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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des SO, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 7. Mai 1996, Zl. E 13/02/96.037/5, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der belangte Behörde vom 7. Mai 1996 wurde gemäß § 52 Abs. 2 und 4 Fremdengesetz (FrG) in Verbindung mit § 67c Abs. 4 AVG die an diese gerichtete Schubhaftbeschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Aus der Beschwerde sowie aus dem angefochtenen Bescheid geht hervor, daß der Beschwerdeführer - ein türkischer Staatsangehöriger - am 16. Februar 1996 unter Umgehung der Grenzkontrolle "über die grüne Grenze" von Ungarn nach Österreich eingereist und anschließend aufgegriffen und festgenommen worden sei. Er habe einen "echten" türkischen Personalausweis, ausgestellt auf den Namen "FO", mit sich geführt. Diesen Namen habe er auch im gesamten erstinstanzlichen Verfahren vor der Fremdenbehörde bei den Einvernahmen angegeben und auch mehrfach mit diesem Namen unterschrieben. Auf diesen Namen habe daher auch der Adressat des Schubhaftbescheides der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See vom 17. Februar 1996 gelautet. Auch im erstinstanzlichen Asylverfahren habe der Beschwerdeführer diesen Namen vor der Asylbehörde verwendet. Die türkische Botschaft in Wien habe auf diesen Namen ein Heimreisezertifikat ausgestellt, mit dem der Beschwerdeführer am 26. März 1996 in die Türkei abgeschoben worden sei.
Erst in der Berufungsschrift vom 11. März 1996 gegen den abweisenden erstinstanzlichen Asylbescheid hätten die Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vorgebracht, der Beschwerdeführer habe sich bisher als "FO" ausgegeben, er sei jedoch "SO", näheres Datum unbekannt. FO sei sein Bruder, der von "türkischen Behörden" am 26. Februar 1996 getötet worden sei. Der Beschwerdeführer habe gemeint, seine Identität verschleiern zu müssen, weil er einen "echten Personalausweis" unter falscher Identität vorgelegt habe. Er habe befürchtet, daß er im Falle der Angabe "richtiger Daten" betreffend seine Identität unglaubwürdig sei.
Der Beschwerdeführer habe Beschwerde nach § 51 FrG, eingelangt bei der belangten Behörde am 25. März 1996, wegen behaupteter Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung der Schubhaft an die belangte Behörde erhoben.
In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wird unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides u.a. ausgeführt, daß es nicht darauf ankomme, wer eine Falschbezeichnung des Bescheidaktes veranlaßt bzw. verschuldet habe. Es sei nach dem AVG eine unumgängliche Voraussetzung, daß der Bescheid an jene Person zugestellt werde, die als Bescheidadressat in diesem Bescheid genannt sei, weil der Bescheid ansonsten keine Rechtswirksamkeit entfalte. Die Zustellung des Schubhaftbescheides an den Beschwerdeführer sei daher unwirksam gewesen. Insbesondere habe die Fremdenbehörde erster Instanz als Bescheidadressaten nicht den Beschwerdeführer, sondern dessen Bruder "indiviualisiert"; dem Bruder sei aber der Schubhaftbescheid nicht zugestellt worden. Da der Schubhaftbescheid "rechtswirkungslos" gewesen sei, sei auch die Verhängung der Schubhaft und Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig gewesen.
Dem ist entgegenzuhalten, daß der angefochtene Bescheid aufgrund der vom Beschwerdeführer selbst zu verantwortenden falschen Angaben betreffend seine Person im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides - noch dazu unter Vorlage eines die Richtigkeit dieser Angaben vortäuschenden amtlichen Personaldokumentes - nur auf die (behauptete) falsche Identität des Beschwerdeführers lauten konnte. Es war jedoch unzweifelhaft, daß sich das behördliche Handeln ausschließlich auf den Beschwerdeführer selbst, der zu diesem Zeitpunkt bereits festgenommen war, bezogen hat. Der Schubhaftbescheid erster Instanz war daher gegenüber dem unter falscher Identität aufgetretenen Beschwerdeführer rechtswirksam und die Schubhaft durch diesen Bescheid gedeckt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. März 1996, Zl. 95/02/0274 m.w.N.). Es kommt nämlich in Ansehung eines Schubhaftbescheides nicht entscheidend auf den Namen (oder auch die Nationalität) des Betroffenen, sondern darauf an, ob jene Person als Objekt des behördlichen Aktes feststeht, würde doch eine andere Betrachtungsweise zu dem geradezu sinnwidrigen Ergebnis führen, daß die Schubhaft gegenüber einem Fremden, dem es gelingt, seine wahre Identität zu verschleiern, rechtswidrig wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1996, Zl. 95/02/0487).
Ferner rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde bezweifle auch, daß er tatsächlich "SO" sei. Die belangte Behörde habe aber diesbezüglich kein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Insbesondere wäre sie verpflichtet gewesen zu überprüfen, ob der Bruder des Beschwerdeführers FO tatsächlich in der Türkei getötet worden sei. Es hätte sich bei Einvernahme seiner Ehegattin, seines Schwiegervaters und bei Erhebungen in der Türkei ergeben, daß der Beschwerdeführer SO und nicht FO sei.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 29. März 1996, Zl. 95/02/0487, ausgeführt hat, würde es die Pflicht der Behörde aus dem Blickwinkel des üblichen Verwaltungsablaufes überspannen, müßte jede geänderte Angabe zur Person eines Schubhäftlings insbesondere betreffend seine Identität, noch dazu, wenn diese Aussage (zunächst) in einem anderen Verwaltungsverfahren vor einer anderen Behörde (hier: Bundesminister für Inneres) von einer mit angeblich nicht zutreffend ihre Identität nachweisendem Personaldokument aufgegriffenen Person erfolgte, zu einer sofortigen umfassenden Prüfung und Reaktion durch die Schubhaftbehörde führen. Die selben Grundsätze haben auch für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu gelten. Insbesondere zeigt der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen daher auch nicht die Wesentlichkeit eines gerügten Verfahrensmangels auf. Die belangte Behörde hat im übrigen den angefochtenen Bescheid an den Beschwerdeführer auch unter dem weiteren, nunmehr behaupteten Namen mit dem Hinweis "alias OS", gerichtet, sodaß - unabhängig davon, daß dies im Hinblick auf die obige hg. Rechtsprechung gar nicht erforderlich war - eine unzweifelhafte Bezugnahme des angefochtenen Bescheides auf den Beschwerdeführer als Adressat - unbeschadet der von der belangten Behörde aufgrund der im angefochtenen Bescheid näher dargelegten Zweifel an der tatsächlichen Identität unter diesem Namen - erfolgt ist und es auf die vom Beschwerdeführer gerügten unterlassenen Ermittlungen zur Identität des Beschwerdeführers daher nicht mehr ankam.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche ErfordernisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996020276.X00Im RIS seit
07.06.2001