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L6500 Jagd, WildNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung einer Bestimmung der Abschussrichtlinien der Kärntner Jägerschaft betreffend einen über den Abschussplan hinausgehenden zusätzlichen Abschuss mangels gesetzlicher GrundlageSpruch
I. §6 der 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 29. November 2018, Zahl: LGS-ABSR/23911/35/2018, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Die Kärntner Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E317/2020 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Der Beschwerdeführer ist einer von vier Jagdausübungsberechtigten im Gemeindejagdgebiet Treffen-Buchholz. Mit Bescheid des Bezirksjägermeisters des Jagdbezirkes Villach vom 23. April 2019 wurde gemäß §57 Kärntner Jagdgesetz 2000 (K-JG) der Abschussplan der Planperiode 2019/2020 für das Gemeindejagdgebiet Treffen-Buchholz (207027) festgesetzt. Darüber hinaus wurde ein "Zusätzlicher Abschuss" für den Hegering Treffen (207019) über 45 Stück Rehwild, 140 Stück Rotwild und 90 Stück Gamswild sowie den Jagdbezirk Villach (207) über 400 Stück Rotwild und 30 Stück Muffelwild verfügt. Unter Punkt 3 des Bescheides findet sich hiezu folgende Auflage:
"Der Zusätzliche Abschuss kann – mit Ausnahme der Hirsche der Klasse I, II und III-mehrjährig – von jedem Jagdausübungsberechtigten im bezeichneten Gebiet (Hegering, Wildregion, Jagdbezirk) nach Erfüllung der jeweiligen Wildklasse im Abschussplan des eigenen Jagdgebietes, nach Rücksprache mit dem Hegeringleiter, für die erfüllte Wildklasse in Anspruch genommen werden.
Auf Hirsche der Klasse I, II und III-mehrjährig darf im Rahmen des genehmigten 'Zusätzlichen Abschusses' nur nach Rücksprache mit und nach Freigabe durch den Bezirksjägermeister zugegriffen werden. Die Freigabe durch den Bezirksjägermeister kann erfolgen, und zwar befristet,
a) wenn bereits Wildschäden vorliegen oder
b) zur Wildstandsreduktion und/oder
c) zur Durchführung einer revierübergreifenden Rotwild-Reduktionsjagd oder
d) im Fall überproportionaler Erlegung von Kahlwild oder
e) wenn im Abschussplan des eigenen Jagdgebietes des Jagdausübungsberechtigten der Abschuss von Rotwild-Tieren zur Gänze erfüllt ist und 4 Stück Kahlwild (Tiere, Kälber) aus dem Zusätzlichen Abschussplan erlegt worden sind."
1.2. Mit Schriftsatz vom 24. Mai 2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Kärnten und stellte den Antrag, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass kein zusätzlicher Abschuss erlassen werde. Begründend führte er aus, dass §6 der Abschussrichtlinien des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft über den "Zusätzlichen Abschuss" die gesetzliche Grundlage fehle.
1.3. Das Landesverwaltungsgericht Kärnten wies die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2019 als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig.
Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde in Anwendung der §§56 und 57 K-JG sowie des §6 der Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 29. November 2018, Zahl: LGS-ABSR/23911/35/2018, den zusätzlichen Abschuss bescheidmäßig verfügt und das formalrechtliche Prozedere eingehalten habe. Ein zusätzlicher Abschuss berechtige den Jagdausübungsberechtigten zum Erlegen von Wild über den Abschussplan hinaus, verpflichte ihn aber nicht zum Abschuss. Eine Antragstellung sehe die Verordnung nicht vor und ein solcher sei auch nicht gestellt worden. Im bekämpften Bescheid sei dem Beschwerdeführer lediglich die Möglichkeit eingeräumt worden, am freigegebenen zusätzlichen Abschuss teilzunehmen. Der Beschwerdeführer sei durch den bekämpften Bescheid – im Konkreten durch den zusätzlichen Abschuss – nicht in seinen Rechten verletzt worden. Eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen, wonach der zusätzliche Abschuss keine gesetzliche Grundlage habe, erübrige sich.
1.4. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Einschreiter eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Darin behauptet der Beschwerdeführer die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses.
Begründend führte der Beschwerdeführer dazu im Wesentlichen Folgendes aus:
1.4.1. Bei der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses sei vom Landesverwaltungsgericht Kärnten §6 der Abschussrichtlinien der Kärntner Jägerschaft, idF der Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 29. November 2018, Zahl: LGS-ABSR/23911/35/2018, angewendet worden. Dieser den zusätzlichen Abschuss regelnde §6 der Abschussrichtlinien finde keine Deckung in den §§56 und 57 K-JG. §56 K-JG enthalte nur die Grundlage zur Festlegung von Abschussrichtlinien für die Abschussplanung im Rahmen des §57 K-JG. Eine einzelfallbezogene Abschussfreigabe aus einem "Bezirkstopf" sei an keiner Stelle des K-JG vorgesehen. §6 der Abschussrichtlinien fehle somit die gesetzliche Grundlage.
1.4.2. Der Abschussplan für ein Jagdgebiet sei gemäß §57 Abs3 K-JG für die Dauer von zwei Jahren zu erlassen und enthalte den durchzuführenden Abschuss. Während der Geltungsdauer des Abschussplanes habe der Jagdausübungsberechtigte das Recht und die Pflicht den darin festgesetzten Abschuss durchzuführen. Eine tageweise Freigabe einzelner oder mehrerer Stücke einer Schalenwildart sei im K-JG nicht vorgesehen.
1.4.3. Der Beschwerdeführer sei durch die mit dem Bescheid des Bezirksjägermeisters vom 23. April 2019 erfolgte Freigabe von 140 Stück Rotwild als zusätzlichen Abschuss für den Hegering Treffen und durch die Freigabe von 50 Hirschen der Klasse I, 50 Hirschen der Klasse II, 300 Hirschen der Klasse III, somit insgesamt 400 Hirschen als zusätzlicher Abschuss für den Jagdbezirk Villach dadurch beschwert, dass nach den gesetzlichen Vorschriften die Abschussfreigabe für die gesamte Geltungsdauer des Abschussplanes hätte erfolgen müssen, ohne dass dafür eine weitere Rücksprache oder Sondergenehmigung für einzelne Tage erforderlich wäre.
1.4.4. Der Verfassungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 9. Oktober 2019, E1653/2019-16, bereits Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des §6 der Abschussrichtlinien der Kärntner Jägerschaft vom 7. Februar 2017 geäußert. Diese Bedenken träfen vollinhaltlich auch auf die nunmehr anzuwendende Neufassung des §6 der Abschussrichtlinien der Kärntner Jägerschaft vom 29. November 2018 zu.
1.4.5. Da der Bezirksjägermeister bei der Bescheiderlassung §6 der Abschussrichtlinien angewendet habe, sei die Bestimmung für den erlassenen Bescheid präjudiziell. Es sei daher auch im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten §6 der Abschussrichtlinien angewendet worden.
1.5. Das Landesverwaltungsgericht Kärnten legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor, sah von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch ab.
2. Bei der Behandlung der gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des §6 der 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 29. November 2018, Zahl: LGS-ABSR/23911/35/2018, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 5. März 2020 beschlossen, diese Verordnungsbestimmung von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.
3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"2. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist, dass das Landesverwaltungsgericht Kärnten bei der Erlassung der angefochtenen Entscheidung die in Prüfung gezogene Bestimmung zumindest denkmöglich angewendet hat und dass auch der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung bei seiner Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden hätte.
3. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die hiemit in Prüfung gezogene Bestimmung das Bedenken, dass dieser die gesetzliche Grundlage iSd Art18 Abs2 B-VG fehlt:
3.1. Gemäß Art18 Abs2 B-VG kann jede Verwaltungsbehörde auf Grund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen. 'Art18 Abs2 B-VG unterstreicht diese Gesetzesabhängigkeit (auch) der Verordnungen, indem er betont, daß diese nur 'auf Grund der Gesetze' erlassen werden können, was mit anderen Worten heißt, daß eine Verordnung nur präzisieren darf, was in den wesentlichen Konturen schon im Gesetz vorgezeichnet ist' (Ringhofer, Die Österreichische Bundesverfassung, 1979, 82; so auch VfSlg 14.630/1996, 15.354/1998, 16.893/2003, 18.784/2009).
3.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 2. März 2020, V93/2019, ausgesprochen, dass §6 der 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 10. Dezember 2014, Zahl: LGS-ABSR/16067/1/2014, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, idF der 2. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 7. Februar 2017, Zahl: LGS-ABSR/19320/43/2017, mit der die Abschussrichtlinien geändert werden, die gesetzliche Grundlage iSd Art18 B-VG fehlt, weil weder §56 K-JG noch eine andere Vorschrift des K-JG eine solche bieten.
3.3. Bei dem nunmehr in Prüfung gezogenen §6 der Abschussrichtlinien 2019 handelt es sich um die derzeit geltende Fassung, welche weitgehend ident zur Vorgängerregelung wiederum auf Verordnungsebene einen sogenannten 'Zusätzlichen Abschuss' vorsieht:
3.3.1. Gemäß Abs1 leg.cit. kann für einen Hegering, eine Wildregion oder einen Jagdbezirk ein 'Zusätzlicher Abschuss' erlassen werden. Nach Erfüllung der jeweiligen Wildklasse im Abschussplan des eigenen Jagdgebietes und nach Rücksprache mit dem Hegeringleiter kann gemäß Abs2 leg.cit. von jedem Jagdausübungsberechtigten im bezeichneten Gebiet (Hegering, Wildregion, Jagdbezirk) das folgende Wild des genehmigten 'Zusätzlichen Abschusses' erlegt werden: Rotwildtiere, Rotwildkälber und Hirsche der Klasse III-einjährig, Gamsgeißen der Klasse III, Gamskitze und Gamsböcke der Klasse III, Rehgeißen, Rehkitze und Rehböcke der Klasse B.
3.3.2. Hirsche der Klasse I, II und III-mehrjährig dürfen gemäß Abs3 leg.cit. im Rahmen des genehmigten 'Zusätzlichen Abschusses' nur nach Rücksprache mit und nach Freigabe durch den Bezirksjägermeister erlegt werden. Eine Freigabe durch den Bezirksjägermeister kann bei bereits vorliegenden Wildschäden, zur erforderlichen Wildstandsreduktion, zur Durchführung einer revierübergreifenden Rotwild-Reduktionsjagd, im Fall überproportionaler Erlegung von Kahlwild oder wenn im Abschussplan des eigenen Jagdgebietes des Jagdausübungsberechtigten der Abschuss von Rotwild-Tieren zur Gänze erfüllt ist und vier Stück Kahlwild (Tiere, Kälber) aus dem zusätzlichen Abschussplan erlegt worden sind, zeitlich befristet und allenfalls unter der Voraussetzung der vorherigen Erlegung weiterer Stücke Kahlwild erfolgen.
3.4. Nach vorläufiger Ansicht des Verfassungsgerichtshofes scheidet §56 K-JG, auf welchen sich die Abschussrichtlinien 2019 laut Promulgationsklausel ausdrücklich stützen, als Grundlage für die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung aus, weil der Kärntner Landesgesetzgeber in den §§55 ff. K-JG eine abschließende Regelung der Abschussplanung getroffen hat (s VfGH 2. März 2020, V93/2019):
3.4.1. Mit der Verordnungsermächtigung des §56 K-JG wird der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft lediglich ermächtigt, Richtlinien für die Erreichung der in Satz 2 leg.cit. genannten Ziele – wie etwa ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis oder einen richtigen Altersaufbau des Wildstandes – zu erlassen, die bei der konkreten Abschussplanung nach den Bestimmungen des §57 K-JG einzuhalten sind.
3.4.2. Der nach dem jeweiligen Abschussplan durchzuführende Abschuss, welcher mit Bescheid des Bezirksjägermeisters festgesetzt wird (s §57 Abs1 und 2 K-JG), kann nur gemäß §57 Abs12 K-JG (Abänderung des Abschussplans durch Bescheid der Landesregierung) bzw gemäß §72 K-JG (Abschussauftrag zum Schutz von Kulturen durch Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde) nachträglich erhöht werden (vgl die Materialien zu §57 Abs12 K-JG; RV 01-VD-LG-1743/7-2017 BlgLT [Ktn.] 31. GP, 4).
3.4.3. In §6 der Abschussrichtlinien 2019 scheint hingegen eine weitere Möglichkeit der Abschussfreigabe vorgesehen zu sein, die zur Abschussplanung nach §57 K-JG hinzutritt.
3.5. Vor diesem Hintergrund hegt der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass dem in Prüfung gezogenen §6 der Abschussrichtlinien 2019 wiederum aus den im Erkenntnis vom 2. März 2020, V93/2019, dargelegten Gründen die gesetzliche Grundlage iSd Art18 B-VG fehlen dürfte, weil weder §56 K-JG noch eine andere Vorschrift des K-JG eine solche bieten dürfte."
4. Der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft erstattete die folgende – auszugsweise wiedergegebene – Äußerung:
"[…]
§6 Abs3 der 1. Verordnung: Abschussrichtlinien ist mit Beschluss des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 14. Mai 2020 (zur Gänze, aber erst) mit Wirkung am 1. Jänner 2021 aufgehoben worden; die Kundmachung dieser Änderung erfolgt in der nächsten Ausgabe des Mitteilungsblattes 'Der Kärntner Jäger'. Grund für das spätere Inkrafttreten ist, dass sich die Sach- und Rechtslage für die Jagdausübungsberechtigten in der noch laufenden, zweijährigen Abschussplanperiode 2019/2020 nicht verändern soll, um dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung eines zahlenmäßig für die Land- und Forstwirtschaft abträglichen Wildstandes in der im Jagdjahr 2020 zu Ende gehenden 10-jährigen Jagdpachtperiode noch voll Rechnung tragen zu können.
Die 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 29. November 2018, Zahl: LGS-ABSR/23911/35/2018, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, ist im Übrigen, insbesondere §6 Abs1, 2 und 4, aufrechterhalten worden, und zwar aus folgenden Gründen:
Nach §56 K-JG hat der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft mit Verordnung Abschussrichtlinien sowie Grundsätze, die bei der Erfüllung des Abschussplanes einzuhalten sind, zu erlassen. Dabei ist auf den wildökologischen Raumplan sowie die Entwicklung und Erhaltung eines gesunden, der Größe und den natürlichen Äsungsverhältnissen des Jagdgebietes entsprechenden Wildstandes, ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis, einen richtigen Altersaufbau des Wildes, auf die Vermeidung eines zahlenmäßig für die Land- und Forstwirtschaft abträglichen Wildstandes und die Erfordernisse eines ausgeglichenen Naturhaushaltes Bedacht zu nehmen.
Mit Hilfe des 'Zusätzlichen Abschusses' iSd §6 Abs1, 2 und 4 der VO soll ganz im Sinn des §56 K-JG der Wildstand im Interesse der Land- und Forstwirtschaft reduziert und das zugunsten des weiblichen Wildes verschobene Geschlechterverhältnis korrigiert werden, weshalb diese Freigaben in den Kahlwild- und Jungwildstand erfolgen und damit auch der Altersklassenaufbau verbessert wird, und zwar dort, wo gerade Handlungsbedarf besteht, im Hegering, in der Wildregion oder im ganzen Jagdbezirk. Der allgemeine Abschussplan stellt auf den gewöhnlichen Wildstand eines Jagdgebietes ab, kann aber in der geltenden zweijährigen Abschussplanperiode unvorhersehbare und/oder unabwendbare Änderungen der Verhältnisse, wie zB einen (frühzeitigen) Wintereinbruch, eine (längere) Dürreperiode oder ein Sturmschadenereignis nicht berücksichtigen; unvorhersehbare und/oder unabwendbare Änderungen der Verhältnisse haben massive Wanderungen des Wildes von der Schatt- in die Sonnseite, von oder zu Kalamitätsflächen bzw von benachteiligten in bevorzugte Reviere zur Folge.
Der 'Zusätzliche Abschuss' iSd §6 Abs1, 2 und 4 der VO ist kein nachträglich bewilligter Abschussplan, sondern Teil des Abschussplanbescheides. Bei der Abschussplanbescheidung ist nach §57 K-JG auf den jeweiligen Bestand und den sich über die Grenze eines Jagdgebietes hinaus erstreckenden Lebensraum des der Abschussplanung unterliegenden Wildes Bedacht zu nehmen. Ferner ist die zahlenmäßige Festlegung des Abschusses gemäß §57 Abs4 litb K-JG jedenfalls auf die Herstellung eines dem Biotop angemessenen Wildstandes und auf die Vermeidung von waldgefährdenden Wildständen auszurichten. Gerade diesen gesetzlichen Aufträgen kommen der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft mit der Verordnung über die Abschussrichtlinien mit dem 'Zusätzlichen Abschuss' iSd §6 Abs1, 2 und 4 und in deren Befolgung die Bezirksjägermeister nach. Eine weitere Möglichkeit der Abschussfreigabe durch den Bezirksjägermeister sieht §6 der Abschussrichtlinien-Verordnung nach erfolgter Aufhebung des Abs3 nicht mehr vor.
Kein Jagdausübungsberechtigter ist von der, im Sinn des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 2020, V93/2019-5, korrigierten Verordnung unmittelbar betroffen.
Der Abschussplanbescheid des Bezirksjägermeisters des Jagdbezirkes Villach vom 23. April 2019 für die Planperiode 2019/2020 und das 'Gemeindejagdgebiet Treffen-Buchholz' (Revier-Nr 207027) samt 'Zusätzlichen Abschuss' für den Hegering und den Jagdbezirk ist somit nur hinsichtlich des Freigabevorbehaltes für den Bezirksjägermeister zu beanstanden und nach der korrigierten Verordnung nur in diesem Freigabevorbehalt nicht (mehr) rechtmäßig.
Im öffentlichen Interesse insbesondere der von existenzbedrohenden Sturmschäden geschwächten Land- und Forstwirtschaft in Kärnten wolle §6 Abs3 der in Prüfung gezogenen Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft erst mit Wirkung zum 31. Dezember 2020 als gesetzwidrig erkannt bzw aufgehoben werden.
[…]"
5. Die Kärntner Landesregierung verzichtete auf die Erstattung einer Äußerung. Auch der Beschwerdeführer, das Landesverwaltungsgericht Kärnten und der Bezirksjägermeister des Jagdbezirks Villach haben von der eingeräumten Möglichkeit, im Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung zu erstatten, keinen Gebrauch gemacht.
II. Rechtslage
1. Der zur Gänze in Prüfung gezogene §6 der 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 29. November 2018, Zahl: LGS-ABSR/23911/35/2018, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, lautet:
"§6 Zusätzlicher Abschuss
(1) Für einen Hegering, eine Wildregion oder einen Jagdbezirk kann unter Berücksichtigung der wildökologischen Raumplanung ein Zusätzlicher Abschuss erlassen werden.
(2) Nach Erfüllung der jeweiligen Wildklasse im Abschussplan des eigenen Jagdgebietes und nach Rücksprache mit dem Hegeringleiter kann von jedem Jagdausübungsberechtigten im bezeichneten Gebiet (Hegering, Wildregion, Jagdbezirk) nur folgendes Wild des genehmigten 'Zusätzlichen Abschusses' erlegt werden: Rotwildtiere, Rotwildkälber und Hirsche der Klasse III-einjährig, Gamsgeißen der Klasse III, Gamskitze und Gamsböcke der Klasse III, Rehgeißen, Rehkitze und Rehböcke der Klasse B.
(3) Hirsche der Klassen I, II und III-mehrjährig dürfen im Rahmen des genehmigten 'Zusätzlichen Abschusses' nur nach Rücksprache mit und nach Freigabe durch den Bezirksjägermeister erlegt werden. Die Freigabe durch den Bezirksjägermeister kann erfolgen, und zwar jeweils zeitlich befristet,
a) wenn bereits Wildschäden vorliegen oder
b) zur Wildstandsreduktion und/oder
c) zur Durchführung einer revierübergreifenden Rotwild-Reduktionsjagd oder
d) im Fall überproportionaler Erlegung von Kahlwild oder
e) wenn im Abschussplan des eigenen Jagdgebietes des Jagdausübungsberechtigten der Abschuss von Rotwild-Tieren zur Gänze erfüllt ist und 4 Stück Kahlwild (Tiere, Kälber) aus dem Zusätzlichen Abschussplan erlegt worden sind.
Der Bezirksjägermeister kann die Freigabe an die vorherige Erlegung weiterer Stücke Kahlwild binden.
(4) Die Abschussmeldung an den Hegeringleiter hat unverzüglich zu erfolgen. Dieser hat die Meldung an jenen Hegeringleiter weiterzuleiten, der durch den Bezirksjägermeister für diese Tätigkeit aus dem Kreis der beteiligten Hegeringe bestimmt wurde (Leiter der Wildregion). Die vollständige Ausschöpfung der zusätzlichen Freigabe des Zusätzlichen Abschusses hat der Leiter der Wildregion den betroffenen Hegeringleitern und dem Bezirksjägermeister unverzüglich mitzuteilen. Eine Abschussverpflichtung bezüglich des Zusätzlichen Abschusses besteht nicht. Die Abschussmeldung erfolgt im Jagdgebiet, in dem das Wildstück erlegt wurde." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Kärntner Jagdgesetzes 2000 – K-JG, LGBl 21/2000 (WV), idF LGBl 104/2019 lauten – auszugsweise – wie folgt:
"8. Abschnitt
Vorschriften für die Jagdbetriebsführung
§55
Abschußplanung
Das Erlegen und Fangen von Schalenwild – mit Ausnahme von Schwarzwild und Damwild – sowie von Auerhahnen und Birkhahnen unterliegt der Abschußplanung. Die Landesregierung kann, wenn dies unter Berücksichtigung der für die Erlassung der Abschußrichtlinien maßgebenden Grundsätze erforderlich ist, durch Verordnung festlegen, daß auch andere Wildarten der Abschußplanung unterliegen.
[…]
§56
Abschußrichtlinien
Der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft hat mit Verordnung Richtlinien für die Abschußplanung (Abschußrichtlinien) sowie Grundsätze, die bei der Erfüllung des Abschußplanes einzuhalten sind, zu erlassen. Bei der Erlassung der Verordnung ist auf den wildökologischen Raumplan sowie die Entwicklung und Erhaltung eines gesunden, der Größe und den natürlichen Äsungsverhältnissen des Jagdgebietes entsprechenden Wildstandes, ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis, einen richtigen Altersaufbau des Wildstandes, auf die Vermeidung eines zahlenmäßig für die Land- und Forstwirtschaft abträglichen Wildstandes und die Erfordernisse eines ausgeglichenen Naturhaushaltes Bedacht zu nehmen. Vor der Erlassung der Abschussrichtlinien sind der Landesjagdbeirat und die Landwirtschaftskammer zu hören.
§57
Abschußplan
(1) Der Jagdausübungsberechtigte hat bis spätestens 1. März des Jagdjahres, mit dem die Geltungsdauer des Abschussplanes beginnt, den beantragten vollständigen Abschussplan (Abs4) dem Hegeringleiter bekannt zu geben. Der Hegeringleiter hat den beantragten Abschussplan mit seiner Stellungnahme bis spätestens 15. März dem Bezirksjägermeister zu übermitteln.
(2) Der Bezirksjägermeister hat auf der Grundlage des Abschussrahmens im wildökologischen Raumplan (§55a Abs3) und auf Grund der Abschussrichtlinien für jedes Jagdgebiet, das im Bereich seiner Bezirksgruppe liegt, nach Anhörung des Bezirksjagdbeirates und, wenn das Jagdgebiet zu einer Hegegemeinschaft gemäß §62 gehört, des von dieser Hegegemeinschaft namhaft gemachten Vertreters bis spätestens 1. Mai den Abschussplan mit Bescheid festzusetzen. Dabei ist auf den jeweiligen Bestand und den sich über die Grenze eines Jagdgebietes hinaus erstreckenden Lebensraum des der Abschussplanung unterliegenden Wildes Bedacht zu nehmen. Ferner ist die zahlenmäßige Festlegung des Abschusses gemäß Abs4 litb jedenfalls auf die Herstellung eines dem Biotop angemessenen Wildstandes und auf die Vermeidung von waldgefährdenden Wildständen auszurichten. Für aneinandergrenzende Jagdgebiete desselben Jagdausübungsberechtigten ist nur ein Abschussplan zu erlassen. Wurde kein Antrag nach Abs1 gestellt, ist der Abschussplan von Amtswegen festzusetzen. Abschusspläne sind gemäß §§22, 23 und 24 des Zustellgesetzes, BGBl Nr 100/1982, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 65/2002, zuzustellen. Eine Nachsendung hat nicht zu erfolgen.
(3) Ein Abschussplan ist für die Dauer von zwei Jahren zu erlassen (Geltungsdauer des Abschussplanes).
(4) Der Abschussplan hat jedenfalls zu enthalten:
a) die Gesamtfläche des Jagdgebietes (der aneinandergrenzenden Jagdgebiete) desselben Jagdausübungsberechtigten;
b) den während der Geltungsdauer des Abschussplanes durchzuführenden Abschuss;
c) eine Aufgliederung des zu erlegenden Schalenwildes in männliche und weibliche Stücke, ausgenommen die im Lauf der Geltungsdauer des Abschussplanes gesetzten Kälber, Kitze und Lämmer (Nachwuchsstücke);
d) eine Unterteilung der zu erlegenden trophäentragenden Wildstücke, mit Ausnahme der Muffelschafe, in Altersklassen.
(5) Bei verpachteten Eigenjagden hat der Jagdausübungsberechtigte dem Antrag (Abs4) eine Stellungnahme des Verpächters anzuschließen oder mitzuteilen, dass der Verpächter auf die Abgabe der Stellungnahme verzichtet hat. Bei einer verpachteten Gemeindejagd hat der Hegeringleiter bis längstens 15. März dem Jagdverwaltungsbeirat
1. den beantragten Abschussplan,
2. eine Darstellung der festgesetzten Abschusszahlen des bisher geltenden Abschussplans und
3. eine Darstellung der Abschuss-, Fang- und Auffindungszahlen der der Abschussplanung unterliegenden Wildarten für die dem Jahr der Erlassung des Abschussplans vorausgehenden zwei Jagdjahre
zu übermitteln. Hiezu hat der Jagdverwaltungsbeirat unter Beiziehung des oder der Jagdausübungsberechtigten zu einer Sitzung zusammenzutreten. Dem Jagdverwaltungsbeirat obliegt sodann die Abgabe einer Stellungnahme gegenüber dem Bezirksjägermeister, die bei diesem bis spätestens 1. April einzulangen hat; langt bis zu diesem Zeitpunkt keine Stellungnahme ein, gilt dies als Zustimmung des Jagdverwaltungsbeirates. Der Bezirksjägermeister hat die eingelangte Stellungnahme des Jagdverwaltungsbeirates dem Bezirksjagdbeirat zur Kenntnis zu bringen.
(6) Der Bezirksjägermeister darf von der Erlassung eines Abschussplanes für einzelne Jagdgebiete – ist für aneinandergrenzende Jagdgebiete nur ein Abschussplan zu erlassen, nur dann, wenn alle Jagdgebietsflächen denselben Grundeigentümer haben – absehen, wenn
a) der Antrag des Jagdausübungsberechtigten (Abs1) vollständig ist und
b) gegen die im Antrag enthaltenen Angaben keine Einwendungen des Bezirksjagdbeirates oder des Verpächters einer Eigenjagd vorliegen und
c) keine Verfügungen nach Abs8 getroffen werden.
(7) Trägt der Zustellnachweis, mit dem der festgesetzte Abschussplan (Abs2) zugestellt werden soll, nicht ein Aufgabedatum bis einschließlich 28. April, so gilt nach dem 1. Mai der vom Jagdausübungsberechtigten beantragte Abschuss als durchzuführender Abschuss (Abs4 litb). Der Bezirksjägermeister hat ab dem 28. April durch Anschlag in der Geschäftsstelle des Landesjägermeisters und in seiner Geschäftsstelle unter Angabe des Jagdausübungsberechtigten des Jagdgebietes kundzumachen, hinsichtlich welcher festgesetzten Abschusspläne die Zustellung gemäß §§22 oder 24 des Zustellgesetzes bis einschließlich 28. April eingeleitet worden ist.
(8) Bei Schalenwild kann der Bezirksjägermeister einzelne oder alle Stücke einer Schalenwildart in mehr als einem Abschussplan unter der Auflage zum Abschuss freigeben, dass alle Abschusspläne hinsichtlich dieser Stücke erfüllt sind, sobald diese in einem dieser Jagdgebiete gefangen oder erlegt werden. Im Abschussplan sind die Namen und die Anschriften der Jagdausübungsberechtigten anzuführen, die im Falle der Erlegung oder des Fangens eines dieser Stücke jeweils unverzüglich zu verständigen sind.
(9) Wurde gegen den Bescheid des Bezirksjägermeisters Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht erhoben, hat der Jagdausübungsberechtigte bis zur rechtskräftigen Entscheidung hierüber das Recht und die Pflicht, Wild im Rahmen des angefochtenen Bescheides zu erlegen oder zu fangen.
(9a) Hat sich während der Geltungsdauer des Abschussplanes ein Jagdgebiet in seiner Größe nicht nur unwesentlich verändert, so hat der Bezirksjägermeister von Amts wegen für die verbleibende Dauer der Abschussplanperiode (Abs3) den Abschussplan für ein betroffenes geändertes Jagdgebiet unter sinngemäßer Anwendung von Abs2 und 4 neu festzusetzen.
(10) Der Jagdausübungsberechtigte ist verpflichtet, den Inhalt des Abschussplanes seinen Jagdschutzorganen zur Kenntnis zu bringen.
(11) Der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft hat durch Verordnung Vordrucke für den Abschussplan unter Bedachtnahme auf dessen Inhalt festzulegen.
(12) Ist der durchzuführende Abschuss ungenügend, um eine Gefährdung des Waldes durch Wild (§71 Abs3) zu vermeiden, hat die Landesregierung in Abänderung des Abschussplans, im Fall des Abs6 in Ergänzung des Antrags des Jagdausübungsberechtigten, von Amts wegen oder auf Antrag des Leiters des Forstaufsichtsdienstes beim Amt der Landesregierung den durchzuführenden Abschuss im erforderlichen Ausmaß mit Bescheid festsetzen. Abs2, mit Ausnahme des vorvorletzten Satzes, sowie Abs9 und 10 sind sinngemäß anzuwenden.
§57a
Rechtswirkungen von Abschussplänen und Freizonen
(1) Das der Abschussplanung unterliegende Wild darf – soweit Abs2 oder 3 nicht anderes bestimmen – nur im Rahmen eines Abschussplanes erlegt oder gefangen werden.
(2) Stellt der Bezirksjägermeister fest, dass im Zuge der Abschussplanerfüllung im ersten Jahr deutlich in unverhältnismäßiger Zahl bestimmte Stücke einer Wildart (ältere Stücke, Trophäenträger etc.) erlegt oder gefangen wurden, hat er im Interesse einer möglichst gleichmäßigen Erfüllung des Abschussplanes dem Jagdausübungsberechtigten mit Bescheid aufzutragen, weitere solche Stücke erst zu erlegen oder zu fangen, nachdem eine bestimmte Anzahl anderer Tiere der betreffenden Wildart erlegt oder gefangen wurden. Beschwerden an das Landesverwaltungsgericht, die gegen solche Bescheide erhoben werden, haben keine aufschiebende Wirkung.
(3) In Freizonen (§55a Abs4) ist jedes Stück Rotwild unter Beachtung der festgelegten Schonzeiten zu erlegen oder zu fangen.
[…]
§72
Abschußauftrag zum Schutz von Kulturen
(1) Wenn sich in einem Jagdgebiet die Verminderung von Schalenwild im Interesse der Land- und Forstwirtschaft als notwendig herausstellt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde von Amts wegen oder auf Antrag des Jagdausübungsberechtigten, der Landwirtschaftskammer, des Leiters des Forstaufsichtsdienstes beim Amt der Landesregierung, der Kärntner Jägerschaft oder der Gemeinde eine ziffernmäßig zu begrenzende und zu befristende Verminderung des Schalenwildes dem Jagdausübungsberechtigten aufzutragen. Eine solche Verminderung darf auch während der Schonzeit durchgeführt werden.
(1a) Bezieht sich ein Auftrag nach Abs1 auf Schwarzwild in Gebieten, in denen Rotwild vorkommt, darf die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Jagdausübungsberechtigten auch Ausnahmen vom Verbot des §61c Abs2 im erforderlichen örtlichen und zeitlichen Rahmen bewilligen. In diesem Auftrag ist unter Bedachtnahme auf den wildökologischen Raumplan auch festzulegen, welches Futter für die Kirrung zu verwenden und wie es vorzulegen ist.
(2) Kommt der Jagdausübungsberechtigte einem Abschußauftrag nach Abs1 nicht nach, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde vorerst den Jagdausübungsberechtigten der benachbarten Jagdgebiete die Möglichkeit zu geben, den von einem Abschußauftrag nach Abs1 erfaßten Abschuß während einer angemessenen Frist – jedoch nicht in der Schonzeit – jeweils in ihrem Jagdgebiet zu erfüllen. Der Abschußauftrag ist erfüllt, sobald das Wild in diesen benachbarten Jagdgebieten erlegt wurde. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat den Jagdausübungsberechtigten den Namen der Jagdausübungsberechtigten mitzuteilen, die im Fall der Erlegung eines vom Abschußauftrag erfaßten Wildes unverzüglich zu verständigen sind. Der Jagdausübungsberechtigte, der einen derartigen Abschuß durchführt, hat davon überdies unverzüglich die Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen.
(3) In den Fällen des Abs1 und 2 kann die Bezirksverwaltungsbehörde verlangen, dass das Wild in der Decke dem Hegeringleiter vorgelegt wird. Besteht die Vermutung, dass die Bestimmungen der Abs1 und 2 nicht eingehalten wurden, hat der Hegeringleiter die Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen.
(4) Haben Maßnahmen nach Abs2 nicht zu einer Erfüllung des Abschußauftrages geführt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Durchführung des Abschusses auf Kosten des verpflichteten Jagdausübungsberechtigten nach Abs1 zu veranlassen. Das erlegte Wild samt Trophäe ist dem Jagdausübungsberechtigten zu überlassen."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Verordnungsprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes sind begründet:
2.1. Der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft bringt in seiner Äußerung im Wesentlichen vor, dass eine Aufhebung des §6 Abs3 der 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 29. November 2018, Zahl: LGS-ABSR/23911/35/2018, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, (im Folgenden: Abschussrichtlinien 2019) ausreichen würde, um einen gesetzeskonformen Zustand herzustellen.
Der "Zusätzliche Abschuss" iSd §6 Abs1, 2 und 4 der Abschussrichtlinien 2019 entspreche dem Sinn des §56 K-JG und sei kein nachträglich bewilligter Abschussplan, sondern Teil des Abschussplanbescheides. Nach §57 K-JG sei auf den jeweiligen Bestand und den sich über die Grenze eines Jagdgebietes hinaus erstreckenden Lebensraum des der Abschussplanung unterliegenden Wildes Bedacht zu nehmen. Ferner sei die zahlenmäßige Festlegung des Abschusses gemäß §57 Abs4 litb K-JG jedenfalls auf die Herstellung eines dem Biotop angemessenen Wildstandes und auf die Vermeidung von waldgefährdenden Wildständen auszurichten. Gerade diesen gesetzlichen Aufträgen komme der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft mit der Möglichkeit des "Zusätzlichen Abschusses" iSd §6 Abs1, 2 und 4 der Abschussrichtlinien 2019 nach. Eine weitere Möglichkeit der Abschussfreigabe durch den Bezirksjägermeister sehe §6 der Abschussrichtlinien 2019 nach erfolgter Aufhebung des Abs3 leg.cit. nicht mehr vor.
2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 2. März 2020, V93/2019, festgehalten, dass der Kärntner Landesgesetzgeber in den §§55 ff. K-JG eine abschließende Regelung der Abschussplanung getroffen hat.
Mit der Verordnungsermächtigung des §56 K-JG wird der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft lediglich ermächtigt, Richtlinien für die Erreichung der in Satz 2 leg.cit. genannten Ziele – wie etwa ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis oder einen richtigen Altersaufbau des Wildstandes – zu erlassen, die bei der konkreten Abschussplanung nach den Bestimmungen des §57 K-JG einzuhalten sind.
2.3. §6 der Abschussrichtlinien 2019 sieht mit dem sogenannten "Zusätzlichen Abschuss" auf Verordnungsebene eine weitere Möglichkeit der Abschussfreigabe vor, die zur Abschussplanung nach §57 K-JG hinzutritt.
Dies betrifft entgegen dem Vorbringen des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft nicht nur §6 Abs3 der Abschussrichtlinien 2019 und die darin vorgesehene gesonderte Freigabe durch den Bezirksjägermeister von Hirschen der Klasse I, II und III-mehrjährig, sondern die gesamte Regelung des §6 der Abschussrichtlinien 2019. Unabhängig von einer gesonderten Freigabe durch den Bezirksjägermeister sieht auch §6 Abs2 der Abschussrichtlinien 2019 in Bezug auf Rotwildtiere, Rotwildkälber und Hirsche der Klasse III-einjährig, Gamsgeißen der Klasse III, Gamskitze und Gamsböcke der Klasse III, Rehgeißen, Rehkitze und Rehböcke der Klasse B eine weitere Möglichkeit der Abschussfreigabe vor, die in der abschließenden Regelung der Abschussplanung nach den §§55 ff. K-JG nicht vorgesehen ist (vgl VfGH 2.3.2020, V93/2019, mwN).
Soweit der Landesvorstand der Kärntner Jägerschaft vorbringt, dass mit der Möglichkeit des "Zusätzlichen Abschusses" gemäß §6 der Abschussrichtlinien 2019 auf unvorhersehbare Änderungen der Verhältnisse reagiert werden soll, ist auf die im K-JG dafür vorgesehenen Instrumente gemäß §57 Abs12 K-JG (Abänderung des Abschussplans durch die Landesregierung) sowie §72 K-JG (Abschussauftrag zum Schutz von Kulturen durch die Bezirksverwaltungsbehörde) zu verweisen (vgl die Materialien zu §57 Abs12 K-JG; RV 01-VD-LG-1743/7-2017 BlgLT [Ktn.] 31. GP, 4).
2.4. Gemäß Art18 Abs2 B-VG kann jede Verwaltungsbehörde auf Grund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen. "Art18 Abs2 B-VG unterstreicht diese Gesetzesabhängigkeit (auch) der Verordnungen, indem er betont, daß diese nur 'auf Grund der Gesetze' erlassen werden können, was mit anderen Worten heißt, daß eine Verordnung nur präzisieren darf, was in den wesentlichen Konturen schon im Gesetz vorgezeichnet ist" (Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung, 1979, 82; so auch VfSlg 14.630/1996, 15.354/1998, 16.893/2003, 18.784/2009).
Dem in Prüfung gezogenen §6 der Abschussrichtlinien 2019 fehlt die gesetzliche Grundlage im Sinne des Art18 Abs2 B-VG, weil weder §56 K-JG noch eine andere Vorschrift des K-JG eine solche bieten.
IV. Ergebnis
1. §6 der 1. Verordnung des Landesvorstandes der Kärntner Jägerschaft vom 29. November 2018, Zahl: LGS-ABSR/23911/35/2018, mit der die Abschussrichtlinien erlassen werden, ist wegen Verstoßes gegen Art18 Abs2 B-VG als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Von der Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Verordnungsbestimmung konnte der Verfassungsgerichtshof absehen, weil eine gesetzeskonforme Vollziehung der einschlägigen Bestimmungen des K-JG über die Abschussplanung auch ohne der Geltung einer Regelung im Sinne des §6 der Abschussrichtlinien 2019 möglich ist.
3. Die Verpflichtung der Kärntner Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung basiert auf Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §59 Abs2 VfGG iVm §2 Abs1 Z8 Kärntner Kundmachungsgesetz.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Jagdrecht, Verordnung, AbschussplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:V342.2020Zuletzt aktualisiert am
13.01.2021