TE Bvwg Beschluss 2020/10/7 W129 2234664-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.10.2020

Norm

AVG §74
B-VG Art133 Abs4
SchUG §25
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §35

Spruch

W129 2234664-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Dr. Rudolf Schaller, gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Burgenland vom 30.07.2020, Zl. BD/PS-2-602/4-2020:

A)

1. Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren wird eingestellt.

2. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Begründung

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Mit Entscheidung der Klassenkonferenz der Klasse 5BHFT der HTBLA XXXX vom 20.05.2020 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer die letzte Schulstufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat. Die Entscheidung wurde auf die negativen Beurteilungen in den Pflichtgegenständen Mechanik und Leichtbau, Aerodynamik und Luftfahrzeugbau sowie Flugtriebwerke gestützt.

2. Mit Schreiben vom 22.05.2020 erhob der volljährige Beschwerdeführer das Rechtsmittel des Widerspruches.

3. Aufgrund der pädagogischen Stellungnahme des Schulqualitätsmanagers DI XXXX vom 01.07.2020 wurde das Verfahren an der belangten Behörde unterbrochen und eine kommissionelle Prüfung aus dem Pflichtgegenstand Mechanik am 07.07.2020 durchgeführt. In Bezug auf die Pflichtgegenstände Aerodynamik und Luftfahrzeugbau sowie Flugtriebwerke empfahl der Schulqualitätsmanager eine Änderung der Beurteilungen (ohne nähere bzw. substantiierte Begründung).

4. Die kommissionelle Prüfung, durchgeführt an der vom Beschwerdeführer besuchten Schule und unter dem Vorsitz des Direktors der vom Beschwerdeführer besuchten Schule, wurde einstimmig negativ beurteilt.

5. Vor Erlassung des gegenständlichen Bescheides bekämpfte der Beschwerdeführer die negative Beurteilung der kommissionellen Prüfung mit eigenem Schriftsatz (ohne Datum, ON 22 im Akt der belangten Behörde) zusammengefasst mit den Argumenten, es sei der gesamte Stoff der 5. Schulstufe geprüft worden, jedoch ohne Einschränkung auf den im Schuljahr 2019/2020 tatsächlich durchgenommenen Schulstoff (unter Berücksichtigung der COVID-19-bedingten Reduktionen des Unterrichtes). Es sei dem Beschwerdeführer verwehrt worden, seinen befreundeten Mitschüler und Klassenbesten des geprüften Faches als Vertrauensperson zum mündlichen Prüfungsteil mitzunehmen. Auch habe dieser Mitschüler die schriftlichen Prüfungsfragen selbst nicht lösen können. Die übermäßig schwere Aufgabenstellung sei auf ein bestimmtes disziplinäres Fehlverhalten des Beschwerdeführers im Laufe des Schuljahres zurückzuführen. Bereits die dem Widerspruch zugrundeliegende negative Jahresbeurteilung sei willkürlich erfolgt, da seine mit fristgerecht abgegebenen und mit „Befriedigend“ benotete Arbeitsaufträge im Gegensatz zu seinen Klassenkollegen nicht in die Beurteilung eingeflossen seien.

6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.07.2020, Zl. BD/PS-2-602/4-2020, wurde dem Widerspruch des Beschwerdeführers mit der Maßgabe Folge geleistet, dass die Beurteilung der Pflichtgegenstände „Aerodynamik und Luftfahrzeugbau“ sowie „Flugtriebwerke“ mit Genügend festgesetzt wurde. Hingegen wurde die Beurteilung des Pflichtgegenstandes „Mechanik und Leichtbau“ mit Nicht genügend nach durchgeführter kommissioneller Prüfung bestätigt (Spruchpunkt 1). In Spruchpunkt 2. wurde das Rechtsmittel (ohne Datum, ON 22 im Akt der belangten Behörde) gegen die kommissionelle Prüfung vom 07.07.2020 als unzulässig zurückgewiesen.

7. Mit undatiertem (bei der belangten Behörde eingegangen am 18.08.2020) Schriftsatz der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers wurde auf das Wesentlichste zusammengefasst und sinngemäß die fehlende Nachvollziehbarkeit der Stellungnahme des Schulqualitätsmanagers moniert. Darüber hinaus wurde die sachfremde Vermengung einer Disziplinierung des Beschwerdeführers aufgrund eines bestimmten (vom Beschwerdeführer auch eingeräumten) Fehlverhaltens mit übermäßiger Strenge bei der Beurteilung kritisiert. Weiters fehle eine Stellungnahme des Fachlehrers im Akt. Auch habe die Behörde dem Beschwerdeführer kein Parteigehör zur Stellungnahme des Schulqualitätsmanagers eingeräumt. Dass der gesamte Stoff der Schulstufe geprüft wurde stehe mit der COVID-19-bedingten erheblichen Reduktion des tatsächlichen Unterrichtes im Widerspruch. Auch sei dem Beschwerdeführer rechtswidrig die Mitnahme einer Vertrauensperson zur mündlichen Prüfung verweigert worden. Den Vorsitz der Prüfungskommission habe rechtswidrig der Direktor der vom Beschwerdeführer besuchten Schule innegehabt.

Beantragt wurden insbesondere die „ersatzlose Aufhebung“ des Bescheides und die Festsetzung der Beurteilung im Pflichtgegenstand „Mechanik und Leichtbau“ mit Genügend, zudem der Ersatz der Verfahrenskosten.

8. Mit Begleitschreiben vom 27.08.2020 übermittelte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens an das Bundesverwaltungsgericht. Am 02.09.2020 erfolgte die Zuteilung an die zuständige Gerichtsabteilung.

9. Mit Schreiben vom 09.09.2020 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass der Beschwerdeführer die Wiederholungsprüfung aus „Mechanik und Leichtbau“ positiv abgeschlossen hat.

10. Mit Schreiben vom 15.09.2020 hielt das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung die Gegenstandslosigkeit der gegenständlichen Beschwerde vor und räumte diesbezüglich eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme im Ausmaß einer Woche ein. Eine Stellungnahme zu diesem Vorhalt wurde jedoch bis dato nicht abgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zur Einstellung des Verfahrens (Spruchpunkt A.1)

1.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird – neben formeller Klaglosstellung – angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren² [2018], § 28 VwGVG, Anm. 5 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Das Rechtsschutzinteresse besteht demnach bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. etwa VwGH 24.06.2015, Ra 2015/10/0027; 31.01.2018, Ra 2018/10/0022; 27.11.2018, Ra 2018/02/0162, jeweils m.w.N.).

Daraus folgt, dass ein Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht keinen Anspruch auf die bloße Feststellung der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides hat; das Verwaltungsgericht ist ebenfalls nicht berufen, eine Entscheidung lediglich über abstrakt-theoretische Rechtsfragen zu treffen, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (vgl. wieder VwGH 31.01.2018, Ra 2018/10/0022).

1.2. Ein solcher Fall liegt hier vor:

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer auf bestimmte Schwächen des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens hingewiesen hat, welche sich – prima vista (und somit ohne nähere Erörterung in einer mündlichen Verhandlung) – tatsächlich in der Aktenlage vorfinden. So lässt sich aus der allgemeinen Aktenlage zwar erahnen, nicht aber aus der Stellungnahme des Schulqualitätsmanagers schlüssig nachvollziehen, warum der Schulqualitätsmanager bei den negativen Beurteilungen in den Pflichtgegenständen „Aerodynamik und Luftfahrzeugbau“ sowie „Flugtriebwerke“ eine Korrektur auf eine positive Note empfahl bzw. warum er im Pflichtgegenstand „Mechanik und Leichtbau“ die Notwendigkeit der Durchführung einer kommissionellen Prüfung sah. Auch widerspricht die Zusammensetzung der Kommission sowohl hinsichtlich der Person des Vorsitzenden als auch hinsichtlich des Erstprüfers offenkundig den Vorgaben des § 71 Abs 5 Z 1 SchUG – dem Akt ist nicht zu entnehmen, ob oder bejahendenfalls welche Gründe es für das Abweichen von den gesetzlichen Vorgaben gegeben hat. Auch ging die belangte Behörde in keiner Weise dem substantiierten Vorwurf des Beschwerdeführers nach, wonach bei der kommissionellen Prüfung als Maßstab der Leistungsbeurteilung zwar die Lehrplananforderungen des Lehrplanstoffes der betreffenden Schulstufe herangezogen wurden, jedoch ohne Einschränkung auf den tatsächlichen Stand des Unterrichts (vgl. § 18 Abs 1 letzter Satz SchUG; vgl. weiters VwGH 27.01.1986 85/10/0149). Auch erscheint die dem 2. Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides zugrundeliegende Rechtsansicht der Behörde nicht völlig unbedenklich zu sein, umfasst doch das Recht auf Antritt zu einer kommissionellen Prüfung auch den Anspruch auf deren rechtlich einwandfreien Verlauf (Hauser, Schulunterrichtsgesetz, Kommentar zu § 71 [S. 698] mit Verweis auf die Literatur); die vom Beschwerdeführer unmittelbar nach der kommissionellen Prüfung vorgebrachten Kritikpunkte hätten daher nicht als eigenständiger Widerspruch aufgefasst werden dürfen, sondern im Rahmen des ursprünglichen behördlichen Verfahrens mitberücksichtigt werden müssen. Zuletzt ist auch darauf hinzuweisen, dass die innerbehördliche Stellungnahme des Schulqualitätsmanagers ein Ermittlungsergebnis darstellt, zu welchem – wie in der gegenständlichen Beschwerde zu Recht gerügt wurde – die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Parteiengehör hätte einräumen müssen (vgl. VwGH 11.02.1980, 1272/78).

Ungeachtet dieser offenen Kritikpunkte des Beschwerdeführers, zu denen die belangte Behörde in einer etwaigen Verhandlung auch umfassend hätte Stellung nehmen können, käme der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Beschwerde dennoch nur noch theoretische Bedeutung zu, da der Beschwerdeführer die Wiederholungsprüfung aus „Mechanik und Leichtbau“ positiv absolviert hat. Somit könnte sich die Rechtsstellung des Beschwerdeführers auch bei Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch das Bundesverwaltungsgericht nicht verbessern.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung in Bezug auf die nunmehrige Gegenstandslosigkeit keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren² [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

2. Zur Zurückweisung des Kostenbegehrens (Spruchpunkt A.2)

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 74 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu tragen. In § 35 VwGVG ist lediglich ein Kostenersatzanspruch im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt normiert (vgl. zum im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der Kostenselbsttragung etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018], § 35 VwGVG, Anm. 1 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Mangels spezifischer Regelung in den anzuwenden Materiengesetzen ergibt sich ebenfalls kein Kostenersatzanspruch.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz ist sohin als unzulässig zurückzuweisen.

3. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

erfolgreicher Abschluss Gegenstandslosigkeit Klaglosstellung kommissionelle Prüfung Kostenersatz - Antrag letzte Schulstufe negative Beurteilung Pandemie Verfahrenseinstellung Wegfall des Rechtschutzinteresses Wiederholungsprüfung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W129.2234664.1.00

Im RIS seit

29.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten