig, eine zeitliche Verkürzung der zweiten Schularbeit vorzunehmen.

Zur Behauptung der Beschwerdeführerin, es könne sich bei der mündlichen Prüfung vom 18. Mai 2020 nicht um eine „Wunschprüfung“ i.S.d. § 5 Abs. 2 LBVO handeln, da der Prüfungstermin nur 5 Tage nach Mitteilung über den negativen Ausgang der Schularbeit mit durch die unterrichtende Lehrkraft einseitig festgelegt wurde, ist nochmals auf den E-Mailverkehr zwischen der Beschwerdeführerin und der unterrichtenden Lehrkraft zu verweisen: So wurde die Beschwerdeführerin am 27. April 2020 über die Möglichkeit einer mündlichen Prüfung unter Bekanntgabe von zwei möglichen Terminen (15. Mai und 18. Mai 2020) informiert und auch gleichzeitig das dafür vorgesehene Stoffgebiet (Stoffgebiet der zweiten Schularbeit) angegeben. Aus dem E-Mail vom 13. Mai 2020 ergibt sich, dass der Beschwerdeführerin vorab das negative Ergebnis der zweiten Schularbeit mitgeteilt und abermals die Möglichkeit eröffnet wurde, am 18. Mai 2020 eine mündliche Prüfung abzulegen. Auf die Ablegung der mündlichen Prüfung gemäß § 5 LBVO hat sich die Beschwerdeführerin schließlich auch eingelassen. Im Übrigen ergab sich durch die zusätzliche Abhaltung einer Leistungsfeststellung die Chance auf die Erlangung einer positiven Gesamtbeurteilung. Abgesehen davon meinte die Beschwerdeführerin selbst, es hätte bereits am 14. Mai 2020 eine mündliche Prüfung (als Feststellungsprüfung) stattfinden müssen.

Zum Vorbringen, es hätte ex lege gemäß § 20 Abs. 2 SchUG eine Feststellungsprüfung stattfinden müssen, weil die Beschwerdeführerin aufgrund der COVID-19-Krise über längere Zeit vom Unterricht fernbleiben habe müssen, sodass von einem ähnlichen Ausnahmefall im Sinne des Gesetzes auszugehen sei, führte bereits die Bildungsdirektion für Niederösterreich im angefochtenen Bescheid zu Recht aus, dass in der Zeit zwischen 16. März 2020 bis zum Beginn des Ergänzungsunterrichts am 4. Mai 2020 ein ortsungebundener Unterricht gemäß § 2 Abs. 1 C-SchVO stattgefunden hat. Es handelt sich hierbei daher weder um ein Fernbleiben der Beschwerdeführerin vom Unterricht gemäß § 45 SchUG noch um ähnliche Ausnahmefälle.

Weiters liegen – wie festgestellt – bei der Beschwerdeführerin im Schuljahr 2019/2020 Leistungen im Bereich der Mitarbeit im Unterricht, eine besondere mündliche Leistungsfeststellung (mündliche Prüfung im zweiten Semester) sowie besondere schriftliche Leistungsfeststellungen (zwei Schularbeiten) vor. Aufgrund der in ausreichendem Maß gewonnenen Leistungsfeststellungen kann gemäß § 20 Abs. 1 SchUG eine sichere Beurteilung für die ganze Schulstufe getroffen werden, weshalb die Abhaltung einer Feststellungsprüfung nicht zulässig ist (vgl. dazu VwGH 2005/10/0158, 28.04.2006). Ähnliches gilt für die behauptete Nachtragsprüfung.

Zusammengefasst hat die Beschwerdeführerin die Anforderungen im Pflichtgegenstand „Mathematik“ nicht einmal in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt (vgl. Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht, 14. Auflage, FN 1 zu § 14 LBVO), weshalb ihre Leistungen zutreffend mit „Nicht genügend“ beurteilt wurden.

Damit enthält das Jahreszeugnis der Beschwerdeführerin in einem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“, weshalb sie nach § 25 Abs. 1 SchUG die Schulstufe nicht erfolgreich abgeschlossen hat.

Die Bildungsdirektion für Niederösterreich kam damit zu Recht zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin die letzte Schulstufe der von ihr besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Eine Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (siehe dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12). Abgesehen davon ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 27.03.2019, Ra 2019/10/0017, m.w.N.).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt:

Dass die Leistungen der Beschwerdeführerin zutreffend mit „Nicht genügend“ beurteilt wurden und sie damit die letzte Schulstufe der von ihr besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat, entspricht einerseits der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und andererseits der klaren Gesetzeslage (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vgl. etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053; 27.08.2014, Ra 2014/05/0007).

Schlagworte

erfolgreicher Abschluss Gesamtbeurteilung Jahresbeurteilung Jahreszeugnis Lehrplan Leistungsbeurteilung Leistungsfeststellung letzte Schulstufe mündliche Prüfung negative Beurteilung negative Leistungsfeststellung Pandemie Pflichtgegenstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2233327.1.00

Im RIS seit

29.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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