TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/21 W159 2215423-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.2020
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Entscheidungsdatum

21.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3
FPG §55

Spruch

W159 2215423-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.09.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 57, 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG und 52 Abs.1 und 9 sowie 55 und 53 Abs. 1 u. 3 FPG und 18 Abs. 2 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, hielt sich mehrfach mit Unterbrechungen in Österreich auf. Aufgrund seiner Straffälligkeit leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot ein und befragte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 01.02.2018 im schriftlichen Wege.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2019, Zahl XXXX wurde unter Spruchteil I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, unter Spruchteil II. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchpunkt III. festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig sei, unter Spruchpunkt IV. eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt, unter Spruchpunkt V. einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt und unter Spruchpunkt VI. ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

In der Begründung des Bescheides wurde zunächst darauf hingewiesen, dass sich der Behörde entziehe, wann der Beschwerdeführer zunächst ins Bundesgebiet eingereist, er jedoch die Sichtvermerkfreiheit zur Begehung gerichtlich strafbarer Handlungen missbraucht habe und zuletzt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren wegen Einbruchsdiebstahls verurteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe zum schriftlichen Vorhalt keine Stellungnahme eingebracht und auch sonst nicht den Kontakt zur Behörde gesucht. Er sei mit Frau XXXX , einer österreichischen Staatsangehörigen, verheiratet, es könne jedoch wegen des bloß sporadischen sichtvermerkfreien Aufenthalts in Österreich von keinem verfestigten Familienleben ausgegangen werden und auch sonstige soziale und berufliche Bindungen Österreich könnten nicht festgestellt werden, sodass auch kein schützenswertes Privatleben vorliege. Aufgrund des begangenen Einbruchsdiebstahles sei von einer erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen. Er sei in Serbien geboren und aufgewachsen, sei dort sozialisiert worden und auch immer wieder aufhältig gewesen. Es bestehe keine Gefahr, dass er sich im Falle der Rückkehr dort nicht mehr zurechtfinden werde.

Rechtlich wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 57 AsylG nicht vorliegen und daher ein derartiger Aufenthaltstitel nicht zu erteilen gewesen sei. Zu Spruchpunkt II. wurde hervorgehoben, dass wohl ein Familienleben in Österreich mit seiner Ehegattin vorliege, jedoch nicht von einem gefestigten Familienleben aufgrund der bloß sporadischen sichtvermerkfreien Aufenthalte des Beschwerdeführers in Österreich ausgegangen werden könne und eine Rückkehrentscheidung keinen unverhältnismäßigen Eingriff darstelle, da die Ehegattin den Beschwerdeführer regelmäßig in Serbien besuchen könne. Aufgrund des rechtswidrigen Aufenthaltes wegen der Verurteilung könne auch nicht von einem schützenswerten Privatleben gesprochen werden und sei der Beschwerdeführer überdies in Österreich unzureichend integriert und habe ausgeprägte Bindungen zu seinem Herkunftsstaat. Zur Verurteilung wegen Einbruchsdiebstahls mit Urteil des LG für Strafsachen XXXX , mit dem der Beschwerdeführer rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren wegen Einbruchsdiebstahls verurteilt worden sei, sei darauf hinzuweisen, dass als erschwerend die bereits einschlägigen Vorstrafen sowie die Mehrzahl der Angriffe und als mildernd lediglich das Geständnis sowie die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben sei, zu werten sei. Es stelle jedoch das Verhalten insgesamt eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Es wären daher im konkreten Fall die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung höher zu werten als die privaten Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich, zumal mangels ausreichender finanzieller Mittel davon ausgegangen werden muss, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft ein strafbares Verhalten setzen werde, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Es sei daher eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen. Zum Spruchpunkt III. wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keinen Asylantrag gestellt habe und auch Gründe, die die Abschiebung als unzulässig erscheinen lassen würden, nicht ersichtlich wären. Es würde auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes einer Abschiebung nach Serbien entgegenstehen. Es könne daher dem Beschwerdeführer zugemutet werden, in sein Heimatland zurückzukehren, zumal er dort weder strafrechtlich noch politisch verfolgt werde. Da die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, sei auch keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren gewesen (Spruchpunkt IV.). Im vorliegenden Fall sei die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich, sodass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen sei (Spruchpunkt V.). Zu Spruchpunkt VI. wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden sei und daher der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 erfüllt sei. Es könne nicht im Interesse des Staates sein, die illegale Migration zu fördern und läge im vorliegenden Fall eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit vor, sodass mit einem Einreiseverbot von fünf Jahren vorgegangen werden müsse. Bei Gesamtbeurteilung des Verhaltens und der Lebensumstände sowie der familiären und privaten Anknüpfungspunkte sei festzustellen, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu verhindern.

Gegen diesen Bescheid erhob der Adressat, vertreten durch die XXXX , fristgerecht in vollem Umfang Beschwerde. Darin wurde zunächst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX verheiratet sei, eine Schwester lebe in Deutschland, eine weitere in Belgien. Er sei zuletzt am 04.12.2017 in den Schengenraum eingereist und habe zunächst seine Schwester in Belgien besucht. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 04.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer Strafaufschub bis zum 18.05.2020 gewährt, um sich einer stationären Drogentherapie zu unterziehen. Er habe sich vom 10.07.2018 bis 09.01.2019 in ununterbrochener stationärer Behandlung befunden und in der Folge in der Mietwohnung seiner Ehegattin in XXXX gelebt und nehme nach wie vor die ambulante Therapiemaßnahme im XXXX wahr. Er nehme seit etwa einem Jahr keine Drogen mehr und verfüge über sehr gute deutsche Sprachkenntnisse.

Er sei bereits in den Jahren 2012 und 2016 öfter nach Österreich eingereist und führe mit seiner Ehegattin, einer österreichischen Staatsbürgerin, ein Familienleben. Er verfüge über stabile Lebens- und Wohnverhältnisse. Die Behörde habe es unterlassen, den Beschwerdeführer niederschriftlich einzuvernehmen, um sich einen persönlichen Eindruck von der Persönlichkeit des Beschwerdeführers zu verschaffen. Die Argumentation der Behörde, dass der Beschwerdeführer die erlaubte Aufenthaltsdauer nicht eingehalten habe, sei angesichts der weiteren Feststellungen, dass die Behörde nicht wisse, wann der Beschwerdeführer ins österreichische Bundesgebiet eingereist sei, widersprüchlich. Vielmehr habe der Beschwerdeführer die erlaubte Aufenthaltsdauer zum Zeitpunkt der Verhängung der Untersuchungshaft am 31.01.2018 noch nicht überschritten. Der Zeitraum des Strafaufschubes hebe die Durchsetzbarkeit des Aufenthaltes ebenso hinaus wie der Zeitraum des Freiheitsentzuges, die Ausreiseverpflichtung aus dem Schengenraum könne daher erst nach dem Vollzug der unbedingten Freiheitsstrafe vollzogen werden. Eine sofortige Ausreise sei daher im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gar nicht erforderlich, zumal der Beschwerdeführer sich erfolgreich einer Therapie seiner Suchterkrankung unterziehe und die österreichische Ehegattin für ihn unterhaltspflichtig sei. Die Behörde habe auch keine ausreichende Einzelfallbeurteilung hinsichtlich der Gefährdungsprognose unternommen, zumal beim Beschwerdeführer längst ein Gesinnungswandel eingetreten sei und der Beschwerdeführer in geordneten Lebens- und Wohnverhältnissen lebe und seit etwa einem Jahr drogenfrei sei. Außerdem habe er seit 25.05.2019 einen Pensionsanspruch und sei daher unter Berücksichtigung dieser Umstände das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers nicht so schwerwiegend, dass eine Verhängung eines Einreiseverbotes auf die Dauer von fünf Jahren notwendig und verhältnismäßig sei und werde daher als Eventualantrag die angemessene Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbotes beantragt. Schließlich wurde ausdrücklich auch noch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, insbesondere zum bestehenden Privat- und Familienleben und zur Gefährdungsprognose beantragt.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 15.05.2020 wurde der gegenständliche Verfahrensakt dem nunmehr zuständigen Einzelrichter am 29.04.2020 zugeteilt.

Nach Beischaffung der den Beschwerdeführer betreffenden Strafurteile beraumte das Bundesverwaltungsgericht für den 02.09.2020 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung an, zu der der Beschwerdeführer aus der Strafhaft vorgeführt wurde. Die belangte Behörde ließ sich für die Nichtteilnahme entschuldigen. Als Vertreters des Beschwerdeführers erschien ein Mitarbeiter der XXXX .

Eingangs der Verhandlung legte der Beschwerdeführer die Sterbeurkunde seiner Ehefrau XXXX vor. Er gab an, dass sein richtiger Name XXXX ist. Er habe seinen Pass in der Justizanstalt, habe aber keinen Zugriff auf diesen. Er habe seinen Namen mehrmals gewechselt. Sein Geburtsname ist XXXX , dann habe er den Namen seiner Pflegeeltern XXXX angenommen. Sein ursprünglicher Vorname sei XXXX . Er habe aber dann später den Namen XXXX angenommen. Seine leibliche Mutter heißt XXXX . Sie sei vor einem Jahr gestorben und habe vor ihrem Tod gewollt, dass er ihren Namen annehme. Das habe er getan. Darum heiße er nunmehr XXXX .

Er sei serbischer Staatsangehöriger, ethnischer Serbe und orthodoxer Christ und sei am XXXX in XXXX /Serbien geboren. Er habe sowohl in Serbien als auch in Österreich gelebt, die letzte Zeit allerdings in Österreich. Zuvor sei er immer wieder für drei Monate nach Serbien gefahren und dann drei Monate nach Österreich. Einige Zeit habe er mit seiner Frau auch in Serbien gelebt. Er habe sie 2016 geheiratet. Dann habe er ca. acht Monate mit ihr in XXXX und in XXXX gelebt. Das erste Mal sei er schon 1997 in Österreich gewesen. Er habe aber nie ein Aufenthaltsrecht für Österreich besessen. Sein längster durchgehender Aufenthalt in Österreich sei drei Monate gewesen. Dann sei er im November 2019 nach Österreich gekommen und habe eine Therapie im XXXX gemacht. Diese habe er im März 2019 vollendet und sei er dann wieder nach Serbien gefahren. Im November 2019 sei er neuerlich nach Österreich gekommen. Er sei dann festgenommen worden und habe die Haftstrafe antreten müssen. Den Sommer zuvor habe er mit seiner Frau in Serbien verbracht.

Er habe in Serbien eine Berufsschule für Elektroschweißer drei Jahre lang besucht und diese abgeschlossen. Dann habe er in Serbien als Schweißer gearbeitet, auch als Kellner und als Maurer. Es sei immer ganz schwierig gewesen, eine Arbeit zu finden. Er werde in Österreich eine Witwerpension erhalten. Er wisse allerdings nicht wieviel. Er habe erst einen Antrag gestellt. Seine Frau habe 1.950,-- Euro netto selbst Pension bezogen. Aus Serbien beziehe er allerdings keine Pension. Sein Pensionsgesuch sei abgelehnt worden, weil er nicht genügend Versicherungsjahre habe, denn er habe viel „schwarz“ in Serbien gearbeitet.

Er sei in seinem Leben zweimal verheiratet gewesen. Das erste Mal von 1986 bis 2003. Seine erste Frau habe XXXX geheißen, später dann XXXX . Auch sie sei vor 3 Monaten gestorben. Mit seiner ersten Frau habe er zwei Söhne gehabt, die seien nunmehr 32 und 28 Jahre alt. Sie würden beide in XXXX leben. Er habe täglich mit seinen Söhnen telefonischen Kontakt. Auch seine erste Frau sei serbische Staatsangehörige gewesen. Seine zweite Frau habe er 1996 kennengelernt und zwar in XXXX . Er sei aber mit ihr nicht zusammen gewesen. Sie sei dann nach XXXX übersiedelt und erst 2006 seien sie zusammengekommen. Sie habe den Sommer in Serbien verbracht und habe sie ihn dort kennengelernt, weil er in Serbien gearbeitet habe. 2016 hätten sie dann auch geheiratet. Er habe ungefähr vier Jahre lang mit Unterbrechungen mit ihr zusammengelebt, teilweise in Serbien und teilweise in Österreich. Seine verstorbene Ehegattin habe eine Mietwohnung im XXXX in der XXXX gehabt. Sie habe dort über 30 Jahre gelebt und in einem Krankenhaus als Hilfskraft gearbeitet. Die Wohnung sei ungefähr 50 m2 groß. Er könne die Wohnung nicht bekommen, zumal jetzt die Enkeltochter mit 23 Jahren in der Wohnung wohne. Gefragt, ob er außer seinen beiden Söhnen noch weitere Verwandte in Serbien habe, gab er an, dass seine Eltern schon verstorben seien, aber vom älteren Sohn habe er zwei Enkelsöhne. Er habe auch Freunde und Bekannte in Serbien. Ein Sohn habe eine eigene Werkstatt als Autoelektriker, der andere sei Fahrer für Krankenwagen. Seine Mutter habe in Deutschland gelebt. Er habe auch eine Schwester in XXXX . Weitere Verwandte habe er aber nicht. Das letzte Mal sei er 2019 in Serbien gewesen. Er könne im Haus seines Sohnes am Stadtrand von XXXX leben. Sein älterer Sohn wohne dort mit seiner Frau und seinen zwei Kindern.

Mit staatlichen Organen habe er keine Probleme. Er habe bei einem Mann Schulden gehabt, aber sein Sohn habe bereits die halbe Summe bezahlt. Er sei wohl bedroht worden, aber es sei ihm klar, dass er die Schulden zurückzahlen müsse und sein Sohn tue dies für ihn. Gefragt nach aktuellen gesundheitlichen oder psychischen Problemen gab er an, dass er in Serbien zwei Operationen an der Wirbelsäule gehabt habe und auch Medikamente für die Prostata bekomme. Er könne aber gehen, dürfe aber nichts Schweres heben. Allerdings arbeite er in der Justizanstalt. 2019 habe er Injektionen in die Wirbelsäule bekommen. Nach seiner Scheidung 2003 habe er begonnen, Kokain zu konsumieren. Wegen seiner Bandscheibenschmerzen habe er auch manchmal Cannabis genommen. Auch in Serbien habe er Suchtgift konsumiert. Die Schulden seien auch wegen des Kokainkonsums entstanden. Er nehme allerdings schon seit zwei Jahren kein Suchtgift mehr, habe allerdings, nachdem er in Österreich eine Therapie gemacht habe, in Serbien aber wieder mit Kokain angefangen. Seit er in Haft sei, nehme er kein Suchtgift mehr. Er nehme auch keine Tabletten und Substitutionsmedikamente und habe er sich für eine Therapie in der Justizanstalt beworben, aber habe er diese noch nicht begonnen. In Österreich habe er sechs Monate lang eine stationäre Drogentherapie im XXXX gemacht und vier Monate ambulant. Während der ambulanten Therapie habe er bei seiner Frau gelebt. In Österreich habe er nur mehr als einzige Kontaktperson die Tochter seiner verstorbenen Frau.

Über Vorhalt des Strafregisterauszuges, in dem drei Verurteilungen wegen Vermögensdelikten innerhalb der letzten beiden Jahre aufscheinen würden, gab er an, dass er wegen seines Drogenkonsums straffällig geworden sei. Er sei voraussichtlich bis 18.12.2023 in Haft. In der Haft male und baue er. Zum Beispiel stelle er Silvesterglücksbringer her. Nach seiner Haftentlassung möchte er nach Hause nach Serbien gehen. Er könne dort bei seinem Sohn leben. Diesem könne er auch in seiner Werkstatt helfen. Mit den Straftaten habe er seine Schulden in Serbien zurückzahlen wollen. In Österreich habe er keine Schulden. Wenn er eine Pension aus Österreich bekomme, könne er das Geld für die Rückzahlung verwenden. Abschließend führte der Beschwerdeführer aus, dass es ihm leidtue, was er angestellt habe und dass es irgendwie passiert sei.

Den Verfahrensparteien wurde das aktuelle Länderinformationsblatt zu Serbien vom 01.07.2020 zur Kenntnis gebracht, wobei der Beschwerdeführervertreter zu diesem keine Stellungnahme abgab. Der Rechtsvertreter regte eine Anfrage bei der Pensionsversicherung, ab wann und in welcher Höhe eine Pension ausbezahlt werden solle an und führte dazu aus, dass aufgrund der Pension der Grund für die allfällige Straffälligkeit wegfallen würde, was für die Gefährdungsprognose von Bedeutung sei.

Das Bundesverwaltungsgericht forderte von der Justizanstalt eine Kopie des Reisepasses des Beschwerdeführers, aus dem sich der richtige nunmehrige Name, XXXX ergibt, an und fragte hinsichtlich der Witwenpension bei der Pensionsversicherungsanstalt an. Diese teilte mit Schreiben vom 25.09.2020 mit, dass der Beschwerdeführer ab 08.07.2020 einen Anspruch auf eine Witwerpension von monatlich XXXX Euro brutto und XXXX Euro netto habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zur Person des Beschwerdeführers wird Folgendes festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsangehöriger. Sein aktueller Name ist XXXX . Er hieß aber auch schon XXXX , XXXX und XXXX . Er wurde am XXXX in XXXX geboren und hat großteils in Serbien, aber immer wieder, aber jeweils nur für drei Monate in Österreich gelebt und wurde auch schon unter früheren Namen in Österreich straffällig. Er war jedoch niemals in Besitz eines Aufenthaltstitels für Österreich. Der Beschwerdeführer hat in Serbien eine Ausbildung als Elektroschweißer absolviert und auch als Kellner und Maurer gearbeitet, aber meistens „schwarz“, sodass er keinen Pensionsanspruch hat. Er war von 1986 bis 2003 mit XXXX verheiratet und hat mit ihr zwei Söhne im Alter von 32 und 28 Jahren, welche beide in XXXX leben. Der ältere Sohn besitzt eine Autoelektrikerwerkstatt und ein Haus am Stadtrand von XXXX , wo der Beschwerdeführer auch arbeiten könnte. Der jüngere Sohn ist Fahrer für Krankenwagen. Der Beschwerdeführer habe auch zwei Enkelsöhne. Nach seiner Scheidung begann der Beschwerdeführer insbesondere Kokain und gelegentlich auch Marihuana zu konsumieren. Am 14.12.2016 heiratete er die österreichische Staatsbürgerin XXXX , die er schon länger kannte und lebte mit ihr teilweise in Serbien und teilweise in Österreich. Seine Ehefrau verfügte über eine Mietwohnung in XXXX . Sie verstarb am 08.07.2020. Der Beschwerdeführer hat jetzt keine Angehörigen mehr in Österreich und ist auch sonst nicht tiefer in die österreichische Gesellschaft integriert. Der Beschwerdeführer hatte in Serbien keine Probleme mit staatlichen Organen, lediglich Schulden aufgrund seiner Drogensucht, wobei die Schulden sein Sohn bereits teilweise bezahlt hat. Der Beschwerdeführer hatte zwei Operationen an der Wirbelsäule in Serbien und bekommt auch Medikamente für die Prostata, leidet aber unter keiner schwerwiegenden Erkrankung. Er ist arbeitsfähig und arbeitet auch in der Justizanstalt. Obwohl er nach einer Drogentherapie in Österreich im Jahre 2019 bei einer Rückkehr nach Serbien wieder rückfällig wurde, nimmt er jetzt in der Haft keine Drogen mehr. Er möchte eine Therapie machen, die er allerdings noch nicht begonnen hat. Der Beschwerdeführer bezieht nunmehr eine Witwerpension von monatlich XXXX Euro netto. Er möchte nach dem Vollzug der Haftstrafe sobald als möglich nach Serbien zu seinem Sohn zurückkehren.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich wie folgt strafgerichtlich verurteilt:

1.        Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 14.05.2018, Zahl XXXX wegen §§ 127, 129 Abs. 2 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren,

2.       mit Urteil des BG Innere Stadt XXXX vom 01.02.2019, Zahl XXXX wegen § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten und

3.       mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 05.06.2020, Zahl XXXX wegen §§ 127, 129, 130 StGB iVm § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und 9 Monaten.

Zu Serbien wird verfahrensbezogen Folgendes festgestellt:

1. Politische Lage

Letzte Änderung: 1.7.2020

Am 21. Juni 2020 fanden in Serbien die Parlamentswahlen statt. Dies waren die ersten Wahlen, die in Europa in Zeiten der Covid-19 Pandemie abgehalten wurden. Die serbische Fortschrittspartei des Präsidenten Vu?i? gewann rund 62% der Stimmen und erhielt 191 der 250 Sitze im Parlament. Eine so große Mehrheit eröffnet Präsident Vu?i? und der SNS die Möglichkeit, die Verfassung zu ändern. Der bisherige Regierungspartner der SNS, die Sozialisten unter Führung von Außenminister Ivica Dacic, erreichten etwa elf Prozent der Wählerstimmen und sicherte sich damit 32 Mandate. Die neue Partei „Spas“ (Rettung) des ehemaligen Wasserballers Aleksandar Šapi? kommt auf etwa vier Prozent der Stimmen und zwölf Mandate (oiip 30.6.2020).

Wenig überraschend bescherten die Parlamentswahlen am 21. Juni 2020 der regierenden Serbischen Fortschrittspartei (Srpska Napredna Stranka, SNS) einen klaren Wahlsieg. Genau genommen hatte sich die SNS hierfür einen anderen Namen gegeben. Sie trat als Liste "Aleksandar Vu?i? - für unsere Kinder" auf. So erschien Präsident Vu?i? zwar nicht als Kandidat, dominierte aber dennoch den Wahlkampf mit seiner medialen Omnipräsenz. Dass es sich hier um keine freien, geheimen und demokratischen Wahlen handelt, wurde schnell klar. Als um 14 Uhr Ortszeit die Wahlbeteiligung noch bei mageren 22% lag, berichteten Einwohner von Novi Sad und Belgrad, dass Aktivisten der SNS, in Einzelfällen sogar ortsbekannte Hooligans, die sich schon in der Vergangenheit als mietbare Helfer der Regierungspartei hervorgetan hatten, von Haus zu Haus gingen, um Bewohner dazu zu nötigen, zur Wahl zu gehen und für "die richtige Partei" zu stimmen. Tatsächlich verdoppelte sich bis 19 Uhr die Wahlbeteiligung (DS 29.6.2020).

Die zehnte Sitzung der Beitrittskonferenz mit Serbien auf Ministerebene fand am 27.6.2019 in Brüssel statt, um Verhandlungen über Kapitel 9 - Finanzdienstleistungen - aufzunehmen. Mit dieser Konferenz wurden von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln 17 für die Verhandlungen geöffnet, von denen zwei bereits vorläufig abgeschlossen wurden. Weitere Beitrittskonferenzen werden gegebenenfalls geplant, um den Prozess in der zweiten Jahreshälfte 2019 voranzutreiben (Der Europäische Rat 27.6.2019).

Serbien führt bereits seit 2014 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die Aussöhnung mit dem Kosovo gilt aber als zentrale Bedingung dafür, dass die Gespräche irgendwann einmal erfolgreich abgeschlossen werden können (Handelsblatt 26.4.2019).

Quellen:

- Der Europäische Rat, Der Rat der Europäischen Union (27.6.2019): Pressemitteilung, Tenth meeting of the Accession Conference with Serbia at Ministerial level, Brussels, 27 June 2019 https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2019/06/27/tenth-meeting-of-the-accession-conference-with-serbia-at-ministerial-level-brussels-27-june-2019/, Zugriff 20.9.2019

- DS - der Standard (29.6.2020): Eastblog, Die serbischen Parlamentswahlen 2020 als Dystopie, https://www.derstandard.at/story/2000118311811/die-serbischen-parlaments_wahlen-2020-als-dystopie, Zugriff 1.7.2020

- Handelsblatt (26.4.2019): EU-Beitritt, Balkanstaaten können auf Start von EU-Beitrittsverhandlungen hoffen, https://www.handelsblatt.com/politik/international/eu-beitritt-balkanstaaten-koennen-auf-start-von-eu-beitrittsverhandlungen-hoffen/24261104. html?ticket=ST-4670786-2vsL5mwajJEBcdLU5dAX-ap2, Zugriff 20.9.2019

- oiip - Österreichisches Institut für Internationale Politik (30.6.2020): Serbien und die ersten Wahlen in Europa im Zeitalter von Covid-19. Eine Kurzanalyse in drei Akten, https://www.oiip.ac.at/publikation/serbien-und-die-ersten-wahlen-in-europa-im-zeitalter-von-covid-19-eine-kurzanalyse-in-drei-akten/, Zugriff 1.7.2020

2. Sicherheitslage

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen (AA 23.9.2019b).

Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vu?i? und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst (BN 13.5.2019).

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen (EK 29.5.2019).

Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine "Provokation" aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an (Der Standard 9.9.2019).

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil (AA 3.11.2019).

Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina (VB 29.9.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (23.9.2019b): Serbien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/serbiensicherheit/207502, Zugriff 23.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt (3.11.2019): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: August 2019), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/10074631/10075491/10075545/21601316/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Serbien_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylVfG_%28Stand_August_2019%29%2C_03%2E11.2019.pdf?nodeid=21601317&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (13.5.2019): Briefing Notes (BN) 13. Mai 2019, Serbien, Proteste halten an, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010672/ Deutschland___Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_13.05.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 20.9.2019

- Der Standard (9.9.2019): International Europa, Kroatien, Gedenkfeier, Neue Spannungen zwischen Kroatien und Serbien, https://www.derstandard.at/story/2000108422227/neue-spannungen-zwischen-kroatien-und-serbien; Zugriff 24.9.2019

- EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019

- VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

3. Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Gerichte bleiben weiterhin anfällig für Korruption und politischen Einfluss (USDOS 11.3.2020).

Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen - beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationalen Justizbehörden in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien (LIPortal 6.2019).

Serbien hat im Bereich Justiz einige Fortschritte erzielt; während die Empfehlungen des Vorjahres nur teilweise umgesetzt wurden, wurden bei der Reduzierung alter Vollstreckungsfälle und der Weiterverfolgung von Maßnahmen zur Harmonisierung der Gerichtspraxis Fortschritte erzielt. Einige Änderungen der Regeln für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten und für die Bewertung der Arbeit von Richtern und Staatsanwälten wurden angenommen, aber das System muss nach der Annahme der Verfassungsänderungen grundlegend überarbeitet werden, um eine leistungsbezogene Stellenbesetzungen und Beförderungen von Richtern zu ermöglichen. Politische Einflussnahme im Bereich der Justiz bleibt weiterhin ein Problem. Die Verfassungsreform befindet sich im Gange (EK 25.9.2019).

Das Parlament hat am 21.5.2019 eine umstrittene Änderung des Strafrechts gebilligt, gemäß der Straftäter, die wegen Vergewaltigung und Ermordung eines Minderjährigen oder einer schwangeren oder behinderten Person zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden, zukünftig keine Möglichkeit einer frühzeitigen Entlassung mehr haben. Bislang belief sich die Höchststrafe in Serbien auf 40 Jahre. Der Europarat kritisierte den Gesetzesentwurf und sprach von einem Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (BN 27.5.2019).

Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt bei der Staatsanwaltschaft persönlich oder schriftlich eine Anzeige einbringen. Auch können entsprechende Beschwerden an die Ombudsmann Institutionen getätigt werden. Darüber hinaus besteht auch für solche Personen, die Möglichkeit der Aufnahme in das Zeugen- bzw. Opferschutzprogramm. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden (VB 29.9.2019).

Quellen:

- Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (27.5.2019): Briefing Notes (BN) 27. Mai 2019, Serbien, Parlament beschließt lebenslange Haft ohne vorzeitige Entlassung in besonders schweren Fällen, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010482/briefingnotes-kw22-2019.pdf, Zugriff 20.9.2019

- EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019

- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (6.2019): Serbien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/#c19777, Zugriff 20.9.2019

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020

- VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

4. Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Polizei des Landes untersteht der Aufsicht des Innenministeriums, wobei die Behörden eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben. Die Effektivität der Polizei variiert. Die meisten Beamten sind ethnische Serben, jedoch sind auch Angehörige von Minderheiten als Polizeibeamte tätig. Korruption und Straffreiheit in der Polizei sind ein Problem. Im Laufe des Jahres 2019 stellten Experten der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der polizeilichen internen Ermittlungen weiter verbessert hat. Die neu geschaffene Antikorruptionsabteilung im Innenministerium wurde geschaffen, um schwere Korruption zu untersuchen. Es gibt keine spezialisierte Regierungsstelle, die Morde durch die Sicherheitskräfte untersuchen kann. Die Polizei, das Sicherheitsinformationszentrum (BIA) und die Direktion für die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen untersuchen solche Fälle durch interne Kontrollen. In den ersten acht Monaten 2019 reichte die interne Kontrolle des Innenministeriums 136 Strafanzeigen gegen 285 Personen wegen 388 Verbrechen ein; 124 waren Polizisten und 161 Zivilbeamte. In 45 der Fälle wurden die Täter zu Haftstrafen verurteilt (USDOS 13.3.2020).

Durch eine unsystematische Umsetzung der Reform, ohne größeren Plan und Strategie, sind die eigentlichen Ziele, die Polizei zu de-kriminalisieren, de-politisieren, de-militarisieren und eine Dezentralisierung einzuleiten, bis heute nur bedingt erreicht. Gegenwärtig unterstehen die etwa 43.000 Polizisten des Landes dem Innenministerium und sind u.a. unterteilt in Zoll, Kriminalpolizei, Grenzpolizei sowie zwei Anti-Terroreinheiten, die „Special Antiterrorist Unit“ und die „Counterterrorist Unit“ (BICC 6.2019).

Es kommt in Einzelfällen immer noch vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner der Republik Serbien. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und/oder Disziplinarverfahren. Jedoch gibt es keine „besonderen“ Rechtsschutzmittel betreffend Übergriffe gegen Roma-Angehörige. Diese sind, wie alle Einwohner der Republik Serbien, vor dem Gesetz gleich (VB 29.9.2019).

Quellen:

- BICC - Bonn International Center for Conversion (6.2019): Länderbericht Serbien, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/serbien/2019_Serbien.pdf, Zugriff 20.9.2019

- VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung: 5.6.2020

Obwohl die Verfassung Folter verbietet, soll diese bei Festnahmen und in Untersuchungshaft zur Erpressung von Geständnissen gelegentlich angewandt werden. Die Straflosigkeit bei Missbrauch oder Folter ist bei der Festnahme oder Erstinhaftierung weit verbreitet. Es gibt nur wenige strafrechtliche Verfolgungen und noch weniger Verurteilungen wegen Missbrauch oder Folter (USDOS 13.3.2020).

Der Ausschuss des Europarates zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) veröffentlichte im Mai 2018 einen Bericht, in dem der Ausschuss Bedenken hinsichtlich der Misshandlung von Personen in Polizeigewahrsam äußerte und die Behörden aufforderte, die Misshandlung der Polizei zu bekämpfen (HRW 17.1.2019).

Quellen:

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Serbia/Kosovo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002219.html, Zugriff 25.9.2019

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020

6. Korruption

Letzte Änderung: 17.10.2019

Korruption gehört zu den zentralen politischen Problemen in Serbien, mit weitreichenden, negativen Auswirkungen auf das Funktionieren von politischem System, staatlichen Institutionen und die serbische Wirtschaft. Systemische Korruption findet sich heute vor allem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Verteilung anderer staatlicher Haushaltsmittel, sowie im Gesundheits- und Bildungswesen. Korruption in der Wirtschaft findet v.a. an den Schnittstellen zu staatlichen Institutionen statt. Abgenommen hat die Korruption in den letzten Jahren bei der Polizei. Auf staatlicher Seite ist eine eigenständige Institution, die Anti-Korruptionsagentur mit dem Kampf gegen Korruption befasst; in der serbischen Zivilgesellschaft beschäftigt sich Transparency International mit dem Phänomen Korruption. Druck auf serbische Behörden zu effektiverer Bekämpfung der systemischen Korruption kommt v.a auch von der EU. Unterstützung bei der Bekämpfung der Korruption in Serbien leistet außerdem das UN Development Program (UNDP). Die Bekämpfung der Korruption gehört zu den zentralen Reformbedingungen der EU in Serbiens Beitrittsverhandlungen bzw. in den Justizkapiteln 23 und 24 (LIPortal 6.2019).

Serbien rangiert im Transparency Corruption Perceptions Index (2018) am 87. Platz von 180 Ländern (TI 2018).

Quellen:

- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (6.2019): Serbien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/#c19777, Zugriff 20.9.2019

- TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/cpi2018, Zugriff 25.9.2019

7. Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 17.10.2019

Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Es wurden Änderungen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für nationale Minderheiten angenommen. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden (EK 29.5.2019).

Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit (GIZ Geschichte & Staat 6.2019).

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien (VB 29.9.2019).

Quellen:

- EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019

- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (6.2019): Serbien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/#c19777, Zugriff 20.9.2019

- VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

8. Bewegungsfreiheit

8.1. Covid-19 Pandemie

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Bewegungsfreiheit der Menschen in Serbien (Staatsbürger als auch Fremde) wurde mit Beendigung des Ausnahmezustandes am 7.5.2020 nach fast 2 Monaten wieder hergestellt. Der Ausnahmezustand war aufgrund der festgestellten COVID-19 Entwicklung am 15.3.2020 durch den Präsidenten verfügt worden (VB 11.5.2020).

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020).

Die Verfassung garantiert das Recht auf Reisefreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 11.3.2020). Die Bewegungsfreiheit wird aber nicht immer angemessen geschützt (BTI 29.4.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.6.2020): Serbien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/serbiensicherheit/207502, Zugriff 3.6.2020

- BTI - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Serbia, 29. April 2020 https://www.ecoi.net/en/file/local/2029446/country_report_2020_SRB.pdf, Zugriff 12.5.2020

- IOM - Internationale Organisation für Migration (26.5.2020): AVRR (Assisted Voluntary Return and Reintegration) Information, Flugeinschränkungen und COVID-19 spezifische Einreisebestimmungen (Stand: 26.5.2020), Auskunft von IOM, per E-Mail

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020

- VB des BM.I für Serbien (11.5.2020): Auskunft des VB, per E-Mail

9. IDPs und Flüchtlinge

Letzte Änderung: 5.6.2020

Das Gesetz bietet den Binnenvertriebenen Schutz in Übereinstimmung mit den UN-Leitlinien für Binnenvertriebene, aber die Umsetzung bleibt in einigen Bereichen hinter den Erwartungen zurück. Nach offiziellen Statistiken des serbischen Kommissariats für Flüchtlinge und Migration leben im Land 198.545 Vertriebene (vom UNHCR als Binnenvertriebene bezeichnet) aus dem Kosovo, von denen die meisten den Kosovo infolge des Krieges von 1998-1999 verließen. Etwa 80% leben in städtischen Gebieten. Nach jüngsten Untersuchungen des SCRM [Serbian Commissariat for Refugees and Migration; Anm.] waren mehr als 68.000 dieser Personen extrem gefährdet und hilfsbedürftig; diese Vertriebenen erfüllen eine oder mehrere der Gefährdungskriterien des UNHCR, wie beispielsweise Familien mit einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze, Personen, die unter unwürdigen Bedingungen leben, Personen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen, Alleinerziehende, ältere Menschen und Frauen, Kinder oder Jugendliche. Nach Angaben des SCRM hat die Regierung in den letzten 18 Jahren mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft Maßnahmen und Aktivitäten im Zusammenhang mit der Aufnahme und Betreuung von Vertriebenen aus dem Kosovo durchgeführt, um angemessene Lebensbedingungen zu schaffen. Ihre jüngste Studie ergab, dass mehr als 4.700 Wohneinheiten, die im Allgemeinen als Wohnräume für eine Familie definiert sind, bereitgestellt wurden. 2019 stellte die Regierung 288 Wohneinheiten (192 Pakete mit Baumaterial und 96 Dorfhäuser) und 165 einkommensschaffende Maßnahmenpakete (income-generation packages) für Vertriebene zur Verfügung. Lokale NGOs und internationale Organisationen stellten zusätzlichen Wohnraum, finanzielle Unterstützung und kostenlose Rechtshilfe bei Registrierung, die Lösung von Eigentumsansprüchen, die Sicherung von Arbeitsrechten und die Beschaffung persönlicher Dokumente zur Verfügung (USDOS 13.3.2020).

Serbien verfügt über 18 Asylzentren, Unterbringungszentren und Transitzentren mit zusammen 5.880 Unterbringungsplätzen im ganzen Land (HRW 1.2019).

Die Asyl- und Migrationslage blieb während des gesamten Monats August stabil, wobei die Anzahl der in Serbien aufhältigen Asylwerber und Migranten bis zum Monatsende um 300 Personen auf aktuell 2.400 zurückging. Die Auslastung in den serbischen Asylquartieren entsprach per Monatsende August 40% der gegenwärtig zur Verfügung stehenden 6.000 winterfesten Quartierplätze im ganzen Land. Damit wurde die niedrigste Zahl seit Sommer 2018 wieder erreicht (VB 29.9.2019).

Quellen:

- HRW - Human Rights Watch (1.2019): Country Summary Serbia, https://www.hrw.org/world-report/2019/country-chapters/serbia/kosovo#2ff6e5, Zugriff 3.10.2019

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020

- VB des BM.I für Serbien und Montenegro (29.9.2019): Auskunft des VB per E-Mail

10. Grundversorgung / Wirtschaft

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung (AA 2.5.2019c).

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9%. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13% prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05% geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2% gegenüber dem Vorjahr (Statista 24.4.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.5.2019c): Serbien: Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/wirtschaft/207504, Zugriff 3.10.2019

- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (9.2019): Serbien, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/serbien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 3.10.2019

- Statista - deutsches Online-Portal für Statistik (24.4.2020): Serbien, Arbeitslosenquote in Serbien bis 2018, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/368629/umfrage/bruttoinlandsprodukt-bip-pro-kopf-in-serbien/, Zugriff 5.6.2020

10.1. Sozialbeihilfen

Letzte Änderung: 5.6.2020

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich (IOM Country Fact Sheet 2018).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt (AA 3.11.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.11.2019): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: August 2019), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/10074631/10075491/10075545/21601316/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Serbien_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylVfG_%28Stand_August_2019%29%2C_03%2E11.2019.pdf?nodeid=21601317&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020

- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (9.2019): Serbien, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/serbien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 3.10.2019

- IOM - Internationale Organisation für Migration (geändert 1.4.2019): Länderinformationsblatt Serbien 2018, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/772192/18363839/Serbien_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101616&vernum=-2, Zugriff 19.9.2019

11. Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet (EDA 24.9.2019).

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 23.9.2019b).

Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM 1.4.2019).

Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Im Juli 2018 wurde in Serbien ein Transplantationsgesetz und ein Gesetz über eine Organspenderdatenbank, welche jedoch bis heute nicht funktionsfähig ist, verabschiedet. Mehr als 1.000 Patienten warten auf eine Organtransplantation, während die Zahl der potentiellen Spender sehr gering ist (AA 3.11.2019).

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 3.11.2019).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z. B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind. Für den Patienten fällt bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes lediglich eine Beteiligungsgebühr von 50,- RSD an (ca. 0,50 Euro) (AA 3.11.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.11.2019): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: August 2019), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/10074631/10075491/10075545/21601316/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Serbien_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylVfG_%28Stand_August_2019%29%2C_03%2E11.2019.pdf?nodeid=21601317&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020

- AA - Auswärtiges Amt (23.9.2019b): Serbien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/serbiensicherheit/207502, Zugriff 23.9.2019

- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (24.9.2019): Serbien, Reisehinweise für Serbien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/serbien/reisehinweise-serbien.html, Zugriff 24.9.2019

- IOM - Internationale Organisation für Migration (geändert 1.4.2019): Länderinformationsblatt Serbien 2018, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/772192/18363839/Serbien_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101616&vernum=-2, Zugriff 19.9.2019

11.1. Covid-19 Pandemie

Letzte Änderung: 5.6.2020

Negative Journalistenberichte über unzureichende Gesundheitssicherheitsmaßnahmen für das eingesetzte medizinische Personal als auch die Sicherheitskräfte wurden von der Regierung umgehend zurückgewiesen. Es gab anfängliche logistische Probleme im ganzen Land die entsprechende Schutzausrüstung bereitzustellen. Zugleich hat Serbien enorme Anstrengungen mithilfe der EU, Chinas und Russlands unternommen, im medizinischen Bereich nachzurüsten, so beim Ankauf zahlreicher Beatmungsgeräte. Eine flächendeckende Versorgung mit der notwendigen medizinischen Ausrüstung scheint nach zwei Monaten COVID-19 Bekämpfung landesweit gegeben zu sein. Serbien hatte den ersten festgestellten COVID-19 Fall am 6.3.2020 im Land bestätigt und nachfolgend eine täglich ansteigende Fallzahl. Gesundheitspolitisch darf der Ausnahmezustand, welcher über 53 Tage (15.3. bis 7.5.2020) Gültigkeit hatte, als erfolgreich bezeichnet werden. Mit Stand 9.5.2020 hatte Serbien 10.032 Erkrankungsfälle und damit verbunden 213 Todesfälle (VB 11.5.2020).

Das Gesundheitsministerium der Republik Serbien hat eine Homepage bezüglich des möglichen Auftretens des Coronavirus (COVID-19) mit Informationen und Verhaltensregeln auf Englisch online gestellt, welche laufend aktualisiert wird (BMEIA 12.5.2020).

Auf dem Portal www.covid19.rs werden täglich Informationen zur Ausbreitung des Coronavirus aktualisiert und Empfehlungen zum Umgang mit der Situation sowie eine Hotline-Nummer sind dort veröffentlicht. Lockerungen seit 6.5.2020:
• Alle Exportverbote, die während der Covid-19 Krise eingeführt wurden, sind wieder aufgehoben
• Keine Ausgangssperren
• Kein Einsatz von Militär für zivile Zwecke
• Öffentliche Verkehrsmittel werden wieder den Betrieb aufnehmen
• Handschuhe- und Schutzmaskenpflicht in öffentl. Verkehrsmitteln sowie Gaststätten
• Kindergärten öffnen wieder, aber Schulen bleiben geschlossen (Unterricht online)

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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