Entscheidungsdatum
24.08.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W183 2230045-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerden von 1) XXXX , vertreten durch RA Dr. Paul FUCHS sowie 2) des Revisors beim OLG Wien, gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 11.12.2019, Zl. XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 17.02.2020, Zl. XXXX , über Vorlageantrag von XXXX , vertreten durch Weinhäupl Edtbauer Tremel Anwälte GmbH, wegen Zeugengebühren zu Recht:
A)
Den Beschwerden wird insofern stattgegeben, als die Beschwerdevorentscheidung mit der Maßgabe, dass die Entschädigung für Zeitversäumnis € 85,20 (6 Stunden zu je € 14,20) und die Summe sohin gerundet € 160,60 beträgt, bestätigt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Ladung vom 06.06.2019 wurde der Zeuge, welcher den nun gegenständlichen Vorlageantrag stellte, zur Verhandlung am 25.09.2019 am BG Innere Stadt Wien geladen. Die Ladung enthielt unter anderem die Hinweise betreffend den Gebührenanspruch (Reisekosten, Aufenthaltskosten, Entschädigung für Zeitversäumnis, Geltendmachung und Bescheinigung).
2. Der Zeuge legte in der Folge in Kopie ein Bahnticket von Wels nach Wien in Höhe von € 18,99 sowie einen Schriftsatz vor, in welchem er anführt, als Rechtsanwalt einen Verdienstentgang von € 1.200,00 (6 Stunden á € 200,00) gehabt zu haben. Erklärend führte er aus, Namen und Tätigkeit bei konkreten Mandanten nicht offen legen zu können. Es werde ein Stundensatz von € 290,00 netto verrechnet. Das Nachholen der Leistungen sei nicht möglich gewesen und es werde exemplarisch der Kalender für die konkrete Woche vorgelegt. Es werde für den Gebührenantrag ein reduzierter Stundensatz von € 200,00 angenommen.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurden dem Zeugen Reisekosten in Höhe von € 61,58, Aufenthaltskosten in Höhe von € 12,50 sowie für die Zeitversäumnis € 1.200,00 zugesprochen.
4. Mit Schriftsatz vom 18.12.2019 erhob die im zugrundeliegenden Verfahren beklagte Partei durch ihre Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass kein Nachweis für einen tatsächlichen, konkreten Verdienstentgang erbracht wurde. Auch sei nur ein Bahnticket vorgelegt worden. Aus dem Kalender sei zudem ersichtlich, dass Termine auch hätten verlegt werden können.
Der Revisor brachte in seiner Beschwerde vor, dass aus dem vom Zeugen vorgelegten Schreiben lediglich ein durchschnittlicher Stundensatz für Mandanten ersichtlich sei. Dem Zeugen stehe lediglich die pauschale Entschädigung für Zeitversäumnis zu.
5. Der Zeuge äußerte sich in der Folge mit Schriftsatz vom 13.01.2020 dahingehend, dass er bei Antragstellung noch nicht im Besitz eines weiteren Tickets gewesen sei und legte in Kopie ein Ticket in Höhe von € 43,90 vor. Auch führte er aus, dass es ihm die Verschwiegenheitspflicht als Anwalt nicht erlaube, Namen von Mandanten oder Korrespondenzen offen zu legen. Er habe einen durchschnittlichen Verdienst pro Stunde von € 330,00, habe hier nun aber € 200,00 verzeichnet. Bereits aus der Höhe des Umsatzes sei erkennbar, dass er als Rechtsanwalt ausgelastet sei und in Zeiten, wo er keine Verhandlungen und Besprechungen habe, ganz offensichtlich arbeite.
6. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom 17.02.2020 wurde den Beschwerden Folge gegeben und der Bescheid insofern abgeändert, als die Reisekosten mit € 62,89, die Aufenthaltskosten mit € 12,50 und die Entschädigung für Zeitversäumnis pauschal mit € 113,60 (8 Stunden zu je 14,20), in Summe gerundet € 189,00, bestimmt wurden. Das weitere Begehren wurde abgewiesen.
7. Mit Schriftsatz vom 06.03.2020 brachte der Zeuge durch seine Rechtsvertretung einen Vorlageantrag ein und führte darin aus, dass es ihm als Selbständigen, der eine Vielzahl von Geschäftspartnern habe, nicht möglich sei, potentielle künftige Geschäftspartner und konkrete Inhalte zu nennen. Auch unterliege er einer Verschwiegenheitspflicht. In der Folge führte er allgemein zur Situation von Selbständigen und ihren Stundesätzen aus. Es können nicht angenommen werden, dass an einem Tag lediglich € 133 erzielt worden wären. Die verlorene Zeit sei auch zu honorieren. Auch habe er an dem Tag der Vernehmung noch eine Besprechung gehabt, welche ohne die Vernehmung hätte früher erfolgen können.
8. Mit Schriftsatz vom 23.03.2020 (beim Bundesverwaltungsgericht am 30.03.2020 eingelangt) legte die belangte Behörde die Beschwerden samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen vor.
9. Das Bundesverwaltungsgericht brachte den weiteren Verfahrensparteien den Vorlageantrag zur Kenntnis. Dazu gab der Vertreter der beklagten Partei eine Stellungnahme ab (25.05.2020), worin festgehalten wird, dass der Zeuge weder einen konkreten Vermögensschaden behaupte, noch imstande gewesen sei, einen solchen nachzuweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Zeuge wurde ordnungsgemäß und rechtzeitig zur Zeugeneinvernahme geladen. Der zeitliche Abstand zwischen Ladung und Vernehmung betrug mehr als zwei Monate. Auf den Umstand, dass ein konkreter Einkommensverlust zu bescheinigen ist, wurde explizit hingewiesen.
1.2. Der Zeuge legte zwei Bahntickets in Höhe von € 18,99 und € 43,90 vor. Als Entschädigung für Zeitversäumnis beantragte er sechs Stunden zu je € 200,00.
1.3. Der Zeuge behauptet nicht, einen konkreten Einkommensverlust aufgrund der Zeugeneinvernahme gehabt zu haben.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen. Insbesondere relevant sind die Zeugenladung, das Gebührenbestimmungsblatt vom 25.09.2019, worin sechs Stunden Zeitversäumnis beantragt werden sowie die Schriftsätze des Zeugen. Eingangs ist anzumerken, dass der Zeuge mehrfach die Gelegenheit hatte, Stellung zu nehmen und taugliche Bescheinigungsmittel vorzulegen. Er ist selbst anwaltlich tätig und überdies rechtsfreundlich vertreten.
Aus den Schriftsätzen des Zeugen geht hingegen unmissverständlich hervor, dass dieser gerade keinen konkreten Einkommensverlust hatte. Der Zeuge bezieht sich in ihnen lediglich auf allgemeine Verweise und Ausführungen zu der Arbeitsweise und den Stundensätzen von Rechtsanwälten. Dass kein konkreter Verlust vorlag, ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass der Zeuge einerseits auf einen Stundenertrag von rund 310 bzw. € 290,00 netto Stundensatz bzw. € 330,00 Verdienst pro Stunde Bezug nimmt, für den Gebührenantrag aber einen reduzierten Betrag von € 200,00 pro Stunde beantragt. Auch aus dem Terminkalender ist nicht ersichtlich, dass der Zeuge die Besprechungstermine nicht auch zu einem anderen Zeitpunkt hätte erledigen können. Er führte sogar selbst an, dass er einen Termin verlegt habe. Zudem verweist er in allgemeiner Weise darauf, dass er als Anwalt ausgelastet sei und auch in Zeiten ohne Verhandlungen und Besprechungen arbeite. Gerade dies ist aber eine allgemeine Beschreibung seiner Tätigkeit, nicht aber ein Beleg für am Tag der Vernehmung konkret zu verrichtende Tätigkeiten, die einen konkreten und tatsächlichen Einkommensverlust bedingt hätten. Gegen einen konkreten Verdienstentgang spricht auch die Ausführung des Zeugen in seinem Vorlageantrag, wonach der gegenständliche Fall durch die Besonderheit gekennzeichnet sei, dass er als Anwalt eine Vielzahl an Geschäftspartnern habe und es nicht möglich sei, potentielle künftige Geschäftspartner und konkrete Inhalte zu nennen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz (GebAG), BGBl. Nr. 136/1975, haben natürliche Personen, die u.a. als Zeuginnen und Zeugen in gerichtlichen Verfahren und in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft (§ 103 Abs. 2 StPO) tätig sind, Anspruch auf Gebühren nach diesem Bundesgesetz.
Gemäß § 3 Abs. 1 GebAG umfasst die Gebühr des Zeugen
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.
Gemäß § 18 Abs. 1 GebAG gebührt dem Zeugen als Entschädigung für die Zeitversäumnis
1. 14,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
2. anstatt der Entschädigung nach Z 1
a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
d ) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.
Gemäß § 18 Abs. 2 GebAG hat der Zeuge im Falle des Abs. 1 Z 1 den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.
Gemäß § 19 Abs. 1 GebAG hat der Zeuge den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen, im Fall des § 16 [betrifft Zeugen aus dem Ausland] binnen vier Wochen nach Abschluss seiner Vernehmung, oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.
Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls durch Vorlage einer von der zuständigen Dienststelle ausgestellten Bestätigung über die Höhe der sonst zustehenden Reisegebühren (§ 3 Abs. 2), zu bescheinigen (§ 19 Abs. 2 GebAG).
Auf seine Ansprüche und die allfällige Notwendigkeit des Beweises oder der Bescheinigung ist der Zeuge durch das Gericht in der Ladung aufmerksam zu machen (§ 19 Abs. 3 GebAG).
Gemäß § 20 Abs. 1 GebAG ist die Gebühr im Justizverwaltungsweg vom Leiter des Gerichts zu bestimmen, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte. Dieser hat auch über die Gewährung eines Vorschusses zu entscheiden. Soweit es sich nicht um einen aus dem Ausland geladenen Zeugen handelt, kann der Leiter des Gerichts einen geeigneten Bediensteten des Gerichts mit der Durchführung des Verfahrens betrauen und ihn ermächtigen, in seinem Namen zu entscheiden. Auch in diesem Fall kommt die Befugnis zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (§ 14 VwGVG) dem Leiter des Gerichts zu. Im Zivilprozeß entfallen die Bestimmung der Gebühr und ihre Entrichtung, wenn die Parteien dem Zeugen die von ihm geltend gemachte Gebühr sogleich entrichten.
Gemäß § 20 Abs. 2 GebAG kann vor der Gebührenbestimmung der Zeuge aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen.
Gemäß § 20 Abs. 3 GebAG sind die Gebührenbeträge kaufmännisch auf volle 10 Cent zu runden.
3.2.2. Bei freiberuflich Tätigen ist davon auszugehen, dass grundsätzlich jeder Verlust an üblicher Arbeitszeit auch einen Vermögensnachteil bewirkt. Für die Pauschalentschädigung nach § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG hat der Zeuge den Vermögensnachteil nicht zu beweisen, sondern nur zu bescheinigen (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, Sachverständigen- und DolmetscherG. GebührenanspruchsG4 § 18 GebAG Anm. 6).
Um allerdings eine Entschädigung nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG zu erhalten, ist es erforderlich, dass der selbständig Erwerbstätige sein tatsächlich entgangenes Einkommen bescheinigt.
Aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichthofs zu § 18 Abs. 1 Z 2 GebAG folgt, dass nur das tatsächlich entgangene, nicht ein nach Durchschnittssätzen zu berechnendes Einkommen zu ersetzen ist (VwGH 14.12.2011, 2007/17/0124; 25.02.2002, 98/17/0097). Der KONKRETE Verdienstentgang ist vom Zeugen zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten (VwGH 17.12.1993, 92/17/0184). Es ist auf den konkreten Vermögensschaden abzustellen; er ist nicht nach den sonst geltenden Honorarsätzen zu entlohnen (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, Sachverständigen- und DolmetscherG. GebührenanspruchsG4 § 18 E 21, E 23). Unter "tatsächlich entgangenem" Einkommen ist nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Daß der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, nicht aber nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten. Die Berufung auf einen in der Regel mit Zeugeneinvernahmen verbundenen Verdienstausfall vermag ein konkretes Vorbringen betreffend einen bestimmten Einkommensverlust nicht zu ersetzen. Es kommt weder auf die Stundensätze nach den Allgemeinen Honorarrichtlinien noch auf die beim selbständig Erwerbstätigen auflaufenden Fixkosten an (VwGH 15.04.1994, 92/17/0231).
Von einem tatsächlichen Einkommensentgang beim selbstständig Erwerbstätigen kann nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging. Wesentlich ist hiebei insbesondere, ob es dem Zeugen möglich und zumutbar war, die betreffenden Tätigkeiten nach Rückkehr vom Gericht selbst durchzuführen, wobei auch die Dringlichkeit bzw. Terminisierung der versäumten Arbeiten eine Rolle spielen kann. Hinweis E 24. März 1995, 95/17/0063; E 25. Mai 1998, 98/17/0137 (VwGH 20.06.2012, 2010/17/0099).
Ebenfalls in ständiger Rechtsprechung erkennt der VwGH, dass die Tätigkeiten, die während der versäumten Zeit ausgeübt worden wären und dem selbständig Erwerbstätigen Einkommen gebracht hätten, in der Regel bezeichnet, beschrieben und erforderlichenfalls durch Urkunden oder Aussagen bescheinigt werden können. Auf Grund der für diese Tätigkeiten üblichen Entgelte und der dem Selbständigen bei Erfüllung der versäumten Tätigkeit erwachsenden variablen Auslagen wird sich in der Regel auch das tatsächlich entgangene Einkommen errechnen und bescheinigen lassen, wobei der Schätzungsweg durch § 18 und § 19 Abs 2 GebAG 1975 keineswegs verschlossen ist. Die Schätzung des tatsächlichen Einkommensentganges, der durch eine bestimmte Zeitversäumnis verursacht wird, ist jedoch der Ermittlung eines fiktiven Einkommens nach Durchschnittssätzen keineswegs gleichzuhalten, muss doch Ausgangspunkt auch der Schätzung stets eine KONKRETE, dem selbständig Erwerbstätigen ein Einkommen vermittelnde Tätigkeit während des Zeitraumes der Verhinderung sein (VwGH 25.02.2002, 98/17/0097; 14.02.1986, 86/17/0023; 27.03.1987, 86/17/0257; vgl. auch Feil, Gebührenanspruchsgesetz7 § 18 Rz 4).
Konkret zur Tätigkeit von Rechtsanwälten führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zu behaupten, die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht nicht entgegenstehe, weil auch eine Anonymisierung erfolgen kann (VwGH 98/17/0137; s. auch Krammer/Schmidt/Guggenbichler, Sachverständigen- und DolmetscherG. GebührenanspruchsG4 § 18 E 38). Auch muss ein Rechtsanwalt die Unaufschiebbarkeit von Beratungsaufträgen konkret behaupten, weil eine kurze Abwesenheit nicht indiziert, dass die Aufträge verloren gegangen wären (VwGH 92/17/0254; s. auch Krammer/Schmidt/Guggenbichler, Sachverständigen- und DolmetscherG. GebührenanspruchsG4 § 18 E 39).
3.2.3. Im gegenständlichen Fall hat der Zeuge eine konkrete Tätigkeit, welche er aufgrund der Zeugeneinvernahme nicht verrichten haben können, nicht einmal behauptet. So ist etwa seinen Anträgen nicht zu entnehmen, für welchen Auftraggeber (wenn auch in anonymisierter Form angegeben) er welche Tätigkeit in welchem zeitlichen Umfang hätte verrichten müssen. Der Zeuge begnügt sich vielmehr mit einem allgemeinen Verweis auf seine übliche Tätigkeit und seine Stundensätze. Gerade die Bezugnahme auf Stundensätze, die er aber für den gegenständlichen Antrag herabgesetzt annimmt – ohne dafür eine Erklärung abzugeben – zeigt, dass keine konkrete Tätigkeit am Tag der Zeugeneinvernahme verabsäumt wurde, andernfalls wüsste der Zeuge, welchen konkreten Stundensatz er welchem Auftraggeber verrechnet hätte. Der Zeuge konnte zudem nicht bescheinigen, dass er seine berufliche Tätigkeit, die er üblicherweise am Tag der Zeugeneinvernahme verrichtet hätte, nicht auch an einem Folgetag, mitunter auch am Wochenende oder im Rahmen von „Überstunden“ im Sinne von einer über 8 Stunden hinausgehenden Tagesarbeitszeit hätte verrichten können. Wenn der Zeuge behauptet, er arbeite auch unabhängig von Terminen, belegt dies sogar, dass er durch die Einvernahme lediglich Zeit verloren hat, nicht aber ein tatsächliches Einkommen. Gerade dieser allgemeine Verlust an Arbeitszeit soll aber – so die Intention des Gesetzgebers – durch die pauschale Entschädigung abgegolten werden.
Der Zeuge hat – obwohl ihn diese Verpflichtung aufgrund von § 19 Abs. 2 GebAG trifft – keinerlei entsprechende Bescheinigungsmittel (wie zB ggf. anonymisierte Aussagen seiner Auftraggeber; Verträge über zu erbringende Leistungen und dgl.) vorgelegt. Auch ist der Umstand, dass die Zeugenladung mehr als zwei Monate vor der Einvernahme erfolgte, relevant und ist es einem selbständig Erwerbstätigen zumutbar, Dispositionen organisatorischer Art im Hinblick auf die bevorstehende Verhinderung zu treffen (vgl. VwGH 09.09.2009, 2007/17/0161). Im gegenständlichen Fall hat der Zeuge aber nicht einmal ein konkret unverschiebbares Ereignis behauptet, sondern lediglich allgemeine Ausführungen getätigt.
Indem der Zeuge kein konkret und tatsächlich entgangenes Einkommen bescheinigen konnte, ist es gerechtfertigt, lediglich die Pauschalentschädigung für Zeitversäumnis gem. § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG zu gewähren.
3.2.4. Die Durchführung einer – nicht beantragten – mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Aufenthaltskostenersatz Bescheinigungspflicht Beschwerdevorentscheidung Einkommensentfall Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Maßgabe mündliche Verhandlung Pauschalentschädigung Rechtsanwälte Reisekosten selbstständig Erwerbstätiger Verdienstentgang Verschwiegenheitspflicht Vorlageantrag Zeitversäumnis ZeugengebührEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W183.2230045.1.00Im RIS seit
29.12.2020Zuletzt aktualisiert am
29.12.2020