Entscheidungsdatum
29.10.2020Norm
BDG 1979 §114Spruch
W170 2230527-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Franz SCHARF, gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 2 (jetzt: Bundesdisziplinarbehörde), vom 04.03.2020, Gz. BMI-42137/0015-DK-Senat 2/2019, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht (weitere Partei: Disziplinaranwalt des Bundesministeriums für Inneres):
A) I. In teilweiser Stattgebung und teilweiser Abweisung der Beschwerde wird der Schuldspruch zu 2. wegen Unzuständigkeit der Behörde ersatzlos behoben und darüber hinaus der Schuld- und Strafausspruch abgeändert, dieser lautet:
„ XXXX ist schuldig, er hat am 16.08.2019, gegen 12.45 Uhr, vorsätzlich versucht, die gegen seine Tochter XXXX einschreitenden Beamten einmal dazu zu bewegen, keine Anzeige zu erstatten und die Angelegenheit anders zu regeln und dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG begangen.
Über XXXX wird gemäß § 92 Abs. 1 Z 2 BDG eine Geldbuße in der Höhe von 25 von 100 eines Monatsbezuges verhängt.
Hingegen wird XXXX von dem darüberhinausgehenden Vorwurf, also die Beeinflussung nicht einmal sondern mehrmals versucht zu haben, freigesprochen.“
II. XXXX hat gemäß § 117 Abs. 2 BDG keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum bisherigen Verfahren:
Nach Erstattung einer entsprechenden Disziplinaranzeige wurde mit Bescheid (Einleitungsbeschluss) der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 2 (in Folge: Behörde), vom 10.12.2019, Gz. BMI-42138/0004-DK-Senat 2/2019, gegen XXXX ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der Spruch des Einleitungsbeschlusses lautete:
„Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 2, hat am 10.12.2019 […] beschlossen, gegen XXXX wegen des Verdachtes,
1. er habe am 16.08.2019 gegen 12.45 Uhr im Zuge einer gegen seine Tochter geführten Amtshandlung mehrmals versucht, die einschreitenden Beamten dazu zu bewegen, keine Anzeige zu erstatten und die Angelegenheit anders zu regeln,
2. er habe am 17.08.2019 um 14.19 Uhr ohne dienstlichen Grund und sohin ohne Berechtigung in den Akt PAD/19/1615560 betreffend seine Tochter Einsicht genommen
[…] ein Disziplinarverfahren einzuleiten.“
Der Einleitungsbeschluss wurde XXXX am 17.12.2019 zugestellt, ein Rechtsmittel wurde gegen diesen nicht ergriffen.
Mit Schreiben der Personalabteilung der Landespolizeidirektion Wien vom 08.01.2020 an die Behörde wurde dieser unter anderem mitgeteilt, dass der Sachverhalt an die Datenschutzbehörde zur verwaltungsstrafrechtlichen Beurteilung übermittelt wurde. Im Rahmen dieses Verwaltungsstrafverfahrens wurde gegen XXXX (nachdem dieser gegen eine Strafverfügung Einspruch erhoben hatte und diese somit außer Kraft getreten war) ein Straferkenntnis der Datenschutzbehörde vom 25.03.2020, Gz. 2020-0.162.815, erlassen, das diesem am 23.04.2020 zugestellt wurde und gegen das dieser eine Bescheidbeschwerde erhoben hat, die zum Zeitpunkt des Schlusses des Ermittlungsverfahrens am 29.09.2020 noch beim Bundesverwaltungsgericht anhängig war.
Das verfahrensgegenständliche Disziplinarerkenntnis der Behörde vom 04.03.2020, Gz. BMI-42137/0015-DK-Senat 2/2019, wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt, die Zustellung erfolgte um den 09.03.2020, ein Zustellschein befindet sich nicht im Akt. Gegen dieses Erkenntnis wurde mit Schriftsatz vom 14.04.2020, am gleichen Tag bei der Behörde eingelangt, das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.
Das gegen XXXX hinsichtlich der Tathandlungen nach Spruchpunkt 1. des Einleitungsbeschlusses eingeleitete Strafverfahren nach der StPO wurde mit Entscheidung der Staatsanwaltschaft Wien (nach Durchführung einer diversionellen Erledigung) eingestellt und dies der Dienstbehörde mit Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft Wien vom 20.12.2019, 27 St 341/19i-3, mitgeteilt.
1.2. Zur Person des XXXX :
XXXX ist seit dem 31.12.1989 Exekutivbeamter der Landespolizeidirektion Wien und wird im Kriminaldienst verwendet; seine Dienststelle ist das Landeskriminalamt, Außenstelle XXXX . XXXX wird im Ermittlungsbereich XXXX eingesetzt.
Während seiner Tätigkeit als Exekutivbeamter erhielt XXXX dreizehn Mal eine Belobigung und Belohnung und wurde diesem fünfzehn Mal Dank und Anerkennung ausgesprochen. Bis dato ist XXXX disziplinarrechtlich unbescholten.
Gehaltsrechtlich ist XXXX in der Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 3, Gehaltsstufe 16, eingereiht. Seine nächste Vorrückung ist am 01.01.2021.
XXXX ist seit 24.06.1999 verheiratet, er hat eine volljährige Tochter, für die er noch sorgepflichtig ist, da die Tochter studiert. XXXX hat keine Schulden und kein Vermögen.
1.3. Zum verfahrensgegenständlichen Vorfall am 16.08.2019:
Während XXXX am 16.08.2019, vor 12.45 Uhr, außer Dienst und privat gemeinsam mit seiner Ehefrau XXXX privaten Erledigungen in Wien 16. nachging, chauffierte seine Tochter XXXX eine Nachbarin, die schwer gehbehindert und im Besitz eines amtlich ausgestellten Behindertenausweis ist, was sowohl XXXX als auch XXXX wussten, nach Wien 1., wo sie das von ihr gelenkte Fahrzeug im Nahebereich der Kärtner Straße vorschriftswidrig abgestellt hatte. Die Nachbarin legte eine Kopie ihres Behindertenausweises hinter die Windschutzscheibe, XXXX hielt diese Kopie, die sie nicht genauer ansah, für den Originalausweis. XXXX verließ das Fahrzeug für einige Minuten, um der gehbehinderten Nachbarin dabei zu helfen, das Ziel ihrer Erledigung zu erreichen.
Während XXXX nicht bei ihrem Fahrzeug war, fiel den beiden im Außendienst befindlichen Exekutivbeamten XXXX und XXXX auf, dass der im Fahrzeug der XXXX hinterlegte Behindertenausweis lediglich eine Kopie war und unterzogen diese XXXX , nachdem sie zum Fahrzeug zurückgekommen war, einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle.
Während dieser Lenker- und Fahrzeugkontrolle konnten die beiden Exekutivbeamten die Identität der XXXX klären und die Kopie des Behindertenausweises sicherstellen. Auch verantwortete sich XXXX schon vor Ort derartig, dass der Behindertenausweis der Bekannten gehöre und sie ihn für echt gehalten habe. Trotzdem forderten die beiden Exekutivbeamten XXXX auf, zur Polizeiinspektion XXXX mitzukommen, ohne diese auf den Umstand hinzuweisen, dass dies freiwillig erfolgen würde; XXXX glaubte auch tatsächlich, dass sie zur Polizeiinspektion XXXX mitkommen müsse. Die Aufforderung, zur Polizeiinspektion mitzukommen erfolgte im Wesentlichen, um diese greifbar zu haben, falls sich der Verdacht einer relevanten Straftat begründen lasse. Eine sofortige förmliche Einvernahme der XXXX war weder beabsichtigt noch erfolgte eine solche.
Während XXXX in der Polizeiinspektion zu warten hatte, rief diese ihren Vater XXXX an und übergab das Telefon an XXXX . XXXX stellte sich als Vater der XXXX und Exekutivbeamter im Kriminaldienst vor und begehrte zu erfahren, warum gegen XXXX eine Amtshandlung geführt werde und warum diese zur Polizeiinspektion habe mitkommen müssen. Zwar hat XXXX bereits in diesem Gespräch gefragt, ob man „die Sache nicht anders regeln“ könne, er hat aber gegenüber XXXX in diesem Gespräch nicht versucht, Handlungsanweisungen zu Gunsten seiner Tochter zu geben und diesem insbesondere nicht vorgeschlagen, die Sache unter den Tisch fallen zu lassen.
Nach diesem Telefonat hat XXXX seiner vom Außendienst gerade in die Polizeiinspektion zurückgekehrten dienstführenden Beamtin XXXX von der Amtshandlung und vom Telefonat mit XXXX berichtet und mit dieser das weitere Vorgehen hinsichtlich der Bearbeitung der Angelegenheit besprochen. XXXX war am 16.08.2019 die unmittelbare Vorgesetzte von XXXX und XXXX .
Gegen 12.45 Uhr ist es zu einem weiteren Telefonat zwischen XXXX und XXXX gekommen, auch nun wollte letzterer wieder mit XXXX sprechen. Dieser empfand diese Situation jedoch als unangenehm und ersuchte XXXX mit XXXX zu sprechen. Zum Zeitpunkt dieses Gesprächs befand sich XXXX , gemeinsam mit seiner Ehefrau XXXX , noch in Wien 16; im Anschluss an dieses Gespräch brachen die beiden Genannten Richtung Polizeiinspektion XXXX auf. XXXX nahm das Telefonat im Kommandantenzimmer der Polizeiinspektion XXXX entgegen. Auch im Rahmen dieses Telefonats stellte sich XXXX als Vater der XXXX und Exekutivbeamter vor, er hat gewusst, dass er mit einer die Amtshandlung gegen seine Tochter führenden Exekutivbeamtin oder der Vorgesetzten der gegen seine Tochter amtshandelnden Exekutivbeamten spricht. Im Rahmen dieses Gespräches sagte XXXX vorsätzlich zu XXXX , dass man die Angelegenheit unter Kollegen anders lösen können müsse und, dass man den Ausweis wegschmeißen und die Sache vergessen solle. Es war ihm klar, dass die Aufforderung, den Ausweis wegzuschmeißen und die Sache zu vergessen, eine Anstiftung zu zumindest einer Dienstpflichtverletzung darstellt und rechtswidrig war (und ist). In weiterer Folge wurde das Gespräch noch kurz weitergeführt und dann beendet. Diese Äußerung des XXXX erfolgte auf Grund des Drucks, seiner, aus Sicht des XXXX , unschuldig in die Bredouille geratenen Tochter, die zwar gerade volljährig aber noch im Haushalt des XXXX lebt, helfen zu müssen und deren Probleme aus der Welt zu schaffen.
XXXX legte am gleichen Tag ein Gedächtnisprotokoll an und meldete die Sache am nächsten Werktag – der 16.08.2019 war ein Freitag – ihrem Stadtpolizeikommandanten, der sie aufforderte, einen Aktenvermerk anzulegen. Dieser Aufforderung kam XXXX nach, indem sie das Gedächtnisprotokoll dem Aktenvermerk zu Grunde legte.
Nach diesem Gespräch und der Fertigstellung des Sicherstellungsprotokolls wurde XXXX , ohne dass die Exekutivbeamten weitere Erhebungen gepflogen haben, aus der Polizeiinspektion entlassen.
XXXX leugnete bis zum Schluss des Ermittlungsverfahrens am 29.09.2020, dass er gesagt hat, dass man die Angelegenheit unter Kollegen anders lösen können müsse und, dass man den Ausweis wegschmeißen und die Sache vergessen solle.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweiswürdigung zu 1.1. („Zum bisherigen Verfahren“):
Die Feststellungen ergeben sich unstrittig aus der Aktenlage, die den Parteien in der Verhandlung am 29.09.2020 vorgehalten wurden und denen nicht entgegengetreten wurde.
Die Feststellungen zum Spruch des Einleitungsbeschlusses beschränken sich auf die Darstellung des – zum damaligen Zeitpunkt – Tatverdachtes.
Nähere Feststellungen bzw. Ermittlungen zum Zeitpunkt der Zustellung des Disziplinarerkenntnisses, welche nicht durch einen Rückschein nachgewiesen ist, erübrigen sich, da der Vertreter des Beschwerdeführers zugestanden hat, dass ihm das Disziplinarerkenntnis zugestellt wurde und die Beschwerde gemäß § 1 COVID-19-VwBG jedenfalls rechtzeitig ist.
Hinsichtlich der Feststellungen zur Anzeige an die Datenschutzkommission und die Weiterleitung dieser Anzeige an die Behörde ist ebenfalls auf die Aktenlage, hinsichtlich des Standes dieses Verwaltungsverfahrens auf die in der mündlichen Verhandlung den Parteien vorgehaltenen Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichtes zu verweisen.
2.2. Beweiswürdigung zu 1.2. („Zur Person des XXXX “):
Auch diese Feststellungen ergeben sich unstrittig aus der Aktenlage, die den Parteien in der Verhandlung am 29.09.2020 vorgehalten wurden und denen nicht entgegengetreten wurde.
2.3. Beweiswürdigung zu 1.3. („Zum verfahrensgegenständlichen Vorfall am 16.08.2019“):
Hinsichtlich des Hergangs der Ereignisse am 16.08.2019 sind ein Großteil der Fakten unstrittig: So sind sich die Parteien einig und entspricht es der Aussage der Zeugen, dass XXXX am Vorfallstag am späten Vormittag bzw. um Mittag eine gehbehinderte Bekannte in die Wiener Innenstadt chauffiert und diese dann das letzte Stück des Weges zum Ziel der Bekannten begleitet hat. Weiters ist unstrittig, dass im Fahrzeug der XXXX eine Kopie eines auf diese Bekannte lautenden Behindertenausweises hinterlegt war, dies den beiden Exekutivbeamten XXXX und XXXX aufgefallen ist und diese die genannte Fahrzeuglenkerin nach deren Rückkehr einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen haben. Schließlich ist noch unstrittig, dass die beiden Beamten die Fahrzeuglenkerin aufgefordert haben, in die Polizeiinspektion XXXX mitzukommen und es dann in der Polizeiinspektion zu zwei Telefonaten zwischen dem von XXXX verständigten XXXX , ihrem Vater, einerseits und beim ersten Telefonat XXXX bzw. beim zweiten Telefonat XXXX andererseits gekommen ist sowie XXXX nach diesen Telefonaten und der Fertigstellung eines Sicherstellungsprotokolls, ohne dass die Exekutivbeamten weitere Erhebungen gepflogen haben, aus der Polizeiinspektion entlassen wurde. Hinsichtlich dieser Tatsachen sind die Zeugenaussagen bzw. die Aussagen des Beschwerdeführers zueinander gleichlautend, daher können diese Tatsachen ohne nähere Begründung festgestellt werden.
Zwischen den Parteien strittig sind im Wesentlichen die Fragen, ob XXXX freiwillig oder zumindest aus ihrer subjektiven Sicht nicht freiwillig zur Polizeiinspektion mitgekommen ist sowie der Inhalt der Gespräche des Beschwerdeführers einerseits beim ersten Telefonat mit XXXX bzw. beim zweiten Telefonat mit XXXX andererseits. Diese Tatsachen sind auch mittelbar (hinsichtlich der Freiwilligkeit des Mitkommens der XXXX ) oder unmittelbar für die Entscheidung der Rechtssache relevant und bedürfen daher einer genaueren Betrachtung:
Zur Frage, ob XXXX klar war, dass diese nicht festgenommen bzw. aus anderen Gründen zur Polizeiinspektion mitkommen müsse, sondern dies freiwillig tue, ist einleitend auf deren (unter Wahrheitspflicht) getätigten Aussage zu verweisen, nach der man ihr gesagt habe, sie müsse mitkommen. Weiters haben auch die beiden einschreitenden Exekutivbeamten angegeben, dass man XXXX nicht mitgeteilt hätte, dass sie nicht zur Polizei mitgehen müsse, auch wenn man ihr gesagt haben will, dass sie freiwillig mitkommen solle (in sich widersprüchliche Aussage von XXXX ). Die Zeugin XXXX gab an, sich nicht mehr daran erinnern zu können, ob man XXXX auf die Freiwilligkeit des Mitkommens hingewiesen habe. Es ist aber davon auszugehen, dass die Exekutivbeamten wollten, dass XXXX zur Polizeiinspektion mitkommt, weil beiden Exekutivbeamten vor Ort noch nicht die Schwere der XXXX (im Verdachtsbereich) später angelasteten strafbaren Handlung beurteilen konnten und ihnen dies auch bewusst war ( XXXX hat angegeben, sich erst in der Polizeiinspektion durch Nachschau im Gesetz kundig gemacht zu haben) und sie diese daher weiter greifbar haben wollten sowie die Exekutivbeamten nicht bzw. nicht schlüssig – die Angaben des XXXX hiezu sind, wie aus dem Verhandlungsprotokoll bzw. der obigen Darstellung dieser Angabben zu ersehen ist, widersprüchlich – angegeben haben, XXXX explizit auf die Freiwilligkeit des Mitkommens hingewiesen zu haben. Auch haben beide nicht behauptet, das normalerweise zu machen, wenn sie Freiwilligkeit der Normunterworfenen in Anspruch nehmen; allein der Umstand, dass die Exekutivbeamten kein Sicherstellungsformular bei sich gehabt hatten, spricht nicht dafür, dass diese XXXX zur Ausfolgung dieses Formulars mitgenommen haben. Einerseits hätten sie XXXX darauf hinweisen können, dass sie sich das Formular in der Polizeiinspektion abholen kann und andererseits hätten die Exekutivbeamten sich ein solches Formular auch vor Ort besorgen können, etwa indem sie einen Streifenwagen darum gebeten hätten, ein solches Formular an den Ort der Amtshandlung zu bringen. Da aber in der Polizeiinspektion – vom Ausfüllen des Formulars abgesehen – keine weiteren Erhebungen, insbesondere keine Einvernahme der XXXX erfolgte, ist davon auszugehen, dass die Exekutivbeamten XXXX mitgenommen haben, um diese greifbar zu haben, falls sich der Verdacht einer schweren Straftat begründen lasse. Im Übrigen misst das Gericht der Aussage von XXXX nur wenig Gewicht zu, weil dieser – über den oben dargestellten Widerspruch hinaus – mehrere Tatsachen offensichtlich (zumindest) falsch in Erinnerung gehabt hat; so hat er angegeben, seiner Vorgesetzten nichts vom ersten Telefonat erzählt zu haben, während sich diese an solche Angaben des Zeugen ihr gegenüber erinnern kann. Dass XXXX seiner Vorgesetzten von dem gerade beendeten Telefonat erzählt hat, das ihm so unangenehm war, dass er das zweite Telefonat nicht annehmen wollte, ist aber lebensnahe. Auch ist verwunderlich, dass der Zeuge – entgegen der Aktenlage und entgegen der Aussage der XXXX und der XXXX – davon spricht, dass mit XXXX in der Polizeiinspektion eine niederschriftliche Einvernahme durchgeführt wurde. Daher ist hinsichtlich dieses Punktes im Wesentlichen der Aussage der XXXX zu folgen, zumal auch XXXX keine Erinnerung mehr dazu hatte, ob man XXXX über die Freiwilligkeit des Mitkommens aufgeklärt hat. Es ist auch nachvollziehbar, dass XXXX , wenn diese von Exekutivbeamten aufgefordert wird, in die Polizeiinspektion mitzugehen, ohne dass ausdrücklich auf die Freiwilligkeit hingewiesen wird, nicht von einer solchen ausgeht.
Zum Telefonat zwischen XXXX und dem Beschwerdeführer ist einleitend darauf zu verweisen, dass XXXX im Disziplinarverfahren bis dato nicht einvernommen wurde und auch im polizeilichen Ermittlungsverfahren bei seiner Einvernahme nur auf ein Gedächtnisprotokoll, dass auch erst im November 2019 entstanden ist, verwiesen hat, ohne, dass dieses hinterfragt wurde. Darüber hinaus misst das Gericht der Aussage von XXXX nur wenig Gewicht zu, weil dieser mehrere Tatsachen offensichtlich (zumindest) falsch in Erinnerung gehabt hat (siehe hiezu Ausführungen oben). Aber im Wesentlichen bedarf es einer solchen Auseinandersetzung mit den Aussagen nicht, da sowohl XXXX als auch der Beschwerdeführer angegeben hatten, dass der Beschwerdeführer sich als Vater der XXXX und Kriminalbeamter vorgestellt habe und sich über den Grund und Ablauf der Amtshandlung erkundigt habe. Schließlich hat XXXX noch behauptet, der Beschwerdeführer habe gefragt, ob man die Sache nicht anders regeln könne, aber ausdrücklich bestritten, dass sich der Beschwerdeführer in die Amtshandlung habe einmischen wollen bzw. diese in eine bestimmte Richtung habe lenken wollen. Es kann daher – zumindest im Zweifel – nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer versucht hat, XXXX in diesem Gespräch Handlungsanweisungen zu Gunsten seiner Tochter zu geben und diesem insbesondere vorgeschlagen hat, die Sache unter den Tisch fallen zu lassen.
Anders stellt sich die Beweislage hinsichtlich des Gesprächs zwischen dem Beschwerdeführer und XXXX dar. Unzweifelhaft, weil übereinstimmend angegeben, hat der Beschwerdeführer sich auch in diesem Gespräch als Vater der XXXX und Exekutivbeamter vorgestellt. Strittig ist im Wesentlichen, ob der Beschwerdeführer – wie XXXX ausgesagt hat – gesagt hat, dass man den Ausweis (gemeint: die Ausweiskopie) wegschmeißen und die Sache vergessen soll oder ob dieser – so wie dies der Beschwerdeführer behauptet – gesagt habe, man solle, wenn es sich beim Ausweis wirklich um eine Kopie handle, diese einziehen und jedenfalls nicht gesagt habe, man solle den Ausweis wegwerfen und die Sache vergessen; letztere Aussage wird auch von der Zeugin XXXX bestätigt.
Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass das Gespräch zwischen XXXX und dem Beschwerdeführer für die in der Polizeiinspektion anwesenden Personen, also für XXXX , XXXX und XXXX , nicht wahrnehmbar war, weil sich XXXX während des Gesprächs im Kommandantenzimmer hinter verschlossenen Türen befand, wie dies von dieser und den genannten Zeuginnen bzw. dem genannten Zeugen ausgesagt wurde. Auch aus der Aussage der XXXX , das Gespräch, wie dies XXXX schildere, passe nicht zur Dauer, die diese telefoniert hat, beweist nicht, dass die Aussage letzterer falsch ist; die Lebenserfahrung zeigt, dass in einer Stresssituation – in einer solchen befand sich XXXX während sie in der Polizeiinspektion ohne nähere Aufklärung wartete bzw. angehalten wurde – das Zeitempfinden nicht den Tatsachen entspricht, sondern die Zeit subjektiv langsamer vergeht, d.h. für die Betroffene der Zeitraum länger wirkt. Das hat die Zeugin auch zugestanden (Verhandlungsprotokoll S. 25: „[…] Sie habe keine genaue zeitliche Einschätzung, auch aufgrund der Situation.“).
Es bleiben dem Gericht daher die Aussagen der Zeugin XXXX , des Beschwerdeführers und der Zeugin XXXX , die sich während des Telefonates laut ihrer und der Aussage des Beschwerdeführers in seiner unmittelbaren Nähe befand.
Zur Zeugin XXXX ist darauf hinzuweisen, dass weder aus dem Umstand, dass diese dieses Gespräch alleine geführt hat noch aus dem Umstand, dass man die Amtshandlung der einschreitenden XXXX und XXXX möglicherweise für nicht ganz korrekt halten kann, dafürspricht, dass deren Aussage falsch ist. Es ist absolut nachvollziehbar, dass sich die Zeugin, um ein zumindest potentiell heikles Gespräch zu führen, in ihren Kommandantenraum zurückzieht und dieses Gespräch nicht im Parteienraum führt, wo die beiden anderen Exekutivbeamten gerade ihre Amtshandlung führen. Auch hatte das Gericht den Eindruck, dass XXXX die Problematik hinsichtlich der möglicherweise fehlenden Freiwilligkeit des Mitkommens der XXXX nicht klar war, als diese den Vorfall ihrem Stadtpolizeikommandanten meldete, weil sie mit der Amtshandlung vor Ort nicht unmittelbar befasst war, erst in der Polizeiinspektion hinsichtlich des Vorfalls informiert wurde und hier nur das weitere Vorgehen mit dem Zeugen XXXX besprach (siehe Verhandlungsprotokoll S. 20: „PV befragt Z3, warum Z4 in der PI gewesen sei. Z3 gibt an, dass man ihr gesagt habe, dass Z4 zur Sachverhaltsklärung zur Dienststelle mitgenommen worden sei. Nachgefragt, sie habe nicht hinterfragt, ob Z4 freiwillig mitgekommen sei. Z3 sei bei der Amtshandlung nicht dabei gewesen.“); man mag der Zeugin vorhalten, dass sie sich nicht diesbezüglich informiert habe, aber die Zeugin hatte zumindest am 16.08.2019 als auch am 19.08.2019 keinen Grund, die Amtshandlung für problematisch zu halten. Über die Frage der Freiwilligkeit des Verbringens der XXXX zur Polizeiinspektion hinaus ist für den erkennenden Richter – auch aus eigener 10-jähriger Exekutivdiensterfahrung – nachvollziehbar, dass die einschreitenden Beamten die weitere Amtshandlung – auch die Einvernahme der XXXX oder später der in die Polizeiinspektion kommenden Nachbarin – den Kriminalsachbearbeitern überlässt; auch wenn man dies möglicherweise nicht als „kundenfreundlich“ sehen will, so ist die Beachtung auch interner Organisationsvorgaben Kennzeichen einer professionellen und effizienten Organisation. Schließlich misst das Gericht dem Umstand, dass XXXX erst am 19.08.2019 den das Straf- und Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer auslösenden Aktenvermerk geschrieben hat, keine entscheidende Bedeutung bei. Sie hat glaubwürdig und unter strafbewehrter Wahrheitspflicht ausdrücklich angegeben, bereits am 16.08.2019 ein Gedächtnisprotokoll verfasst zu haben, das nach Rücksprache und über Ersuchen des Stadtpolizeikommandanten dann in gegenständlichen Aktenvermerk eingeflossen ist. Es ist lebensnahe und auch mit der Lebenserfahrung bzw. der eigenen Erfahrung des erkennenden Richters vereinbar, dass eine Exekutivbeamtin vor der Legung einer Anzeige – dass gegenständlicher Aktenvermerk nichts anderes als eine solche Anzeige darstellt bzw. die gleiche Wirkung haben wird, war der im Exekutivdienst erfahrenen Zeugin XXXX klar – gegen einen Kollegen erst mit ihrem Dienstvorgesetzten Rücksprache hält, um sich zu versichern, dass ihre Wahrnehmung und die damit in Zusammenhang stehenden rechtlichen Überlegungen von diesem geteilt werden; dies umso mehr, als eine Polizeibeamtin zwar eine Anzeigepflicht trifft, jedoch – soweit keine Zwangsmaßnahmen gesetzt wurden – keine sofortige Anzeigepflicht. Auch ist lebensnahe, dass die Zeugin das am Vorfallstag angelegte Gedächtnisprotokoll in weiterer Folge zu einem Aktenvermerk umarbeitet, da der Inhalt ja im Wesentlichen ident ist. Darüber hinaus kannte die Zeugin XXXX den Beschwerdeführer vor dem Vorfall nicht, es gibt also – von der gegenständlichen Amtshandlung abgesehen – keine „Vorgeschichte“ zwischen den beiden, die eine Falschaussage begründen könnte. Die Aussage der XXXX , die unter Wahrheitspflicht aussagte und kein Naheverhältnis sowie – wie oben ausgeführt – keinen Grund für eine Falschaussage hatte, vor dem Bundesverwaltungsgericht ist sowohl in sich stimmig und schlüssig also auch mit ihrer Aussage vor der Disziplinarkommission in Einklang zu bringen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass es sich bei der Zeugin XXXX um eine Exekutivbeamtin handelt, die eine entsprechende Ausbildung und Erfahrung hat und daher als verlässliche Zeugin, die noch dazu ihre Eindrücke unmittelbar nach dem Vorfall durch die Anlegung eines Gedächtnisprotokolls konserviert hat, handelt. Die Zeugin hat beim erkennenden Richter den Eindruck einer ernsthaften, gewissenhaften und ordnungsgemäß agierenden Exekutivbeamtin hinterlassen. Der Aussage der XXXX kommt daher erhebliches Gewicht zu.
Zum Gewicht der Aussage des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass dieser nicht unter strafbewehrter Wahrheitspflicht aussagt und darüber hinaus ein erhebliches Interesse am Ergebnis des Disziplinarverfahrens hat, einerseits um einer Geldbuße – der von der belangten Behörde verhängten Strafe – zu entgehen und andererseits um allfällige Auswirkungen der Disziplinarstrafe auf seine weitere Karriere zu vermeiden. Darüber hinaus zeigte sich im Verfahren, dass der Beschuldigte einen impulsiven Charakter hat, etwa, wenn er in der Stellungnahme vom 19.10.2019 im eineinhalbseitigen Betreff seiner Äußerung den einschreitenden Exekutivbeamten „Ignoranz und völliges Desinteresse“ vorwirft und mit „Einleitung und Vorbehalt“ weiterer rechtlicher Schritte droht, obwohl er diese weder gesetzt hat noch er „den Charakter und die Persönlichkeit“ habe, „solche Dinge zu tun“ (siehe Verhandlungsschrift vor der Behörde, S. 4). Die Rechtfertigung, dass er dies in der ersten Emotion gesagt habe (ebendort) bzw. er seinen Unmut geäußert habe (Verhandlungsschrift BVwG, S. 10), wäre nachvollziehbar, wenn es sich um eine verbale Äußerung gehandelt hätte. Bei einer schriftlichen Äußerung hingegen handelt es sich – wenn der Beschwerdeführer, wie er anführte, nie vor hatte, rechtliche Schritte zu ergreifen – um eine Maßnahme, um die einschreitenden Beamten – er musste zumindest damit rechnen, dass diesen das Schreiben im Rahmen des Ermittlungsverfahren vorgehalten wird – bzw. die Dienstbehörde unter Druck zu setzen und durch unsachliche Äußerungen und der Drohung, den Rechtsweg zu beschreiten und der Sache somit einer größeren Publizität zuzuführen, das Verfahren zu beeinflussen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Aussage des Beschwerdeführers auch nicht ohne Widerspruch in sich ist. So hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde angegeben (S. 4, 5. Absatz), dass er die einschreitenden Beamten ersucht habe, mit der weiteren Amtshandlung zuzuwarten, bis er zur Polizeistation komme und mithelfen könne, den Sachverhalt aufzuklären, während er vor dem Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich bestritt, dass er verlangt habe, dass man mit der Amtshandlung zuwarten solle, bis er vor Ort sei bzw. – nach Vorhalt der entsprechenden Passage in der Beschwerde – anführte, das nicht mehr abrufen zu können. Das Bundesverwaltungsgericht kann nachvollziehen, dass der Beschwerdeführer gewisse Details nach mehr als einem Jahr nicht mehr abrufen kann, es kann aber nicht nachvollziehen, warum er deren Vorliegen zuvor ausdrücklich bestritten hat und sich dann über Vorhalt nicht mehr erinnern können will; auch dies schwächt die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers. Daher kommt der Aussage des Beschwerdeführers – insbesondere mangels einer strafbewehrten Wahrheitspflicht, seines Interesses am Ausgang des Verfahrens und wegen des durch den Widerspruch hervorgetreten Willen, Tatsachen in seinem Sinne darzustellen – nur ein geringes Gewicht, jedenfalls ein geringeres Gewicht als der Aussage der XXXX , zu.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer, nach den diesbezüglich glaubwürdigen Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugin XXXX , während des nunmehr noch relevanten Telefonats zwischen dem Beschwerdeführer und der XXXX in Begleitung der XXXX war und diese – obwohl das Gespräch nicht über Lautsprecher geführt wurde – jedenfalls die dem Beschwerdeführer zurechenbaren Gesprächsteile wahrnehmen konnte. Die Zeugenaussage von XXXX erfolgte unter strafbewehrter Wahrheitspflicht – diese wurde aus- und eindringlich über ihr Zeugnisentschlagungsrecht in Bezug auf den Beschwerdeführer aufgeklärt –, diese ist jedoch die Ehefrau des Beschwerdeführers und diesem daher nahestehend und hat diese auch ein Interesse am Ausgang des Disziplinarverfahrens, da die (von der Behörde und noch nicht rechtskräftig) verhängte, nicht unerhebliche, Geldbuße (zumindest) das Budget ihres Ehemanns belasten würde. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Zeugin XXXX und der Beschwerdeführer über den Vorfall mehrfach gesprochen haben und daher die Sicht des Beschwerdeführers sich mit der Erinnerung der Zeugin vermischt haben; damit will das Bundesverwaltungsgericht nicht einmal andeuten, dass der Beschwerdeführer die Zeugin beeinflussen wollte, aber mit ihr im Rahmen der täglichen Gemeinschaft von Tisch und Bett den Vorfall – das Verfahren stellt mit Sicherheit eine Belastung für den Beschwerdeführer dar – aus seiner Sicht mehrmals besprochen hat. Es ist daher eine (unbewusste) Beeinflussung der Zeugin XXXX nicht auszuschließen, da diese im Gegensatz zur Zeugin XXXX die Wahrnehmung des Vorfalls nicht durch Notizen konserviert hat. Für diese Einschätzung spricht auch, dass die Zeugin XXXX sich laut ihrer Aussage nicht an den Wortlaut des Beschwerdeführers während des Telefonats erinnern, aber ausschließen könne, dass dieser die Exekutivbeamten zum Wegwerfen des Ausweises aufgefordert habe. Den Vorschlag des Beschwerdeführers, den dieser nach seinen Angaben gemacht habe, den Ausweis sicherzustellen, erwähnt die Zeugin aber nicht einmal im Ansatz, auch nicht über Vorhalt der Aussage, der Beschwerdeführer habe die Exekutivbeamten aufgefordert, den Ausweis wegzuwerfen und die Sache zu vergessen (Verhandlungsschrift BVwG, S. 27). Auch ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht ganz nachvollziehbar, warum die Zeugin die Dauer des ersten Telefonats – wenn auch nur subjektiv – einschätzen könne, die des zweiten aber nicht und trotzdem dazu in der Lage sein will, zu wissen, dass das zweite Telefonat länger gewesen sei als das erste, ohne aber sagen zu können, ob dieses ein wenig oder deutlich länger gewesen sei. Schließlich zeigt sich die Färbung der Erinnerung der Zeugin XXXX auch in der Aussage, dass die Exekutivbeamten auch am 19.08.2019, als sie mit der Inhaberin des gegenständlichen Behindertenausweises in der Polizeiinspektion anwesend war, „nicht bereit oder fähig“ gewesen wären, die Sache aufzuklären, ohne zu erwähnen, dass die da anwesende XXXX den Behindertenausweis eingescannt hat. Insgesamt kommt daher der Aussage der XXXX ein geringeres Gewicht zu als der Aussage der XXXX (wobei das Bundesverwaltungsgericht nicht einmal den Verdacht hegt, dass diese die Aussage wissentlich falsch erstattet hat).
Darüber hinaus ist es nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer unter dem Druck, seine gerade erst volljährige Tochter, die bei ihm wohnt, um jeden Preis zu schützen und dieser das Verfahren und die Ungewissheit, wie lange dieses dauert und schließlich auch, wie dieses ausgeht sowie die mit dem Verfahren potentiell verbundenen Unannehmlichkeiten – etwa eine Einvernahme als Beschuldigte oder eine Eintragung in der kriminalpolizeilichen Aktenevidenz (KA) – zu ersparen, selbst wenn dem Beschwerdeführer zuzubilligen ist, dass absehbar war, dass das Verfahren zu keiner Bestrafung seiner Tochter führen würde. Für ersteres spricht auch der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer gegenüber den einschreitenden Exekutivbeamten als Kriminalbeamter, Polizist und Vater der XXXX vorgestellt hat, weil die Erwähnung des Umstandes, dass er selbst Polizist ist, nichts zur Sache getan hat; dass er diesen Umstand daher mehrmals erwähnt hat, deutet darauf hin, dass er für seine Tochter intervenieren wollte bzw. mit dieser Tatsache die einschreitenden Beamten zumindest psychologisch unter Druck setzen wollte (zur disziplinären Relevanz der Erwähnung einer dienstlichen Stellung gegenüber Außenstehenden siehe VwGH 22.02.2018, Ra 2017/09/0049: „Differenzierter ist dies zu sehen, wenn in der [E-Mail-]Signatur die dienstrechtliche Stellung und die Adresse des Dienstgebers genannt werden. Hier wird es darauf ankommen, ob bei objektiver Betrachtung der Eindruck entstehen kann, dass der Absender durch die Nennung seiner dienstrechtlichen Stellung dem Inhalt des Textes Nachdruck verleihen bzw. eine besondere Behandlung zur Erzielung eines Vorteils erreichen will, wodurch die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben sowie das Ansehen seines Berufsstandes gefährdet werden könnte.“). Zwar wurde diesbezüglich kein Disziplinarverfahren eingeleitet, aber deutet die Verwendung des Amtstitels gegenüber den einschreitenden Exekutivbeamten, die aus diesem Umstand für die Amtshandlung nichts gewinnen konnten (anders wäre dies zu sehen, wenn etwa der Zeuge einer Straftat auf seine Stellung als Polizist hinweist, weil Aussagen von Polizisten als geschulte Beobachter mehr Gewicht zukommt), dass dieser die Amtshandlung (aus den oben genannten Motiven) im Sinne seiner Tochter beeinflussen wollte. Daher ist die Aussage, dass man die Angelegenheit unter Kollegen anders lösen können müsse und, dass man den Ausweis wegschmeißen und die Sache vergessen solle, mit den vorherigen Vorkommnissen in Einklang zu bringen und in einer lebensnahen Betrachtung der Abläufe unter Bedachtnahme des Drucks des Beschwerdeführers, seiner Tochter zu helfen, lebensnahe. Darüber hinaus wird diese Aussage von der aus den oben angeführten Gründen glaubwürdigsten Zeugin XXXX bestätigt und ist somit, obwohl der Beschwerdeführer diese Aussage bestreitet und die Zeugin XXXX ausdrücklich anführt, dass diese Aussage nicht gefallen ist, festzustellen.
Dass der Beschwerdeführer die Aussage vorsätzlich getätigt hat, ergibt sich daraus, dass er diese Äußerung im Lauf eines rationalen, wenn auch möglicherweise emotional geführten Gesprächs von sich gegeben hat. Dass ihm die Rechtswidrigkeit der Handlung, zu der er XXXX aufgefordert hat, bewusst war, ergibt sich aus der Person des Beschwerdeführers, der ausgebildeter und erfahrener Kriminalist ist und hinsichtlich dessen ein Schuldausschließungsgrund gar nicht behauptet wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zur Frage, ob das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers disziplinarrechtlich strafbar ist:
Disziplinarrechtlich strafbar ist ein Verhalten, das gegen die dienstrechtlich normierten Pflichten eines Beamten verstößt. Damit über dieses Verhalten im Rahmen eines Disziplinarerkenntnisses oder des im Falle einer Entscheidung über eine Beschwerde an dessen Stelle tretenden Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichtes (VwGH 09.09.2015, Ro 2015/03/0032) entschieden werden kann, muss dieses nicht nur tatbestandsmäßig sein, sondern es muss hinsichtlich des Verhaltens ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sein und es darf hinsichtlich des Verhaltens keine Verjährung eingetreten sein.
3.2. Zur Frage der Einleitung des Verfahrens hinsichtlich der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen:
Einleitend ist daher zu prüfen, ob hinsichtlich des im Disziplinarerkenntnis bestraften Verhaltens ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, da – wie schon oben ausgeführt – im Disziplinarerkenntnis bzw. im Spruch des nunmehrigen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts nur über Sachverhalte, hinsichtlich derer ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, entschieden werden darf (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0007).
Im Einleitungsbeschluss der Behörde, vom 10.12.2019, Gz. BMI-42138/0004-DK-Senat 2/2019, wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dass er am 16.08.2019 gegen 12.45 Uhr im Zuge einer gegen seine Tochter geführten Amtshandlung mehrmals versucht, die einschreitenden Beamten dazu zu bewegen, keine Anzeige zu erstatten und die Angelegenheit anders zu regeln, und am 17.08.2019 um 14.19 Uhr ohne dienstlichen Grund und sohin ohne Berechtigung in den Akt PAD/19/1615560 betreffend seine Tochter Einsicht genommen habe. Die erfolgten Schuldsprüche im Disziplinarerkenntnis, das im Wesentlichen die Formulierung des Einleitungsbeschlusses übernommen hat, sind daher von der (rechtskräftigen) Einleitung erfasst, sodass durch den rechtskräftig ergangenen und bezüglich der Vorwürfe ausreichendend konkreten Einleitungsbeschluss – ungeachtet seiner allfälligen Fehlerhaftigkeit – die Verjährungsfrist im Disziplinarverfahren wirksam unterbrochen wird. Bereits bei Erlassung des durch ein ordentliches Rechtsmittel bekämpfbaren Einleitungsbeschlusses war die Frage der Verjährung zu beurteilen und kann daher nicht neuerlich aufgeworfen werden (VwGH 22.02.2018, Ra 2017/09/0050; VwGH 23.02.2017, Ra 2016/09/0113; VwGH 14.11.2002, 2001/09/0008; VwGH 17.11.1994, 94/09/0112; VwGH 27.04.1989, 88/09/0004). Im gegenständlichen Verfahren wurde durch die belangte Behörde mit oben genanntem Einleitungsbeschluss vom 10.12.2019 ein ausreichend konkreter Einleitungsbeschluss erlassen, Verfolgungsverjährung nach § 94 Abs. 1 BDG kommt daher nicht in Betracht.
Zu betrachten bleibt daher lediglich die Frist des § 94 Abs. 1a BDG, nach der drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden darf. Seit der Erlassung des Einleitungsbeschlusses ist noch kein Jahr vergangen, Verjährung nach § 94 Abs. 1a BDG liegt daher jedenfalls nicht vor.
3.3. Zur Zuständigkeit der belangten Behörde:
Gemäß § 114 Abs. 1 BDG hat die Disziplinarbehörde, kommt diese während des Disziplinarverfahrens zur Ansicht, dass eine von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, gemäß § 78 StPO vorzugehen, gemäß § 114 Abs. 2 BDG wird das Disziplinarverfahren unterbrochen, wenn die Disziplinarbehörde Kenntnis von einem anhängigen Strafverfahren nach der StPO oder verwaltungsbehördlichen Strafverfahren hat. Die Parteien sind vom Eintritt der Unterbrechung zu verständigen. Ungeachtet der Unterbrechung des Disziplinarverfahrens ist (nur) ein Beschluss, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, zulässig. Da § 114 Abs. 2 BDG das Ziel verfolgt, widersprechende Entscheidungen zu vermeiden (VwGH 21.10.1998, 98/09/0194), stellt dieser nicht bloß eine Ordnungsvorschrift dar, sondern begründet bei einem Verstoß gegen die Normen des § 114 Abs. 2 BDG Unzuständigkeit der Behörde.
Zwar ist hinsichtlich der Frage, ob der Beschwerdeführer durch die im Einleitungsbeschluss unter 1. bezeichneten Tathandlungen eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat, durch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Wien mit (spätestens) 20.12.2019, kein Verfahren nach der StPO mehr anhängig und somit jedenfalls die Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung eines Disziplinarerkenntnisses gegeben, aber hinsichtlich der durch 2. bezeichneten Tathandlung (ungerechtfertigte Einsichtnahme in das PAD) wird noch ein Verwaltungsstrafverfahren geführt; dieses wurde bereits geführt, als die belangte Behörde das Disziplinarerkenntnis erließ und war dies dieser auch bekannt, da die Personalabteilung der Landespolizeidirektion Wien dies der belangten Behörde auch mit Schreiben vom 08.01.2020 mitgeteilt hatte. Daher durfte die belangte Behörde am 27.02.2020 gegen den Beschwerdeführer hinsichtlich des Spruchpunktes 2. des Einleitungsbeschlusses (noch) kein Disziplinarerkenntnis erlassen, da diese die Entscheidung im Verwaltungsstrafverfahren abwarten hätte müssen.
Daher ist der Schuldspruch zu 2. wegen zum Entscheidungszeitpunkt der Behörde und auch zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt bestehender Unzuständigkeit der Behörde und auch nunmehr des Verwaltungsgerichts zu einer meritorischen Entscheidung ersatzlos aufzuheben; erst nach einer Änderung der Rechts- und Tatsachenlage – etwa nach rechtskräftiger Erledigung des Verwaltungsstrafverfahrens – kann das Disziplinarverfahren diesbezüglich fortgesetzt werden.
3.4. Zur Frage, ob die inkriminierten Handlungen ein disziplinarrechtlich strafbares Verhalten darstellen:
Mangels erkennbarer Abweichung knüpft das BDG bei den von ihm nicht definierten Deliktselementen (tatbestandsmäßiges, rechtswidriges und schuldhaftes menschliches Verhalten) am Begriffsverständnis des Allgemeinen Teils des StGB an (Hinweis Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, S 21 ff; VwGH 21.02.2001, Zl. 99/09/0126). Unter Schuld ist dabei die "Vorwerfbarkeit der Tat mit Rücksicht auf die darin liegende zu missbilligende Gesinnung des Täters" zu verstehen, die drei Komponenten umfasst: a) das biologische Schuldelement, d.h. der Täter muss voll zurechnungsfähig sein; b) das psychologische Schuldelement, d.h. der Täter muss vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben und c) das normative Schuldelement, d.h. dem Täter muss zugemutet werden können, dass er sich rechtmäßig verhält (vgl. Kucsko-Stadlmayer, aaO, S 31). Diese angeführten Elemente sind Voraussetzung für eine disziplinäre Strafbarkeit eines Verhaltens; fehlt auch nur eines dieser Elemente, so darf eine Strafe nicht verhängt werden. Liegt etwa ein (sachlicher oder persönlicher) Strafausschließungsgrund vor, hat die Tat bzw. der Täter straflos zu bleiben (vgl. Kucsko-Stadlmayer, aaO, S 44) (VwGH 23.05.2013, 2012/09/0110).
Anders als im gerichtlichen Strafrecht oder im Verwaltungsstrafrecht ist das in den Straftatbeständen des Disziplinarrechts der Beamten normierte strafbare Verhalten nicht in einem Typenstrafrecht genau umschrieben, sondern durch die Normierung von allgemeinen und besonderen Dienstpflichten nur auf relativ unbestimmte Weise festgelegt (VwGH 06.11.2012, 2010/09/0041).
Gemäß § 43 Abs. 2 BDG hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Die Beurteilung des außerdienstlichen Verhaltens dahingehend, ob das Vertrauen der Bevölkerung in die sachliche Wahrnehmung (d.h. das ordnungsgemäße Funktionieren der Verwaltung) erhalten bleibt, ist notwendigerweise im Zeitpunkt seiner Setzung nicht auf die aktuell besorgten dienstlichen Aufgaben, wie sie § 43 Abs. 1 BDG vor Augen hat, sondern auf die potentiell wahrzunehmenden Aufgaben des Beamten, die ihm zukämen, wenn er sich im Dienst befände, abzustellen (VwGH 29.06.1989, 86/09/0164, VwGH 15.02.2013, 2013/09/0001). Bei Rechtsverletzungen, die außer Dienst oder ohne Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit erfolgen, ist grundsätzlich darauf abzustellen, ob der Schutz des betreffenden Rechtsgutes zu den Berufspflichten des Beamten gehört. Damit wird der Forderung Rechnung getragen, § 43 Abs. 2 BDG wolle in das außerdienstliche Verhalten des Beamten nur "in besonders krassen Fällen" eingreifen. Hinzu kommt, dass ein Verhalten außer Dienst aufgrund der besonderen Aufgaben des Beamten die Bedingungen für die Annahme einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG erfüllen kann, wenn diese Umstände in ihrer Art, Ausgestaltung und Gewichtung einem besonderen Funktionsbezug vergleichbar sind. Eine solche Konstellation, die einem besonderen Funktionsbezug gleichkommt, wird vor allem dann gegeben sein, wenn aufgrund von Auswirkungen des außerdienstlichen Verhaltens der Beamte in der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit beeinträchtigt ist (VwGH 26.01.2012, 2011/09/0181).
Zweifelsohne gehört die unparteiliche, unvoreingenommene und jeden Anschein der Befangenheit vermeidende (siehe § 3 StPO) Durchführung der Kriminalpolizei zum (engsten) Aufgabenbereich des Beschwerdeführers; daher besteht hinsichtlich des Versuchs, sich aus persönlichen Motiven in eine kriminalpolizeiliche Amtshandlung einzumischen ein unmittelbarer dienstlicher Zusammenhang zu den Aufgaben des Beschwerdeführers. Darüber hinaus ist von einem Exekutivbeamten, insbesondere von einem, der sich hauptsächlich mit der Aufklärung von schweren strafrechtlichen Delikten beschäftigt, zu erwarten, dass er sich nicht unter Hinweis auf seine dienstliche Stellung in eine Amtshandlung gegen seine Tochter derart einmischt und versucht, die einschreitenden Beamten dazu zu bewegen, keine Anzeige zu erstatten und die Sache anders zu regeln; es kann – auf Grund der Formulierung des Einleitungsbeschlusses – dahingestellt bleiben, ob nicht schon der Hinweis gegenüber einschreitenden Exekutivbeamten, selbst Exekutivbeamter und der Vater der amtshandelten Person zu sein, für sich alleine eine Pflichtverletzung darstellt (abermaliger Hinweis auf VwGH 22.02.2018, Ra 2017/09/0049, siehe dazu oben). Aber die Aussage im Telefonat mit XXXX , dass man die Angelegenheit unter Kollegen anders lösen können müsse und, dass man den Ausweis wegschmeißen und die Sache vergessen solle, stellt jedenfalls den Versuch einer Beeinflussung zu Gunsten seiner Tochter dar, den man auch bei einem außer Dienst befindlichen Polizeibeamten nicht hinnehmen kann und der geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu erschüttern, da diese Aussage impliziert, dass der Beschwerdeführer verlangt und daher wohl auch bereit wäre, Angehörige von Exekutivbeamten anders zu behandeln. Dies steht insbesondere auch dem Grundsatz, dass alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind (vgl. Art. 7 B-VG), dessen Einhaltung die Allgemeinheit gerade im Rahmen der Hoheitsverwaltung erwartet, entgegen. Unzweifelhaft hat der Beschwerdeführer diese Tathandlung vorsätzlich gesetzt, es war ihm auch klar, dass ein solches Begehren rechtswidrig ist. Es liegt diesbezüglich eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 B-VG vor und ist der Beschwerdeführer diesbezüglich schuldig zu sprechen.
Anders sieht die Sache hinsichtlich des Telefonates mit XXXX aus. Hier hat der Beschwerdeführer sich „nur“ als Vater der XXXX und Exekutivbeamter vorgestellt und im Rahmen dieses Gesprächs gefragt, ob man „die Sache nicht anders regeln“ könne, er hat aber gegenüber XXXX in diesem Gespräch nicht versucht, Handlungsanweisungen zu Gunsten seiner Tochter zu geben und diesem insbesondere nicht vorgeschlagen, die Sache unter den Tisch fallen zu lassen bzw. keine Anzeige zu erstatten. Im Lichte der im Einleitungsbeschluss vorgehaltenen Tathandlung stellt dieses Verhalten – zumindest im Zweifel – keine Dienstpflichtverletzung dar, weil „die Sache anders regeln“ etwa im Licht der (nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ungerechtfertigten, siehe § 4 RLV) Mitnahme der Tochter des Beschwerdeführers etwa auch auf die Freilassung der Tochter oder die sofortige Einvernahme der von dieser in die Stadt verbrachten gehbehinderten Frau darstellen könnte, was beides (jedenfalls aus Sicht des Beschwerdeführers) berechtigte Forderungen waren und nicht intendierten, (siehe den Spruch des Einleitungsbeschlusses) „keine Anzeige zu erstatten und die Angelegenheit anders zu regeln“. Hinsichtlich der über die versuchte Beeinflussung im Sinne des Einleitungsbeschlusses im Gespräch mit XXXX hinausgehenden Tathandlungen, die sich im Schuldspruch durch das Wort „mehrmals“ finden, ist der Beschwerdeführer daher – zumindest im Zweifel – freizusprechen.
Daher ist der Schuldspruch zu 1. im Disziplinarerkenntnis neu zu fassen und der teilweise Freispruch auszusprechen.
3.5. Zur Strafbemessung:
Gemäß § 92 Abs. 1 BDG sind Disziplinarstrafen (1.) der Verweis, (2.) die Geldbuße bis zur Höhe eines Monatsbezugs, (3.) die Geldstrafe in der Höhe von mehr als einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen, (4.) die Entlassung.
Gemäß § 93 Abs. 1 BDG ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
Gemäß § 93 Abs. 2 BDG ist, hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, der ausgesprochen hat, dass nach § 93 Abs. 2 BDG die Strafe nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, die weiteren Dienstpflichtverletzungen sind als Erschwerungsgrund im Sinne des § 33 Abs. 1 Z 1 StGB zu werten. Einzelne Aspekte der Tathandlungen, die bereits den disziplinären Vorwurf bildeten, und daher bei der Verhängung der Disziplinarstrafe berücksichtigt wurden, können hingegen nicht nochmals als eigene Erschwerungsgründe gewertet werden. Auch im Disziplinarverfahren darf ein bereits die Dienstpflichtverletzung ausmachendes Tatbestandsmerkmal bei der Strafbemessung nicht nochmals als erschwerender oder als mildernder Umstand gewertet werden. So können die Umstände, die bereits bei der Bemessung der Disziplinarstrafe verwertet wurden, nicht abermals als besondere Erschwerungsgründe berücksichtigt werden (VwGH 25.09.2019, Ra 2019/09/0062).
Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer von der Behörde wegen zweier Dienstpflichtverletzungen – nach dem Spruch der Behörde wurde eine der Dienstpflichtverletzungen fortgesetzt durch zwei Anrufe begangen – schuldig gesprochen, der Schuldspruch des Bundesverwaltungsgerichts hat allerdings nur eine Dienstpflichtverletzung als erfüllt und – zum jetzigen Zeitpunkt – strafbar erkannt, daher wird die Strafbemessung durch das Bundesverwaltungsgericht zu wiederholen sein, weil die Ermessensübung der Behörde durch die Einbeziehung des zweiten Schuldspruchs sowie mangels Darstellung der vorgefundenen Milderungs- und Erschwernisgründen nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt ist.
Die Einmischung eines Exekutivbeamten in eine strafrechtliche Amtshandlung andere Exekutivbeamter (soweit er nicht deren im Dienst befindlicher Vorgesetzter ist) stellt eine nicht unerhebliche Dienstpflichtverletzung dar, insbesondere, wenn die Beamten zu einem rechtswidrigen Verhalten aufgefordert werden und wenn diese Einmischung aus einem persönlichen Motiv erfolgt. Einem solchen Verhalten muss insbesondere aus generalpräventiver Sicht entschieden entgegengetreten werden. Als Strafrahmen kommt daher – je nach Lage des Falles – eine hohe Geldbuße, eine Geldstrafe oder in einem besonders schweren Fall (der hier jedenfalls nicht vorliegt), eine Entlassung, in Betracht. Dies erscheint auch aus spezialpräventiver Sicht – der Beschwerdeführer ist ja weiter Polizeibeamter und kann nicht ausgeschlossen werden, dass gegen ihn oder einer seiner Angehörigen in Zukunft wieder eine Amtshandlung geführt wird – angemessen, da insbesondere auch keine Schuldeinsicht vorlag.
Allerdings liegen im gegenständlichen Fall besondere Milderungsgründe vor: Der Beschwerdeführer ist bis dato disziplinarrechtlich unbescholten, er ist vielfach belobigt und hat offensichtlich bis dato ausgezeichnete Arbeit geleistet. Der Beschwerdeführer musste weiters objektiv den Eindruck haben, dass seine Tochter, die noch dazu zwar (gerade) volljährig ist, aber mit dem Beschwerdeführer in Hausgemeinschaft wohnt und aus seiner Sicht noch immer seines Schutzes bedarf, zumindest teilweise rechtswidrig behandelt wurde, insbesondere hinsichtlich der Verbringung auf die Polizeiinspektion und ließ er sich offenbar in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen, gegenüber XXXX verbal zu äußern, dass man die Angelegenheit unter Kollegen anders lösen können müsse und, dass man den Ausweis wegschmeißen und die Sache vergessen solle.
Erschwernisgründe sind hingegen keine zu sehen.
Daher kommt das Bundesverwaltungsgericht unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers zu dem Schluss, dass eine Geldbuße in der Höhe von 25 von 100 eines Monatsbezuges angemessen ist.
3.6. Zum unterlassenen Kostenausspruch:
Ein Sachverständiger war im Verfahren nicht von Nöten. Die Zeuginnen und der Zeuge sind alle aus Wien angereist, die Zeugin XXXX sogar im Dienst; es sind daher keine bzw. nur äußerst geringe Kosten entstanden, sodass auf die Überwälzung von Kosten verzichtet wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Wesentlichen haben sich im Verfahren nur Tatsachenfragen gestellt; hinsichtlich der Unzuständigkeit der Behörde im Lichte des § 114 Abs. 2 BDG ist das Gesetz eindeutig. Daher stellen sich keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung und ist die Revision unzulässig.
Schlagworte
Amtshandlung außerdienstliches Verhalten Dienstpflichtverletzung Disziplinarerkenntnis Disziplinarkommission Disziplinarverfahren Einleitungsbeschluss Entscheidungszeitpunkt Ermessensausübung Geldbuße Glaubwürdigkeit Milderungsgründe Polizist Teilstattgebung unzuständige Behörde Verfolgungsverjährung Verjährung vorsätzliche BegehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2230527.1.00Im RIS seit
28.12.2020Zuletzt aktualisiert am
28.12.2020