TE Vwgh Beschluss 2020/11/30 Ra 2020/20/0328

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.11.2020
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verfassungsgerichtshof
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
BVwG-EVV 2014 §1 Abs1 Z1
BVwG-EVV 2014 §1 Abs2
BVwGG 2014 §21 Abs6
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des M Ö, vertreten durch Mag. Marcus Winter, Rechtsanwalt in 4950 Altheim, Wiesnerstraße 2, gegen das am 9. Juli 2020 mündlich verkündete und am 30. Juli 2020 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, L515 1437040-2/19E, betreffend Angelegenheiten nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 1. April 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2        Mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 23. Juli 2019 wurde der Revisionswerber wegen der Verbrechen der (versuchten und vollendeten) absichtlichen schweren Körperverletzung nach (§ 15 Abs. 1) § 87 Abs. 1 StGB und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 2 StGB sowie der Vergehen des Hausfriedensbruchs nach § 109 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 StGB und der versuchten Kindesentziehung nach §§ 15 Abs. 1, 195 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 23. Jänner 2020 wurde der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe auf vier Jahre erhöht.

3        Mit Bescheid vom 6. März 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt V.), erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.), gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII.) und erließ gegen den Revisionswerber ein unbefristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.).

4        Mit dem in der Verhandlung am 9. Juli 2020 mündlich verkündeten Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers insofern Folge, als es die Dauer des Einreiseverbotes auf zehn Jahre herabsetzte, und wies die Beschwerde im Übrigen als unbegründet ab. Nach dem Spruch der schriftlichen Ausfertigung dieses Erkenntnisses wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das BVwG für nicht zulässig.

5        Die vorliegende Revision richtet sich gegen dieses Erkenntnis, soweit es über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte VII. und VIII. des Bescheids vom 6. März 2020 ergangen ist.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Da der Verwaltungsgerichtshof - wie bereits angeführt - gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 23.1.2019, Ra 2019/20/0003; 7.9.2020, Ra 2020/20/0184, jeweils mwN).

10       Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Eine Zulassungsbegründung, die bloß pauschale Behauptungen, jedoch keine konkrete Rechtsfrage und auch keine Bezugnahme auf Judikatur enthält, entspricht diesen Anforderungen nicht (vgl. VwGH 7.9.2020, Ra 2020/20/0222; 28.4.2020, Ra 2020/14/0017, jeweils mwN).

11       Die Zulassungsbegründung der vorliegenden Revision beanstandet pauschal die Dauer des Einreiseverbots und die unterlassene Fristsetzung für die freiwillige Ausreise unter abstraktem Verweis auf ein Abweichen des BVwG von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ohne konkret darzulegen, worin die Abweichung von welcher Rechtsprechung besteht. Damit wird sie den zitierten Anforderungen an die Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht gerecht.

12       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages hinsichtlich des Umstands, dass die Revision beim BVwG entgegen § 21 Abs. 6 BVwGG postalisch und ohne Bescheinigung, dass die technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (iSd § 1 Abs. 1 Z 1 BVwG-EVV) nicht vorliegen, eingebracht wurde (vgl. VwGH 15.5.2020, Ra 2020/20/0144, mwN).

Wien, am 30. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020200328.L00

Im RIS seit

18.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten