Index
L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten WienNorm
AVG §56Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Mauer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision von 1. P, 2. A GmbH und 3. N AG, alle in G und alle vertreten durch die SHMP Schwartz Huber-Medek Pallitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Hohenstaufengasse 7, gegen Spruchpunkt IV. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. Mai 2020, 1) VGW-002/053/12120/2019-3 und 2) VGW-002/V/053/12121/2019, betreffend Verfall nach dem Wiener Wettengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird über die Revision der erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien im Umfang seiner Anfechtung (Spruchpunkt IV.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat der erstrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
und
II. den Beschluss gefasst:
Die Revision der drittrevisionswerbenden Partei wird zurückgewiesen.
Die drittrevisionswerbende Partei hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 29. Juli 2019 wurden der erstrevisionswerbenden Partei als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortliche Beauftragte der zweitrevisionswerbenden Partei zwei Übertretungen des Wiener Wettengesetzes zur Last gelegt, wodurch sie gegen § 13 Abs. 3 lit. a sowie § 13 Abs. 3 lit. c Wiener Wettengesetz verstoßen habe, weshalb über die erstrevisionswerbende Partei gemäß § 24 Abs. 1 Z 6 Wiener Wettengesetz zwei Geldstrafen in der Höhe von € 800,-- und € 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag und 13 Stunden und ein Tag und vier Stunden) verhängt wurden (Spruchpunkt I.). Zudem wurden gemäß § 17 Abs. 1 VStG in Verbindung mit § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz zehn näher genannte Wettterminals samt dem jeweiligen Inhalt der Kassen für verfallen erklärt (Spruchpunkt II.). Weiter wurde der erstrevisionswerbenden Partei die Zahlung von € 140,-- als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt. Die zweitrevisionswerbende Partei hafte für die Geldstrafen und die Verfahrenskosten gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.
2 Der von den erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien dagegen erhobenen Beschwerde hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich Spruchpunkt I. des Straferkenntnisses Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben, das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt und der erstrevisionswerbenden Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vorgeschrieben (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Erkenntnisses). Hinsichtlich Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses (Verfallsausspruch) wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Erkenntnisses). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshoferklärte es für nicht zulässig (Spruchpunkt III. des angefochtenen Erkenntnisses).
3 Zum Verfallsausspruch führte das Verwaltungsgericht aus, dass die erstrevisionswerbende Partei im Verfahren über den Verfallsausspruch Parteistellung gehabt habe und ihr der Verfallsausspruch auch wirksam zugestellt worden sei. Der Verfallsausspruch sei daher rechtswirksam erlassen worden. Ob der Verfallsausspruch auch einer weiteren Partei (der drittrevisionswerbenden Partei) zugestellt worden sei, sei im vorliegenden Beschwerdeverfahren ohne Belang.
4 Gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Erkenntnisses (Verfallsausspruch) richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
5 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu I.:
6 Gemäß § 24 Wiener Wettengesetz können Wettscheine, elektronische Wettbücher und Wettterminals, und alle an solche angeschlossenen Geräte, sonstige Eingriffsgegenstände oder sonstige technische Hilfsmittel, die entgegen diesem Landesgesetz aufgestellt, betrieben oder verwendet werden, von der Behörde unabhängig von der Bestrafung nach Abs. 1 samt dem sich in diesen befindenden Geld für verfallen erklärt werden.
7 Nach § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz kann der Verfall (auch) unabhängig von der Bestrafung nach Abs. 1 ausgesprochen werden, somit - als selbständiger Verfall - auch dann, wenn eine Bestrafung nicht erfolgt, etwa weil die Identität des Täters nicht ermittelt werden kann. Dies ändert aber nichts daran, dass der Verfall als Sanktion für die Übertretung von Bestimmungen des Wiener Wettengesetz festgelegt ist („die entgegen diesem Landesgesetz aufgestellt, betrieben oder verwendet werden“) und damit eine Folge der strafbaren Handlung darstellt. Damit kann aber beim Verfall nach § 24 Abs. 2 leg. cit. nicht von einer bloßen Sicherungsmaßnahme ohne Strafcharakter gesprochen werden (vgl. VwGH 4.7.2018, Ra 2018/02/0214, mwN).
8 Das Verwaltungsgericht hat das Verwaltungsstrafverfahren gegen die erstrevisionswerbende Partei wegen Übertretungen des Wiener Wettengesetzes gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt. Fehlt es aber an einer Verwaltungsübertretung, kann nach der dargestellten Rechtslage auch der Verfallsausspruch keinen rechtlichen Bestand (mehr) haben.
9 Das angefochtene Erkenntnis war daher hinsichtlich des Verfallsausspruches (Spruchpunkt IV.) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
10 Der Zuspruch von Aufwandersatz an die erstrevisionswerbende Partei (zur drittrevisionswerbenden Partei vgl. unten Zu II.) gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 53 Abs. 1 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Zu II.:
11 Nach übereinstimmendem Vorbringen wurden das Straferkenntnis vom 29. Juli 2019 und das angefochtene Erkenntnis den erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien zugestellt.
12 Die drittrevisionswerbende Partei bringt in der Revision vor, sie sei erst ab dem Revisionsverfahren vom Revisionswerbervertreter vertreten worden, weder das Straferkenntnis vom 29. Juli 2019 noch das angefochtene Erkenntnis seien ihr zugestellt worden.
13 Nach der Rechtsprechung muss die Frage des Mitspracherechtes als Partei des Verfahrens zunächst durch die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht entschieden werden, sei es durch Anerkennung der Parteistellung in Form der Zustellung der betreffenden Entscheidung, sei es durch Abweisung eines darauf gerichteten Antrages (vgl. etwa VwGH 25.3.2020, Ra 2019/02/0256, mwN).
14 Das angefochtene Erkenntnis wurde der drittrevisionswerbenden Partei, wie oben dargestellt, nicht zugestellt, weshalb es ihr an der Berechtigung zur Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof fehlt (vgl. neuerlich VwGH 25.3.2020, Ra 2019/02/0256, mwN).
15 Da der drittrevisionswerbenden Partei somit keine Revisionslegitimation zukommt, war die vorliegende Revision, soweit sie von der drittrevisionswerbenden Partei erhoben wurde, gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
16 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 2. Dezember 2020
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020194.L00Im RIS seit
18.01.2021Zuletzt aktualisiert am
18.01.2021