TE Vwgh Beschluss 1997/8/4 AW 97/08/0041

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Veröffentlicht am 04.08.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
23/04 Exekutionsordnung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §67 Abs10;
EO §290;
EO §291;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des A in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Jänner 1997, Zl. MA 15-II-J 8/95, betreffend Haftung für Beitragsschuldigkeiten gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: WGKK), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessensabwägung durchführen zu können, ist es überdies erforderlich, daß der Beschwerdeführer schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete Nachteil ergibt, es sei denn, daß sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen.

Betrifft der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie hier - einen Bescheid mit dem der Beschwerdeführer zu einer Geldleistung verpflichtet wurde, so ist jedenfalls erforderlich, daß die antragstellende Partei dem Konkretisierungsgebot hinsichtlich ihrer Einkommens- und Vermögenslage genüge tut (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10381/A). Es ist aber ein bloßer Vermögensnachteil, der im Falle des Obsiegens vor dem Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen wieder ausgeglichen werden kann, für sich allein genommen noch kein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten.

Dies gilt auch für eine finanzielle Situation, die im Falle der Eintreibung der Leistung während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof auf eine Gefährdung des Unterhaltes hinausliefe, kommt doch der antragstellenden Partei - im Falle der Vollstreckung einer Geldleistung allein drohenden - zwangsweisen Einbringung der Forderung, soweit sich die Vollstreckungshandlungen auf laufende Einkünfte (Arbeitslohn, Pensionszahlungen, Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung) beziehen, ohnehin der Vollstreckungsschutz der §§ 290 ff EO, insbesondere auch jener der §§ 291 ff EO zugute. Es kann dem Konzept der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, wie es § 30 Abs. 2 VwGG zugrundeliegt, kein weiterreichender Schutzgedanke entnommen werden.

Eine beengte finanzielle Situation kann aber umso weniger isoliert beurteilt werden, wenn gegengerichtete Interessen mitbeteiligter Parteien mitzuberücksichtigen sind. Ein solches gegengerichtetes Interesse liegt hier vor: es liegt gerade bei schlechter Einkommens- und Vermögenslage der antragstellenden Partei im Interesse des mitbeteiligten Sozialversicherungsträgers (und damit im öffentlichen Interesse), die ihm aufgetragene Einhebung der Sozialversicherungsbeiträge (die ihrerseits wieder zu einem klaglosen Funktionieren des Systems der sozialen Sicherheit benötigt werden) - so gut es geht - zumindest sicherzustellen. Würde die aufschiebende Wirkung in solchen Angelegenheiten bei schlechter Einkommens- und Vermögenslage der Partei stets gewährt, so bliebe das Vollzugsinteresse dabei vollkommen außer Ansatz und der Sozialversicherungsträger hätte im Beschwerdefall keine Möglichkeit zumindest den Versuch einer Sicherstellung seiner Forderung (z.B. durch zwangsweise Pfandrechtsbegründungen) zu unternehmen. Die Berücksichtigung dieses Vollzugsinteresses bei der vorzunehmenden Abwägung ist umsomehr geboten, als die Gewährung der aufschiebenden Wirkung nach § 30 Abs. 2 VwGG nicht davon abhängt, daß eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides auch nur wahrscheinlich ist.

Das Vollzugsinteresse des Versicherungsträgers überwiegt daher jedenfalls dann, wenn der angefochtene Bescheid nicht im Sinne des § 35 Abs. 2 VwGG offenkundig rechtswidrig ist oder seine vorläufige Vollstreckung nicht bei der antragstellenden Partei zu unwiederbringlichen Vermögensnachteilen führt, wie dies etwa im Falle der exekutiven Betreibung einer Versteigerung von Vermögensgegenständen der Beschwerdeführerin und dem damit verbundenen - nicht wieder auszugleichenden - Wertverlust der Fall wäre. Ein derartiger Vermögensnachteil droht aber nicht unmittelbar; für den Fall einer diesbezüglichen Änderung der Sachlage könnte überdies ein neuer Antrag gestellt werden.

Da auch die im Falle des Beschwerdeerfolges allenfalls erforderliche Rückabwicklung nicht gefährdet ist, liegt daher bei Abwägung aller berührten Interessen noch kein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG vor. Der Antrag war daher abzuweisen.

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete ASVG Interessenabwägung Unverhältnismäßiger Nachteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:AW1997080041.A00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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