TE Vwgh Erkenntnis 2020/11/19 Ra 2020/12/0010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.2020
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz

Norm

AVG §37
AVG §39 Abs2
AVG §46
AVG §52
AVG §58
AVG §60
BDG 1979 Anl1
BDG 1979 §137 Abs3 idF 2018/I/060
BDG 1979 §137 idF 2018/I/060
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGG §43 Abs2
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §29
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör und Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision der J G in V, vertreten durch die Stögerer Preisinger Rechtsanwälte OG in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 76/2/23, gegen das am 31. Oktober 2019 mündlich verkündete und am 11. Dezember 2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts W128 2140139-1/35E, betreffend Arbeitsplatzbewertung nach § 137 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Amt der Universität Klagenfurt), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Die Revisionswerberin stand bis zu ihrer Ruhestandversetzung mit Ablauf des 31. Dezember 2012 in einem öffentlich-rechtlichen Aktivdienstverhältnis zum Bund. Vom 1. November 2011 bis zu ihrer Ruhestandsversetzung hatte sie den in der Funktionsgruppe 2 der Verwendungsgruppe A2 eingestuften Arbeitsplatz einer Kartographin am Institut für Geographie im Planstellenbereich der Universität Klagenfurt inne.

2        Mit Eingabe vom 28. Oktober 2014 beantragte die Revisionswerberin die Feststellung der Wertigkeit ihres Arbeitsplatzes.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis bewertete das im Säumnisweg zuständig gewordene Bundesverwaltungsgericht den Arbeitsplatz als Kartographin, den die Revisionswerberin im Zeitraum vom 1. November 2011 bis 31. Dezember 2012 innegehabt habe, mit der Funktionsgruppe 2 der Verwendungsgruppe A2.

Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.

4        Das Verwaltungsgericht stellte dazu zusammengefasst fest, dass die am 20. Juni 2011 verfasste und am 17. Dezember 2012 unterfertigte Arbeitsplatzbeschreibung eine spezifische Formalausbildung nicht vorsehe. Die Revisionswerberin habe keine Lehre als Kartographin absolviert und verfüge über eine Reifeprüfung an einem Realgymnasium.

5        Ihr Arbeitsplatz stelle sich wie folgt dar:

„Funktion des Arbeitsplatzes: Kartographie, Fernerkundung, Graphik, Bearbeitung von Forschungsprojekten gemeinsam mit der/dem Vorgesetzten, Archivierung

Aufgaben des Arbeitsplatzes:

     Eigenständige Erstellung von geographischen Karten und kartenähnlichen Darstellungen nach Auswertung verschiedenster geographischer Unterlagen und Materialien nach Bedarf und Anforderung des Vorgesetzten,

     Luft- und Satellitenbildinterpretation nach wissenschaftlichen Kriterien und eigenständige Umsetzung der Interpretation in druckfertige Karten,

     Entwurf und Einzeichnung von Graphiken sowie selbständige kartographische Tätigkeiten für Publikationen und Bücher des Vorgesetzten,

     Bearbeitung von Drittmittel- und Forschungsprojekten gemeinsam mit dem Vorgesetzten,

     Anleitung für die und Instruktion der Studierenden zum Erlernen der Luft- und Satellitenbildinterpretation und der Umsetzung der Ergebnisse in kartographische Darstellungen und geographische Karten,

     Selbständiger Aufbau von digitalen Publikationsbibliotheken nach Maßgabe des Vorgesetzten,

     Bearbeitung von Studienprojekten mit Studierenden,

     selbständiger Aufbau von digitalen Diasammlungen (ACDSEE) und Publikationsbibliotheken (Endnote),

     Amtshilfe bezüglich wissenschaftlicher kartographischer Tätigkeiten für andere Organisationseinheiten der Alpen-Adria-Universität.

Ziele des Arbeitsplatzes: Wesentliche Unterstützung des Vorgesetzten am Institut für Geographie und Regionalforschung und eigenverantwortliches Arbeiten im Rahmen der Aufgaben des Arbeitsplatzes.

Katalog der Tätigkeiten, die zur Erfüllung der Aufgaben des Arbeitsplatzes notwendig sind, verbunden mit einer Quantifizierung des für diese Tätigkeiten erforderlichen Zeitaufwandes im Verhältnis zum Gesamtbeschäftigungsausmaß (= 100%):

1.   Fachliche, selbständige Interpretation und Auswertung von schwarzweißen, infraroten und normalfarbigen Luft- und Satellitenbildern, Luftbildvergleiche und Erprobung, Anwendung und Umsetzung anderer Fernerkundungsdaten. Umsetzen der Interpretation und Auswertung in schwarzweiße oder farbige druckfertige Karten. Erstellung, Farbgebung und Gesamtlayout von Satellitenbildkarten gemeinsam mit dem Vorgesetzten.

     Bearbeitung von Satellitenbilddaten.

     Kartographische Visualisierung für Atlanten, Landnutzungs- und Stadtanalysekarten sowie für andere wissenschaftliche Publikationen auf Basis der Interpre tation von Satelliten- und Luftbildern sowie anderen geographischen Unterlagen wie z.B. Stadtplänen und anderen geographischen Karten in unterschiedlichen geographischen Maßstäben.

     Digitalisierung von analogen Karten für wissenschaftliche Zwecke.

     (60%)

2.   Selbständige Erhebung und Umsetzung von sozialgeographischen und naturwissenschaftlichen Daten in kartographische Darstellungen. Anfertigung von wissenschaftlichen Zeichnungen zur Anwendung in Forschung und Lehre. Rechnerische Ausarbeitung von Versuchs- und Messergebnissen von wissenschaftlichen Arbeiten und deren kartographische druckfertige Umsetzung.

(10%)

3.   Anleitung für die und Instruktion der Studierenden zum Erlernen der Luftbild- und Satellitenbildinterpretation, der Luftbildbearbeitung auch mittels Aviopret (3-D-Sehen). Anleitung der Studierenden zur Erstellung einer kartographischen Darstellung der Luftbild- oder Satellitenbildinhalte nach wissenschaftlichen Kriterien.

     Betreuung von Praktikantinnen und Praktikanten: Anleitung bei den verschiedenen Arbeitsschritten bezüglich der Interrelation von topographischen Karten, von Satelliten- und Luftbildern sowie der Herstellung topgraphischer oder kartographischer Darstellungen.

     (20%)

4.   Anlage einer Luftbildsammlung mit Erstellen von Kerndaten von Luft- und Satellitenbildern aus den amtlichen Österreichischen Karten, Verortung der Luftbild- oder Satellitenbildausschnitte auf geographischen Karten.

     Aufbau und Betreuung von digitalen Publikationsbibliotheken nach Maßgabe der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts.

     Selbständige Suche, Organisation und Verwaltung digitaler Publikationen.

     Aufbau und Verwaltung einer digitalen und einer physischen Diasammlung des Vorgesetzten für wissenschaftliche Verwendung.

     Aufbau und Verwaltung einer Sammlung geographischer Karten.

     Verwaltung und Organisation der Zeitschriften des Instituts für Geographie und Regionalforschung.

     Unterstützung anderer Organisationseinheiten der Alpen-Adria-Universität bei wissenschaftlich-kartographischen Fragen.

     Entwicklung und Erstellung von kartographischen Symbolen und Logos.

     Mitarbeit bei der Erstellung von Präsentations- und Übungsmaterialien für wissenschaftliche Projekte und Veranstaltungen sowie Mitarbeit bei Workshops und Betreuung von Übungsgruppen bei der Arbeit am Computer, vorwiegend mit GeoWeb-Programmen.

     Orthographische und inhaltliche Fehlerkorrektur von Publikationen des Vorgesetzten.

     (10%)

Anforderungen des Arbeitsplatzes:

     Selbständigkeit und Eigenverantwortung, hohe Kreativität, ausgezeichnetes bildhaftes Vorstellungsvermögen, Teamfähigkeit.

     Kenntnisse der kartographischen Grundlagen und Erfahrung in der selbständigen Umsetzung von Entwürfen in druckfertige Karten und kartenähnliche Produkte.

     Erfahrung in Luft- und Satellitenbildinterpretation - schwarz-weiß, infrarot und normalfarbig, in allen Kartenmaßstäben.

     Erfahrung und sehr gute Kenntnisse im Einsatz von EDV (MS PowerPoint, MS Word, ACDSee, Literaturverwaltungsprogramme, WebGeo-Programme, GIS-Programme usw.) zur Erfüllung der Aufgaben.

     Organisationsfähigkeit, Bereitschaft zum Erlernen neuer und computerunterstützter Techniken zur Erfüllung der Aufgaben, Teamarbeit.

Sonstige für die Bewertung maßgebliche Aspekte: Selbständiges, kreatives und eigenverantwortliches Arbeiten, wissenschaftsnahes Denken und Handeln, Problemlösungskompetenz, umfassendes Wissen, sehr große Erfahrung und umfassende Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Kartographie und in der Visualisierung kartographischer Fragestellungen.

Fach- und Dienstaufsicht kommen dem Institutsvorstand zu. Der Arbeitsplatz verfügt über keinerlei Approbationsbefugnis, hat keinerlei Außenwirkung, keinerlei Budgetbefugnis und keinerlei Verantwortung für Personal bzw. Mitarbeiter.“

6        Zu den Anforderungen an den zu bewertenden Arbeitsplatz führte das Bundesverwaltungsgericht sodann aus:

„1.3.1.1. Wissen

1.3.1.1.1. Fachwissen

Die für die Stelle notwendigen Kenntnisse gehen über fortgeschrittene Kenntnisse, aber auch leicht über grundlegende spezielle Kenntnisse hinaus, jedoch sind für die Erfüllung der Aufgaben lt. Stellenbeschreibung keine Kenntnisse eines einschlägigen Universitätsstudiums oder gleichwertige Kenntnisse nötig.

1.3.1.1.2. Managementwissen

Die Stelle der [Revisionswerberin] sind keinerlei Führungsfunktionen bzw. Mitarbeiter zugeordnet; das für die Stelle notwendige Managementwissen geht jedoch über ‚Minimal vorhanden‘ hinaus, da die Aufgaben nicht nur rein ausführend sind. Das gegenständlich maßgebende Managementwissen ist mit ‚begrenzt‘ zu bewerten, da eine Selbstorganisation oder Überwachung der Durchführung einer oder mehrerer dem Ziel und Inhalt nach weitgehend festgelegten Aufgaben (unter angemessener Berücksichtigung ihrer Beziehung zu vor- oder nach gelagerten Organisationseinheiten) vorliegt. Ebenso Planung, Organisation, Leitung und Kontrolle weniger unterschiedlicher Tätigkeiten und Funktionen.

Ein höher zu bewertendes homogenes Managementwissen wird, wie sich aus der Stellenbeschreibung ergibt, mangels Führungsfunktion, nicht erreicht.

1.3.1.1.3. Umgang mit Menschen

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass mit dem Arbeitsplatz die Gewährung von Amtshilfe verbunden ist, und dass mit Studierenden zusammen zu arbeiten ist. Der Umgang mit Menschen ist daher als ‚normal‘ einzustufen. Da keine unterschiedlichen Meinungen auf ein Ziel auszurichten sind und das Fachliche im Vordergrund steht, wird die nächste Stufe ‚wichtig‘ nicht erreicht.

1.3.1.2. Denkleistung

1.3.1.2.1. Denkrahmen

Der Denkrahmen ist mit Aufgabenorientiert zu beschreiben. Das WAS ist klar, das WIE auf Basis der technischen Möglichkeiten auf Basis der Erfahrung umzusetzen. Es sind keine Neuerungen ohne den Vorgesetzten zu entwickeln. Die nächsthöhere Stufe ‚operativ‘ wird nicht erreicht, da Ziele nicht durch Gesetze, Verordnungen oder Anweisungen vorgegeben werden und nicht für aufgabenorientierte Stellen Lösungswege z.B. durch Durchführungserlässe zu entwickeln sind.

1.3.1.2.2. Denkanforderung

Die Denkanforderung ist ‚unterschiedlich‘. Laut Stellenbeschreibung handelt es sich zwar um eigenständige Aufgaben, nicht aber um das konzeptionelle Entwickeln von Strategien, die Stelle arbeitet dem Vorgesetzten zu. Anderseits sind selbständige Entscheidungen für richtige Lösungswege zu treffen und Probleme weitgehend selbständig zu lösen. Komplexe Situationen, die eine Analyse, Interpretation, Bewertung und/oder konstruktives Denken sowie Urteilsfähigkeit erfordern, liegen nicht vor.

1.3.1.3. Verantwortung

1.3.1.3.1. Handlungsfreiheit

Der Arbeitsplatz ist nicht mit jener Handlungsfreiheit ausgestattet, wie dies unter ‚Allgemein geregelt‘ verstanden wird, anderseits reicht der Ermessensspielraum und damit der Freiheitsgrad weiter als dies unter ‚Standardisiert‘ vorgesehen ist. Die Handlungsfreiheit ist daher mit ‚richtliniengebunden‘ zu bewerten.

1.3.1.3.2. Dimension

Da laut der Arbeitsplatzbeschreibung weder ein zu verantwortendes Budget vorgesehen ist noch mehr als 15 Stellen zu servicieren sind, ist die Dimension mit ‚besonders begrenzt‘ zu bewerten.

1.3.1.3.3. Einfluss auf das Endergebnis

Der Einfluss der Stelle auf das Endergebnis hat zwar keinen direkten Einfluss auf andere Organisationseinheiten oder Organisationen und kann somit nicht als ‚anteilig‘ angesehen werden. Er reicht jedoch über ‚gering‘ hinaus und ist daher ‚beitragend‘.“

7        Ausgehend von diesen Deskriptoren kam das Verwaltungsgericht unter Heranziehung der Stellenwert-Profil-Methode nach Hay zu einem Gesamtpunktewert von 275. Da nach der vom Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport verwendeten Zuordnungstabelle 260 bis 300 Punkte benötigt würden, um einen Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe A2/2 zuzuordnen, liege der gegenständliche Arbeitsplatz damit innerhalb dieser Punktebandbreite.

8        Unter der Überschrift „Gesamtpunkte von Richtverwendungen“ führte das Bundesverwaltungsgericht sodann aus, dass die Richtverwendung der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 2, im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, der Verwaltungsführer mit den zusätzlichen Aufgaben der Rechnungsführung (ohne zugeteilten Rechnungsführer) an einer HTBLA/HTBLVA mit 21 bis 30 Klassen wie z.B. der Verwaltungsführer der HTBLA Zeltweg, gemäß Z 2.8.2 der Anlage 1 zum BDG 1979 einen Gesamtpunktewert von 284 aufweise. Die Richtverwendung der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 2, im Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport, die Technische Offizierin oder der Technische Offizier, die Systemfachingenieurin oder der Systemfachingenieur, die Lehroffizierin oder der Lehroffizier in der Wartungstechnik und -steuerung der Technik (PC 7) bei der Fliegerwerft 2., weise gemäß Z 2.8.15 der Anlage 1 zum BDG 1979 einen Gesamtpunktewert von 291 auf.

9        Der Gesetzgeber sehe unter den Richtfunktionen der Verwendungsgruppe A2 in der Funktionsgruppe 1 Verwaltungskräfte, Techniker und Referenten vor. Die Funktionsgruppe 3 sei in erster Linie Leitungsfunktionen zugeordnet. Innerhalb der Funktionsgruppe 2 fänden sich in erster Linie Referenten, Techniker sowie technische Offiziere. Der Arbeitsplatz der Revisionswerberin reihe sich anhand der Anforderungen an das Wissen, die für die Umsetzung des Wissens erforderliche Denkleistung und die Verantwortung in die in Z 2.8 der Anlage 1 zum BDG 1979 aufgezählten Richtverwendungen ein. Auf Grund der festgestellten Bewertungskriterien bestehe insbesondere mangels Mitarbeiter- und Budgetverantwortung oder sonstiger relevanter Entscheidungsbefugnisse eine deutliche Abgrenzung zu den in Z 2.7. dieser Anlage angeführten Richtverwendungen.

10       Nach beweiswürdigenden Ausführungen und Wiedergabe Bezug habender Gesetzesbestimmungen sowie von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beurteilte das Verwaltungsgericht den festgestellten Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht zusammengefasst dahingehend, dass der gegenständliche Arbeitsplatz als Kartographin, den die Revisionswerberin vom 1. November 2011 bis 31. Dezember 2012 innegehabt habe, mit der Funktionsgruppe 2, der Verwendungsgruppe A2, bewertet worden sei. Diese Bewertung sei durch einen Sachverständigen erfolgt, der einerseits den einzelnen Bewertungskriterien detaillierte Punktezahlen zugeordnet und andererseits einen Vergleich mit den maßgeblichen Richtverwendungen angestellt habe. Aus dem vom Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport übermittelten Punktewert einer Richtverwendung sowie in einem anderen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht festgestellten Punktewert einer anderen Richtverwendung derselben Funktionsgruppe sei ersichtlich, dass der Arbeitsplatz der Revisionswerberin unter den Punktewerten dieser Richtverwendung liege und somit nicht höher bewertet sein könne. Dass der Arbeitsplatz der Revisionswerberin [gemeint: nicht] geringer als mit der Funktionsgruppe 2 der Verwendungsgruppe A2, zu bewerten sei, sei nicht strittig. Dafür gebe es auch keine Beweisergebnisse.

11       Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

12       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde sowie der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung erstatteten in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren Revisionsbeantwortungen.

13       Die Revisionswerberin sieht die Zulässigkeit ihrer Revision zusammengefasst unter anderem darin begründet, dass neben dem konkreten Arbeitsplatz der Richtverwendung einer Kartographin auch die von den abstrakten Richtverwendungen umschriebenen Arbeitsplätze zu beschreiben und zu analysieren gewesen wären. Das Bundesverwaltungsgericht habe keine konkrete Richtverwendung festgestellt, mit der dann ein Vergleich vorzunehmen gewesen wäre. Es habe ungeprüft die vom Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport bekannt gegebenen Punktewerte für die Richtverwendung gemäß Z 2.8.2 der Anlage 1 zum BDG 1979 sowie jene für die Richtverwendung gemäß Z 2.8.15 Anlage 1 zum BDG 1979 gemäß einem nicht rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts übernommen.

14       In der Begründung der Revision führt die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang ferner aus, dass sich das Bundesverwaltungsgericht darauf beschränke, den Arbeitsplatz der Revisionswerberin mit den Richtverwendungen der Funktionsgruppen 1, 2 und 3 zu vergleichen, ohne einen konkreten Arbeitsplatz der Richtverwendung zu analysieren. Um eine Zuordnung zweifelsfrei beurteilen zu können, hätte es konkrete entsprechende Arbeitsplätze zu ermitteln und die mit diesen verbundenen Aufgaben festzustellen gehabt. In der Folge wäre auf Basis der festgestellten Aufgaben des mit den entsprechenden Richtverwendungen verbundenen Arbeitsplatzes zu beurteilen gewesen, welcher der analysierten Richtverwendungen ihr Arbeitsplatz entsprochen habe. Die im Erkenntnis erfolgte abstrakte Umschreibung der Richtverwendungen genüge dafür nicht. Da ein Vergleich zu einer konkreten Richtverwendung nicht gegeben sei, könne nicht festgestellt werden, ob eine Identität der Bewertungsziele vorliege oder ob die Teilstellenwertpunkte übereinstimmten. Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher einerseits eine Einordnung des zu bewertenden Arbeitsplatzes innerhalb der der entsprechenden Funktionsgruppe zugehörigen Richtverwendung und andererseits eine Analyse und Bewertung aller Richtverwendungen der genannten voneinander abzugrenzenden Funktionsgruppen vorzunehmen gehabt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15       Die Revision erweist sich, weil sie aufzeigt, dass das angefochtene Erkenntnis - wie im Folgenden dargestellt - von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, als zulässig. Sie ist auch begründet.

16       § 137 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979, in der Fassung BGBl. I Nr. 60/2018, lautet (auszugsweise):

„Bewertung und Zuordnung von Arbeitsplätzen

§ 137. (1) Die Arbeitsplätze der Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes sind auf Antrag des zuständigen Bundesministers von der Bundesministerin oder vom Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport zu bewerten und unter Bedachtnahme auf die in der Anlage 1 genannten Richtverwendungen einer Verwendungsgruppe und innerhalb dieser der Grundlaufbahn oder einer Funktionsgruppe zuzuordnen. Bei der Zuordnung zu einer Verwendungsgruppe ist auch auf die in der Anlage 1 für diese Verwendungsgruppe vorgeschriebenen Ausbildungserfordernisse Bedacht zu nehmen.

(2) Richtverwendungen sind gesetzlich zugeordnete Arbeitsplätze, die den Wert wiedergeben, der ihnen auf Grund ihres Inhaltes und ihrer organisatorischen Stellung am Tag des Inkrafttretens der betreffenden Gesetzesbestimmung zukommt.

(3) Bei der Arbeitsplatzbewertung sind die mit dem Arbeitsplatz verbundenen Anforderungen an das Wissen, die für die Umsetzung des Wissens erforderliche Denkleistung und die Verantwortung zu berücksichtigen. Im einzelnen sind zu bewerten:

1.   das Wissen nach den Anforderungen

a)   an die durch Ausbildung oder Erfahrung erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten,

b)   an die Fähigkeit, Aufgaben zu erfüllen, zu überwachen, zu integrieren oder zu koordinieren, und

c)   an die Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit sowie an Führungsqualität und Verhandlungsgeschick,

2.   die Denkleistung nach dem Umfang des Rahmens, in dem Handeln mehr oder weniger exakt vorgegeben ist, sowie nach der Anforderung, Wissen bei der Erfüllung von wiederkehrenden bis neuartigen Aufgaben umzusetzen,

3.   die Verantwortung nach dem Grad der Bindung an Gesetze, Verordnungen und Dienstanweisungen sowie nach dem Umfang einer meßbaren Richtgröße (wie zB Budgetmittel) und dem Einfluß darauf.

(...)“

17       Vorweg ist festzuhalten, dass die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht habe sich ausschließlich an der Arbeitsplatzbeschreibung des zu bewertenden Arbeitsplatzes orientiert und nicht an den tatsächlich zugewiesenen Aufgaben, nicht im Recht ist:

18       Maßgebend für den dem Arbeitsplatz zu Grunde liegenden Vergleich sind die tatsächlichen Verwendungsverhältnisse. Diese faktischen Verhältnisse sind vor der Bewertung eines Arbeitsplatzes amtswegig zu ermitteln, festzustellen und dem Sachverständigen zur Erstellung seines Gutachtens für den gesamten Zeitraum vorzugeben (vgl. VwGH 20.5.2008, 2005/12/0218, mwN). Bei der Feststellung der Wertigkeit eines Arbeitsplatzes kommt es weder auf einen nach den Organisationsnormen gesollten noch auf einen aus der Arbeitsplatzbeschreibung hervorgehenden Zustand an. Entscheidend ist vielmehr dessen tatsächlicher Inhalt, also die konkret zu erbringenden Tätigkeiten (vgl. u.a. VwGH 30.1.2019, Ra 2018/12/0010).

19       Im vorliegenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht die tatsächlichen Verwendungsverhältnisse unter Durchführung einer mündlichen Verhandlung festgestellt und beweiswürdigend festgehalten, dass es der Revisionswerberin nicht gelungen sei, ein Abweichen der von ihr tatsächlich verrichteten Aufgaben von den sich aus der Arbeitsplatzbeschreibung ergebenden und im Gutachten ermittelten aufzuzeigen. Wenn der Sachverständige seinem Gutachten und das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung daher die in der Arbeitsplatzbeschreibung umschriebenen Aufgaben, die sich mit den tatsächlich zu erbringenden Tätigkeiten der Revisionswerberin deckten, zugrunde legte, ist dies nicht zu beanstanden.

20       Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung bereits wiederholt mit der Bewertung von Arbeitsplätzen nach § 137 BDG 1979 befasst und dabei zu beachtende Grundsätze entwickelt (siehe dazu etwa VwGH 2.7.2009, 2006/12/0026, und die dort angeführte Judikatur, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird). Danach handelt es sich bei der Ermittlung der in Punkten auszudrückenden Wertigkeit eines konkreten Arbeitsplatzes bzw. einer Richtverwendung um eine Fach(Sach-) frage, die nur unter Beiziehung eines Sachverständigen gelöst werden kann. Demgegenüber ist es eine Frage der rechtlichen Beurteilung, ob das Ergebnis der Punkte-Bewertung des konkreten Arbeitsplatzes eines Beamten einerseits bzw. die bislang vorliegenden Ergebnisse der Bewertung untersuchter Richtverwendungen andererseits ausreichen, um den vom Feststellungsantrag betroffenen Arbeitsplatz einer bestimmten Funktionsgruppe innerhalb einer Verwendungsgruppe richtigerweise zuordnen zu können. Grundlage der in Bescheidform zu treffenden Feststellung der Wertigkeit eines konkreten Arbeitsplatzes hat somit ein Fachgutachten zu sein, das in nachvollziehbarer Weise die in Punkten auszudrückende Bewertung des betreffenden Arbeitsplatzes und einen Vergleich mit den Richtverwendungen vorzunehmen hat.

21       Dabei berücksichtigt das Funktionszulagenschema nicht die individuelle Leistung, sondern nur die Anforderungen an den Arbeitsplatz bezogen auf die in § 137 Abs. 3 BDG 1979 genannten Kriterien.

22       Der für die Einstufung eines konkreten Arbeitsplatzes notwendige Vergleich mit den als Richtverwendungen genannten, in Frage kommenden Arbeitsplätzen setzt voraus, dass diese Arbeitsplätze hinsichtlich der in § 137 Abs. 3 BDG 1979 genannten Kriterien untersucht und sodann in das Funktionszulagenschema eingeordnet werden. Um dem Auftrag des Gesetzgebers in einem den rechtsstaatlichen Erfordernissen Rechnung tragenden Verfahren zu entsprechen, setzt der für die Einstufung eines konkreten Arbeitsplatzes notwendige Vergleich dieses Arbeitsplatzes mit den in Frage kommenden Richtverwendungen die Herausarbeitung des Wesens der Richtverwendung bezogen auf die gesetzlichen Kriterien voraus. Die Ermittlung des wesentlichen Inhalts der gesetzlichen Einstufungsvorgabe (Richtverwendung) ist als Rechtsfrage mit Sachverhaltselementen zu werten.

23       Ist das Wesen der Richtverwendung im Sinne der gesetzlichen Kriterien herausgearbeitet und sind die Teilverwendungen nach den gesetzlichen Kriterien bewertet worden, so ist bei dem zu bewertenden Arbeitsplatz in gleicher Weise vorzugehen. Aus den verschiedenartigen Aufgaben und Tätigkeiten sind nach den Anforderungen möglichst gleichartige und gleichwertige Gruppen zu bilden und diese mit den jeweils möglichst entsprechenden Gruppen der ebenso analysierten und bewerteten Richtverwendung(en) in Beziehung zu setzen. Hiebei kommen grundsätzlich alle genannten Richtverwendungen in Frage; die Feststellung der Rechtmäßigkeit der Einstufung entsprechend dem diesbezüglich eindeutigen Gesetzesauftrag hat nämlich im gesamten System nach den Kriterien Wissen, Verantwortung und Denkleistung nachvollziehbar zu erfolgen (vgl. zum Ganzen VwGH 11.7.2006, 2001/12/0194, unter Hinweis auf VwGH 25.4.2003, 2001/12/0195; siehe auch die grundlegenden Ausführungen zur analytischen Bewertung der Arbeitsplätze VwGH 23.10.2006, 2001/12/0245, ua; siehe auch ErläutRV 1577 BlgNR 18. GP 163).

24       Den in der dargestellten Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an die Vorgehensweise bei einer Arbeitsplatzbewertung nach § 137 BDG 1979 wird das dem angefochtenen Erkenntnis zu Grunde liegende Gutachten nicht gerecht. Die darin vom Sachverständigen vorgenommene Beurteilung des gegenständlichen Arbeitsplatzes erschöpft sich in der Bewertung der in § 137 Abs. 3 BDG 1979 genannten Kriterien durch die Zuordnung von Punktewerten und lässt den für die Einstufung des konkreten Arbeitsplatzes notwendigen nachvollziehbaren Vergleich dieses Arbeitsplatzes mit der oder den in Frage kommenden Richtverwendung(en) vermissen. Ein solcher Vergleich setzt die Herausarbeitung des Wesens der Richtverwendung bezogen auf die gesetzlichen Kriterien voraus. Der Nachweis, dass der Arbeitsplatz der Revisionswerberin keiner höheren als der Funktionsgruppe 2 zugehört, kann (etwa) dadurch geführt werden, dass der Gesamtpunktewert für den gegenständlichen Arbeitsplatz gleich (oder geringer) als jener für eine dieser Funktionsgruppe zugehörigen Richtverwendung ist (vgl. etwa VwGH 27.9.2011, 2009/12/0112; 16.12.2009, 2008/12/0200).

25       Dementsprechend wäre (zumindest) eine Richtverwendung hinsichtlich der gesetzlichen Kriterien zu analysieren und zu bewerten gewesen, um die herangezogene Richtverwendung anschließend mit dem in gleicher Weise zu bewertenden Arbeitsplatz vergleichen zu können. Es genügt nämlich die im Gutachten enthaltene beispielhafte Auflistung von Richtverwendungen der Anlage 1 des BDG 1979 ohne diese einer näheren Prüfung und Bewertung zu unterziehen den eben dargelegten Anforderungen an einen Richtverwendungsvergleich nicht. Ebenso wenig genügen im Gutachten wiedergegebene Behauptungen über die Punktewertgrenze zwischen den Bandbreiten einzelner Funktionsgruppen gestützt auf die Auskunft des Bundeskanzleramts (bzw. hier des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport). Ein Nachweis einer solchen behaupteten Wertgrenze setzte die Analyse und die Bewertung aller Richtverwendungen der voneinander abzugrenzenden Funktionsgruppen voraus (vgl. in diesem Sinn VwGH 11.12.2013, 2013/12/0118; 1.3.2012, 2011/12/0149, jeweils mwN).

26       Der im angefochtenen Erkenntnis enthaltene pauschale Verweis auf eine andere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vermag einen Richtverwendungsvergleich nicht zu ersetzen. Für einen derartigen Verweis, der an die Stelle einer eigenständigen Begründung des angefochtenen Erkenntnisses tritt, fehlt in den vom Verwaltungsgericht anzuwendenden Verfahrensbestimmungen des VwGVG jegliche Rechtsgrundlage (vgl. etwa VwGH 22.3.2019, Ra 2017/04/0135; 2.9.2015, Ra 2015/02/0115). Zudem ist das verwiesene Erkenntnis weder Bestandteil des gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Akts noch gibt es einen Hinweis dafür, dass es der Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses beigeschlossen worden wäre.

27       Mangels eines entsprechenden Richtverwendungsvergleichs hat das Bundesverwaltungsgericht in Verkennung der Rechtslage nicht nachvollziehbar dargelegt, dass der im Gutachten ermittelte Punktewert für den Arbeitsplatz der Revisionswerberin innerhalb der Bandbreite der Funktionsgruppe 2 der Verwendungsgruppe A2 liegt, und damit sein Erkenntnis schon aus diesem Grund mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

28       Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

29       Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. November 2020

Schlagworte

Allgemein Anforderung an ein Gutachten Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete Beweismittel Sachverständigengutachten Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche Beurteilung Sachverständiger Aufgaben Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebiet Verfahrensbestimmungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020120010.L00

Im RIS seit

02.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten