TE Vwgh Beschluss 2020/11/30 Ra 2020/20/0389

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Veröffentlicht am 30.11.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des R M in G, vertreten durch Mag. Martin Sauseng, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Oktober 2020, W105 2162123-1/25E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 5. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Als Fluchtgrund gab er an, von den Taliban und anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen bedroht worden zu sein. Er fürchte auch, bei einer Rückkehr in seine Heimat von diesen Gruppen zwangsrekrutiert zu werden.

2        Mit Bescheid vom 30. Mai 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde und brachte in einem weiteren Schriftsatz vor, er sei vom islamischen Glauben abgefallen und habe sich dem christlichen Glauben zugewandt. Aufgrund dessen drohe ihm in Afghanistan soziale Ausgrenzeng und Gewalt durch Familienangehörige und die Taliban. Es sei mit strafrechtlicher Verfolgung bis hin zur Todesstrafe zu rechnen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde nach Durchführung zweier Verhandlungen als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, dass das Bundesverwaltungsgericht von den Leitlinien der Rechtsprechung zur Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge abgewichen sei, indem es die beantragte Einvernahme des taufspendenden Paters sowie eines in der Verhandlung stellig gemachten Bekannten des Revisionswerbers als Zeugen nicht durchgeführt habe.

9        Hinsichtlich der unterlassenen Einvernahme von Zeugen ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach in der Unterlassung einer Beweisaufnahme kein Verfahrensmangel gelegen ist, wenn die Partei in ihrem Beweisantrag das Beweisthema nicht konkret umschreibt (vgl. etwa VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0478, mwN). Im vorliegenden Fall machte der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung einen Zeugen namhaft, ohne jedoch ein konkretes Beweisthema zu nennen. Damit entsprach dieser Beweisantrag schon den formalen Anforderungen nicht.

10       Das Bundesverwaltungsgericht führte zwei Verhandlungstagsatzungen durch, in denen es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffte und seine Taufpatin als Zeugin befragte. Es gelangte mit ausführlicher Begründung, in der es vor allem die Aussagen des Revisionswerbers eingehend würdigte, zu dem Ergebnis, dass er zwar Interesse am christlichen Glauben habe, er aber nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert sei. Dabei stützte sich das Bundesverwaltungsgericht unter anderem darauf, dass der Revisionswerber seine Motivation für den Glaubenswechsel nicht schlüssig habe darlegen können und Fragen zu den zentralen Inhalten des Christentums vollkommen oberflächlich und vage beantwortet habe. Ihm drohe im Falle seiner Rückkehr in seinen Heimatstaat somit keine aus einer Konversion folgende Verfolgung.

11       Werden Verfahrensmängel - wie hier im Besonderen Ermittlungsmängel wegen unterbliebener Vernehmung eines weiteren beantragten Zeugen - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss zudem auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten. Im Fall einer unterbliebenen Vernehmung ist - um die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers darzulegen - in der Revision konkret darzulegen, was die betreffende Person im Fall ihrer Vernehmung hätte aussagen können und welche anderen oder zusätzlichen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH 1.10.2020, Ra 2020/20/0332, mwN). Diesen Anforderungen wird die Revision nicht gerecht, weil sie nicht konkret darlegt, welche sachverhaltsrelevanten Angaben der Zeuge hätte machen können und inwieweit diese geeignet gewesen wären, zu einem anderen Ergebnis kommen zu können.

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 30. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020200389.L00

Im RIS seit

18.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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