Entscheidungsdatum
22.10.2020Norm
BBG §40Spruch
W262 2223301-1/18E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und das Burgenland, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 14.06.2019, OB XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 20.08.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses beschlossen:
A) Das Beschwerdeverfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und das Burgenland, stellte am 15.10.2018 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als „belangte Behörde“ bezeichnet), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und legte medizinische Befunde und Unterlagen vor.
2. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 16.05.2019 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.06.2019 der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind. Das oa. Gutachten wurde dem Beschwerdeführer als Beilage des Bescheides übermittelt.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 12.07.2019 fristgerecht Beschwerde und führte auf das Wesentliche zusammengefasst aus, seine Wirbelsäulenbeschwerden seien zu niedrig eingeschätzt worden; darüber hinaus sei der stark erhöhte Gamma-GT Wert nicht berücksichtigt worden. Aufgrund maßgeblichen negativen Zusammenwirkens aller Leiden sei von einem Grad der Behinderung von zumindest 50 v.H. auszugehen. Der Beschwerde wurden diverse aktuelle medizinische Unterlagen beigelegt.
4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.08.2019 wurde unter Bezugnahme auf §§ 41, 43, 46 BBG iVm § 14 VwGVG eine Beschwerdevorentscheidung erlassen, die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind. Begründend stützte sich die Behörde auf die aufgrund der Beschwerde eingeholte gutachterliche Stellungnahme des bereits befassten Arztes für Allgemeinmedizin vom 20.08.2019; diese wurde dem Beschwerdeführer als Beilage des Bescheides übermittelt.
5. Die Beschwerde, der bezughabende Verwaltungsakt und der fristgerecht eingebrachte Vorlageantrag wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 11.09.2019 vorgelegt.
6. In der Folge holte das Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem – nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erstellten – Sachverständigengutachten vom 11.11.2019 wurde unter Berücksichtigung der neu vorgelegten Befunde mit näherer Begründung erneut ein Grad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt.
7. Der Beschwerdeführer erstattete dazu eine Stellungnahme, legte ein Konvolut an medizinischen Unterlagen und Befunden vor und beantragte u.a. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
8. In der Folge beraumte das Bundesverwaltungsgericht für den 18.09.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung an, zu der der Beschwerdeführer, seine Rechtsvertretung, ein Dolmetscher für die türkische Sprache, ein Vertreter der belangten Behörde und die bereits befasste Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin geladen wurden.
9. Am 08.09.2020 legte der Beschwerdeführer neue Befunde vor.
10. Am 17.09.2020 erreichte das Bundesverwaltungsgericht ein Ersuchen um Vertagung der für 18.09.2020 anberaumten mündlichen Verhandlung aufgrund eines Spitalaufenthaltes des Beschwerdeführers.
11. Mit Schreiben vom 06.10.2020 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er die Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.06.2019 zurückziehe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Schreiben vom 06.10.2020 zog der Beschwerdeführer die Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.06.2019 zurück.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seine Beschwerde zurückgezogen hat, ergibt sich aus dem unmissverständlichen Inhalt der schriftlichen Eingabe vom 06.10.2020.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Einstellung des Beschwerdeverfahrens:
3.2. Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch die beschwerdeführende Partei ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6). Dasselbe folgt sinngemäß aus § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG.
Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offenlässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. z.B. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).
Eine solche eindeutige Erklärung lag vor, da der Beschwerdeführer die Zurückziehung der Beschwerde – wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits dargelegt wurde – schriftlich eindeutig zum Ausdruck gebracht hat.
3.3. In welchen Fällen „das Verfahren einzustellen“ ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG), regelt das VwGVG nicht ausdrücklich. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Der Bescheid der belangten Behörde in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 20.08.2019 ist aufgrund der vom Beschwerdeführer erklärten Zurückziehung der Beschwerde rechtskräftig geworden. Damit ist einer Sachentscheidung insoweit die Grundlage entzogen, weshalb mit Beschluss die Einstellung des betreffenden Beschwerdeverfahrens auszusprechen war.
3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde ist ihrem Wesen nach mit einer Zurückweisung vergleichbar. Für eine Zurückweisung sieht § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich die Möglichkeit des Entfalls der mündlichen Verhandlung vor.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zur Einstellung bei Zurückziehung etwa VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320; 29.04.2015, Fr 2014/20/0047). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Verfahrenseinstellung ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W262.2223301.1.00Im RIS seit
23.12.2020Zuletzt aktualisiert am
23.12.2020