Entscheidungsdatum
22.10.2020Norm
AVG §13 Abs7Spruch
W132 2229861-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom 17.12.2019, OB 11548541000094, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), in Verbindung mit dem Vorlageantrag zur Beschwerdevorentscheidung vom 10.03.2020, zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der Bescheid vom 17.12.2019, in Verbindung mit der Beschwerdevorentscheidung vom 10.03.2020, gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat der Beschwerdeführerin am 20.10.2015 einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt, und einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH eingetragen.
2. Mit Bescheid vom 29.09.2015 hat die belangte Behörde einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ abgewiesen.
Den neuerlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 06.07.2017 abgewiesen. In Erledigung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Erkenntnis vom 19.06.2018, Geschäftszahl W255 2167750-1/10E bestätigt.
3. Die Beschwerdeführerin hat am 02.10.2019 bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen weiteren Antrag Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO (Parkausweis) gestellt.
3.1. Im von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten wird von Dr. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 04.11.2019, festgestellt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen.
3.2. Im Rahmen gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten des Parteiengehörs wurden keine Einwendungen erhoben.
3.3. Mit Bescheid vom 17.12.2019 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
Ergänzend wurde angemerkt, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ in den Behindertenpass nicht vorlägen.
Das der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten wurde dem Bescheid in Kopie beigelegt.
4. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung der Beschwerdeführerin unter Vorlage medizinischer Beweismittel fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen nicht ausreichend gewürdigt worden seien, da ihr weder das Erreichen öffentlicher Verkehrsmitteln, noch der sichere Transport in diesen, möglich sei.
4.1. Die belangte Behörde hat in der Folge von der bereits befassten Sachverständigen Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, ein mit 09.03.2020 datiertes medizinisches Gutachten mit dem Ergebnis eingeholt, dass weder das Beschwerdevorbringen, noch die vorgelegten Beweismittel geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen.
4.2. Mit Bescheid vom 10.03.2020 hat die belangte Behörde im Rahmen der rechtzeitig ergangenen Beschwerdevorentscheidung, die fristgerecht eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom 17.12.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
Das der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten wurde dem Bescheid in Kopie beigelegt.
5. Mit Schriftsatz vom 23.03.2020 hat die bevollmächtigte Vertretung Beschwerdeführerin ohne Vorlage weiterer Beweismittel rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt. Begründend wurden die bereits mit der Beschwerde erhobenen Einwendungen wiederholt.
5.1. Mit dem - im Bundesverwaltungsgericht am 24.03.2020 eingelangten - Schreiben gleichen Datums hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.
5.2. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.06.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen.
5.3. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs, hat die bevollmächtigte Vertretung der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 11.08.2020 die Anträge auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ und auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO, vom 02.10.2019 zurückgezogen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Schriftsatz vom 11.08.2020 hat die bevollmächtigte Vertretung der Beschwerdeführerin die Anträge auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ und auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO, vom 02.10.2019 zurückgezogen.
2. Beweiswürdigung:
Der Schriftsatz vom 11.08.2020 ist eindeutig formuliert. Es besteht kein Zweifel am Willen der Beschwerdeführerin, den das Verfahren betreffend die beantragte Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ einleitenden Antrag zurückziehen zu wollen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen (§ 46 BBG auszugsweise idF des BGBl. I Nr. 57/2015.
§ 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 tritt mit 1. Juli 2015 in Kraft. (§ 54 Abs. 18 BBG)
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest.
Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 23.01.2014, Zl. 2013/07/0235, ausgeführt hat, bewirkt - wenn der verfahrenseinleitende Antrag im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht eine wesentliche Änderung erfährt und der Antragsteller damit eindeutig zu erkennen gibt, dass er seinen ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrag nicht mehr aufrechterhält - die (konkludente) Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit gehalten, den bekämpften Bescheid (ersatzlos) zu beheben (vgl. VwGH E 19. November 2014, Ra 2014/22/0016; E 23. Jänner 2014, 2013/07/0235).
Gemäß § 13 Abs. 7 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
Im gegenständlichen Fall eines noch offenen, durch Vorlageantrag eingeleiteten Verfahrens zur Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, hat die Beschwerdeführerin den ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrag ausdrücklich zurückgezogen.
Die von der Beschwerdeführerin bekämpften Bescheide waren somit, da die Grundlage für eine Sachentscheidung der belangten Behörde weggefallen ist, spruchgemäß ersatzlos zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf oben angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Antragszurückziehung ersatzlose BehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W132.2229861.1.00Im RIS seit
23.12.2020Zuletzt aktualisiert am
23.12.2020