TE OGH 2020/12/18 11Os125/20x

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Veröffentlicht am 18.12.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshof Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen A***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall  StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 6. August 2020, GZ 632 Hv 8/20k-60, weiters über eine Beschwerde des Angeklagten gegen einen Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

         Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

         Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

         Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last. 

Text

Gründe:

         Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte A***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1, Abs 2 (erster Fall) StGB (1./), des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (2./) und des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (3./) schuldig erkannt.

         Danach hat er – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz –

         1./ am 28. April 2020 in P***** S***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, indem er sie aus ihrem Auto zog, an der Schulter packte, ihr teilweise die Hose hinunter zog, sie würgte und zu Boden drückte sowie ein Messer drohend gegen sie gerichtet in der Hand hielt (US 6), wobei die Tat eine schwere Körperverletzung zur Folge hatte, nämlich im Zuge der versuchten Abwehr des Angriffs erlittene Schnittverletzungen mit einer Verletzung einer Sehne an der linken Hand, wodurch S***** sechs Wochen lang eine Schiene tragen musste und sich dreizehn Wochen lang im Krankenstand befand, somit eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit erlitt.

Rechtliche Beurteilung

         Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte – ausschließlich gegen die Annahme der Qualifikation des § 201 Abs 2 erster Fall StGB gerichtete – Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

         Mit der auf das Fehlen von Feststellungen zu einem aktiven körperlichen Angriff auf das Tatopfer unter Einsatz des Messers gestützten Argumentation legt die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (RIS-Justiz RS0116565), weshalb dem Angeklagten die schwere Körperverletzung, die das Tatopfer erlitt, als es dem Angeklagten das drohend in der Hand gehaltene Messer durch Ergreifen an der Klinge wegnahm (US 6), nicht zuzurechnen sei (vgl zu im Rahmen einer Abwehrhandlung bzw einer
– hier nicht indizierten – „Panikreaktion“ des Opfers entstandenen Verletzungen RIS-Justiz RS0111354 [T3] und RS0095321).

         Die auf die Herbeiführung der Erfolgsqualifikation bezogene objektive Sorgfaltswidrigkeit ist im konkreten Fall – in der Beschwerdeargumentation geflissentlich ausgespart – bereits durch den Versuch des Grunddelikts in Form der Anwendung von Gewalt (Zerren aus dem Auto) und der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben durch Vorhalt des Messers (US 6) mitverwirklicht (vgl Burgstaller/Schütz in WK² StGB § 7 Rz 21; RIS-Justiz RS0089151, RS0089253). In der Hauptverhandlung vorgekommene Beweisergebnisse, die Feststellungen zu einem Ausnahmesatz (etwa zu einem atypischen Kausalverlauf) indiziert hätten (RIS-Justiz RS0121423; Burgstaller/Schütz in WK² StGB § 7 Rz 23 ff), werden nicht genannt (RIS-Justiz RS0118580).

         Der Einwand, dem Urteilssachverhalt sei nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte die Zeugin mit dem Messer verletzen wollte, vernachlässigt, dass für die Verwirklichung der Erfolgsqualifikation des § 201 Abs 2 erster Fall StGB Fahrlässigkeit genügt (§ 7 Abs 2 StGB; Philipp in WK² StGB § 201 Rz 30), und lässt überdies die Konstatierungen außer Acht (RIS-Justiz RS0099810), wonach der Angeklagte (sogar) wusste, dass er der Zeugin durch den Einsatz des Messers als Drohmittel im Zuge des Gerangels und wegen der von ihm offensichtlich schon erwarteten Gegenwehr auch schwere Verletzungen, insbesondere auch Schnittverletzungen, zufügen könnte, womit er sich billigend abfand (US 7 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits nach nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der (implizierten) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

         Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E130140

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0110OS00125.20X.1218.000

Im RIS seit

29.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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