TE OGH 2020/12/15 1Ob49/20t

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Veröffentlicht am 15.12.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin S*****, vertreten durch die Mag. iur. Oliver Lorber Rechtsanwalts GmbH, Klagenfurt, gegen den Antragsgegner K*****, vertreten durch Dr. Peter Krassnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 12. August 2019, GZ 4 R 357/18v-166, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Völkermarkt vom 22. Oktober 2018, GZ 1 Fam 13/17d-125, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12. November 2018, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit 1.612,50 EUR bestimmten Kosten (darin 268,75 EUR USt) des Fortsetzungsantrags binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Über das Vermögen des Mannes war, nachdem er gegen die Entscheidung des Rekursgerichts über die nacheheliche Aufteilung das Rechtsmittel des außerordentlichen Revisionsrekurses erhoben hatte, mit Beschluss des Bezirksgerichts Bleiburg vom 25. Oktober 2019, AZ S 6/19y, das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, ihm (als Schuldner) die Eigenverwaltung entzogen und ein Masseverwalter bestellt worden. Wegen der deswegen – nach Vorlage des Akts – eingetretenen Unterbrechung des Revisionsrekursverfahrens hatte der Oberste Gerichtshof den Akt vorerst dem Erstgericht zurückgestellt (1 Ob 185/19s). Die Antragstellerin stellte einen (verbesserungsbedürftigen) Fortsetzungsantrag.

Mittlerweile wurde (nach Aufhebung des Insolvenzeröffnungsbeschlusses durch das Rekursgericht im Insolvenzverfahren) der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mannes vom Konkursgericht erster Instanz abgewiesen und dem vom Antragsgegner erhobenen Rekurs gegen diese Entscheidung nicht Folge gegeben. Der bestätigende Beschluss des Rekursgerichts wurde am 4. 12. 2020 in der Ediktsdatei bekannt gemacht.

Damit sind die Insolvenzwirkungen entfallen.

Für die Fortsetzung ist im hier zu beurteilenden Fall kein Aufnahmeantrag einer der Parteien zu verlangen (s etwa 4 Ob 28/74 = EvBl 1974/267 = RIS-Justiz RS0063972; Schubert in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen § 7 Rz 45, 59; Bartsch/Pollak³ I 361 f; zuletzt Jelinek in Koller/Lovrek/Spitzer, IO § 7 Rz 34; offenlassend 8 Ob 41/13g; aA aus Gründen der Rechtssicherheit Fink in Fasching/Konecny3 § 159 ZPO Rz 78 mwH; Riel, Die Befugnisse des Masseverwalters im Zivilverfahrensrecht 139). Der Antragsgegner hat seinen außerordentlichen Revisionsrekurs bereits vor der (mittlerweile wieder weggefallenen) Insolvenzeröffnung eingebracht. Fragen einer möglichen Verletzung des rechtlichen Gehörs können sich damit nicht stellen. Der mit verfahrensleitendem Beschluss des erkennenden Senats vom 27. 11. 2020 erteilte Verbesserungsauftrag zu dem von der Frau während der aufrechten Wirkungen der Insolvenzeröffnung gestellten Fortsetzungsantrag ist damit hinfällig und es kann sofort auf das Rechtsmittel des Mannes eingegangen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsgegner gegen den Aufteilungsbeschluss des Rekursgerichts erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig, weil darin keine im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage angesprochen wird.

1. Die im Zusammenhang mit der Erledigung der Beweisrüge durch das Rekursgericht behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Wie vom Rekursgericht dargelegt, vom Revisionsrekurswerber aber zu Unrecht in Abrede gestellt, entsprachen seine Darlegungen im Rekurs an einigen Stellen nicht den Anforderungen an eine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge. Sie waren teilweise mit der Behauptung einer fehlenden „gehörigen Ermittlung“ durch das Erstgericht – also dem Vorwurf einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz – vermengt. Nicht immer wurden angestrebte Ersatzfeststellungen genannt. Entgegen seiner Behauptung, er habe „zu jedem Punkt ausführlich begründet“, „warum die von [ihm] erwähnten Argumente glaubwürdiger und nachvollziehbarer seien“, kann – wie dies an etlichen Stellen der Fall war – die schlichte Forderung, dass die begehrte Ersatzfeststellung „aus [seiner] Aussage [oder der eines Zeugen] zu treffen gewesen“ wäre, höchstens ein Beleg für das Vorhandensein eines Beweismittels, aber keine Argumentation zu dessen höherer Überzeugungskraft im Vergleich zu anderen (entgegenstehenden) Beweismitteln sein. Noch weniger kann die Behauptung, eine Feststellung wäre „aus“ von ihm „vorgelegten“ – aber nicht näher bezeichneten – „Urkunden zu treffen gewesen“, genügen.

Dass sich das Rekursgericht mit der Beweiswürdigung des Erstgerichts „nicht zufriedenstellend“ (so sein Vorwurf im Revisionsrekurs) auseinandergesetzt habe, mag – aus seiner Sicht und bezogen auf die Erfolglosigkeit seiner Beweisrüge – zutreffen. Es kommt aber nicht auf die Länge der Ausführungen des Rechtsmittelgerichts an, sondern darauf, ob es sich – soweit die Tatsachenrüge überhaupt gesetzmäßig ausgeführt ist – mit deren Argumentation, wenn auch mit knappen, aber doch logisch nachvollziehbaren Erwägungen befasst hat. Ein Eingehen auf jedes einzelne Argument ist nicht erforderlich (s nur Lovrek in Fasching/Konecny³ § 503 ZPO Rz 79 mit Judikaturnachweisen). Wenn der Mann über weite Strecken im Rekurs vor allem seine eigene Glaubwürdigkeit ins Treffen führte und seine Argumentationsketten dazu immer wieder auch auf nicht festgestellte Umstände stützte (wie etwa die bloße Behauptung, er habe „viele Lebensmittel selbst eingekauft“ und auch „viel von seinen Eltern bekommen“), vermag er eine unterbliebene (oder gänzlich unzureichende) Behandlung der Beweisrüge durch das Rekursgericht, das auf das „lebensnahe Hinterleuchten“ durch den Erstrichter und dessen beispielhaftes Herausstreichen bestimmter (auch vom Rekursgericht erwähnter) für den Wahrheitsgehalt sprechender Beweisergebnisse hinwies, vor allem aber darauf, dass sich der Erstrichter nach ausführlichen Einvernahmen der Parteien und Zeugen einen persönlichen Eindruck hatte verschaffen können, nicht aufzuzeigen.

2. Das Schwergewicht des Revisionsrekurses liegt im Tatsachenbereich. Die Beweiswürdigung kann aber vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden. Auch im Außerstreitverfahren ist der Oberste Gerichtshof nämlich nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz (RS0006737; RS0007236). In das Gebiet der Beweiswürdigung fallen nach ständiger Rechtsprechung auch die Fragen, ob das eingeholte Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigt, dieses erschöpfend ist, noch weitere Fragen an den Sachverständigen zu richten gewesen wären, ein weiteres Sachverständigengutachten zu dem selben Thema eingeholt werden oder Kontrollbeweise aufgenommen werden sollen (RS0043320, RS0043163).

3. Soweit der Mann von „falsch gelösten Beweisfragen“ ausgeht und sich in unzulässiger Weise an mehreren Stellen des Rechtsmittels vom festgestellten Sachverhalt entfernt, ist (auch) der Revisionsrekurs nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043603 [T2]).

Herausgegriffen sei etwa, dass vorehelich nur ein (vereinbarungsgemäß) „gemeinsam angesparte[s]“ Vermögen bestand, das von den vormaligen Lebensgefährten daher auch gemeinsam in die Ehe eingebracht worden war. Auf einen bestimmten von ihm allein – und daher ihm vorweg allein zuzuweisenden oder zuzurechnenden – angesparten Geldbetrag kann der Mann damit nicht verweisen. Ob die gemeinsamen vorehelichen Ersparnisse, die in einer während der Ehe erworbenen und bebauten Liegenschaft fortwirken, mit ihrem anteiligen Wert rechnerisch jedem vorweg zur Hälfte zuzuweisen gewesen wären oder nach dem angewendeten Aufteilungsschlüssel 1:1 (dazu später) aufgeteilt werden, bleibt ohne Auswirkung auf die Entscheidung.

4. Seine Argumentation rund um „sein Unternehmen“ bzw dessen Erträgnisse scheitert aus mehreren Gründen. So wie bei den vorehelichen Ersparnissen geht er zu den ehelichen Ersparnissen (es sei „wohl nicht zu bezweifeln, dass die von [ihm] angesparten Gelder aus den Erträgen des von [ihm] geführten Unternehmens stammen“) nicht von den getroffenen Feststellungen aus, wonach es sich beim Sparvermögen um „gemeinsames Vermögen der Parteien“ handelte und „die Geldbeträge aus den gemeinsamen Ersparnissen der Parteien“ stammten. Ungeachtet dessen hat das Erstgericht – wenn auch disloziert in dem der rechtlichen Beurteilung zugeordneten Teil seiner Ausführungen – überdies festgestellt, dass die Stilllegung seines Einzelunternehmens im Jahr 2013 erfolgte. Damit wäre in Ansehung der Scheidung im Jahr 2016 die Einbeziehung jener Vermögenswerte ohnehin unbedenklich, fehlten doch Behauptungen des Antragsgegners zu einer Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft vor der Stilllegung des Unternehmens (vgl RS0115569). Er behauptet auch nicht, dass ein bloß vorübergehender Stillstand vorläge und er die ernsthafte Absicht hätte, das Unternehmen wieder zu betreiben. Unerfindlich bleibt schließlich, warum er von „eingebrachtem unternehmerischen Vermögen“ ausgeht. Die Ehe war im Jahr 1988 geschlossen worden; der Mann, der zuvor als Dienstnehmer beschäftigt gewesen war, gründete sein Einzelunternehmen erst im Jahr 2002.

5. Bei dem vom Mann „vorweg“ an die Frau bezahlten Betrag von 15.000 EUR kam es durch die Entscheidungen der Vorinstanzen keineswegs dazu, dass „das von [ihm] bereits bezahlte Geld noch[mals] aufgeteilt“ worden wäre. Dieser Betrag ist vielmehr – in beiden Instanzen – ohnehin von dem der Frau zustehenden Anteil an der Aufteilungsmasse (als ihr bereits zugekommen) zur Gänze abgezogen worden; in der Berechnung des Rekursgerichts ist er im Gesamtbetrag von (gerundet) 26.794 EUR enthalten.

6. Auch zum herangezogenen Aufteilungsschlüssel 1:1 kann der Mann – auf Basis des tatsächlich festgestellten Sachverhalts – keine Bedenken wecken. Die (schuldlos geschiedene) Frau gebar während der Ehe zwei weitere Kinder, betreute die drei gemeinsamen Kinder, führte den ehelichen Haushalt, dessen Kosten sie überdies überwiegend alleine trug, und war (trotzdem) zwischen Karenzzeiten und ab dem Jahr 2002 teilzeitbeschäftigt. Angesichts der von ihr allein bewältigten gemeinschaftlichen Aufgaben und ihrer beruflichen Tätigkeit liegt – trotz der unentgeltlichen Arbeitsleistungen der Verwandten des Mannes (aber auch des Vaters der Frau) und ihrem geringeren Verdienst – darin, dass insgesamt von gleichwertigen Beiträgen ausgegangen wurde, keine Überschreitung des dem Rekursgericht eingeräumten Beurteilungsspielraums (vgl RS0057969).

7. Bei seiner Kritik zu einem angeblichen (auch im Einzelfall aufzugreifenden) Fehler bei der Ermittlung des „Guthabensstand(s) der Sparbücher“ (weil die Verwendung der abgehobenen Beträge hätte ermittelt werden müssen) ignoriert er die dazu getroffene (Negativ-)Feststellung. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass diese Gelder für Investitionen in die Liegenschaften, Kosten des täglichen Lebens der Parteien oder Rechnungen für Umbau- oder Sanierungsarbeiten verwendet worden oder damit Rückzahlungen der Kreditverbindlichkeiten der Parteien oder Kinder vorgenommen worden wären. Für eine von ihm angenommene „doppelte Benachteiligung“ bei der Übertragung von ihm gehörenden Viertelanteilen einer bestimmten Liegenschaft fehlt wiederum, wie auch zu seinem Vorwurf, es seien seine „zahlreichen, gegenüber anderen Firmen eingegangenen Verpflichtungen“ – zu denen er aber gar nicht angibt, um welche wem gegenüber eingegangene Verpflichtung(en) in welcher Höhe es sich jeweils (oder auch nur insgesamt) handeln sollte – nicht berücksichtigt worden, eine Sachverhaltsgrundlage. Warum darin, dass nicht „sämtliche Schulden, für die [er] hafte, berücksichtigt“ worden seien, eine (gravierende) Fehlbeurteilung liegen sollte, ist angesichts der vom Rekursgericht zugrundegelegten Tatsache, dass der (ohnehin berücksichtigte) Betrag von 42.240 EUR die „aus den ehelichen Vermögensverhältnissen einzig offene Geldverbindlichkeit“ war, nicht nachvollziehbar; das Erstgericht hatte zum Bestehen weiterer Schulden eine Negativfeststellung getroffen.

8. Eine erhebliche Rechtsfrage kann zuletzt auch nicht in der unterbliebenen Berücksichtigung einer Ersparnis der Frau im Hinblick auf Kosten für die „Neuschaffung eines Wohnraums“, Übersiedlungskosten und des „Benützungsvorteil[s]“ der Frau (der die Liegenschaftsanteile überdies zugewiesen wurden), liegen, zumal sich der Mann nicht ansatzweise mit der (unter Verweis auf höchstgerichtliche Judikatur erteilten Erläuterung des Rekursgerichts zu den Konsequenzen seiner Wegweisung auseinandersetzt und auch nicht darlegt, wozu die gewünschte Berücksichtigung führen könnte.

9. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

10. Der während der aufrechten Wirkungen der Insolvenzeröffnung gestellte Fortsetzungsantrag der Antragstellerin war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Im Revisionsrekursverfahren unterlag der Mann zur Gänze und hat daher die auf Basis des (richtigen) Revisionsrekursinteresses (dies betrifft nur mehr den angestrebten Entfall der Übertragung einer bestimmten Liegenschaft und seines Viertelanteils an einer anderen Liegenschaft, sowie eines Teils eines Sparguthabens an die Frau) bemessenen Kosten zu ersetzen.

Textnummer

E130112

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00049.20T.1215.000

Im RIS seit

23.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.12.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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