TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/27 W208 2228773-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.10.2020
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Entscheidungsdatum

27.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GEG §6
GEG §6a
GGG Art1 §14
GGG Art1 §15 Abs3a
GGG Art1 §2 Z1 lita
GGG Art1 §2 Z1 litc
GGG Art1 §32 TP1
GGG Art1 §32 TP2
GGG §15 Abs3a
JN §54
JN §56
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W208 2228773-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Dr. Ronald RAST und Dr. Thomas RAST Rechtsanwälte, Lugeck 1/1/4, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30.12.2019, 100 Jv 7357/19g-33a, betreffend Gerichtsgebühren zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 15 Abs 3a GGG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) brachte am 19.10.2015 eine Klage beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (in der Folge: LG) zu XXXX ein. Dafür entrichtete er Pauschalgebühren nach TP 1 GGG iHv € 707,00.

Das Klagebegehren lautete:

„1. Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für jenen Schaden haftet, den diese wegen der Unterlassung der Verhängung eines Vertriebsverbots hinsichtlich des XXXX Fonds ( XXXX ) im Mai 2001 und/oder im September 2002 dadurch erlitten habe und dass er am 23.01.2003 1906,580 Anteile am XXXX gekauft habe (in eventu: und seine Forderung iHv € 76.577,44 samt 4 % Zinsen seit 16.05.2014 gegen die XXXX Ltd. in Liquidation nicht zur Gänze befriedigt werde.

2. Die beklagte Partei ist weiters schuldig der klagenden Partei die Prozesskosten zu ersetzen.“

2. Gegen das klagsabweisende Urteil des LG vom 15.07.2016 erhob der BF am 13.09.2016 Berufung. Dafür entrichtete er Pauschalgebühren nach TP 2 GGG iHv € 1.088,00.

3. Nach Beanstandung bei der Nachprüfung von Gebühren und Kosten wurde am 19.11.2019 einen Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) erlassen, mit welchem dem BF auf Basis einer Bemessungsgrundlage von € 76.578,00 jeweils eine restliche Pauschalgebühr für die Klage gemäß TP 1 GGG iHv € 2.072,00 (€ 2.770 abzüglich € 707,00) sowie für die Berufung gemäß TP 2 GGG von € 3.000,00 (€ 4.088,00 abzüglich € 1.088,00), zuzüglich einer Einhebungsgebühr von € 8,00 gemäß § 6a Abs 1 GEG, somit insgesamt ein Betrag iHv € 5.080,00 vorgeschrieben wurde.

4. Dagegen erhob der BF fristgerecht am 25.11.2019 eine Vorstellung, welche der Präsidentin des LG (im Folgenden belangte Behörde genannt) zur Entscheidung vorgelegt wurde.

5. Mit Bescheid vom 30.12.2019 erließ die Präsidentin des LG (nachdem der davor erlassene Mandatsbescheid ex lege außer Kraft getreten war) einen Zahlungsauftrag und schrieb dem BF eine Pauschalgebühr für die Klage gemäß TP 1 GGG von € 2.072,00 sowie für die Berufung gemäß TP 2 GGG von € 3.000,00 (je Bemessungsgrundlage iHv € 76.578,00) zuzüglich einer Einhebungsgebühr von € 8,00 gemäß § 6a Abs 1 GEG, somit insgesamt einen Betrag iHv € 5.080,00 vor.

Begründend führte sie darin im Wesentlichen Folgendes aus:

Ein in einem Geldbetrag bestehender Streitwert liege immer dann vor, wenn im Klagebegehren selbst die begehrte Leistung mit einer Geldsumme ausgedrückt werde, also auch bei einem Eventualbegehren oder einem Alternativbegehren, falls zumindest eines dieser Begehren auf eine Geldsumme laute (Dokalik, Gerichtsgebühren13, § 14 GGG, E 10). Wenn nach § 15 Abs 3a GGG ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren, Gegenstand einer Klage sei, so bilde – ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger nach § 56 Abs 2 der JN – dieser Geldbetrag die Bemessungsgrundlage. Auf Klagen betreffend Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer ziffernmäßig bestimmten Geldforderung finde die Bewertungsvorschrift des § 56 Abs 2 JN keine Anwendung. Vielmehr richte sich die Bemessungsgrundlage nach dem Wert der Geldforderung, auf deren Feststellung das Klagebegehren gerichtet ist (Dokalik, Gerichtsgebühren13, § 14 GGG, E 20).

Aufgrund der genannten Ausführungen sei für die Pauschalgebühren nach TP 1 und TP 2 GGG eine Bemessungsgrundlage iHv € 76.578,00 heranzuziehen und der oben genannte Betrag iHv € 5.080,00 vorzuschreiben gewesen.

6. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 14.01.2020) richtet sich die am 10.02.2020 eingebrachte Beschwerde. Begründend wurde darin im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Gemäß § 14 GGG werde der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN bestimmt. Gemäß § 56 Abs 2 JN habe der Kläger den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben. Bei der gegenständlichen Klage habe es sich um eine Feststellungsklage gehandelt, sohin um einen Anwendungsfall des § 56 Abs 2 JN. Der Kläger habe den Streitwert mit € 30.400,00 angegeben. Hiebei handle es sich um den Schaden, der bei größtmöglichen Liquidationserlös vorliegen würde. Durch die ziffernmäßige Angabe im Urteilsbegehren (€ 76.577,44) sei der Streitwert nach GGG nicht geändert worden, auch sei dadurch kein Leistungsbegehren begründet worden. Dadurch sei lediglich das Feststellungsbegehren eingrenzt worden. Auch sei dadurch die Klage nicht zu einer auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer ziffernmäßig bestrittenen Geldforderung geworden, wie die belangte Behörde vermeine. Diese von der belangten Behörde geäußerte Rechtsansicht sei weiters unverständlich, da eine Feststellungsklage auf Bestehen oder Nichtbestehen einer ziffernmäßig bestimmten Geldforderung aufgrund der Subsidiarität von Feststellungsklagen unzulässig wäre.

Darüber hinaus wäre der Streitwertberechnung in analoger Anwendung des § 56 Abs. 1 JN nur dann die Höhe der Geldsumme des Eventualbegehrens zugrunde zu legen, wenn das Hauptbegehren nicht Geldwert besitze und das Eventualbegehren bereits in der Klage gestellt worden sei (VwGH 2005/16/0259). Das gegenständliche Eventualbegehren hätte jedoch, wie das Hauptbegehren keine Geldsumme, sowohl Haupt- als auch Eventualbegehren hätten keinen Geldwert besessen. Bemessungsgrundlage für die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG und TP 2 GGG seien daher jeweils € 30.400,00.

Das BVwG möge daher den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen.

7. Mit Schreiben vom 14.02.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – dem BVwG zu Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I.1. und 1.2. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt.

Der gegenständlich zur Beurteilung maßgebliche Punkt 1. des Klagebegehrens der Klage vom 19.10.2015 lautet seinem Wortlaut nach wie folgt:

„1. Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für jenen Schaden haftet, den diese wegen der Unterlassung der Verhängung eines Vertriebsverbots hinsichtlich des XXXX Fonds ( XXXX ) im Mai 2001 und/oder im September 2002 dadurch erlitten habe und dass er am 23.01.2003 1906,580 Anteile am XXXX gekauft habe (in eventu: und seine Forderung iHv € 76.577,44 samt 4 % Zinsen seit 16.05.2014 gegen die XXXX Ltd. in Liquidation nicht zur Gänze befriedigt werde.“

Der Beschwerdeführer begehrt in seiner Klage in eventu die Feststellung einer Haftung, für den Fall, dass eine genau bezifferte Forderung nicht zur Gänze befriedigt werde. Der maximale Wert dieser Forderung wird dabei mit € 76.577,44 angegeben.

Der im Eventualbegehren genannte Geldbetrag iHv € 76.577,44 ist daher Gegenstand der Feststellungsklage.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen und sind unbestritten.

Je nach Schicksal der in Rede stehenden Forderung im Eventualbegehren wäre ein entsprechender Betrag zu berücksichtigen, welcher sich auf das Endergebnis auswirkt. Für den Fall, dass diese Forderung tatsächlich nicht zur Gänze befriedigt wird, verbleibt der Maximalbetrag iHv € 76.577,44 als offene Forderung, was der BF festgestellt haben will. Dieser Betrag hat also in jedem Fall normative Bedeutung für die quantitativen Pflichten, die sich aus dem Urteil entfalten können, weshalb er Gegenstand der Feststellungsklage ist.

Der BF bringt überdies vor, dass durch die ziffernmäßige Angabe des Betrages von € 76.577,44 das Feststellungsbegehren „lediglich eingrenzt“ worden sei, und räumt damit selbst ein, dass der Geldbetrag iHv € 76.577,44 Gegenstand der Feststellungsklage geworden ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet – den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags - der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von „civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) lauten:

Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz entsteht nach § 2 Z 1 lit a GGG mit Überreichung der Klage und für das zivilgerichtliche Verfahren zweiter Instanz nach § 2 Z 1 lit c GGG mit Überreichung der Rechtsmittelschrift.

Nach § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Gemäß § 54 Abs 1 JN ist für die Berechnung des für die Zuständigkeit maßgebenden Wertes des Streitgegenstandes der Zeitpunkt der Anbringung der Klage entscheidend.

§ 56 Abs 1 JN besagt, wenn sich der Kläger, an Stelle der angesprochenen Sache eine bestimmte Geldsumme anzunehmen erbietet, oder er ein alternatives Begehren auf Zuerkennung einer Geldsumme stellt, so ist die in der Klage angegebene Geldsumme für die Beurteilung der Zuständigkeit und für die Besetzung des Gerichtes maßgebend.

Nach Abs 2 leg. cit. hat in allen anderen Fällen der Kläger den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung von Feststellungsklagen.

§ 15 Abs 3a GGG besagt, wenn ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren, Gegenstand einer Klage ist, so bildet – ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger nach § 56 Abs 2 der Jurisdiktionsnorm – dieser Geldbetrag die Bemessungsgrundlage.

Die nach dem anzuwendenden § 32 TP 1 I (idF BGBl I Nr 87/2015) Pauschalgebühr in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz beträgt bei einem Wert des Streitgegenstandes von € 70.000,00 bis € 140.000,00 € 2.779,00.

Die nach dem anzuwendenden § 32 TP 2 I (idF BGBl I Nr 156/2015) Pauschalgebühr in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz beträgt bei einem Wert des Streitgegenstandes von € 70.000,00 bis € 140.000,00 € 4.088,00.

Das GGG knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Formaltatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinweg sieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Die das Gerichtsgebührengesetz und das gerichtliche Einbringungsgesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane sind an die Entscheidungen der Gerichte gebunden [vgl. die in Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, in E 12.ff zu § 1 GGG, wiedergegebene hg. Rechtsprechung] (VwGH 29.04.2013, Zl. 2012/16/0131). Es geht auch nicht an, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen (vgl VwGH 13.05.2004, 2003/16/0469 mwN).

Für die Beurteilung des Inhaltes eines Klagebegehrens ist der Wortlaut des Schriftsatzes bei objektiver Betrachtungsweise maßgebend, sodass es auf subjektive Momente, wie der Kläger sein Begehren verstanden wissen wollte, nicht ankommt (vgl das Erkenntnis vom 29.04.2014, 2012/16/0199; VwGH 30.03.2017, Ra 2017/16/0033).

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Strittig ist im gegenständlichen Fall, welcher Betrag als Bemessungsgrundlage anzusetzen ist, um daraus die Höhe der für die Klage vom 19.10.2015 sowie die Berufung vom 13.09.2016 anfallenden Pauschalgebühren zu ermitteln.

Die belangte Behörde hat den im Eventualbegehren bezifferten Geldbetrag iHv € 76.577,44 als Bemessungsgrundlage herangezogen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass auf Klagen betreffend Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer ziffernmäßig bestimmten Geldforderung die Bewertungsvorschrift des § 56 Abs 2 JN keine Anwendung findet, sondern der Wert der Geldforderung, auf deren Feststellung das Klagebegehren gerichtet ist, die Bemessungsgrundlage bildet.

Der BF vertritt zusammengefasst die Meinung, dass es sich bei der gegenständlichen Klage um eine Feststellungsklage und sohin um einen Anwendungsfall des § 56 Abs 2 JN handle und daher der von ihm angegebene Streitwert iHv € 30.400,00 als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei, da es sich dabei um den Schaden handle, der bei größtmöglichen Liquidationserlös vorliegen würde.

3.3.2. Den Ausführungen des BF kann aus nachstehenden Gründen nicht gefolgt werden:

Auf Klagen betreffend Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer ziffernmäßig bestimmten Geldforderung findet die Bewertungsvorschrift des § 56 Abs 2 JN keine Anwendung. Vielmehr richtet sich die Bemessungsgrundlage nach dem Wert der Geldforderung, auf deren Feststellung das Klagebegehren gerichtet ist (Dokalik, Gerichtsgebühren13, § 14 GGG, E 20).

Der BF wendet nun ein, dass die Klage durch Nennung des in Rede stehenden Geldbetrages nicht zu einer auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer ziffernmäßig bestrittenen Geldforderung geworden sei, zumal eine Feststellungsklage auf Bestehen oder Nichtbestehen einer ziffernmäßig bestimmten Geldforderung aufgrund der Subsidiarität von Feststellungsklagen unzulässig wäre.

Diesbezüglich kann es im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob mit dem in der Klage vom 19.10.2015 verwendeten Wortlaut die Feststellung eines Rechtsverhältnisses begehrt wurde oder ob eine solche Feststellungsklage tatsächlich unzulässig wäre, weil es auf die Entscheidung über die Klage, insbesondere ob auch über das Eventualbegehren abgesprochen wird, es bei der Vorschreibung der Gerichtsgebühren nicht ankommt, weil die Gebührenpflicht bereits mit der Überreichung der Klage entstand (§ 2 Z 1 lit. a bzw. c GGG).

Auch mit dem weiteren Vorbringen des BF, wonach der Streitwertberechnung in analoger Anwendung des § 56 Abs. 1 JN nur dann die Höhe der Geldsumme des Eventualbegehrens zugrunde zu legen sei, wenn das Hauptbegehren nicht Geldwert besitze und das Eventualbegehren bereits in der Klage gestellt worden sei, ist für den BF nichts gewonnen, zumal angemerkt werden kann, dass – obwohl der der dazu von ihm ins Treffen geführten Judikatur zugrunde liegende Sachverhalt mit dem hier vorliegenden Fall nicht vergleichbar ist (vgl VwGH 23.03.2006, 2005/16/0259) - die von ihm ins Treffen geführten Voraussetzungen für die Heranziehung der Höhe des Eventualbegehrens vorliegen, da dieses bereits in der Klage gestellt wurde und – wie der BF selbst vorbringt – auch das Hauptbegehren nicht mit einer Geldsumme bemessen wurde.

Gegen dieses Argument des BF spricht auch, dass ein in einem Geldbetrag bestehender Streitwert immer dann vorliegt, wenn im Klagebegehren selbst die begehrte Leistung mit einer Geldsumme ausgedrückt wird, also auch bei einem Eventualbegehren oder einem Alternativbegehren, falls zumindest eines dieser Begehren auf eine Geldsumme lautet (Dokalik, Gerichtsgebühren13, § 14 GGG, E 10).

§ 15 Abs 3a GGG spricht nun ausdrücklich davon, dass der Geldbetrag den Gegenstand der Feststellungsklage bilden muss. Gegenstand einer Feststellungsklage oder eines Feststellungsbegehrens muss aber nicht das Geltendmachen dieses Geldbetrages bedeuten. (VwGH 29.04.2014, 2012/16/0199).

Die ErläutRV zur Zivilverfahrens-Novelle 2004, 613 BlgNR 22. GP 26, führen hiezu aus:

"Der eingefügte Abs. 3a enthält eine Klarstellung über die Bemessungsgrundlage für Klagen, die in anderer Weise als durch ein unmittelbar auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtetes Leistungsbegehren (für das ja eine Bewertung nach § 56 Abs. 2 der Jurisdiktionsnorm von vornherein nicht in Betracht kommt) einen ziffernmäßig bestimmten oder bestimmbaren Geldbetrag zum Gegenstand haben, etwa indem die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Geldforderung oder die Unterlassung des Abrufs einer Bankgarantie (mit einem zumindest in der Klagserzählung ziffernmäßig genannten Garantiebetrag) begehrt wird. Die Klarstellung geht dahin, dass Grundlage für die Bemessung der Gerichtsgebühren in einem solchen zivilgerichtlichen Verfahren nicht etwa die Bewertung des Klägers nach § 56 Abs. 2 der Jurisdiktionsnorm ist, sondern jener Geldbetrag, der Gegenstand der Klage ist.“

§ 15 Abs 3a GGG kommt vor diesem Hintergrund auch bei dem in Rede stehenden Eventualbegehren in der Klage vom 19.10.2015 zur Anwendung, worin der BF die Feststellung einer Haftung, für den Fall, dass eine genau bezifferte Forderung nicht zur Gänze befriedigt werde, begehrt. Die vor dem Hintergrund notwendige Konkretisierung welche Forderung noch in die Haftung miteingerechnet werden sollte, nahm er dadurch vor, dass er diese durch genaue Bezifferung spezifizierte. Der BF räumt auch selbst ein, dass durch die ziffernmäßige Angabe des Betrages von € 76.577,44 das Feststellungsbegehren „eingrenzt“ worden sei.

§ 15 Abs 3a GGG stellt – wie auch aus den ErläutRV (Hinweis 613 BlgNR 22. GP 26) und der dort referierten Judikatur erhellt – nicht darauf ab, ob ein Geldbetrag im Klagebegehren in deskriptiver oder normativer Weise genannt wird (VwGH 30.03.2017, Ra 2017/16/0033).

§ 15 Abs 3a GGG setzt in seinem ersten Halbsatz voraus, dass "ein Geldbetrag ... Gegenstand einer Klage ist", d.h. dass der Geldbetrag – im Falle der Klagsstattgebung – normative Bedeutung für die quantitativen Pflichten aus dem Urteil entfaltet (VwGH 18.12.2018, Ro 2018/16/0041).

3.3.3. Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, entfaltet der Betrag von € 76.577,44 im Eventualbegehren normative Bedeutung für die quantitativen Pflichten aus dem Urteil, zumal je nach Schicksal der Forderung ein entsprechender Betrag (bis zu der angeführten maximalen Höhe) zu berücksichtigen wäre, welcher sich auf das Endergebnis auswirkt.

Der Betrag von € 76.577,44 ist daher vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur Gegenstand der Klage geworden und somit als Bemessungsgrundlage für die Vorschreibung der Pauschalgebühr heranzuziehen.

Im Ergebnis kann das BVwG die Ansicht der belangten Behörde, dem BF die Pauschalgebühr anhand einer Bemessungsgrundlage iHv € 76.578,00 – gerundet nach § 6 Abs 2 GGG – vorzuschreiben, nicht als fehlerhaft erkennen.

Auf Basis dieser Bemessungsgrundlage iHv € 76.577,44 ergibt sich eine Pauschalgebühr nach TP 1 GGG idF BGBl I Nr 87/2015 iHv € 2.779,00 und nach TP 2 idF BGBl I Nr 156/2015 iHv € 4.088,00. Zuzüglich einer Einhebungsgebühr nach § 6a Abs 1 GEG iHv € 8,00 und abzüglich der bereits entrichteten € 707,00 und € 1.088,00 ergibt sich insgesamt eine aushaftende Gebühr iHv € 2.072,00 für welche die BF zahlungspflichtig ist.

3.4. Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

Bewertung Eventualantrag Eventualbegehren Feststellungsklage Gerichtsgebühren Gerichtsgebühren - Bemessungsgrundlage Gerichtsgebührenpflicht Mandatsbescheid Pauschalgebühren Streitgegenstand Streitwert Subsidiarität Vorstellung Zahlungsauftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2228773.1.00

Im RIS seit

28.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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