TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/5 W208 2231232-1

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Veröffentlicht am 05.10.2020
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Entscheidungsdatum

05.10.2020

Norm

AVG §53b
AVG §74
B-VG Art133 Abs4
GebAG §38 Abs1
GebAG §53 Abs1 Z2
GebAG §54
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W208 2231232-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , XXXX XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion WIEN, vom 07.10.2019, GZ: 1171642303, 1102697603, 1184726307, wegen Dolmetschergebühren zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Gebühren im angefochtenen Bescheid für die mündliche Übersetzung von „Schriftstücken, die nicht während der Vernehmung angefertigt wurden“ unter Punkt 2) f) mit € 103,50 bestimmt werden und die Summe der Gebühren somit € 282,20 (inkl. 20% USt.) beträgt.

II. Der Antrag auf Kostenersatz wird gemäß § 31 Abs 1 VwGVG iVm § 17 VwGVG und § 74 AVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ist Dolmetscherin für die Sprache PUNJABI und wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) am 25.06.2019 für Dolmetschleistungen bei drei in der Regionaldirektion WIEN, XXXX , XXXX durchgeführten Vernehmungen (IFA 1171642303, IFA 1102697603, und IFA 1184726307) herangezogen. Im Zuge dieser Einvernahmen – in denen auch jeweils eine „NIEDERSCHRIFT IM VERFAHREN VOR DEM BUNDESAMT FÜR FREMDENWESEN UND ASYL“ entstand und (rück)übersetzt wurde - übersetzte die BF je sechs auf Englisch abgefasste – zur Beantragung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates erforderliche – Schriftstücke der indischen Botschaft in WIEN („AFFIDAVIT“, Schreiben an „The Consular Officer, Embassy of India, Vienna“, „AFFIDAVIT [FOR LOST/DAMAGED PASSPORT]“, „POLICE VERIFICATION CERTIFICATE FOR INDIA“, „APPLICATION FORM FOR MISCELLANEOUS SERVICES ON INDIAN PASSPORTS“ (bestehend aus 3 Seiten), sowie „PROFORMA TO BE ATTACHED WITH APPLICATION FOR VERIFICATION OF INDIAN NATIONALITY“) zwecks Eintragung von Daten des Vernommenen in diese Dokumente.

Dem von der belangten Behörde dazu ausgestellten „Summenblatt“ ist zu entnehmen, dass die Anwesenheit der BF in dieser Dienststelle am 25.06.2019 von 09:00 Uhr bis 10:25 Uhr erforderlich war. Des Weiteren wurde darin unter dem Punkt „mündl. Übers. gem. § 54 (1) Z 4 GebAG“ für jede der Vernehmungen Folgendes vermerkt: „diverse Schriftstücke, HRZ 8“.

2. Für diese Leistungen legte die BF fristgerecht folgende Gebührennote, Nr.152J/BFA/2019, datiert mit 25.06.2019 (eingelangt am 02.07.2019), vor:

I. Entschädigung für Zeitversäumnis (§§ 32/1; 33/1)

a) Hin- und Rückreise (unter 30 km) + Wartezeit

- 2 Stunden zu je € 22,70       € 45,40

II. Mühewaltung (§ 54)

1. Teilnahme an Verhandlungen/Vernehmungen

- für die erste halbe Stunde (3 Mal)

a) Werktag von 06:00 – 20:00 zu je € 24,50     € 73, 50

2. Übersetzung von Schriftstücken während der Vernehmung

a) Werktag von 06:00 – 20:00

1,678 á € 7,60         € 12,75

f) Schriftstücke, die nicht während der Vernehmung angefertigt wurden

24 á € 7,60         € 182,40

V. Reisekosten (§ 27 ff)

b) öffentliches Verkehrsmittel (hin- und retour) 2-mal € 2,40  € 4,80
SUMME            € 318,85
20 % USt          € 63,77
ENDSUMME           € 382,70

3. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 07.10.2019 sprach die belangte Behörde unter Punkt 2) f) für „Schriftstücke, die nicht während der Vernehmung angefertigt wurden“ lediglich 15 – statt die von der BF beantragten 24 – Seiten zu. Die restlichen Gebühren wurden antragsgemäß zugesprochen und der Gebührenanspruch der BF iHv insgesamt € 300,60 bestimmt.

Begründend wurde dazu lediglich auf die gesetzlichen Bestimmungen nach §§ 53b iVm 53a AVG und des GebAG verwiesen. Maßgeblich für die Anzahl der mündlich übersetzten Seiten sei die in § 54 Abs 1 Z 1 lit. a GebAG getroffene Definition, wonach 1000 Schriftzeichen (ohne Leerzeichen) einer Seite entsprechen würden. Zur Ermittlung der Gebühr sei gemäß § 54 Abs 3 GebAG die Anzahl der Schriftzeichen der Übersetzung (ohne Leerzeichen) durch 1000 zu dividieren und das Ergebnis mit der Gebühr (dzt. € 7,60) zu multiplizieren.

4. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 10.10.2019) richtet sich die am 06.11.2019 eingebrachte Beschwerde, in welcher die BF die Bestimmung der Gebühren gemäß ihrer gelegten Gebührennote vom 25.06.2019 beantragte.

Begründend führte die BF im Wesentlichen aus, dass gemäß § 54 Abs 3 zweiter Satz GebAG ungeachtet der Schriftzeichen eine ganze Seite zu verrechnen sei, wenn dies zur Wahrung der Übersichtlichkeit erforderlich sei. Dies sei im gegenständlichen Fall zweifellos gegeben, zumal auch von der belangten Behörde im Summenblatt die Übersetzung von 8 Seiten bestätigt worden sei. Das Formular aus 6 verschiedenen Dokumenten, bestehe aus den näher genannten 8 Seiten und sei als ein Dokument zu werten. Deshalb werde es auch als HRZ-Formular (Heimreisezertifikat Dokument) betitelt. Jede zu übersetzende Seite entspreche auch einer Seite des Dokuments. Schließlich müsse auch der Verfahrensökonomie Rechnung getragen werden und jedes Mal eine ganze Seite iHv € 7,60 verrechnet werden, da man ja nicht wisse, wie viele Daten, genau genommen Zeichen (ohne Leerzeichen) man jedes Mal auf das Formularblatt schreibe. Man müsse somit jedes Mal die Zeichen neu abzählen.

Beantragt werde eine mündliche Verhandlung und die zeugenschaftliche Einvernahme von Mitarbeitern der Verrechnungsstelle der belangten Behörde sowie des Leiters der Einvernahme. Neben dem Zuspruch der begehrten Dolmetschergebühr beantragte der BF den Ersatz der ihm entstandenen Verfahrenskosten im gesetzlichen Ausmaß einschließlich Rückerstattung der Eingabegebühr von € 30,00.

5. Mit am 25.05.2020 beim BVwG eingelangtem Schreiben legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vor und führte darin Folgendes aus: Im Fall des mündlichen Übersetzens (und gemeinsamen Ausfüllens mit dem Vernommenen) des Formblatts zur Erlangung eines Heimreisezertifikates in der Vernehmung gemäß § 54 Abs 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG seien die Schriftzeichen des Formblattes zu zählen (Verweis auf BVwG 04.08.2019, L519 2016204-1). Die von der BF herangezogene Bestimmung des § 54 Abs 3 zweiter Satz GebAG beziehe sich nur auf schriftliche Übersetzungen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I.1. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt.

Insbesondere wird festgestellt, dass die BF am 25.06.2019 von 09:00 Uhr bis 10:25 Uhr Dolmetschleistungen bei drei Einvernahmen (IFA 1171642303, IFA 1102697603, und IFA 1184726307) der belangten Behörde erbracht hat.

Die gegenständliche Vernehmung gestaltete sich folgendermaßen:

Die BF übersetzte in drei Vernehmungen jeweils 6 in englischer Sprache abgefasste, zur Beantragung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates erforderliche Formularblätter zu je 8 Seiten (insgesamt 24 Seiten) der indischen Botschaft in Wien für die Eintragung der Daten des Einvernommenen in diese Dokumente mündlich.

In der Folge übersetzte die BF die Kommunikation zwischen der belangten Behörde und dem Vernommenen und die darüber aufgenommene Niederschrift.

Ein gegenständlich als „Formular für ein Heimreisezertifikat“ bezeichnetes Schriftstück, bestehend aus den 6 Formblättern zu 8 Seiten, enthält 4.544 Zeichen ohne Leerzeichen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und der darin einliegenden Gebührennote sowie den Unterlagen der in Rede stehenden Übersetzungstätigkeit.

Die Zeichenanzahl des Heimreisezertifikatformulars von 4.544 Zeichen ohne Leerzeichen konnte durch Konvertierung des Formulars in ein entsprechendes Format festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen. Diese Frist wurde eingehalten und liegen auch sonst keine Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung liegt somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, wobei kein Verbot einer „reformatio in peius“ besteht und kein Neuerungsverbot (vgl Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2; stRsp des VwGH, zB 29.06.2017, Ra 2017/16/0085 mwN). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).

Auch hinsichtlich des Beschwerdebegehrens nach § 9 Abs 1 Z 4 VwGVG ist eine Bindung des Verwaltungsgerichtes grundsätzlich zu verneinen; allerdings ist eine durch die Prozesserklärung bewirkte Teilrechtskraft (etwa von einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides) vom Verwaltungsgericht zu beachten (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K6).

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnis vom 26.01.2012, 2009/09/0187 und in diesem Sinne wohl auch 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) ist nicht erforderlich. Die vorgelegten Verfahrensakten lassen nicht erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt ist sowohl dem BF als auch der Verwaltungsbehörde und den übrigen Parteien bekannt. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht von solcher Komplexität, dass es dazu Erläuterungen in einer Verhandlung bedürfte.

Ein Entfall der Verhandlung widerspricht weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl 1958/210, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I.)

3.2. Gesetzliche Grundlagen (Auszug, Hervorhebung durch BVwG)

Gemäß § 53b Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs 2 Gebührenanspruchsgesetz (GebAG), mit den in § 53 Abs 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG), BGBl. Nr. 136/1975 idgF, lauten:

Gemäß § 38 Abs 1 GebAG hat der Sachverständige (hier: Dolmetscher) den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.

Gemäß § 53 Abs 1 Z 2 GebAG gelten für den Umfang, die Geltendmachung und die Bestimmung der Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher die §§ 24 bis 34, 36, 37 Abs 2, 38 bis 42 und 52 GebAG mit folgenden Besonderheiten sinngemäß: § 38 Abs 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Gebühr für die Tätigkeit an einem Verhandlungs- oder Vernehmungstag jeweils an dessen Ende geltend gemacht werden kann.

§ 54 GebAG lautet wie folgt:

„(1) Die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher beträgt

1. bei schriftlicher Übersetzung

a) für je 1 000 Schriftzeichen (ohne Leerzeichen)      15,20 Euro;

b) wenn das zu übersetzende Schriftstück schwer lesbar ist, um 3 Euro mehr als die Grundgebühr;

c) wenn die Übersetzung wegen besonderer sprachlicher oder fachlicher Schwierigkeiten einen erhöhten Zeitaufwand erfordert oder wenn die Übersetzung auf Anordnung des Gerichts in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr oder an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag zu erfolgen hat, jeweils das Eineinhalbfache der Grundgebühr;
2. für eine gesetzmäßige Beurkundung der genauen Übereinstimmung einer schriftlichen Übersetzung mit der Urschrift                3,20 Euro;

3. für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde         24,50 Euro; für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde     12,40 Euro;

handelt es sich um eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit, so erhöhen sich diese Beträge auf            30,70 Euro

bzw.                                  15,40 Euro;

fällt die Zuziehung in die Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr oder auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so beträgt die Gebühr insoweit das Eineinhalbfache dieser Beträge;

4. für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr nach Z 3 die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks; wurde das zu übersetzende Schriftstück im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigt, so gebühren für die Übersetzung des gesamten Schriftstücks höchstens 20 Euro;

5. für die Überprüfung einer Übersetzung die für die Übersetzung festgesetzte Gebühr erhöht um 5 Euro.

(2) Ist zur Vorbereitung für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung das Studium von Akten auf Anordnung des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft erforderlich, so haben die Dolmetscherinnen und Dolmetscher Anspruch auf die Gebühr nach § 36.

(3) Zur Ermittlung der Gebühr ist die Anzahl der Schriftzeichen der Übersetzung (ohne Leerzeichen) durch 1 000 zu dividieren und das Ergebnis mit der Gebühr nach Abs. 1 zu multiplizieren. Bei Übersetzungen von Dokumenten steht die Gebühr nach Abs. 1 ungeachtet der darin enthaltenen Schriftzeichen auch für jede Seite zu, die einer Seite des zu übersetzenden Dokuments entspricht und zur Wahrung der Übersichtlichkeit auf einer eigenen Seite übersetzt wurde.“

Die ErläutRV zu einem Gebührenanspruchsgesetz 1974, 1336 BlgNR XIII. GP 35, führen zu § 54 aus:

„[d]ie Gebühr für Mühewaltung ist verschieden, je nachdem, ob die Tätigkeit im Übersetzen oder im Dolmetschen besteht; im ersten Fall wird nach der Art der Übersetzung oder ihrer besonderen sprachlichen oder fachlichen Schwierigkeit (Abs. 1 Z. 1) abgestuft, im zweiten Fall soll die Mühewaltung durch die Gebühr nach Abs. 1 Z. 3 entlohnt werden. ...

Schriftliche Übersetzungen, bei denen entweder das zu übersetzende Schriftstück mit lateinischen oder deutschen Schriftzeichen geschrieben ist oder bei denen für die Übersetzung in die fremde Sprache lateinische oder deutsche Schriftzeichen zu verwenden sind, sollen niedriger entlohnt werden als Schriftstücke mit anderen Schriftzeichen. ...

Das Dolmetschen selbst wird entlohnt, indem für die Zuziehung zu einer gerichtlichen Vernehmung oder Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde ein Betrag von ... gebühren soll (Abs. 1 Z.·3). ...

Übersetzt der Dolmetscher während einer gerichtlichen Vernehmung (oder Verhandlung ein Schriftstück mündlich (Abs. 1 Z. 4), das mehr als eine volle Seite umfasst, so soll er zusätzlich die für die schriftliche Übersetzung eines Schriftstücks vorgesehene Gebühr (Abs. 1 Z. 1) erhalten.

...“

Durch Art. I Z 16 lit. c der Novelle BGBl. Nr. 623/1994 wurde dem Abs 3 des § 54 GebAG der obzitierte zweite Satz angefügt. Die ErläutRV zu dieser Novelle, 1554 BlgNR XVIII. GP 16, führen hiezu aus,

„[n]ach der geltenden Regelung des § 54 Abs. 3 GebAG 1975 ist die Seite einer schriftlichen Übersetzung nur dann als voll zu bewerten, wenn sie mindestens 25 Zeilen mit durchschnittlich mindestens 40 Zeichen enthält. Bei der Übersetzung von Dokumenten (Geburtsurkunden, Staatsbürgerschaftsnachweisen etc.) ist es aus Gründen der Übersichtlichkeit üblicherweise erforderlich, diese deckungsgleich mit dem Original wiederzugeben. Von den Interessenvertretern der Dolmetscher wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß dadurch die oben genannten Kriterien für die Entlohnung einer vollen Seite kaum erreicht werden, daß mit der deckungsgleichen Übersetzung aber ein gewisser Mehraufwand verbunden ist, der der Übersetzung einer Normalseite gleichkommt. Dieser Mehraufwand soll durch die vorgesehene Neuregelung abgedeckt werden.“

Durch BGBl. I Nr. 111/2007 wurde u.a. § 54 GebAG neu gefasst. Die ErläutRV 303 BlgNR XXIII. GP 52 führen hiezu gegenständlich relevant aus:

„In der bisherigen Fassung gebührten 15,20 Euro für jede volle Seite der Übersetzung, wobei gemäß Abs. 3 eine Seite nur dann als voll galt, „wenn sie mindestens 25 Zeilen mit durchschnittlich mindestens 40 Schriftzeichen enthält“. Das führte mitunter dazu, dass die Dolmetscherinnen Übersetzungen abliefern mussten, bei denen auf jeder Seite nur 25 Zeilen mit durchschnittlich 40 Schriftzeichen enthalten waren, wodurch die Übersichtlichkeit der Übersetzungen sehr gelitten hat. Anstatt auf die Anzahl der Schriftzeichen pro Seite soll daher in Zukunft nur mehr auf die Gesamtzahl der Schriftzeichen (ohne Leerzeichen) – ohne Bezugnahme auf irgendwelche formalisierten „Seiten“ – abgestellt werden. Eine Änderung in der Höhe der Gebühr ergibt sich dadurch nicht, weil auch bisher die Gebühr für 40 Zeichen x 25 Zeilen = 1.000 Schriftzeichen gewährt wurde. Die Dolmetscherin hat bei der Gebührenbemessung die Anzahl der Schriftzeichen anzugeben. Diese Anzahl kann durch das Gericht, die Staatsanwaltschaft oder die Revisorin leicht überprüft werden, indem eine elektronische Version des Dokuments von der Dolmetscherin angefordert wird: jedes gängige Textverarbeitungsprogramm ist auch mit einer Funktion ausgestattet, mit der die Zeichenanzahl einfach ermittelt werden kann.“

Schließlich wurde durch Art. VIII Z 2 des Budgetbegleitgesetzes 2014, BGBl. I Nr. 40, § 54 Abs 1 Z 4 - wie eingangs wiedergegeben - neu gefasst. Die ErläutRV 53 BlgNR XXV. GP 10 führen hiezu aus:

„Im Bereich des § 54 Abs. 1 Z 1 lit. b GebAG erscheint der bei der schriftlichen Übersetzung gebührende Zuschlag für den Fall, dass das zu übersetzende Schriftstück in anderen als lateinischen oder deutschen Schriftzeichen geschrieben ist oder für die Übersetzung andere als lateinische oder deutsche Schriftzeichen zu verwenden sind, angesichts der in der heutigen Zeit zur Verfügung stehenden Hilfsmittel nicht mehr zeitgemäß. Er soll daher entfallen.

Ein (weitergehender) Änderungsbedarf besteht ferner im Bereich des § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG. Hier ist aktuell vorgesehen, dass für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG die Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks zusteht. Diese Anordnung stellt insofern eine Abweichung von der sonstigen Systematik des GebAG dar, als hier gleichzeitig sowohl eine (volle) Zeitgebühr nach der Z 3 als auch die volle Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks verzeichnet werden kann, sodass es im Ergebnis zu einer doppelten Abgeltung desselben Aufwands kommt. Insofern erscheint es legitim, dass in solchen Konstellationen für die Übersetzung eines Schriftstücks im Rahmen einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung künftig nur mehr die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung des Schriftstücks zustehen soll. [...]“

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Strittig ist im gegenständlichen Verfahren, ob der BF die von ihr geltend gemachte Gebühr jeweils pro Seite (insgesamt für 24 Seiten) im Hinblick auf die Bestimmung des § 54 Abs 3 zweiter Satz GebAG zuzusprechen oder diese anhand der Umrechnungsformel des § 54 Abs 3 erster Satz GebAG zu berechnen ist. Die übrigen Positionen bleiben hingegen unbestritten.

Die BF führt dazu im Wesentlichen aus, dass gemäß § 54 Abs 3 zweiter Satz GebAG ungeachtet der Schriftzeichen eine ganze Seite zu verrechnen sei, wenn dies zur Wahrung der Übersichtlichkeit erforderlich sei. Dies sei im gegenständlichen Fall zweifellos gegeben.

Die belangte Behörde entgegnet diesbezüglich, dass die von der BF herangezogene Bestimmung des § 54 Abs 3 zweiter Satz GebAG sich nur auf schriftliche Übersetzungen beziehe. Weiters führte sie aus, dass im Fall des mündlichen Übersetzens (und gemeinsamen Ausfüllens mit dem Vernommenen) des Formblatts zur Erlangung eines Heimreisezertifikates in der Vernehmung gemäß § 54 Abs 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG die Schriftzeichen des Formblattes zu zählen seien und verwies dabei auf hg. Judikatur des BVwG vom 04.08.2019, L519 2016204-1.

Der VwGH hat nunmehr bei einem vergleichbaren Sachverhalt hinsichtlich derselben Rechtsfrage im Erkenntnis vom 29.06.2020, Ro 2020/16/0016-3, Folgendes dazu ausgeführt (RZ 12 – 14):

§ 54 GebAG (in Verbindung mit § 53b AVG) unterscheidet, wie schon den zitierten ErläutRV zu einem GebAG 1974 entnommen werden kann, zwischen der Tätigkeit des Übersetzens und jener des Dolmetschens. Während sich die Tätigkeit des Übersetzens auf das geschriebene Wort bezieht, bezieht sich jene des Dolmetschens auf das gesprochene (gehörte) Wort. Dieser Unterscheidung folgend knüpft § 54 GebAG die Gebühr für Mühewaltung für Übersetzen an das Schriftgut und die darin enthaltenen Schriftzeichen (ohne Leerzeichen) an, jene für Dolmetschen grundsätzlich an die aufgewendete Zeit.

§ 54 Abs. 1 Z 4 GebAG regelt den besonderen Fall, dass während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung, sohin während der Zuziehung als Dolmetscher, eine Übersetzung eines Schriftstücks erfolgt, und ordnet an, dass für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr nach Z 3 die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks zusteht.

Mit den Worten „Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks“ verweist § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG auf die Regelungen für die Gebühr bei schriftlicher Übersetzung, fallbezogen auf § 54 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 GebAG.

Dem Verwaltungsgericht ist noch insofern zu folgen, als der Verweis in § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG auch § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG mitumfasst; allerdings ordnet § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG Besonderes nur für die Übersetzung von Dokumenten ungeachtet der Zahl der darin enthaltenen Schriftzeichen für jede Seite an, die einer Seite des zu übersetzenden Dokuments entspricht und zur Wahrung der Übersichtlichkeit auf einer eigenen Seite übersetzt wurde. § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG regelt daher den besonderen Fall, dass die Übersetzung eines Schriftstückes („des zu übersetzenden Dokuments“) in einem anderen Schriftstück dergestalt Niederschlag findet, dass - zur Wahrung des Übersichtlichkeit - jede Seite des zu übersetzenden Dokuments in einer eigenen Seite der - schriftlichen - Übersetzung „deckungsgleich mit dem Original“ (so die zitierten ErläutRV 1554 BlgNR XVIII. GP 16) wiedergegeben wird.

Ausgehend von den Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichtes umfasste die Tätigkeit des Mitbeteiligten im Rahmen der Einvernahmen am 30. April 2019 einerseits das Dolmetschen, andererseits auch das Übersetzen von Schriftstücken (in Englisch) in Punjabi, jedoch lediglich mündlich, ohne dass die Übersetzung der Dokumente einen schriftlichen Niederschlag gefunden hätte, insbesondere in einer in § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG geforderten Beibehaltung der seitenweisen Gliederung bei der Übersetzung in die andere Sprache.

Die bloß mündliche Übersetzung der Schriftstücke konnte daher nicht die besonderen Voraussetzungen des § 54 Abs. 3 zweiter Satz GebAG erfüllen. […]“

3.3.2. Den Ausführungen dieses Erkenntnisses folgend ist auch im vorliegenden, vergleichbar gelagerten Sachverhalt, die bloß mündliche Übersetzung der zur Beantragung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates erforderlichen Formulare (im Ausmaß von insgesamt 24 Seiten), nicht anhand der Bestimmung von § 54 Abs 3 zweiter Satz GebAG jeweils pro Seite zu vergüten, sondern war zur Ermittlung der Gebühr die Anzahl der übersetzen Zeichen anhand der Umrechnungsformel des § 54 Abs 3 erster Satz GebAG (dividiert durch 1000 und das Ergebnis multipliziert mit der Gebühr, dzt. € 7,60) zu berechnen.

Vor diesem Hintergrund werden hinsichtlich allfälliger zukünftiger gleichartiger mündlicher Übersetzungen sowohl die BF als auch die belangte Behörde zu berücksichtigen haben, dass bei der Gebührenverzeichnung nach § 54 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 54 Abs 3 erster Satz GebAG die genaue Zeichenanzahl (ohne Leerzeichen) bekannt gegeben und nachgewiesen, nicht aber auf Seitenzahlen Bezug genommen werden sollte (vgl OLG Wien 17 Bs 402/09f, in Krammer, SDG-GebAG4 unter E35 zu § 54).

Während die BF jeweils die Seiten als Grundlage für ihre Gebührennote herangezogen hat, hat die belangte Behörde nach eigenen Angaben den Rechenvorgang gemäß § 54 Abs 3 erster Satz GebAG iVm § 54 Abs 1 Z 1 lit. a und Z 4 leg. cit. durchgeführt und die Anzahl der Schriftzeichen ohne Leerzeichen dividiert bzw. multipliziert, allerdings ohne anzugeben, von welcher Schriftzeichenanzahl sie dabei jeweils ausging. Im Ergebnis hat sie die beantragten 24 Seiten auf 15 gekürzt und demnach nicht offengelegte Rechenvorgänge impliziert.

Da die belangte Behörde weder im Bescheid noch in der Beschwerdevorlage angegeben hat, von welcher Zeichenanzahl sie bei ihrer Berechnung ausgegangen ist, musste das BVwG das Formular in ein entsprechendes Format konvertieren und die Zeichenanzahl selbst ablesen.

Dies hat wie oben festgestellt einen Umfang von 4.544 Zeichen ohne Leerzeichen für ein gesamtes Heimreisezertifikatformular (8 Seiten) ergeben.

Konkret betragen die Gebühren für die mündliche Übersetzung von Schriftstücken, die nicht während der Vernehmung angefertigt wurden – wobei 4.544 durch 1000 zu dividieren, sodann mit € 7,60 zu multiplizieren und in Folge kaufmännisch zu runden war – daher im gegenständlichen Fall € 34,50 für ein Formular und für die drei von der BF übersetzten HRZ-Formulare insgesamt € 103,50.

Unter Heranziehung dieses Betrages iHv € 103,50 unter Punkt 2) f) Gebühren für „Schriftstücke, die nicht während der Vernehmung angefertigt wurden“, ergibt sich im bekämpften Bescheid eine Summe von € 235, 15 und zuzüglich 20 % USt. iHv € 47, 03 insgesamt ein Betrag iHv € 282,20.

Da die Dolmetschergebühren der BF im bekämpften Bescheid mit € 300,60 anstatt mit € 282,20 bestimmt wurden, war die Beschwerde gemäß § 28 Abs 2 VwGVG mit der im Spruch genannten Maßgabe abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II.)

3.4. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gibt es für einen Kostenersatz keine Rechtsgrundlage. Das VwGVG sieht lediglich im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (§ 35 VwGVG) einen Kostenersatzanspruch vor. Gem. § 74 Abs 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten. Mangels materienspezifischer Sonderregelung ergibt sich auch aus § 74 Abs 2 AVG, welcher aufgrund § 17 VwGVG für die Verwaltungsgerichte anwendbar ist, kein Kostenersatzanspruch. Der Antrag auf Kostenersatz ist daher zurückzuweisen.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf das Erkenntnis des VwGH vom 29.06.2020, Ro 2020/16/0016-3 wird verwiesen.

Schlagworte

Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Kostenersatz - Antrag Schriftstück - Übersetzungstätigkeit Übersetzungstätigkeit Vernehmung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2231232.1.00

Im RIS seit

29.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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