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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 23. April 1997, Zl. St 99/97, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 23. April 1997 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 iVm §§ 19 bis 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
In der Begründung führt die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 26. April 1994 wegen Übertretung des § 52 lit. a Z. 10a StVO (Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 31 km/h), mit Straferkenntnis vom 12. Dezember 1994 wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO ("Lenken eines KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand - 2,34 Promille") und mit Straferkenntnis vom 3. Dezember 1996 ebenfalls wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO ("Lenken eines KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand - 2,56 Promille") rechtskräftig bestraft worden sei.
In Anbetracht der zweimaligen rechtskräftigen Bestrafung nach § 5 StVO sei im Beschwerdefall zweifellos der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG als erfüllt zu betrachten, zumal Verwaltungsübertretungen nach § 5 StVO nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den schwerwiegendsten Verwaltungsübertretungen zählten.
In Anbetracht der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers - der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung vorgebracht, daß er mit seinen beiden Brüdern "im gemeinsamen Haushalt gewohnt bzw. mit diesen gekocht" hätte, diese finanziell unterstütze und mit ihnen (zum Teil) auch beruflich zusammengearbeitet habe; weiters treffe er seine Brüder regelmäßig ("mindestens zweimal pro Woche") - werde durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zweifellos in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Bereits die Erstbehörde habe zutreffend bemerkt, daß dem Beschwerdeführer eine der Dauer des Aufenthaltes entsprechende Integration im Bundesgebiet zuzubilligen sei, da er sich doch bereits seit mehr als sechs Jahren legal im Bundesgebiet aufhalte und einer geregelten Beschäftigung nachgehe. Es möge auch nicht bestritten werden, daß der Beschwerdeführer für seinen Arbeitgeber eine wertvolle Stütze darstelle. Angesichts der von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden großen Gefahr für die Allgemeinheit und angesichts des Umstandes, daß der Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ein "enorm hoher Stellenwert" beizumessen sei, sei aber im Beschwerdefall nicht nur die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, sondern das Aufenthaltsverbot auch im Lichte des § 19 FrG dringend geboten.
Weiters lasse auch allein schon die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehende Gefahr die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als die negativen Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Fremden, zumal diese Gefahren nicht hoch genug eingeschätzt werden könnten. Dies umsomehr, als weder eine rechtskräftige Bestrafung nach § 5 StVO noch eine "behördliche Ermahnung" ausgereicht hätten, um dem Beschwerdeführer von der Begehung einer weiteren derartigen Übertretung abzuhalten. Als erschwerend komme im Beschwerdefall noch hinzu, daß der Beschwerdeführer "in beiden Fällen schwerwiegend alkoholisiert" gewesen sei "(2,36 bzw. 2,56 Promille)". Auch die von der Erstbehörde angeführte Geschwindigkeitsübertretung sei "zu beachten, zumal es sich hiebei nicht mehr nur um eine geringfügige Geschwindigkeitsübertretung gehandelt" habe.
Der Beschwerdeführer bestreite in seiner Berufung nicht, von der Behörde "ermahnt worden zu sein". Er führe lediglich an, daß er aufgrund seiner mangelnden Deutschkenntnisse die tatsächliche Tragweite dieser Ermahnung nicht habe abschätzen können. Mit diesem Hinweis vermöge er aber keinen für ihn positiven Umstand aufzuzeigen, zumal der Beschwerdeführer das "mahnende Verhalten" der Erstbehörde verstanden habe und es an ihm gelegen wäre, sich entsprechend zu erkundigen.
Auch sei die Zeit seit der letzten Übertretung nach § 5 StVO zu kurz, um eine Änderung des Verhaltens des Beschwerdeführers erkennen zu können. Der Beschwerdeführer habe auch "außer dem bloßen Hinweis darauf" keine konkreten und nachprüfbaren Umstände bezüglich der Änderung seines Verhaltens dargelegt.
Da - unter Abwägung aller angeführten Umstände - im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, sei das Aufenthaltsverbot auch zulässig im Sinne des § 20 Abs. 1 FrG. Daran vermöge auch sein Hinweis auf seine berufliche und familiäre Situation nichts zu ändern. Auch sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes "nicht zwangsweise gleichbedeutend mit einem Kontaktverbot mit Bekannten und Verwandten". Die Dauer des von der Erstbehörde erlassenen Aufenthaltsverbotes entspreche im wesentlichen der Tilgungsfrist für die rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers. Von der Aufnahme weiterer Beweise sei insofern Abstand genommen worden, als der entscheidungsrelevante Sachverhalt ausreichend ermittelt gewesen sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, daß vorliegend mit Rücksicht auf die beiden rechtskräftigen Bestrafungen nach § 5 Abs. 1 StVO wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Auf dem Boden der - unbestritten gebliebenen - maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen hegt der Gerichtshof gegen diese Beurteilung keine Bedenken.
1.2. Die Beschwerde bekämpft indes (erkennbar) die Annahme der belangten Behörde, daß das diesen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen zugrunde liegende Fehlverhalten die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertige. Bei den beiden "Vorfällen", die den genannten rechtskräftigen Bestrafungen zugrundelägen, habe es sich um "Ausnahmen" gehandelt. Der Beschwerdeführer trinke "sonst keinen oder kaum Alkohol" und habe sich nach dem Straferkenntnis vom 3. Dezember 1996 "fest vorgenommen, in Zukunft keinen Alkohol mehr zu trinken, wenn er ein Kraftfahrzeug lenke". Es sei daher "eine positive Prognose gerechtfertigt".
Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Wenn die belangte Behörde vorliegend im Hinblick auf die wiederholte und - nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid - auch besonders gravierende Mißachtung des § 5 Abs. 1 StVO die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme als gerechtfertigt annahm, ist ihr nicht entgegenzutreten, zählt doch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu den gröbsten Verstößen gegen die StVO (vgl. etwa das Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 97/18/0332, mwH). Zudem hat sich der Beschwerdeführer - worauf die belangte Behörde zutreffend hinweist - auch nicht durch den behördlichen Hinweis "auf die Folgen weiterer Rechtsverletzungen", der nach seiner ersten rechtskräftigen Bestrafung wegen einer solchen Übertretung erfolgte, von einer zweiten Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO abhalten lassen. Die in der Beschwerde vorgebrachte Absicht des Beschwerdeführers, in Hinkunft im alkoholisierten Zustand kein Kraftfahrzeug mehr zu lenken, kann nicht zugunsten des Beschwerdeführers ausschlagen, ist doch der seit der letzten rechtskräftigen Bestrafung nach § 5 Abs. 1 StVO verstrichene Zeitraum zu kurz, um einen Wegfall oder auch eine Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr annehmen zu können.
Vor dem Hintergrund des Gesagten ist auch der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe den Sachverhalt im Zusammenhang mit der Annahme nach § 18 Abs. 1 FrG nicht hinreichend festgestellt (Prüfung, ob der Beschwerdeführer "alkoholgefährdet" sei, Erforschung der näheren Umstände der Alkoholisierung, Nachfrage beim Arbeitgeber des Beschwerdeführers), der Boden entzogen.
2. Der Beschwerdeführer kann mit seinem Vorbringen auch die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung nach den §§ 19 und 20 FrG nicht entkräften.
Die Behörde hat die in der Beschwerde geltend gemachten Umstände bezüglich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers - Aufenthalt in Österreich seit 1990 und regelmäßige berufliche Tätigkeit (zum Großteil sogar beim selben Arbeitgeber, wobei der Beschwerdeführer "als Facharbeiter" einen ausgezeichneten Ruf genieße) - ohnehin zu seinen Gunsten beurteilt. Wenn sie das vorliegend verhängte Aufenthaltsverbot dennoch im Lichte des § 19 FrG für dringend geboten und somit für zulässig erachtet hat, so ist dies wegen des - wie bereits im Pkt. II. 1.2. festgehalten - gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers mit Rücksicht auf den Schutz der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Verkehrswesens) und auf die Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 MRK) nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen begegnet auch das Ergebnis der von der Behörde vorgenommenen Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG keinem Einwand. Die aus der beruflichen Tätigkeit (allenfalls) resultierende Integration, speziell in sozialer Hinsicht, hat durch die Schwere seines Fehlverhaltens eine erhebliche Beeinträchtigung erfahren, sodaß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers jedenfalls nicht schwer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung.
3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich auch ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Normen und MaterienEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180337.X00Im RIS seit
12.06.2001