Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Roch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M*****, vertreten durch Sundström/Partner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei D*****, vertreten durch Prof. Dr. Georg Zanger M.B.L.-HSG, Rechtsanwalt in Wien, wegen 4.500 EUR sA und laufenden Unterhalts, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. August 2020, GZ 47 R 165/20t, 166/20i-43, mit dem unter anderem der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 27. Februar 2020, GZ 13 E 2045/19y-23, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird samt dem damit verbundenen Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht in seinem Spruchpunkt 1. die vom Erstgericht beschlossene Aufschiebung der Fahrnisexekution wegen einer Unterhaltsforderung gegen Erlag einer Sicherheitsleistung und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung jedenfalls unzulässig sei.
[2] Dagegen richtet sich der von der betreibenden Rechtsanwältin erhobene „Antrag gemäß § 528 Abs 2a ZPO iVm § 508 Abs 1 ZPO“ an das Rekursgericht „auf Zulassung eines ordentlichen Revisionsrekurses gemäß § 528 Abs 1 ZPO“ verbunden mit einem Revisionsrekurs, der die ersatzlose Behebung des Beschlusses über die Aufschiebung der Exekution anstrebt. Das Erstgericht legte dieses Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof direkt vor.
Rechtliche Beurteilung
[3] Es ist aus folgenden Gründen als absolut unzulässig zurückzuweisen:
[4] 1. Die Betreibende erkennt selbst, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands, über den das Rekursgericht entschied, 30.000 EUR überstieg (RIS-Justiz RS0121365; RS0110920 [T1]). Warum dennoch ein Antrag gemäß § 528 Abs 2a ZPO iVm § 508 Abs 1 ZPO (erforderlich und) zulässig sein sollte, vermag sie jedoch nicht darzustellen. Der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs erweist sich somit als verfehlt und unzulässig.
[5] 2. Die Betreibende erkennt auch, dass der Revisionsrekurs gegen bestätigende Entscheidungen des Rekursgerichts nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO grundsätzlich unzulässig ist.
[6] Sie vermeint aber, es sei wertungsmäßig der Verweigerung des Zugangs zu Gericht gleichgelagert, wenn sie den „unvertretbar und im Widerspruch zur Judikatur des Obersten Gerichtshofs begründeten“ Beschluss des Rekursgerichts nicht anfechten könne. Dabei übersieht sie, dass dieser absolute Rechtsmittelausschluss der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 528 Abs 1 ZPO vorgeht und deshalb jede Anfechtung des voll bestätigenden rekursgerichtlichen Beschlusses verhindert; in der Konstellation des nach § 528 Abs 2 ZPO „jedenfalls“ unzulässigen Rechtsmittels kommt auch ein „außerordentliches“ Rechtsmittel nicht in Betracht (RS0112314 [T5, T22]). Damit ist die volle Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses jedenfalls unanfechtbar, selbst wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO abhinge (RS0037059).
[7] Der weiteren Ansicht der Betreibenden, in der Rechtsmittelbeschränkung sei ein Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter zu erblicken, ist mit dem Hinweis zu entgegnen, dass weder Art 6 EMRK noch Art 47 Abs 2 GRC insofern ein Recht auf einen mehrstufigen Instanzenzug gewähren (RS0074613; RS0043962 [T12]).
[8] 3. Gemäß § 78 EO sind auch im Exekutionsverfahren die allgemeinen Bestimmungen der ZPO (unter anderem) über das Rechtsmittel des Rekurses anzuwenden. Die Revisionsrekursbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gilt daher auch im Exekutionsverfahren (RS0002511; RS0002321; RS0012387 [T15]) und macht den Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt wurde, soweit nicht einer der gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefälle gegeben ist. Von § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO macht die EO nur in den Fällen des § 402 Abs 1 letzter Satz (Entscheidung im Provisorialverfahren), § 411 Abs 4 EO (Erteilung oder Versagung der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels) und § 418 Abs 4 EO (Entscheidungen über den Antrag auf Versagung der Vollstreckung) eine Ausnahme. Wegen des generellen Verweises in § 88 Abs 2 EO auf das GBG gilt das nach der Rechtsprechung auch für die zwangsweise Pfandrechtsbegründung (RS0132903). Keiner der genannten Ausnahmefälle liegt hier vor, weshalb der Revisionsrekurs der Betreibenden gegen die Aufschiebung (RS0012387 [T9]) jedenfalls unzulässig ist.
[9] 4. Zwar verpflichtet § 523 ZPO das Erstgericht zur Zurückweisung absolut unzulässiger (Revisions-)Rekurse. Das gilt auch für Zulassungsanträge nach § 508 Abs 1 ZPO (iVm § 528 Abs 2a ZPO, § 78 EO), die mit einem absolut unzulässigen Rechtsmittel verbunden sind (vgl zur Revision: 4 Ob 109/09x; RS0123691). Die Befugnis zur Zurückweisung eines unzulässigen Rechtsmittels kann – wenn nicht schon das Erstgericht dies gemäß § 523 ZPO getan hat – devolvierend auch vom Rechtsmittelgericht wahrgenommen werden (RS0131273), daher auch vom Obersten Gerichtshof (vgl 10 Ob 3/03v; Lovrek in Fasching/Konecny³ § 502 ZPO Rz 191).
Textnummer
E130161European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0030OB00169.20D.1124.000Im RIS seit
30.12.2020Zuletzt aktualisiert am
30.12.2020