Entscheidungsdatum
28.08.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W280 1310430-4/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX .1985, StA. Kosovo, vertreten durch RA Dr. Christoph ROGLER, Stelzhamerstraße 9, 4400 Steyr, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .08.2020, Zl. XXXX zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF, iVm § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG idgF, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) brachte am XXXX .07.2005 beim Bundesasylamt seinen 1. Antrag auf Zuerkennung von internationalem Schutz ein, der in weiterer Folge mit Bescheid vom XXXX .02.2007 abgewiesen wurde, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Kososvo für zulässig erklärt und der BF ausgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 05.08.2010, Zl. B6 310.430-1/2008/17E abgewiesen und erwuchs der Bescheid mit XXXX .08.2010 in Rechtskraft.
Nach drei rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Diebstahl (2008), wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung (2010) und wegen schweren gewerbsmäßigem Diebstahl und Sachentzug sowie nach dem Suchtmittelgesetz (2010) wurde gegen den BF mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom XXXX .05.2010 ein bis 20.05.2020 befristetes Rückkehr/Aufenthaltsverbot erlassen und reiste dieser am XXXX .11.2010 unter Gewährung von Rückkehrhilfe in sein Heimatland aus.
Am XXXX .05.2011 brachte der BF seinen 2. Antrag auf internationalen Schutz ein. Nach Zurückweisung desselben wegen Unzulässigkeit wurde der BF nach Frankreich ausgewiesen. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.07.2011, Zl. S6 310.430-2/2011/6E, abgewiesen und erwuchs mit XXXX .07.2011 in Rechtskraft und reiste der BF anschließend am XXXX .08.2011 unter Gewährung von Rückkehrhilfe in sein Heimatland aus.
Am XXXX .10.2013 brachte der BF beim Bundesasylamt seinen 3. Antrag auf internationalen Schutz gem. § 2 Abs. 1 Zif. 13 AsylG ein.
Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom XXXX .12.2013 wurde der BF rechtskräftig wegen §§ 127, 129 Zif. 1 und 130 Abs. 2 4. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.
Am XXXX .12.2013 wies das Bundesamt das Asylbegehren bescheidmäßig ab. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Asylgerichtshof wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 10.07.2014, Zl. G311 1310430-3/17E als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 2 AsylG 2005 wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurückverwiesen. Das Erkenntnis erwuchs mit XXXX .07.2014 in Rechtskraft.
Der BF war folglich bis XXXX .09.2014 in Linz gemeldet. In weiterer Folge konnte kein Aufenthalt mehr festgestellt werden.
Mit Bescheid des BFA vom XXXX .01.2015 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Zif. 2 FPG 2005 erlassen. Gem. § 52 Abs. 9 leg.cit. wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gem. § 46 FPG in den Kososvo zulässig ist und diesem eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt. Dieser Bescheid erwuchs mit XXXX .02.2015 in Rechtskraft.
Im Zeitraum vom XXXX .05.2015 bis XXXX .06.2016 verbüßte der BF eine Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Linz. Bis zum Aufgriff durch die Behörden lag keine Wohnsitzmeldung vor.
Am XXXX .08.2016 reiste der BF unter Gewährung der Rückkehrhilfe in sein Heimatland aus.
Am XXXX .02.2017 wurde der BF im Bundesgebiet wegen gefährlicher Drohung und am XXXX .02.2017 wegen Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen zur Anzeige gebracht.
Weitere Anzeigen erfolgten am XXXX .03.2017 wegen gefährlicher Drohung, am XXXX .03.2017 wegen Übertretungen nach dem Suchtmittelgesetz, am XXXX .04.2017 und am XXXX .10.2017 ebenfalls wegen Übertretung nach dem Suchtmittelgesetz, sowie am XXXX .08.2017 wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden.
Am XXXX .10.2017 unterschrieb der BF ein Antragsformular für eine freiwillige Rückkehr in sein Heimatland.
Am XXXX .03.2020 stellte der BF seinen 4. Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung gab der BF an, sein Heimatland am XXXX .03.2020 verlassen zu haben und über ihm unbekannte Länder nach Österreich gekommen zu sein. Als Fluchtgrund führte er an, dass er sich seit 2003 in einer Blutrache mit einer anderen Familie befinden würde, da bei einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall 2 Personen gestorben seien und die Angehörigen von einer verstorbenen Person Rache an ihm üben wolle. Zudem sei seine Familie in Österreich.
Mit Verfahrensanordnung wurde dem BF gem. § 15b AsylG aufgetragen ab XXXX .03.2020 in einer bestimmten Betreuungsstelle durchgehend Unterkunft zu nehmen. Des Weiteren sei beabsichtigt den Antrag auf internationalen Schutz gem. § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen und wurden dem BF und seiner Rechtsvertretung die Verfahrensanordnungen gem. § 29 Abs. 3 AsylG und § 52a Abs. 2 BFA-VG, die aktuellen Länderfeststellungen zu Kososvo gemeinsam mit der Ladung zur niederschriftlichen Einvernahme für den XXXX .03.2020 am XXXX .03.2020 zugestellt.
Am selben Tag wurde seitens des Rechtsvertreters mitgeteilt, dass dieser den BF nicht mehr im Verfahren vertrete. Seitens der Betreuungsstelle wurde dem BFA sodann am XXXX .03.2020 mitgeteilt, dass der BF wegen Abwesenheit an der Unterkunftsstelle abgemeldet worden sei und seither unsteten Aufenthaltes sei.
Am XXXX .03.2020 wurden die Verfahrensanordnungen gem. § 29 AsylG und § 52a Abs. 2 BFA-VG sowie die aktuellen Länderfeststellungen zu Kosovo im Behördenakt hinterlegt und dem BF mittels Verfahrensanordnung am XXXX .03.2020 gem. § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
Mit Bescheid des BFA vom XXXX .03.2020. Zl. XXXX wurde der 4. Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gem. § 10 Abs. 1 Zif. 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Zif. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gem. § 46 FPG in den Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gem. § 55 Abs. 1 a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise erteilt (Spruchpunkt VI.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Zif. 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.) und gem. § 15b Abs. 1 AsylG festgestellt, dass dem BF aufgetragen wurde ab XXXX .03.2020 im Quartier BS XXXX , Unterkunft zu nehmen.
Der Bescheid wurde sodann, gem. § 23 Abs. 2 ZustellG im Akt hinterlegt, da der Asylwerber an der Zustelladresse nicht mehr aufhältig war und eine neuerliche Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden konnte und aufgrund des unbekannten Aufenthaltes eine Verständigung gem. § 23 Abs. 3 ZustellG als nicht zweckmäßig erachtet wurde.
Mit weiterem Bescheid des Bundesamtes vom XXXX .03.2020, Zl. XXXX , wurde über den BF gem. § 35 AVG eine Mutwillensstrafe wegen offenbar mutwilliger Inanspruchnahme der Tätigkeit einer Behörde in der Höhe von EUR 600 verhängt und ebenfalls gem. § 23 Abs. 2 ZustellG im Akt hinterlegt.
Am 29.06.2020 stellte der nunmehrige BF im Zuge einer Festnahme in Wels / Oberösterreich einen Folgeantrag und gab im Rahmen der Erstbefragung begründend an, dass er fürchte aus Gründen der Blutrache in Kosovo umgebracht zu werden, da bei einem von ihm verschuldeten Autounfall zwei Personen gestorben seien.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX .07.2020, Zl. XXXX , wurde über den BF neuerlich gem. § 35 AVG eine Mutwillensstrafe wegen offenbar mutwilliger Inanspruchnahme der Tätigkeit einer Behörde in der Höhe von EUR 700 verhängt.
Das BFA wurde folglich am XXXX .07.2020 von der JA Garsten verständigt, dass der BF infolge Verhängung der Untersuchungshaft am XXXX .07.2020 wegen des Verdachts des Verstoßes gegen §28 SMG in dieser aufgenommen worden sei.
Die niederschriftliche Einvernahme zu dem vom BF gestellten Folgeantrag vor dem BFA erfolgte sodann am XXXX .07.2020. In dieser gab der BF an, dass die von ihm im Vorverfahren getätigten Angaben aufrecht seien. Er sei noch verheiratet, da er noch keinen Termin für die (beabsichtigte) Scheidung habe. Neu sei, dass seine Freundin schwanger sei. Darüber hinaus verwies der BF neuerlich auf den von ihm verschuldeten Autounfall, weshalb er nunmehr der Blutrache ausgesetzt sei. Zuletzt habe er 2018 deswegen in Kosovo Probleme gehabt und sei mit Waffen bedroht worden.
Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom XXXX .08.2020 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX .06.2020 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ebenfalls gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).
Mit der am XXXX .08.2020 bei der belangten Behörde eingebrachten Beschwerde werden die beiden Spruchpunkte des ggstl. Bescheides angefochten und beantragt, das BVwG möge in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid aufheben und den Anträgen des BF vom XXXX .06.2020 stattgeben. Jedenfalls aber den bekämpften Bescheid in Stattgebung der Beschwerde beheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.
Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurde vom BFA am XXXX .08.2020 vorgelegt und langten am XXXX .08.2020 beim BVwG ein. Seitens der belangten Behörde wurde ersucht die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist Staatsangehöriger von Kosovo und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Beim BF leidet weder an einer schweren körperlichen oder ansteckenden Krankheit, noch liegt eine schwere psychische Störung, die bei einer Überstellung / Abschiebung in den Kosovo eine unzumutbare Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bewirken würde oder eine Immunschwäche, vor.
Der BF hat lebt von seiner Ehefrau, die das Sorgerecht für die vier gemeinsamen minderjährigen Kinder hat, getrennt. Eine Scheidung der Ehe ist beabsichtigt. Seine neue Freundin ist vom BF schwanger.
Der Bescheid des BFA vom XXXX .03.2020. Zl. XXXX , ist in Rechtskraft erwachsen.
Dem Folgeantrag vom XXXX .06.2020 auf Zuerkennung von internationalem Schutz liegen weder neue Sachverhaltselemente zugrunde noch ist in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten, welche eine andere rechtliche Beurteilung nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des BF sowie zu dessen Staatsangehörigkeit ergeben sich aus den Vorverfahren und den im Verfahrensakt enthaltenen Dokumenten, jene zum gesundheitlichen Zustand des BF aus Fehlen entsprechender Hinweise im Verfahrensakt respektive aus dem Mangel an entsprechenden Vorbringen seitens des BF.
Dass der BF von seiner Ehefrau und seinen Kindern getrennt lebt und eine Scheidung der Ehe beabsichtigt ist gründet in den vom BF getätigten Angaben gegenüber der belangten Behörde bei der niederschriftlichen Einvernahme sowie in den diesbezüglichen Feststellungen in den Vorverfahren, dass die neue Freundin des BF ein Kind erwartet aus seinen Angaben gegenüber der belangte Behörde.
Der Bescheid des BFA vom XXXX .03.2020 wurde dem BF, nachdem dieser die ihm aufgetragene Unterkunft unerlaubt verlassen, und an dieser folglich behördlich abgemeldet wurde, am XXXX .03.2020 gemäß § 23 Abs. 2 ZustellG durch Hinterlegung im Akt zugestellt und erwuchs dieser sohin am XXXX .03.2020 in Rechtskraft.
Dass dem Folgeantrag keine neuen Fluchtgründe bzw. Sachverhaltselemente zugrunde liegen ergibt sich aus den Vorverfahren. Dass keine Änderung der anzuwendenden Rechtsnormen stattgefunden hat ergibt sich aus dem Amtswissen und wird auch vom BF in seiner Beschwerde bestätigt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.
Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene „Sachen“ im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid (für das Vorerkenntnis) maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid (Vorerkenntnis) als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).
Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100, mwN).
Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).
Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die – falls feststellbar – zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein „Fortbestehen und Weiterwirken“ behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).
Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).
Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder – im Falle des Vorliegens entschiedener Sache – das Rechtsmittel abzuweisen oder – im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung – den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg. 2066A/1951, VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH).
Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 08.09.1977, 2609/76). Die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft aufgrund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht werden (VwGH 23.05.1995, 94/04/0081).
Der BF behauptete im vorangegangenen vierten Verfahren, dass er sein Heimatland am XXXX .03.2020 verlassen habe, da er sich seit 2003 wegen eines Verkehrsunfalles, bei dem zwei Personen gestorben seien, in Blutrache befinden würde und die Angehörigen an ihm Rache nehmen wollten. Wenn er mit diesen in Kontakt komme, so würden sie ihn umbringen.
Über diesen Sachverhalt wurde bereits im dritten – vom BF angestrengten - Verfahren betreffend die Anerkennung von internationalem Schutz bescheidmäßig abgesprochen und – nach Anfechtung, die Abweisung desselben wegen mangelnder Relevanz, vom BVwG bestätigt.
Bei der Stellung des nunmehr fünften Antrages auf internationalen Schutz am XXXX .06.2020. gründete dieser denselben - unter Hinweis auf frühere diesbezügliche Angaben - auf den von ihm verschuldeten Verkehrsunfall in Kosovo, bei dem zwei Personen gestorben seien. Die Bekannten der Verstorbenen hätten ihn in Kosovo mit dem Tod bedroht.
In der niederschriftlichen Einvernahme am XXXX .07.2020 hielt der BF seine bisherigen Angaben aufrecht und führte zur Bedrohung durch Blutrache aus, dass bei dem Unfall 2003 zwei Insassen des von ihm gelenkten Fahrzeuges verstorben seien. Während die Familie des Einen ihm verziehen habe sei er der Blutrache der anderen Familie ausgesetzt. Zuletzt sei er 2018 beim Passieren des Hauses dieser Familie mit Waffen bedroht worden. Ergänzend führte der BF aus, dass er eine 18jährige Freundin habe und diese schwanger sei.
Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass das vom BF am XXXX .03.2020 angestrengte vierte Asylverfahren, welches bescheidmäßig am XXXX .03.2020 vom BFA erledigt wurde, in Rechtskraft erwuchs.
Der vom BF nunmehr am XXXX .06.2020 gestellte fünfte Antrag auf internationalen Schutz wurde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom XXXX .08.2020, Zl. XXXX gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Der Ansicht der belangten Behörde ist nichts entgegenzusetzen, wenn sie in ihrem Bescheid vom XXXX .08.2020 ausführt, es habe sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des vierten Asylverfahrens kein entscheidungsrelevanter geänderter Sachverhalt im Sinne des §68 AVG ergeben.
Wie der BF in seiner Erstbefragung am XXXX .06.2020 selbst ausgeführt hat, begründet dieser seine Furcht vor Blutrache im selben Umstand, den er bereits in den Vorverfahren ins Treffen geführt hat. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Erkenntnisses des BVwG vom 10.07.2014, GZ G311 1310430 sei verwiesen.
Dass der BF in Österreich eine Ehefrau und Kinder hat, wurde ebenfalls in früheren Verfahren gewürdigt. Der in der niederschriftlichen Einvernahme neu angeführte Umstand, dass er eine 18jährige Freundin habe, die schwanger sei, vermag keine maßgebliche Änderung des Sachverhalts zu bewirken, wurde der Eingriff in ein bestehendes Familien- und Privatleben des BF (Ehefrau bzw. frühere Lebensgefährtin und Kinder in Österreich aufhältig) in Abwägung der gegenläufigen Interessen privaten und öffentlichen Interessen ebenfalls schon in den zahlreichen Vorverfahren für zulässig befunden.
Auch dem in der Beschwerde geltend gemachten Einwand, wonach selbst die Länderberichte zum Herkunftsstaat Kosovo - trotz des gesetzlich verankerten Verbotes der Folter in der kosovarischen Verfassung - diese gesetzlichen Vorgaben nur unzureichend und uneinheitlich umgesetzt seien, sodass anhaltende Vorwürfe und Berichte bestehen würden, wonach Gefangene der Polizei und in geringem Maße auch vom Personal des Strafvollzugsdienstes gefoltert und misshandelt würden, sind nicht geeignet die Beurteilung der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen. Dies allein deshalb, weil seitens des BF keine individuellen Faktoren behauptet werden, die mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung nach sich ziehen würde.
Wenn der BF in seiner Beschwerde vom 20.08.2020 unter Bezugnahme auf die Covid-Pandemie moniert, die diesbezüglichen Ausführungen in der Bescheidbegründung seien unzutreffend und in der Argumentation überhöht, so ist festzuhalten, dass es nach ständiger Judikatur des EGMR grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass der BF im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend (vgl. zum Ganzen etwa VfGH 30.09.2019, Ra 2018/01/0068, mit Hinweis auf VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Die BF legt nicht dar, dass – im Hinblick auf die bloße Möglichkeit einer Covid-19 Erkrankung – solche exzeptionellen Umstände vorlägen, die die reale Gefahr einer Verletzung ihrer nach Art. 3 EMRK garantierten Rechte darstellten (vgl. etwa VwGH 23.06.2020, Ra 2020/20/0188).
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein hinreichendes Ermittlungsverfahren durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorangegangen. In den Beschwerden wurde auf der Sachverhaltsebene nichts Entscheidungsrelevantes vorgebracht, sondern vor allem die rechtliche Beurteilung des vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgestellten Sachverhalts gerügt. Dem Bundesverwaltungsgericht liegen sohin keine Beschwerdevorbringen vor, die mit der Beschwerdeführerin mündlich zu erörtern gewesen wären. Das Vorbringen in der Beschwerde war nicht geeignet, erheblich erscheinende neue Tatsachen oder Beweise darzustellen und eine Verhandlungspflicht auszulösen, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben konnte.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides.
Schlagworte
Folgeantrag Identität der Sache non-refoulement Prüfung Pandemie Prozesshindernis der entschiedenen SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W280.1310430.4.00Im RIS seit
23.12.2020Zuletzt aktualisiert am
23.12.2020