TE Vwgh Erkenntnis 1997/7/17 97/18/0369

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.07.1997
beobachten
merken

Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der L in Wien, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Mai 1997, Zl. SD 623/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. Mai 1997 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin, die sich mit Unterbrechungen seit Juli 1992 in Österreich aufhalte, habe zuletzt über einen bis 13. Jänner 1994 gültig gewesenen Touristensichtvermerk verfügt. Seit Ablauf dieses Sichtvermerkes sei die Beschwerdeführerin unrechtmäßig im Bundesgebiet, zumal der von ihr am 20. April 1994 eingebrachte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Hinblick auf § 10 Abs. 1 Z. 6 AufG rechtskräftig abgewiesen worden sei (laut Beschwerde: mit Bescheid vom 8. August 1995). Die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG liege demnach vor.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 19 FrG betreffe, so könne sich die Beschwerdeführerin aufgrund ihres relativ kurzen und zum überwiegenden Teil illegalen Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht mit Erfolg auf einen mit dieser Maßnahme verbundenen Eingriff in ihr Privatleben berufen. Da sie jedoch mit einem Cousin im gemeinsamen Haushalt lebe, liege ein Eingriff in ihr Familienleben vor. Dessen ungeachtet sei die Ausweisung im Hinblick auf den hohen Stellwert der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten. Diese Regelungen seien von der Beschwerdeführerin in gravierender Weise mißachtet worden. Zu ihren Ungunsten falle - abgesehen von dem mehr als zweijährigen unrechtmäßigen Aufenthalt - ins Gewicht, daß sie ihren unerlaubten Aufenthalt ungeachtet der rechtskräftigen Abweisung ihres Antrages nach dem Aufenthaltsgesetz und auch ungeachtet der rechtskräftigen Bestrafungen wegen illegalen Aufenthaltes fortgesetzt habe. Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, daß die gegenläufigen privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht höher zu veranschlagen seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise der Beschwerdeführerin. Bekräftigt werde dieses Abwägungsergebnis durch den Umstand, daß die Beschwerdeführerin rechtens nicht in der Lage sei, ihren Aufenthalt in Österreich von hier aus zu legalisieren.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die - auf den unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen beruhende - Ansicht der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin (seit 14. Jänner 1994) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

2.1. Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid für im Grunde des § 19 FrG rechtswidrig. Die belangte Behörde habe nicht ausreichend alle Bindungen der Beschwerdeführerin zu Österreich berücksichtigt. Bei richtiger und vollständiger Aufzählung der gesamten im Bundesgebiet lebenden Verwandtschaft (Cousin, Nichte, Onkel, Bruder und Schwägerin) und der nunmehr bestehenden Ehe der Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger (Eheschließung am 16. Juni 1997) hätte die Behörde zu einem Bescheid anderen Inhaltes gelangen müssen. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei zwar abgewiesen worden, doch habe sie keine Möglichkeit gehabt, das Bundesgebiet zu verlassen, da sie (aufgrund eines Todesfalles) von ihrem Cousin und dessen kleinen Kindern dringend zur Obsorge und Pflege benötigt werde. Die öffentlichen Interessen würden keineswegs in der von der belangten Behörde festgestellten Art tiefgreifend tangiert, vielmehr würde die Beschwerdeführerin im Fall der Ausweisung ein "schweres Defizit im Rahmen ihrer privaten Bindungen zu ihren nächsten Anverwandten erleiden".

2.2. Dieses Vorbringen vermag keine Unzulässigkeit der Ausweisung der Beschwerdeführerin aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat aufgrund des Zusammenlebens der Beschwerdeführerin mit ihrem Cousin in einem gemeinsamen Haushalt einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Familienleben im Sinne des § 19 FrG angenommen. Selbst wenn man aufgrund des mehrjährigen, allerdings weitaus überwiegend unrechtmäßigen, Aufenthaltes auch einen zu ihren Gunsten zu berücksichtigenden Eingriff in ihr Privatleben annähme, würde damit das Gewicht der für einen Verbleib im Bundesgebiet sprechenden Interessen nur unwesentlich zunehmen. Aber auch unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß sich (außer dem Cousin) noch "Nichte, Onkel, Bruder und Schwägerin" der Beschwerdeführerin in Österreich aufhalten, wiegen ihre privaten und familiären Interessen nicht schwerer als das maßgebliche öffentliche Interesse an der Beendigung ihres Aufenthaltes, kommt doch der Tatsache, daß sich die genannten, nicht dem engsten Familienkreis zuzurechnenden Angehörigen im Bundesgebiet aufhalten, für sich allein - daß die Beschwerdeführerin mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebt, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet - kein im Rahmen der Abwägung nach § 19 FrG relevanter Stellenwert zu (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 28. November 1996, Zl. 96/18/0511, mwN). Wenn die Beschwerde des weiteren auf die Notwendigkeit des Verbleibens der Beschwerdeführerin in Österreich mit der Begründung hinweist, ihre Anwesenheit sei aufgrund "eines Todesfalles" zur Obsorge und Pflege der Kinder ihres Cousins erforderlich, so vermag dieses Vorbringen schon deshalb nicht zugunsten der Beschwerdeführerin auszuschlagen, weil damit nicht dargetan wird, daß (und gegebenenfalls weshalb) allein sie in der Lage wäre, diese "Obsorge und Pflege" zu übernehmen. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Eheschließung mit einem österreichischen Staatsbürger am 16. Juni 1997 konnte indes von der belangten Behörde aus zeitlichen Gründen nicht in die Abwägung einbezogen werden; im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mußte diese Tatsache als unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) außer Betracht bleiben. Den somit insgesamt nicht stark ausgeprägten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin steht das von der belangten Behörde zutreffend hervorgehobene große Gewicht des von der Beschwerdeführerin ganz erheblich beeinträchtigten maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Diesem Allgemeininteresse am Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) in einem wichtigen Teilbereich ist angesichts eines bereits mehrjährigen unrechtmäßigen und trotz deswegen erfolgter rechtskräftiger Bestrafungen und auch ungeachtet rechtskräftiger Abweisung eines Aufenthaltsbewilligungsantrages fortgesetzten Aufenthaltes der Beschwerdeführerin jedenfalls der Vorrang vor den persönlichen, für einen Verbleib der Beschwerdeführerin in Österreich sprechenden Interessen einzuräumen.

3. Nach dem Gesagten liegt die behauptete Rechtsverletzung nicht vor. Da dies bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997180369.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten