TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/31 I421 2233299-1

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Veröffentlicht am 31.07.2020
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Entscheidungsdatum

31.07.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
StGB §127
StGB §164
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I421 2233299-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin Steinlechner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (früher XXXX), geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch: RA Mag. Dr. Ralf Heinrich-Höfler gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion XXXX (BAW) vom 19.06.2020, Zl. 507669800-200365375, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt IV. als unzulässig zurückgewiesen und hinsichtlich Spruchpunkt V. als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 21.04.2020 um 10:45 wurde der Beschwerdeführer von Polizisten der Landespolizeidirektion XXXX einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen.

2. Am 28.05.2020 wurde der Beschwerdeführer unter Anwesenheit eines Dolmetschers für die Serbo-Kroatische Sprache von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen.

3. Mit Bescheid vom 19.06.2020, Zl. 507669800-200365375, erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 14.07.2020 (bei der belangten Behörde eingelangt am 17.07.2020).

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass nach Ansicht des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes nicht vorliegen würden. Die belangte Behörde stelle ausschließlich auf den unrechtmäßigen Aufenthalt ab, eine Gefährdung durch das Verhalten des Beschwerdeführers sei allerdings nicht gegeben. Der Beschwerdeführer sei freiwillig zur niederschriftlichen Vernehmung gekommen und zwischenzeitlich freiwillig ausgereist. Eine Ermahnung hätte ausgereicht.

5. Mit Schriftsatz vom 21.07.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 23.07.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

6. Der Beschwerdeführer reiste freiwillig am 05.06.2020 aus dem Bundesgebiet aus.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig und Staatsangehöriger von Serbien. Er ist gesund und arbeitsfähig. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist im Jahr 2007 nach Österreich zu seiner in XXXX lebenden Mutter gekommen und wohnte bei ihr. Am 13.11.2009 wurde der Beschwerdeführer von Polizisten des Landespolizeikommandos XXXX wegen §§ 127, 129, 130 StGB festgenommen und als Beschuldigter einvernommen, da er aus zwei LKWs Dieselkraftstoff abzapfte.

Mit Straferkenntnis vom 21.12.2009 wurde von der Bundespolizeidirektion XXXX gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von EUR 2000,--, im Nichteinbringungsfall 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 120 Abs 1 Z 2 FPG wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundegebiet verhängt.

Mit Urteil vom 18.12.2009 des Landesgerichtes XXXX zu XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 164 Abs 2 und 4 1 Satz 2 Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Monaten verurteilt. Er wurde für schuldig befunden, im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter die Tankdeckel zweier LKWs abgeschraubt und den Dieseltank der Fahrzeuge über Schläuche in Kanister abgezapft zu haben. Darüber hinaus hat er gewerbsmäßig Hehlerei betrieben, indem er gestohlenen Treibstoff durch Ankauf an sich brachte.

Bei der Strafzumessung wurde die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und sein reumütiges Geständnis mildernd berücksichtigt. Erschwerend wurde kein Umstand gewertet.

Die mit Urteil vom 18.12.2009 verhängte Strafe ist mittlerweile getilgt und scheint im Strafregister nicht mehr auf. Im Strafregister scheint mit Stand 24.07.2020 auch sonst keine Verurteilung des Beschwerdeführers auf.

Zuletzt hielt sich der Beschwerdeführer im Zeitraum von 02.07.2019 bis zu seiner Ausreise am 05.06.2020 im Bundesgebiet auf. Er wohnte in diesem Zeitraum bei seiner Mutter und meldetet diese Unterkunftnahme nicht der Meldebehörde.

Am 21.04.2020 wurde der Beschwerdeführer von Polizisten der Landespolizeidirektion XXXX einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen. Dabei saß der Beschwerdeführer mit einem Arbeitsgewand in einem Firmenauto der XXXX GmbH und wies sich mit einem österreichischen Führerschein aus. Am 29.04.2020 wurde er wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet angezeigt.

Der Beschwerdeführer gab in Bezug auf diese Fahrt mit dem Firmenauto an, dass ihm der kleine Lkw von Herrn XXXX gegeben worden sei, damit er für seine Mutter und sich einen Eiskasten in den 10ten Bezirk bringen könne. Er habe eine schwarze Hose angehabt, aber die sei schmutzig gewesen.

Dem Beschwerdeführer war bewusst, dass er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Er verfügte mit Stand 28.05.2020 über Barmittel in der Höhe von EUR 150,--, ansonsten hatte er weder Vermögen noch Erspartes. Er lebte von Zuwendungen, die er von seiner Mutter und seinem Bruder erhielt.

Die Mutter und der Bruder des Beschwerdeführers leben in Österreich. Der Beschwerdeführer führt keine Beziehung und verfügt im Bundesgebiet nicht über maßgebliche private Kontakte.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz.

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Familie, seinen persönlichen und finanziellen Verhältnissen sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde in der niederschriftlichen Einvernahme (Protokoll vom 28.05.2020 AS 237 ff).

Da der Beschwerdeführer einen Reisepass vorlegen konnte (AS 146, 203 ff), steht seine Identität fest.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2007 nach Österreich zu seiner Mutter kam und bei ihr wohnte, ergibt sich aus seinen Angaben in der Beschuldigtenvernehmung am 13.11.2009 (AS 5) und aus der ZMR Abfrage vom 16.10.2012 (AS 149).

Dass er am 13.11.2009 festgenommen wurde und als Beschuldigter einvernommen wurde, weil er Dieselkraftstoff aus zwei LKWs abzapfte, ergibt sich aus dem Anlassbericht des Landespolizeikommandos XXXX vom 13.11.2009 an die Staatsanwaltschaft XXXX , der Beschuldigtenvernehmung (AS 3) und der Meldung vom 14.11.2009 (AS 1).

Die Feststellung, dass mit Straferkenntnis vom 21.12.2009 von der Bundespolizeidirektion XXXX gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von EUR 2000,--, im Nichteinbringungsfall 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 120 Abs 1 Z 2 FPG wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundegebiet verhängt wurde, ergibt sich aus dem Straferkenntnis vom 21.12.2009 der Bundespolizeidirektion XXXX (AS 49).

Die Feststellungen über die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Urteil vom 18.12.2009 des Landesgerichtes XXXX zu XXXX (AS 95).

Die Feststellung, dass die mit Urteil vom 18.12.2009 verhängte Strafe getilgt ist und ansonsten im Strafregister keine Verurteilungen aufscheinen, ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 24.07.2020.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer sich zuletzt im Zeitraum von 02.07.2019 bis zu seiner Ausreise am 05.06.2020 im Bundesgebiet aufhielt, gründet sich auf den mit 02.07.2019 datierten Einreisestempel in seinem Reisepass (AS 206) und auf die Ausreisebestätigung vom 09.06.2020, wonach der Beschwerdeführer am 05.06.2020 ausgereist ist (AS 278). Die Feststellung, dass er bei seiner Mutter in diesem Zeitraum wohnte und diese Unterkunftnahme nicht der Meldebehörde meldete, war zu treffen, da er in der niederschriftlichen Einvernahme am 28.05.2020 angab, derzeit bei seiner Mutter zu wohnen und über einen Schlüssel für die Wohnung seiner Mutter zu verfügen (AS 238). Daher lässt sich mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Unterkunftnahme von über 3 Tagen bei seiner Mutter ableiten und aus der Abfrage aus dem zentralen Melderegister vom 24.07.2020 geht hervor, dass diese Unterkunftnahme nicht bei der Meldebehörde gemeldet worden ist.

Die Feststellungen über die Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 21.04.2020 und erfolgte Anzeige am 29.04.2020 ergeben sich aus der Anzeige der Landespolizeidirektion XXXX vom 29.04.2020 (AS 200 ff).

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf diese Fahrt mit dem Firmenauto angab, dass ihm der kleine Lkw von Herrn XXXX gegeben worden sei, damit er für seine Mutter und sich einen Eiskasten in den 10ten Bezirk bringen könne und er eine schwarze Hose angehabt habe, die schmutzig gewesen sei, beruht auf den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme (AS 239).

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer sich seines unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet bewusst war, mit Stand 28.05.2020 Barmittel in der Höhe von EUR 150,-- verfügte und ansonsten weder Vermögen noch Erspartes hatte und von Zuwendungen, die er von seiner Mutter sowie seinem Bruder erhielt, lebte, ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme am 28.05.2020 (AS 238, 239).

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Beziehung führt und nicht über maßgebliche private Kontakte verfügt, war zu treffen, da der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme am 28.05.2020 nicht angab, im Bundesgebiet Freunde zu haben oder eine Beziehung zu führen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht aufweist, war aufgrund der fehlenden Integration des Beschwerdeführers zu treffen.


3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Im gegenständlichen Fall wurde ausschließlich und ausdrücklich gegen Spruchpunkt IV. und gegen das im angefochtenen Bescheid in Spruchpunkt V. erlassene Einreiseverbot Beschwerde erhoben. Daher erwuchsen die Spruchpunkte I. bis III. in Rechtskraft.

3.4. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides)

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung weder notwendig noch zulässig und war daher zurückzuweisen.

Da sich die Beschwerde nicht gegen die Rückkehrentscheidung richtet, kommt auch die amtswegige Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht in Betracht.

3.5.    Verhängung eines Einreiseverbots (Spruchpunkt V.)

3.5.1.  Rechtslage:

Gemäß § 53 Abs 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs 3 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn 
         1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;  
         2.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist; 
         3.       ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist; 
         4.       ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist; 
         5.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist; 
         6.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB); 
         7.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder 
         8.       ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder 
         9.       der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

Bei der Bemessung eines Einreiseverbotes nach § 53 FrPolG 2005 ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen hat, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchem zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 anzunehmen. Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet (vgl. etwa VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349, VwGH 24.5.2018, Ra 2017/19/0311, Rn. 12 und 19, mwN).

Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12). Beim VwGH sind in seiner bisherigen Rechtsprechung Bedenken gegen die Verfassungskonformität dieser Bestimmung nicht hervorgekommen (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309).

Gemäß § 31 Abs 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Nach Artikel 21 Abs 1 des SDÜ können sich Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels sind, aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a), c) und e) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen.

Artikel 5 Abs 1 des SDÜ:

Für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten kann einem Drittausländer die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien gestattet werden, wenn er die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt:

a) Er muss im Besitz eines oder mehrerer gültiger Grenzübertrittspapiere sein, die von dem Exekutivausschuss bestimmt werden.

b) Er muss, soweit erforderlich, im Besitz eines gültigen Sichtvermerks sein.

c) Er muss gegebenenfalls die Dokumente vorzeigen, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben.

d) Er darf nicht zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen einer der Vertragsparteien darstellen.

3.5.2.  Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Obwohl die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers vom 18.12.2009, welche wegen der Tilgung nicht mehr im Strafregister aufscheint, und der erstmalige unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Jahr 2009 lange zurückliegt, zeigte der Beschwerdeführer bereits damals seinen Unwillen, sich nicht an die österreichische Rechtsordnung halten zu wollen.

Nunmehr hielt sich der Beschwerdeführer vorsätzlich über ein halbes Jahr lang unrechtmäßig in Österreich auf, wobei die Missachtung der Aufenthaltsbestimmungen einen schwerwiegenden Missbrauch darstellen.

Der Beschwerdeführer konnte auch keine ausreichenden eigenen Mittel zur Finanzierung seines Aufenthalts vorweisen und daraus resultiert die Gefahr, dass er seinen Lebensunterhalt im Gebiet der Mitgliedstaaten durch "Schwarzarbeit", an deren Verhinderung ein großes öffentliches Interesse besteht, finanziert, was den Schluss zulässt, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Der Beschwerdeführer ist auf die finanziellen Zuwendungen seiner Verwandten angewiesen, verfügt jedoch selber über keine Mittel, um selbständig für seinen Unterhalt sorgen oder um seinen Aufenthalt in Österreich finanzieren zu können.

Da sich die aus dem Umstand der Mittellosigkeit indizierte Gefährdung der öffentlichen Interessen im Falle des Beschwerdeführers bereits konkret manifestiert hat, weil der Beschwerdeführer einen Firmenwagen lenkte und eine Arbeitskleidung trug, kann dem Bundesamt im vorliegenden Fall nicht entgegengetreten werden, wenn es die Verhängung eines Einreiseverbotes im Lichte der öffentlichen Interessen an der Verhinderung von eventueller Schwarzarbeit sowie der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als erforderlich erachtet. Es besteht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit und dessen Ausübung stellt eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar.

Außerdem verstieß der Beschwerdeführer aufgrund der Nichtanmeldung seiner Unterkunftnahme gegen das Meldegesetz (siehe § 2 MeldeG). Diesbezüglich ist anzumerken, dass es der öffentlichen Ordnung zuwiderläuft, wenn jemand seinen Aufenthalt verschleiert oder sich nicht darüber informiert, welche wesentlichen gesetzliche Bestimmungen in einem fremden Land zu beachten sind.

Das Einreiseverbot greift zwar in das Familienleben des Beschwerdeführers ein, da seine Mutter und sein Bruder im Bundegebiet aufhältig sind, jedoch nahm der Beschwerdeführer insbesondere durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet ein Aufenthaltsverbot billigend in Kauf. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen, der Verhinderung von unrechtmäßigen Aufenthaltsnahmen und der Verhinderung von Schwarzarbeit im Bundesgebiet kommt eine erhebliche Bedeutung zu und die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich haben kein solches Gewicht, dass sie die öffentlichen Interessen überwiegen. Schlussendlich kann seine Familie ihn in Serbien besuchen, um einen persönlichen Kontakt aufrechtzuerhalten, weshalb der Eingriff in sein Familienleben für die nächsten zwei Jahre nicht derart gravierend ist.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände sowie in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen als gegeben angenommen werden.

Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich macht.

In Hinblick auf die dargelegten Erwägungen ist unter Betrachtung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers zum Entscheidungszeitpunkt auch die von der belangten Behörde festgesetzte Dauer des Einreiseverbotes von zwei Jahren nicht zu beanstanden.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids abzuweisen.

4.       Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen richtet sich lediglich gegen das Einreiseverbot und wirft keine neuen Fragen auf. Es lagen auch keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für den Beschwerdeführer kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Zudem liegt ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vor, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet innert 7 Tagen zu entscheiden, es sei denn es lägen Gründe vor, die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 5 BFA-VG zuzuerkennen. Dies war im gegenständlichen Fall – wie oben dargelegt – aber nicht gegeben.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreise- oder Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284 und 10.07.2019, Ra 2019/19/0186).

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Diebstahl Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gesamtbetrachtung Gesamtbeurteilung Gesamtverhalten AntragstellerIn illegale Beschäftigung illegaler Aufenthalt Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Tilgung Unzulässigkeit der Beschwerde Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2233299.1.00

Im RIS seit

23.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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