TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/23 W136 2165311-2

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Veröffentlicht am 23.10.2020
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Entscheidungsdatum

23.10.2020

Norm

BDG 1979 §43a
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §32

Spruch

W136 2165311-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter HR Mag. Bernhard JIRGAL und MinR Mag. Christoph PROKSCH als Beisitzer über den Antrag von XXXX , wh. in XXXX , auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.03.2018, W136 2165311-1/22, abgeschlossenen Verfahrens zu Recht erkannt:

A) Der Antrag wird gemäß § 32 VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt:

Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 24.08.2020 wurde die Wiederaufnahme des im Spruch genannten, abgeschlossenen Verfahrens des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 in eventu Z 4 VwGVG beantragt.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Antragsteller wegen Mobbings der Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei eine Amtshaftungsklage eingebracht habe, die in erster und zweiter Instanz abgewiesen wurde. Dagegen habe er eine außerordentliche Revision erhoben, in der sämtliche Mobbinghandlungen ausgeführt worden seien. Mit Beschluss vom 24.06.2020, GZ 1Ob 92/20 s, habe der OGH die Revision mit der Begründung zurückgewiesen, dass kein Mobbing vorliege. Die Vorwürfe des Antragstellers, insbesondere gegen seinen Abteilungsleiter XXXX , seien ungleich zahlreicher und wesentlich schwerwiegender gewesen, als jene, die dem Schuldspruch zu I.2. des Disziplinarerkenntnisses der Disziplinarkommission beim BMI vom 07.06.2017, GZ 4+5+12+14+30+40-DK/5/14 und 7-DK/5/15 zugrunde lagen und durch das nunmehr wiederaufzunehmende Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes bestätigt worden seien.

Im Besonderen verwies der Antragsteller auf Punkt 3.1. des OGH-Beschlusses, wonach es sich bei Mobbing um eine konfliktbeladene Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen handle, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und während längerer Zeit mit dem Ziel oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen werde.

Ein Mobbing, wie es dem Antragsteller im Erkenntnis des BVwG angelastet werde, nämlich von unten nach oben, sei schon begrifflich gar nicht möglich, was durch den Beschluss des OGH nun bewiesen sei und den Wiederaufnahmegrund bilde. Ein Mobbing von unten nach oben wäre „Staffing“, welches in der Rechtsordnung nicht positiviert sei, weshalb der Antragsteller zu Unrecht bestraft worden sei. Beim Beschluss des OGH handle sich es um eine neue Tatsache sowie ein Beweismittel, mit dem der Antragsteller im wiederaufzunehmenden Verfahren erfolgreich argumentieren hätte können und es zu einem Freispruch hätte kommen müssen.

Schließlich folgten Ausführungen zur Rechtzeitigkeit des Antrages. Die Revision des Antragstellers zur seiner Amtshaftungsklage sowie der angeführte Beschluss des OGH, mit dem diese zurückgewiesen wurde, waren dem Antrag beigeschlossen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

1.1. Mit der Entscheidung W136 2165311-1/22 vom 26.03.2018, auf die sich der Wiederaufnahmeantrag bezieht, wurden die Beschwerden des Disziplinaranwaltes beim BMI und des Antragstellers gegen ein Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 07.06.2017 in Stattgabe der vom Antragsteller eingebrachten Beschwerde vom Schuldvorwurf nach Spruchpunkt I.4. a bis d gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen und über den DB in Abänderung der von der belangten Behörde erfolgten Strafzumessung gemäß § 134 Z 2 BDG 1979 eine Geldstrafe in der Höhe von € 4.500,- verhängt. Im Übrigen wurde die Beschwerde des Antragstellers (als auch jene des Disziplinaranwaltes) als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid sowohl hinsichtlich der Schuldsprüche zu den Punkten I.1. bis I.3., des Freispruches zu Punkt II.2. und des Kostenausspruches zu Punkt III. bestätigt.

1.2. Der Schuldspruch zu Punkt I.2. des insoweit durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes bestätigten Disziplinarerkenntnisses lautet (Hervorhebung durch das BVwG):

„ I. [Der Antragsteller] ist gemäß § 126 Abs. 2 BDG schuldig,

[…]

2. Er hat es unterlassen seinem Vorgesetzten XXXX mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen, indem er ihm in Schreiben vom

a) 04.09.2013 an den Landespolizeidirektor „schikanöses Verhalten, penetranten Großmut und antiquiertes Obrigkeitsdenken“ vorwarf,

b) 28.10.2013 an die Staatsanwaltschaft Salzburg eines Intrigenhaften Verhaltens“ beschuldigte und

c) 19.03.2014 an den stellvertretenden Landespolizeidirektor, die Erteilung von „schikanösen, untragbaren Weisungen, sowie von Antipathie getragenen Verhaltens“ anlastete, einer „narzisstischen Persönlichkeitsstörung“ bezichtigte sowie Bedenken hinsichtlich seiner Diskretionsfähigkeit äußerte und - unter ausdrücklichem Hinweis, dass dem Vorgesetzten vorsorglich dessen Dienstwaffe abzunehmen wäre - ihn bezichtigte, an einer „offensichtlichen Gesundheitsstörung“ zu leiden.

[…]

[Der Antragsteller] hat seine Dienstpflichten nach […] § 43 a BDG, nämlich Vorgesetzten und Mitarbeitern mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen (zu Spruchteil I/2) […] gemäß §§ 91, 133 BDG schuldhaft verletzt. [….]“

1.3. Der vom Antragsteller gegen das vorgenannte Erkenntnis erhobenen Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof soweit sie sich gegen die Bestätigung der Schuldsprüche zu den Spruchpunkten I.1.b, I.2. und 3. des Disziplinarerkenntnisses der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 7.6.2017 richtet, zurückgewiesen und im Übrigen stattgegeben, indem die Bestätigung des Schuldspruches zu Spruchpunkt I.1.a des genannten Disziplinarerkenntnisses sowie der Strafausspruch wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben wurde.

1.4. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Antragsteller mit Erkenntnis vom 10.03.2020, Zl. W136 2165311-1/33 vom Schuldvorwurf nach Spruchpunkt I.1. a. des Disziplinar-erkenntnisses der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 07.06.2017 freigesprochen und erneut eine Disziplinarstrafe zu den in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüchen verhängt. Gegen dieses Erkenntnis hat der Antragsteller Revision erhoben, die mit Note vom 30.03.2020 dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde.

Der verfahrensgegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme wurde am 24.08.2020 gestellt.

Diese Feststellungen wurden unmittelbar aufgrund der diesbezüglichen Aktenlage getroffen.

2. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BvWGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 135a Abs. 3 BDG 1979 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch einen Senat zu erfolgen, wenn der Disziplinaranwalt gegen ein Erkenntnis Beschwerde erhoben hat. Im Verfahren dessen Wiederaufnahme begehrt wird, lag somit Senatszuständigkeit vor.

Nach den insoweit glaubhaften Angaben des Antragstellers erscheint der Wiederaufnahmeantrag rechtzeitig im Sinne des § 32 Abs. 2 VwGVG, trotzdem kommt ihm keine Berechtigung zu.

Zu A)

1. § 32 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018, lautet:

Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn
1.         das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2.         neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder
3.         das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder
4.         nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

2. Der Wiederaufnahmewerber hat den Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren stützt, in seinem Antrag aus eigenem Antrieb konkretisiert und schlüssig darzulegen. Sein Antrag kann nur dann zur Wiederaufnahme führen, wenn er Tatsachen vorbringt, auf die mit hoher Wahrscheinlichkeit zutrifft, dass sie im wiederaufzunehmenden Verfahren zu einem anderen Bescheid geführt hätten (vgl. zu § 69 Abs. 1 Z 2 AVG VwGH 19.2.2014, 2013/08/0275; 26.4.2013, 2011/11/0051, mwN; zur Übertragbarkeit der zu § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergangenen Judikatur auf den wortgleichen § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG siehe VwGH 8.9.2015, Ra 2014/18/0089), VwGH vom 04.03.2020, Ra 2020/18/0069.

Selbst wenn eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch das VwG erfolgt sein sollte, bildet dies keinen Wiederaufnahmegrund nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 (vgl. VwGH 09.03.2020, Ra 2019/12/0006 mwH).

3. Für den gegenständlichen Antrag folgt daraus:

Der Antragsteller macht sinngemäß als Wiederaufnahmegrund geltend, dass durch den im Zuge eines von ihm gegen die Republik Österreich angestrengten (erfolglosen) Amtshaftungsverfahrens ergangenen Beschluss des OGH vom 24.06.2020, GZ 1Ob 92/20 s, bewiesen sei, dass das ihm im Disziplinarverfahren angelastete Verhalten gegenüber seinem damaligen Vorgesetzten (siehe oben Punkt II.1.2.) deswegen kein Mobbing sein könne, weil der OGH nach Meinung des Antragstellers im Beschluss ausgesprochen habe, dass es begrifflich ein Mobbing „von unten nach oben“ gar nicht gäbe. Ein Mobbing von „unten nach oben“ sei nämlich „Staffing“, welches in der Rechtsordnung gar nicht „positiviert“ sei. Dies habe der Antragsteller auch bereits im wiederaufzunehmenden Verfahren vorgebracht, nun könne er dies durch den Beschluss des OGH auch beweisen.

Unabhängig davon, wie die Begriffe „Mobbing“, „Bossing“ oder „Staffing“ in der Literatur, Erlässen oder zitierend in der Rechtsprechung definiert werden, führt das Vorbringen des Antragstellers schon deswegen nicht zum Erfolg, weil er nicht schuldig gesprochen wurde seinen Vorgesetzten gemobbt zu haben, sondern weil er seine Dienstpflicht gemäß § 43a BDG 1979 als Mitarbeiter seinem Vorgesetzten mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen, verletzt hat. Der Antragsteller ist diesbezüglich auf die Überschrift des § 43 a BDG 1979 zu verweisen und an die Ausführungen im Erkenntnis W136 2165311-1/22 Zu Punkt II.2.5., dritter Satz, zu erinnern.

Nach dem Gesagten liegt kein Wiederaufnahmegrund vor und war der Antrag abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Amtshaftungsverfahren Dienstpflichtverletzung Disziplinaranwalt Disziplinarerkenntnis Mobbing OGH Wiederaufnahme Wiederaufnahmeantrag Wiederaufnahmegrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W136.2165311.2.00

Im RIS seit

29.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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