TE OGH 2020/12/9 13Os94/20b

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Veröffentlicht am 09.12.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Dezember 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Pöttinger in der Strafsache gegen Malik Z***** und andere Angeklagte wegen Vergehen des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148 erster Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen, AZ 24 Hv 7/19p des Landesgerichts Linz, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 10. Februar 2020 (ON 130) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Gföller und der Verteidigerin Mag. Haiderer zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 24 Hv 7/19p des Landesgerichts Linz verletzt das Urteil dieses Gerichts vom 10. Februar 2020 (ON 130) in seinen Schuldsprüchen § 57 Abs 2 und 3 letzter Fall StGB.

Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in sämtlichen Schuldsprüchen, demzufolge auch in den Strafaussprüchen sowie im auf die Schuldsprüche bezogenen Adhäsionserkenntnis und im Kostenausspruch aufgehoben und es wird in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Malik Z*****, Ruslan M***** und Vakha A***** werden gemäß § 259 Z 3 StPO von den Vorwürfen freigesprochen, es hätten in L***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte der Zü*****-AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Geltendmachung von aus „fingierte[n] Verkehrsunfälle[n]“ resultierenden Fahrzeugschäden, zur Anweisung von Reparaturersatzzahlungen, sohin zu Handlungen verleitet, die die genannte Versicherungsgesellschaft (in der Höhe der jeweiligen Ersatzleistung) am Vermögen schädigten, und zwar

Malik Z***** am 26. August 2014 zur Zahlung von 1.678,74 Euro,

Ruslan M***** am 22. Jänner 2014 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Vakha A***** zur Zahlung von 3.100 Euro sowie

Vakha A***** am 16. Oktober 2014 zur Zahlung von 2.100 Euro.

Die Privatbeteiligte Zü*****-AG wird nach § 366 Abs 1 StPO mit ihren privatrechtlichen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Text

Gründe:

Mit seit 27. Juli 2020 (vgl ON 150) rechtskräftigem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Linz vom 10. Februar 2020 (ON 130) wurden Malik Z*****, Ruslan M***** und Vakha A***** jeweils des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB schuldig erkannt. Unter einem wurden der Privatbeteiligten Zü*****-AG nach § 369 Abs 1 StPO hinsichtlich der genannten Angeklagten jeweils 100 Euro zuerkannt.

Danach haben sie in L***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte der Zü*****-AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Geltendmachung „fingierte[r] Verkehrsunfälle“, zur Anweisung von Reparaturer-
satzzahlungen, sohin zu Handlungen verleitet, die die genannte Versicherungsgesellschaft am Vermögen schädigten, und zwar

Malik Z***** am 26. August 2014 zur Zahlung von 1.678,74 Euro,

Ruslan M***** am 22. Jänner 2014 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Vakha A***** zur Zahlung von 3.100 Euro sowie

Vakha A***** am 16. Oktober 2014 zur Zahlung von 2.100 Euro.

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, verletzen die Schuldsprüche das Gesetz:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 57 Abs 3 letzter Fall StGB beträgt die Verjährungsfrist bei dem mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedrohten Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB ein Jahr. Sie beginnt an dem der Beendigung des mit Strafe bedrohten Verhaltens (§ 57 Abs 2 zweiter Satz StGB) oder – hier relevant – dem Eintritt des zum Tatbild gehörenden Erfolgs (§ 58 Abs 1 StGB; zu den Berechnungsvarianten des Fristendes eingehend Marek in WK2 StGB § 58 Rz 5) nachfolgenden Tag (RIS-Justiz RS0091931).

Ausgehend von den festgestellten Zeitpunkten der Tatbegehung (22. Jänner, 26. August und 16. Oktober 2014 [US 7 ff iVm US 2]) und jenen des Erfolgseintritts (Februar, September und Oktober 2014 [US 7 ff und 17 f iVm ON 67 S 23, 26 und 33]) war die Strafbarkeit der in Rede stehenden Taten daher zufolge Verjährung jeweils bereits im Jahr 2015 erloschen (§ 57 Abs 2 StGB).

Feststellungen betreffend eine Verlängerung der Verjährungsfrist iSd § 58 Abs 2 und 3 StGB sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Auch nach der Aktenlage sind solche in einem weiteren Rechtsgang nicht zu erwarten (vgl insb die keine Verurteilungen aufweisenden Strafregisterauskünfte [ON 48, 49 und 53] und die erste staatsanwaltschaftliche Anordnung von Ermittlungsmaßnahmen zur Aufklärung des Tatverdachts im Jahr 2016 [vgl ON 1 S 1 f; ON 8]).

Da sich der aufgezeigte Rechtsfehler zum Nachteil der Verurteilten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, das Urteil im angeführten Umfang aufzuheben, in der Sache selbst mit Freisprüchen vorzugehen und demzufolge die Privatbeteiligte mit ihren darauf bezogenen privatrechtlichen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen (§ 292 letzter Satz StPO; RIS-Justiz RS0118545).

Von den aufgehobenen Urteilsteilen rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen gelten gleichermaßen als beseitigt (RIS-Justiz RS0100444).

Textnummer

E130143

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0130OS00094.20B.1209.000

Im RIS seit

29.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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