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L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag VorarlbergNorm
BauG Vlbg 2001 §28 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, in der Revisionssache des DI (FH) R K in A, vertreten durch die Summer Schertler Kaufmann Droop Lerch Rechtsanwälte GmbH in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 14. Juli 2020, LVwG-318-23/2020-R17, betreffend Versagung einer Baubewilligung und Auftrag zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Altach; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Gemäß einer mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 2002 erteilten Baubewilligung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses in A betrug die Baunutzungszahl 69,9. Dies entsprach der damals geltenden Verordnung der Gemeinde Altach über das Maß der baulichen Nutzung, die eine Baunutzungszahl von maximal 70 vorsah.
2 Am genannten bestehenden Mehrfamilienhaus führte der Revisionswerber ohne baurechtliche Genehmigung Umbauarbeiten durch. Für diese Umbauarbeiten und für eine weitere geplante Maßnahme begehrte er die Erteilung der baurechtlichen Genehmigung.
3 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. Februar 2020 wurde - soweit hier relevant - dem Revisionswerber gemäß § 28 Abs. 3 Baugesetz (BauG) die Baubewilligung für den Umbau und die Erweiterung der bestehenden Wohnung Top 7 auf der in Rede stehenden Liegenschaft hinsichtlich näher genannter Punkte (nordwestseitige Wohnraumerweiterung, Verlegung des Wohnungseinganges in das erste Obergeschoss, ostseitige Wohnraumerweiterung) versagt.
4 Ferner wurde mit dem genannten Bescheid gemäß § 40 Abs. 1 lit. b BauG die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes, somit der Abbruch des ohne Baubewilligung vom Dachgeschoss in das Treppenhaus des ersten Obergeschosses verlegten Wohnungseinganges (Abbruch Glastüre, Abbruch des geschlossenen Treppenauges) sowie der ohne Baubewilligung durchgeführten Wohnraumerweiterung nach Westen beim nordwestlich gelegenen Schlafzimmer (Abbruch der nicht bewilligten Außenwände und Verglasungen) verfügt.
5 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg (LVwG) keine Folge gegeben. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
6 Das LVwG führte begründend unter anderem aus, gemäß § 4 Abs. 1 Baubemessungsverordnung gebe die Baunutzungszahl das Verhältnis der zulässigen Gesamtgeschossfläche zur Nettogrundfläche nach der Formel „100 x Gesamtgeschossfläche / Nettogrundfläche“ an. Nach Ausführung der geplanten bzw. ohne Bewilligung durchgeführten Bauvorhaben ergebe sich - aufgrund der Gesamtgeschossfläche von 644,66 m2 und bei einer Nettogrundfläche von 895,00 m2 - eine Baunutzungszahl von 72,03. Die zulässige Baunutzungszahl werde in Punkt 2.1. des geltenden Bebauungsplanes der Gemeinde Altach vom 28. März 2017 (Verordnung gemäß Beschluss der Gemeindevertretung Altach vom 28. März 2017 über die Erlassung eines Bebauungsplanes gemäß § 28 RPG) mit 50 festgelegt. Das Bauvorhaben sei schon deshalb nicht zulässig, weil auch bei Anwendung der Bestimmungen über die Boni für Tiefgarage und Keller (Punkt 2.2. lit. a bzw. lit. b des Bebauungsplanes) nach Punkt 2.2. lit c des Bebauungsplanes die maximale Baunutzungszahl von 70 nicht überschritten werden dürfe.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt dann, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa VwGH 7.9.2017, Ra 2017/06/0146, mwN).
12 Zu ihrer Zulässigkeit wird in der Revision vorgebracht, es fehle Judikatur zur Frage, ob für Baumaßnahmen betreffend Bestandsbauten die Baunutzungszahl des zuletzt erlassenen Bebauungsplanes oder - zugunsten des Bauwerbers - die der ursprünglichen Baubewilligung zugrunde liegende Baunutzungszahl heranzuziehen sei. Die vom LVwG vertretene Rechtsauffassung führe dazu, dass bei Bestandsbauten, die eine ursprünglich genehmigte höhere Baunutzungszahl aufwiesen als in einem späteren Bebauungsplan als grundsätzlich zulässig erachtet werde, keine Bewilligungen für Um-, An- bzw. Zubauten erteilt werden könnten.
13 Dieses Vorbringen zeigt bereits deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil die sich durch das gegenständliche Änderungsbauvorhaben ergebende, unstrittige Baunutzungszahl von 72,03 auch die mit dem Baubewilligungsbescheid vom 30. Dezember 2002 festgelegte Baunutzungszahl von 69,9 übersteigt. Die Regelung über die Baunutzungszahl im Bebauungsplan vom 28. März 2017 unterscheidet nicht zwischen Umbauten von bestehenden Gebäuden und Neubauten.
14 Sollte das zitierte Vorbringen des Revisionswerbers hingegen so zu verstehen sein, dass die Boni gemäß Punkt 2.2. lit. a (Tiefgarage) und lit. b (Keller) des geltenden Bebauungsplanes vom 28. März 2017 (die Zuschläge zur zulässigen Baunutzungszahl) auf der Basis der mit Bescheid vom 30. Dezember 2002 bewilligten Baunutzungszahl von 69,9 gewährt werden müssten (wodurch sich die zulässige Baunutzungszahl gegebenenfalls auf mehr als 70 erhöhen würde), ist dazu anzumerken, dass es zum einen für eine solche Rechtsansicht im Bebauungsplan keine Grundlage gibt und zum anderen nach Punkt 2.2. lit. c dieses Bebauungsplanes die Anwendung der Bestimmungen unter 2.1. in Verbindung mit 2.2. lit. a) und/oder 2.2. lit. b) nicht dazu führen darf, dass die maximale Baunutzungszahl 70 überschreiten würde.
15 Schließlich wird in der Zulässigkeitsbegründung darauf verwiesen, dass der Bebauungsplan der Gemeinde Altach vom 14. März 2006 eine Bestandsregelung enthalten habe, wonach bei bebauten Grundstücken, deren Baunutzungszahl die im Bebauungsplan festgesetzte Baunutzungszahl überschreite, die für dieses Grundstück bereits bestehende Baunutzungszahl - bei Umbauten - auch weiterhin gelte. Dieser Bebauungsplan sei „grundsätzlich nicht außer Kraft gesetzt“ worden.
16 Auch dieses Vorbringen stellt somit auf die bewilligte Baunutzungszahl von 69,9 ab. Es genügt daher, auf das bereits Ausgeführte zu verweisen, überschreitet doch (wie bereits dargelegt) die sich durch das Änderungsbauvorhaben ergebende Baunutzungszahl von 72,03 sowohl die mit Bescheid vom 30. Dezember 2002 festgelegte Baunutzungszahl von 69,9 als auch die maximale Baunutzungszahl von 70 gemäß Punkt 2.2. lit. c des Bebauungsplanes vom 28. März 2017. Durch diese Bestimmung ist die Zulässigkeit der Überschreitung der Baunutzungszahl von 70 auch unter Heranziehung der genannten Stellplatzboni jedenfalls ausgeschlossen.
17 Die Revision war daher zurückzuweisen.
18 Der Verwaltungsgerichtshof sieht auch keine Veranlassung, der Anregung des Revisionswerbers zu folgen, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der Verordnung vom 28. März 2017 bzw. des Punktes 2. dieser Verordnung über die Erlassung eines Bebauungsplanes zu beantragen.
Wien, am 26. November 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020060186.L00Im RIS seit
26.01.2021Zuletzt aktualisiert am
26.01.2021