TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/9 W136 2227484-1

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Veröffentlicht am 09.09.2020
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Entscheidungsdatum

09.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
HDG 2014 §18 Abs2
HDG 2014 §51 Z4 lita
HDG 2014 §75 Abs1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W136 2227484-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter MinR Mag. Christoph PROKSCH und Bgdr Mag. Norbert HUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die Rechtsanwälte Haunschmidt, Minichmayr & Partner, gegen das Erkenntnis der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung vom 15.11.2019, Zl. 1050-09-DKS/19, zu Recht erkannt:

A) In Erledigung der Beschwerde wird das Disziplinarerkenntnis wegen gesetzwidriger Zusammensetzung der belangten Behörde infolge Rechtswidrigkeit der Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten für das Kalenderjahr 2019 gemäß 28 VwGVG Abs. 2 als rechtswidrig aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Über den Beschwerdeführer (im Folgenden BF), einen Beamten der Verwendungsgruppe M ZUO, der den Dienstgrad Wachtmeister führt, wurde mit Bescheid der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) vom 15.11.2019, gemäß § 51 Z 4 lit. a HDG 2014 Abs 1 Heeresdisziplinargesetz 2014 (HDG) die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.

Die Zuweisung des eingelangten Geschäftsfalles durch den Vorsitzenden der DKS an den damaligen Vorsitzenden des Senates 7 erfolgte am 25.06.2019 auf der Grundlage der „Geschäftseinteilung der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung für das Kalenderjahr 2019 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2019", Verlautbarungsblatt II des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr. 20/2019.

2. Gegen dieses Disziplinarerkenntnis wurde vom BF rechtzeitig Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit erhoben, in der ua. ausgeführt wird, dass der BF in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt worden sei, weil die Entscheidung auf einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich der oben angeführten Geschäftseinteilung der DKS fuße.

3. Die DKS legte dem BVwG mit Schreiben vom 08.01.2020 die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsakts vor.

4. Mit Beschluss des BVwG vom 30.04.2020 wurde gegenständliches Beschwerdeverfahren gemäß § 34 Abs. 2 Z 2 VwGVG ausgesetzt und gemäß Art 139 Abs 1 Z 1 iVm Art 135 Abs 4 iVm Art 89 Abs 2 B VG einen Antrag auf Prüfung der GE 2019 an den Verfassungsgerichtshof gestellt.

Am 14.07.2020 langte der Beschluss des VfGH vom 26.06.2020, V344/2020-15 ua. ein, indem dieser aussprach, dass die GE 2019 gesetzwidrig war und ist das Verfahren nunmehr fortzuführen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus der unbestrittenen Aktenlage.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zuständigkeit des BVwG

Art 131 B-VG regelt die grundsätzliche Zuständigkeit des BVwG hinsichtlich der Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Das Dienstrecht und damit auch das Disziplinarrecht der Beamten ist gemäß Art 10 Abs 1 Z 16 B-VG ebenso wie das Heeresdisziplinarrecht (als militärische Angelegenheit gemäß Art 102 Abs 2 B-VG) unmittelbar von Bundesbehörden zu vollziehen.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 75 Abs 1 HDG 2014 hat das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde mit der die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt wurde, durch einen Senat zu entscheiden. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

2.2. Zur Unzuständigkeit der belangten Behörde

Gemäß § 18 Abs 2 HDG 2014 idF BGBl I 2018/61 (aufgehoben durch BGBl I Nr. 58/2019) hat der Vorsitzende der DKS in einer Geschäftseinteilung

1. die Anzahl der Senate festzulegen,

2. die Kommissionsmitglieder den einzelnen Senaten zuzuordnen sowie die Senatsvorsitzenden und deren Stellvertreter zu bestimmen,

3. die Reihenfolge zu bestimmen, in der die einem Senat zugeordneten Kommissionsmitglieder als Senatsmitglieder heranzuziehen sind,

4. den Eintritt von Ersatzmitgliedern für den Fall der Verhinderung von Senatsmitgliedern zu regeln und

5. den Geschäftsbereich der Senate zu bestimmen.

Diese Geschäftseinteilung ist jeweils bis zum Jahresende für das folgende Kalenderjahr zu erlassen. Die Geschäftseinteilung ist mit dem Hinweis, dass sie vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission erlassen wurde, öffentlich kundzumachen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 26.06.2020, V344/2020-15 ua, ausgeführt, dass die GE 2019 von einem unzuständigen Organ (dem drittgereihten Stellvertreter und nicht dem zweitgereihten Stellvertreter) erlassen wurde und damit gesetzwidrig erlassen war (Rz 51). Der festgestellte Mangel betreffe alle Verordnungsbestimmungen (Rz 52).

Die Unzuständigkeit des verordnungserlassenden Organs und die Feststellung, dass die GE 2019 gesetzwidrig war, führt dazu, dass gemäß § 18 HDG idF idF BGBl I 2018/61 keine gültige GE 2019 bestand und damit auch zur Unzuständigkeit des das beschwerdegegenständliche Disziplinarerkenntnis erlassenden Senates 7, der durch die als gesetzwidrig erkannte Verordnung eingerichtet wurde.

Gemäß § 27 1. Fall des VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen. Nach der zu § 27 VwGVG ergangenen Rechtsprechung des VwGH, sind die Verwaltungsgerichte in jenen Fällen, in denen die Verwaltungsbehörde, deren Entscheidung bekämpft wird, unzuständig war, allein dafür zuständig, diese Unzuständigkeit - unabhängig davon, ob der BF dies im Verfahren vorgebracht - aufzugreifen und den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 29.01.2020, Ra 2018/08/0234; 27.01.2020, Ra 2019/02/0203; 27.03.2018, Ra 2017/06/0247; 25.05.2016, Ra 2015/06/0095, 27.10.2014, Ra 2014/02/0053).

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Disziplinarerkenntnis Disziplinarstrafe Geschäftseinteilung Disziplinarkommission BMLV gesetzwidrige Zusammensetzung Rechtswidrigkeit Unzuständigkeit Verfahrensfortsetzung VfGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W136.2227484.1.01

Im RIS seit

28.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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