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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Verordnung betreffend die Auflassung eines öffentlichen Weges mangels Eingriff in die Rechtssphäre der antragstellenden Nachbargemeinde sowie der WegebenützerSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit Schriftsatz vom 3. August 1994 stellten die Marktgemeinde Neuhofen/Krems, Dipl.-Ing. R K sowie M und H S gemäß Art139 B-VG den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "die Verordnung der Gemeinde Kematen an der Krems vom 31. Mai 1994, GZ 612-1994/kl/qu, zur Gänze als gesetzwidrig aufheben."
1.2. Die Zulässigkeit des Antrages wird im wesentlichen folgendermaßen begründet: Der aufgelassene Weg hätte bisher eine unmittelbare Fortsetzung im Wege- und Straßennetz der Gemeinde Neuhofen gehabt. Die im öffentlichen Gut der Gemeinde Neuhofen stehende Wegparzelle 573/1 gehe anschließend in die Wegparzelle 573/2 über, die im gemeinsamen Eigentum der Gemeinde Neuhofen und der Gemeinde Kematen stehe. Die Fortsetzung dieses Weges ende schließlich im Acker; das durch viele Jahrzehnte bestandene Wegeverbindungsstück zwischen den beiden Gemeinden werde durch die Maßnahme der Nachbargemeinde unterbrochen; die antragstellende Gemeinde als Verwalterin des öffentlichen Gutes und Verantwortliche für die Wegeverbindung sei daher durch die Maßnahme der Nachbargemeinde direkt in ihren Interessen betroffen. Gleiches gelte auch für die Zweit-, sowie Dritt- und Viertantragsteller. Diese seien unmittelbare Anrainer und hätten den gegenständlichen Weg gleichfalls schon jahrelang benützt. Auch wenn die Nachbargemeinde einen alternativen Weg in Form eines asphaltierten Güterweges errichte, so bestehe ein Interesse der Gemeinde, wie auch zahlreicher Anrainer, den aufgelassenen Weg zumindest als Fahrrad- und Wanderweg im Sinne des §8 Abs1 Z4 des Oberösterreichischen StraßenG 1991 zu erhalten.
2. Über den Antrag wurde erwogen:
2.1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, VfGH 28.11.1994 V125/94).
2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in VfSlg. 11873/1988 ausgesprochen, daß ein Eingriff in die Rechtssphäre der Gemeinde nur dann in Betracht kommt, wenn eine "nach Inhalt der Gesetze oder Verordnungen des Bundes oder Landes zu besorgende Angelegenheit der Gemeinde als Selbstverwaltungskörper vorenthalten oder entzogen und einer anderen staatlichen Behörde oder der Gemeinde im übertragenen Wirkungsbereich zur Besorgung zugewiesen oder von einer solchen Behörde tatsächlich besorgt wird." Da die Verordnung der Gemeinde Kematen an der Krems vom 31. Mai 1994 offenkundig nicht in den Wirkungsbereich der Gemeinde Neuhofen an der Krems eingreift - die in Rede stehende Straße wurde gemäß §1 der angefochtenen Verordnung nur "bis zur Gemeindegrenze", also innerhalb des Gemeindegebietes aufgelassen - ist sie zur Stellung eines Individualantrages im Sinne des Art139 B-VG nicht legitimiert.
2.3. Auch die Zweit- sowie Dritt- und Viertantragsteller sind zur Stellung eines Individualantrages im Sinne des Art139 B-VG nicht legitimiert: Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in ähnlich gelagerten Fällen (siehe zB VfSlg. 10423/1985 und 13173/1992) dargelegt hat, äußert die Auflassung eines öffentlichen Weges lediglich wirtschaftliche Auswirkungen auf die bisherigen Wegebenützer, zumal niemandem ein Recht auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs an einer Straße zusteht. Besondere Umstände, die es erlauben würden, einen aktuellen Eingriff in eine rechtlich geschützte Interessenssphäre anzunehmen, werden von den Antragstellern nicht vorgebracht und sind dem Verfassungsgerichtshof auch nicht erkennbar.
2.4. Die Rechtssphäre der Antragsteller wird durch die bekämpfte Verordnung sohin nicht im Sinne des Art139 B-VG berührt.
Der Antrag war daher mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen.
2.5. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Straßenverwaltung, Gemeindestraße, Widmung (einer Straße)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:V134.1994Dokumentnummer
JFT_10048998_94V00134_00