Entscheidungsdatum
21.09.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W213 2232887-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK !
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Dr. Josef LAGLER, 7132 Frauenkirchen, Franziskanerstraße 62, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Burgenland, vom 24.04.2020, ohne GZ., betreffend Anrechnung von Vordienstzeiten, zu Recht erkannt:
A)
Der bekämpfte Bescheid wird gemäß 28 Abs. 1und 2 VwGVG ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
I.1. Der am XXXX geborene Beschwerdeführer steht als Kontrollinspektor i.R. (Verwgr. E2a), in einem öffentlich - rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, wobei er mit Ablauf des 30.04.2004 in den Ruhestand versetzt wurde.
I.2. Mit Schreiben vom 22.08.2013 beantragte er die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages bzw. der ordnungsrechtlichen Stellung unter Anrechnung vor dem 18. Geburtstag zurückgelegte Vordienstzeiten.
I.3. Der Beschwerdeführer urgierte mit Schreiben vom 23.03.2020 die Erledigung dieses Antrages und brachte vor, dass er zu 100 % behindert sei. Ohne diese Behinderung wäre er sicher bis 2013, wahrscheinlich 2016 im Aktivstand verblieben.
I.4. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr bekämpften Bescheid, dessen Spruch nachstehenden Inhalt hatte:
„Ihr Antrag vom 23.03.2020 auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung durch Anrechnung von vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Vordienstzeiten wird unter Bedachtnahme auf § 169f Abs. 1 iVm Abs. 2 GehG 1956 in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019/ BGBI. I Nr. 58/2019 und iVm § 40 Abs. 1 PG 1965 als unzulässig zurückgewiesen.“
Begründend wurde wurde unter Hinweis auf § 169f Abs. 1 iVm Abs. 2 GehG 1956 in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019/ BGBI. I Nr. 58/2019 und iVm § 40 Abs. 1 PG 1965 ausgeführt, dass dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmungen zufolge Empfänger von wiederkehrenden Leistungen nach dem PG 1965 nur dann ein Antragsrecht auf Neufestsetzung hätten, wenn allfällige Ansprüche auf Bezüge für Zeiten des Dienststands noch nicht verjährt seien. Gemäß § 40 PG 1965 verjähre der Anspruch auf rückständige Leistungen drei Jahre nach ihrer Entstehung. Der Beschwerdeführer sei mit Ablauf des 30.04.2004 in den Ruhestand übergetreten. Er habe daher kein Antragsrecht, da bei ihm der Monatserste des letzten Monats des Dienststandes länger als drei Jahre zurückliege (Verjährung). Sein Anbringen sei daher mangels Antragslegitimation zurückzuweisen gewesen.
I.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass sein Schreiben vom 23.03.2020 an die Landespolizeidirektion Burgenland lediglich die Erledigung seines Antrages vom 22.08.2013 urgiere.
Mit nunmehr bekämpften Bescheid der belangten Behörde werde sein „Antrag" vom 23.03.2020, gemeint sein Urgenzschreiben, wegen Verjährung gemäß § 40 PG 1965 zurückgewiesen mit der Begründung, dass er mit Ablauf des 30.04.2004 in den Ruhestand übergetreten sei. Sein tatsächlicher Antrag, nämlich jener vom 22.08.2013, sei im nunmehr bekämpften Bescheid nicht einmal erwähnt worden. Mit dem angefochtenen Bescheid wäre daher nicht über das Urgenzschreiben vom 23.03.2020 sondern über den Antrag vom 22.08.2013 zu entscheiden gewesen.
Es werde daher beantragt,
dem Antrag auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages unter Einbeziehung des vor dem 18. Lebensjahr abgeleisteten ordentlichen Präsenzdienstes stattzugeben,
in eventu
den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurück zu verweisen.
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der am XXXX geborene Beschwerdeführer steht als Kontrollinspektor i.R. (Verwgr. E2a), in einem öffentlich - rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, wobei er mit Ablauf des 30.04.2004 in den Ruhestand versetzt wurde.
Mit Schreiben vom 22.08.2013 beantragte er die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages bzw. der ordnungsrechtlichen Stellung unter Anrechnung vor dem 18. Geburtstag zurückgelegter Vordienstzeiten.
Der Beschwerdeführer urgierte mit nachstehend wörtlich wiedergegebenem Schreiben vom 23.03.2020 die Erledigung dieses Antrages:
„URGENZ
Ich ersuche hiermit gem. meinem vormaligen Antrag vom 22.08.2013 um nachträgliche Neufestsetzung meines Vorrückungsstichtages unter einstufungswirksamer Anrechnung meiner Militärdienstzeit in die vor dem 18. Geburtstag liegenden Vordienstzeiten samt diskrimiminierungsfreier Überleitung unter Berücksichtigung eines neu zu bemessenden Überleitungsbetrags und Besoldungsdienstalters. Ebenso ersuche ich um Neufeststellung der Ruhegenussberechnungsgrundlage und entsprechender Nachzahlung.
Begründung
Da mein Antrag von der Dienstbehörde bis heute unbeantwortet blieb, möchte ich folgendes nachträglich klarstellen:
Ich bin vorzeitig mit Ablauf vom 30. April 2004 in den Ruhestand getreten, da die Dienstbehörde aufgrund meiner 100 %igen Behinderung keine geeignete Planstelle für mich zur Verfügung hatte. Ansonsten wäre ich mit Sicherheit bis einschließlich 2013 und wahrscheinlich bis 2016 noch im aktiven Dienst gewesen.
In diesem Sinne verweise ich unter Hinweis auf das Erkenntntnis des BverwG vom 27.6.2019, W 213 2149874-1 auf der Entscheidung des EuGH vom 8. 5.2019, C-396/17(d RS LEITNER).
Für die Beurteilung meines Ersuchens lege ich folgende Beweismittel vor:
1. Ablichtung des Antrages auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages im Wege des Bundespensionsamtes über die BVA an dies Landespolizeidirektion für das Burgenland vom 30.8.2013,
2. Ablichtung des Wehrdienstbuches mit Entlassungsbescheinigung für die Zeit vom 2.1.1969 bis 30.9.1969.
3. Ablichtung des Bescheides des LGK f d Bgld vom 1.10.1975 bezüglich der damals gültigen Anrechnung der Vordienstzeiten und Ablichtung des Dekretes des LGK f d Bgld vom
4. Ablichtung des Bescheides vom LGK f d Bgld vom 24.8.1976 der Definitivstellung.
5. Ablichtung der Ernennung des LGK f d Bgld zum dienstführenden Wachebeamten.
6. Ablichtung des LDK-Bescheides vom 19.4.2004 mit Begründung der Versetzung in den Ruhestand.
7. Ablichtung der Bescheide GZ: 3088-271051/16 u, GZ: 3088-271051/18 vom 11.10.2004 des Bundespensionsamtes.
8. Ablichtung der Feststellung des Bundessozialamtes vom 28-10-2013 zur 100%igen Behinderung.
Aus den angeführten Gründen ersuche ich um rechtliche Bearbeitung meines Ersuchens vom 23.8.2013 [sic] und der jetzigen Urgenz, um notfalls beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde einzureichen.
Um einen entsprechenden Bescheid wird ersucht.“
2. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und der unstrittigen Aktenlage.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt – mangels derartiger Gesetzesbestimmungen - somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Art. 130 Abs. 1 B-VG lautet wie folgt:
„Artikel 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.“
Im vorliegenden Fall geht aus dem klaren Wortlaut des Schreibens des Beschwerdeführers vom 23.03.2020 hervor, dass dieser mit diesem Schreiben lediglich die Erledigung seines Antrages vom 22.08.2013 auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages bzw. der besoldungsrechtlichen Stellung urgieren wollte. Keinesfalls kann dieses Schreiben als Säumnisbeschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z. 3 B-VG gedeutet werden, da ausdrücklich die Erlassung des seinerzeit beantragten Bescheides urgiert wurde, um diesen gegebenenfalls verwaltungsgerichtlich bekämpfen zu können.
Die belangte Behörde hat mit dem bekämpften Bescheid das Urgenzschreiben des Beschwerdeführers vom 23.03.2020 als eigenständigen Antrag auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers durch Anrechnung von vor dem 18. Geburtstag liegenden Vordienstzeiten qualifiziert und gemäß § 169 f Abs. 1 und 2 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2019 i.V.m. § 40 Abs. 1 Pensionsgesetz als unzulässig zurückgewiesen.
Wie oben dargestellt, war das Schreiben des Beschwerdeführers darauf gerichtet eine inhaltliche Entscheidung über seinen seinerzeitigen Antrag vom 22.08.2013 herbeizuführen. In Verkennung dieses Umstandes hat die belangte Behörde eine Entscheidung erlassen, die vom Beschwerdeführer nicht beantragt wurde, weshalb gemäß § 169 f Abs. 2 Gehaltsgesetz keine Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des bekämpften Bescheides gegeben war.
Da im Fall einer zurückweisenden Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde dem Verwaltungsgericht eine meritorische Entscheidung verwehrt ist (vgl. VwGH 30.05.1995, 93/08/0207), war der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.
Bemerkt wird, dass der seinerzeitige Antrag des Beschwerdeführers vom 22.08.2013 auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages bzw. der besoldungsrechtlichen Stellung offenkundig nach wie vor unerledigt ist. Die belangte Behörde wird daher über diesen meritorisch zu befinden haben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Wie oben dargestellt wurde, ist die hier zu lösende Rechtsfrage auf Grundlage der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eindeutig gelöst.
Schlagworte
Anrechnung Antragstellung Behinderung besoldungsrechtliche Stellung ersatzlose Behebung Ruhestand Verjährung Vordienstzeiten Vorrückungsstichtag - Neufestsetzung ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W213.2232887.1.00Im RIS seit
28.12.2020Zuletzt aktualisiert am
28.12.2020