TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/9 W117 2197584-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.11.2020
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Entscheidungsdatum

09.11.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z2
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z9
FPG §77
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs1

Spruch

W117 2197584-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch „Verein Menschenrechte Österreich“, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien, vom 31.10.2020, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 33164208/201071634, sowie die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1, Z 2, Z 3, Z 9 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1, Z 2, Z 3, Z 9 FPG idgF wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF, § 1 Z 3 und Z 4 VwG-Aufwandersatzverordnung hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer wurde am 31.10.2020 zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen.

Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

„(…)

LA: Wie ist die Verständigung mit der Dolmetscherin? Haben Sie dazu Einwände?

VP: Ja

LA: Sind Sie gesund und können Sie dieser Einvernahme folgen?

VP: Ich bin gesund.

LA: Haben Sie eine rechtliche Vertretung?

VP: Nein

LA: Haben Sie einen Reisepass? Wo befindet sich Ihr Reisepass?

VP: Mein Reisepass befindet sich in einer Autowerkstatt in Schönfeld. In diesem Reisepass ist ein Stempel mit Ende August enthalten.

LA: Haben Sie weitere Dokumente bei sich?

VP: Führerschein der Republik Österreich.

LA: Wann und wie sind Sie wieder nach Österreich zurückgekehrt?

VP: Ende August 2020 bin ich aus Serbien mit dem Bus eingereist.

LA: Was war der konkrete Grund Ihrer Einreise? Warum sind Sie nach Österreich zurückkehrt?

VP: Dass ich meinen Aufenthalt wiederbekommen möchte.

LA: Über wie viel Geld verfügen Sie derzeit?

VP: 20-30 EUR.

LA: Wo haben Sie bis zu Ihrem Aufgriff Unterkunft genommen?

VP: In der XXXX , 1050 Wien, aber ich bin dort nicht gemeldet. Einen Schlüssel zur Wohnung habe ich.

LA: Sind Sie in Österreich gemeldet?

VP: Nein

LA: Sind Sie in Österreich einer Beschäftigung nachgegangen?

VP: Einer legalen Beschäftigung gehe ich nicht nach, kann ich nicht nachgehen, weil ich keinen Aufenthaltstitel habe.

LA: Verfügen Sie in Österreich über eine Sozial- und Krankenversicherung?

A: Nein

LA: Wie ist Ihr Personenstand? Haben Sie Sorgepflichten?

VP: Ich habe einen Sohn, er heißt XXXX . Ich bin ledig und bin mit der Mutter des Kindes nicht mehr zusammen. Mein Sohn lebt in Wien.

LA: Haben Sie Geschwister? Wo leben Ihre Geschwister?

VP: Ich habe einen Bruder, er hat die Staatsbürgerschaft.

LA: Haben Sie Verwandte in Österreich?

VP: Mutter, Vater, mein Bruder. Alle sind hier.

LA: Haben Sie Verwandte in Serbien?

VP: Keine, die noch leben.

LA: Werden Sie in Serbien bedroht oder politisch verfolgt?

VP: Nein, ich habe keine Probleme.

Entscheidung:

Ich bin in Kenntnis davon, dass mein rechtswidriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 120 Abs 1a FPG nach sich zieht. Meine ha. getätigten Angaben erhebe ich hiermit auch zu meiner Stellungnahme in diesem Verwaltungsstrafverfahren vor der Landespolizeidirektion Wien, AFA 3 – Fremdenpolizei (1210 Wien, Hermann Bahr – Straße 3) und ergeht von dort diesbezüglich eine gesonderte Entscheidung.“

Es wird mir zur Kenntnis gebracht, dass ich in Vollstreckung des aufrechten Aufenthaltsverbotes in meine Heimat abgeschoben werden soll. Es besteht ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot. Mein persönliches Verhalten stellt eine massive Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar. Mein persönliches Verhalten entspricht dem Handeln eines Fremden, welcher danach strebt, sich einer behördlichen Kontrolle zu entziehen und da ich trotz eines bestehenden Aufenthaltsverbotes wieder zurückgekehrt bin, habe ich gezeigt, dass ich offensichtlich nicht bereit bin, die bestehenden fremdenpolizeilichen Vorschriften einzuhalten. Sie wurden in Österreich bereits strafrechtlich verurteilt, Sie haben im Wissen Ihres Aufenthaltsverbotes bei der Anhaltung durch die Polizei eine falsche Identität angegeben.

Es wird mir mitgeteilt, dass von Amts wegen eine Rechtsberatungsorganisation verständig werden wird, da aufgrund des Sachverhaltes ein Schubbescheid gem. § 76 Abs. 2 Ziffer 2 FPG zu erlassen ist.

Es wird mir eine Organisation zugewiesen und erfolgt eine Verständigung in schriftlicher Form, welche Organisation mich kontaktieren wird.

Es ist daher zur Sicherung dieser Maßnahmen beabsichtigt, gegen mich die Schubhaft zu verhängen.

Der Schubbescheid wird mir persönlich im Anschluss an diese Niederschrift zugestellt.

Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG haben Sie das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, sofern Sie nach diesem Bundesgebiet festgenommen wurden, unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten werden oder wurden oder wenn gegen Sie die Schubhaft gemäß dem 8.Hauptstück des FPG angeordnet wurde. Die Beschwerde kann auch bei der in der Kopfstampiglie bezeichneten Behörde eingebracht werden.

Gemäß § 82 FPG haben Sie das Recht, das Landesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn Sie nach diesem Bundesgesetz festgenommen wurden oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wurden.

Es wird Ihnen mitgeteilt, dass Sie bis zur Realisierung der Abschiebung weiterhin in Haft verbleiben und in das PAZ rücküberstellt werden.

(…)“

Mit im Spruch angeführtem Bescheid der Verwaltungsbehörde wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft angeordnet.

A)       „Verfahrensgang

-        Sie wurden am 10.04.2003 durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, unter der Zahl 424 HV 1/2003m, rechtskräftig mit 10.04.2003, wegen der §§ 142(1), 143, 15 StGB, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 (sieben) Jahren, verurteilt. Es handelt sich hierbei um Ihre achte Verurteilung in Österreich.

-        Gegen Sie wurde am 13.05.2005 durch die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn, unter der Zahl HLS3-F-05, rechtskräftig mit 27.10.2005, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot, erlassen.

-        Sie wurden am 28.02.2014 durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, unter der Zahl 081 HV 24/2014h, rechtskräftig mit 28.02.2014, wegen der §§ 27(1)Z1 8.Fall und (3), 27(1)Z1 2. und 3. Fall und (2) SMG, § 15 StGB, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 (neun) Monaten, verurteilt. Es handelt sich hierbei um Ihre neunte Verurteilung in Österreich.

-        Sie wurden am 04.06.2018 von der Tschechischen Republik nach Österreich rücküberstellt, da Österreich für Ihre Verfahren zuständig ist.

-        Sie wurden am 04.06.2018 auf Anordnung der Behörde festgenommen und in das PAZ Wien Hernalser Gürtel eingeliefert.

-        Mit Verfahrensanordnung vom 04.06.2018 wurde Ihnen eine Organisation, welche Sie über die Perspektiven einer freiwilligen Rückkehr während und nach Abschluss des Verfahrens beraten und unterstützen kann, zur Seite gestellt.

-        Sie wurden am 18.06.2018 nach Serbien abgeschoben.

-        Am 11.10.2018 wurden Sie neuerlich in Schubhaft genommen wegen eines neuerlichen unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich. Aus der Schubhaft wurden Sie in Strafhaft in die JA Josefstadt übermittelt. Das konkrete Datum der Ausreise konnte nicht festgestellt werden.

-        Am 14.10.2019 wurden Sie neuerlich bei einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle aufgegriffen und Ihr unrechtmäßiger Aufenthalt festgestellt. Sie wurden in das PAZ HG überstellt.

-        Sie wurden am 06.11.2019 nach Serbien abgeschoben.

-        Sie wurden am 30.10.2020 einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen. Auf Grund eines aufrechten Aufenthaltsverbotes wurde mit dem BFA Journal Kontakt aufgenommen. Es wurde die Festnahme verfügt.

-        Gegen Sie besteht ein aufrechtes unbefristetes Aufenthaltsverbot.

Anmerkung: Aus früheren Niederschriften und Bescheiden geht ein Aufenthaltsverbot bis zum 13.05.2020 hervor.

Am 31.10.2020 wurden Sie zur beabsichtigten Schubhaft im PAZ Hernalser Gürtel einvernommen.

B)       Beweismittel

Es wurden alle in Ihrem Akt Zl. IFA: 33164208 befindlichen Beweismittel sowie Ihre Befragungs- und Einvernahmeprotokolle herangezogen und gewürdigt.

C)       Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

Sie sind serbischer Staatsbürger und sind somit Fremder. Ihre Identität steht fest. Sie leiden unter keiner lebensbedrohlichen Krankheit und Sie sind arbeitsfähig.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Gegen Sie besteht ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot, welches unbefristet ist. Sie sind diesem Aufenthaltsverbot zuwider illegal nach Österreich zurückgekehrt. Sie sind behördlich nicht gemeldet und wurden im Bundesgebiet straffällig. Sie sind abermals illegal in das Bundesgebiet zurückgekehrt und haben Ihren illegalen Aufenthalt im Verborgenen fortgesetzt.

Sie halten sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Seitens der ho. Behörde ist davon auszugehen, dass Sie im Falle einer Entlassung aus der fremdenpolizeilichen Anhaltung untertauchen und Ihren illegalen Aufenthalt weiterhin hier im Verborgenen fortsetzen würden.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

-        Gegen Sie besteht ein unbefristetes rechtskräftiges Aufenthaltsverbot seit dem 27.10.2005.

-        Sie sind mehrfach illegal nach Österreich eingereist. Zuletzt wurden Sie am 06.11.2019 nach Serbien abgeschoben.

-        Sie gehen keiner Erwerbstätigkeit nach. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine legale Arbeitsstelle finden. Sie sind in Österreich auch nicht sozialversichert, wodurch Sie zu einer Belastung der Gebietskörperschaft werden können.

-        Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie trotz Aufenthaltsverbotes in das Bundesgebiet einreisten und keine behördliche Meldung begründeten.

-        Sie tauchten in Österreich unter, indem Sie im Verborgenen Unterkunft nahmen. Sie verfügen über keine behördliche Meldung.

-        Sie verfügen nicht über die finanziellen Ressourcen, um Österreich aus eigenem Entschluss zu verlassen. Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.

-        Obwohl bezüglich Ihrer Person ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot bestand, kehrten Sie immer wieder unrechtmäßig nach Österreich zurück.

-        Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und hielten sich bislang unangemeldet unter Verletzung des Meldegesetzes in Österreich auf.

-        Sie sind in keinster Weise integriert, weil Sie im Bundesgebiet Sie weder familiäre, soziale oder wirtschaftliche Bindungen haben. Sie sind in Österreich massiv straffällig geworden.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

Sie sind ledig und Vater eines Sohnes. Mit der Mutter Ihres Sohnes leben Sie in keinem gemeinsamen Haushalt. Sie gehen keiner erlaubten Arbeitstätigkeit nach und sind nicht sozialversichert. Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Es kann nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung Ihrer Person in Österreich besteht.

D)       Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, Zl. 33164208, sowie aus Ihrer Einvernahme am 31.10.2020.

E)       Rechtliche Beurteilung

(…)


In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

(…);

2. ob der Fremde entgegen eines aufrechten Einreiseverbots, eines aufrechten Aufenthaltsverbots oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

(…);

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(…)

Entsprechend Ihres bisherigen Verhaltens begründen die Kriterien 1, 2,3 und 9 in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr.

Gegen Sie besteht rechtskräftiges unbefristetes Aufenthaltsverbot. Sie reisten trotz dieses Ihnen bekannten Aufenthaltsverbotes zum wiederholten Male unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und nahmen Unterkunft im Verborgenen und entzogen sich dadurch einer möglichen Abschiebung. Ihre Aufgriffe beruht lediglich auf einer zufälligen polizeilichen Kontrolle. Sie halten sich daher unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und verweigern Ihre freiwillige Ausreise. Sie versuchen durch Ihren unrechtmäßigen Aufenthalt im Verborgenen Ihre Abschiebung nach Serbien zu verhindern. Die Kriterien 1, 2 und 3 sind somit erfüllt.

Ebenso ist Kriterium 9 erfüllt, da Sie keine verfahrensrelevante Integration in Österreich aufweisen. Sie sind im Bundesgebiet mehrmals massiv straffällig geworden.

Insgesamt besteht in Ihrem Fall eine erhebliche Fluchtgefahr, da nicht davon auszugehen ist, dass Sie sich auf die behördlichen Auflagen halten werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass Sie versuchen werden Ihren Aufenthalt im Verborgen im Bundesgebiet zu prolongieren.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, notwendig und erforderlich.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Sie verfügen über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet. Darüber hinaus verfügen Sie über keine Verankerung im Bundesgebiet. Sie haben durch Ihr Verhalten bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass Sie nicht gewillt sind, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. So versuchten Sie unerkannt im Bundesgebiet zu verbleiben und wirkten im Verfahren nicht mit. Sie haben sich bereits aufgrund Ihres dargestellten Verhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen und es nicht davon auszugehen, dass Sie sich zukünftig an die Rechtsvorschriften halten werden.

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).

01) JGH WIEN 15 B U 553/93 vom 19.11.1993 RK 22.11.1993

PAR 16/1 SGG

Freiheitsstrafe 1 Monat, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 18.12.1997

zu JGH WIEN 15 B U 553/93 RK 22.11.1993

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

JGH WIEN 15 A U 414/94/B vom 17.07.1994

zu JGH WIEN 15 B U 553/93 RK 22.11.1993

Der bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG F.STRAFS.WIEN 6 B VR 880/95/B vom 23.11.1995

zu JGH WIEN 15 B U 553/93 RK 22.11.1993

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, Beginn der Probezeit 18.12.1997

gemäß Entschließung des Bundespräsidenten vom 18.12.1997 Erlass des BMVRDJ

Zahl 4725/100-IV 5/97, bedingt, Probezeit 3 Jahre

JUSTIZANSTALT WR.NEUSTADT 390/97/2 vom 18.12.1997

02) JGH WIEN 15 A U 414/94 vom 14.07.1994 RK 17.07.1994

PAR 16/1 SGG

Freiheitsstrafe 1 Monat, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 18.12.1997

zu JGH WIEN 15 A U 414/94 RK 17.07.1994

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

JGH WIEN 9 U 328/95/B vom 13.07.1995

zu JGH WIEN 15 A U 414/94 RK 17.07.1994

Der bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG F.STRAFS.WIEN 6 B VR 880/95/B/1 vom 23.11.1995

zu JGH WIEN 15 A U 414/94 RK 17.07.1994

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, Beginn der Probezeit 18.12.1997

gemäß Entschließung des Bundespräsidenten vom 18.12.1997 Erlass des BMVRDJ

Zahl 4725/100-IV 5/97, bedingt, Probezeit 3 Jahre

JUSTIZANSTALT WR.NEUSTADT 390/97 vom 18.12.1997

zu JGH WIEN 15 A U 414/94 RK 17.07.1994

zu JGH WIEN 15 B U 553/93 RK 22.11.1993

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 18.12.1997

JGH WIEN 15 B U 553/93 vom 10.02.1999

03) JGH WIEN 9 U 328/95 vom 13.07.1995 RK 18.07.1995

PAR 36 ABS 1/2 WaffG

Geldstrafe von 20 Tags zu je 70,00 ATS (1.400,00 ATS) im NEF 10 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 11.09.1995

04) LG F.STRAFS.WIEN 6 B VR 880/95 HV 6372/95 vom 23.11.1995 RK 23.11.1995

PAR 12/1 SGG

PAR 12 15 StGB

PAR 16/1 SGG

Freiheitsstrafe 9 Monate

Vollzugsdatum 18.12.1997

zu LG F.STRAFS.WIEN 6 B VR 880/95 HV 6372/95 RK 23.11.1995

Rest der Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Beginn der

Probezeit 18.12.1997

gemäß Entschließung des Bundespräsidenten vom 18.12.1997 Erlass des BMVRDJ

Zahl 4725/100-IV 5/97

JUSTIZANSTALT WR.NEUSTADT 390/97/1 vom 18.12.1997

zu LG F.STRAFS.WIEN 6 B VR 880/95 HV 6372/95 RK 23.11.1995

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG F.STRAFS.WIEN 3 B E VR 3059/99/B vom 12.07.1999

zu LG F.STRAFS.WIEN 6 B VR 880/95 HV 6372/95 RK 23.11.1995

Rest der Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 18.12.1997

LG F.STRAFS.WIEN 6 B VR 880/95 vom 24.12.2002

05) LG F.STRAFS.WIEN 3 B E VR 3059/99 HV 3171/99 vom 12.07.1999 RK 15.07.1999

PAR 15 269/1 83/1 84 ABS 2/4 PAR 164/1 StGB

Freiheitsstrafe 5 Monate

Vollzugsdatum 17.03.2000

06) BG INNERE STADT-WIEN 13 U 772/99K vom 31.08.2000 RK 05.09.2000

PAR 146 229/1 StGB

Freiheitsstrafe 4 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 30.01.2010

zu BG INNERE STADT-WIEN 13 U 772/99K RK 05.09.2000

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

BG FAVORITEN 21 U 226/2001K/B vom 02.07.2002

zu BG INNERE STADT-WIEN 13 U 772/99K RK 05.09.2000

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

LG F.STRAFS.WIEN 424 HV 1/2003M vom 10.04.2003

07) BG FAVORITEN 21 U 226/2001K vom 02.07.2002 RK 01.04.2003

PAR 15 127 StGB

Geldstrafe von 60 Tags zu je 2,00 EUR (120,00 EUR) im NEF 30 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 01.03.2010

08) LG F.STRAFS.WIEN 424 HV 1/2003M vom 10.04.2003 RK 10.04.2003

PAR 142/1 143 15 StGB

Freiheitsstrafe 7 Jahre

Vollzugsdatum 02.01.2010

09) LG F.STRAFS.WIEN 081 HV 24/2011h vom 28.02.2014 RK 28.02.2014

§ 27 (1) Z 1 8. Fall (3) SMG § 15 StGB

§ 27 (1) Z 1 2. 3. Fall u (2) SMG

Datum der (letzten) Tat 30.01.2014

Freiheitsstrafe 9 Monate

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden. Eine Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten würde in Ihrem Fall keinerlei Sinn ergeben. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine Adresse bei Ihnen keinerlei Greifbarkeit begründet. Eine periodische Meldeverpflichtung ist ebenso wenig sinnvoll, da Sie sich bisher auch als wenig vertrauenswürdig erwiesen haben. Keine Meldeverpflichtung und keine Anordnung der Unterkunftnahme können in Ihrem Fall mit der erforderlichen Sicherheit den Erfolg garantieren. Das gelindere Mittel kann in Ihrem Fall zu keinem gesicherten Erfolg führen. Sie würden das gelindere Mittel nur dazu nutzen, um unterzutauchen und weiterhin rechtswidrig in Österreich zu verbleiben.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Sie machten in Ihrer Einvernahme am 31.10.2020 keine gegenteiligen Behauptungen.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid und die darauf basierende Anhaltung binnen offener Frist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und stellte die Anträge,

den bekämpften Bescheid zu beheben und aussprechen, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgt sei; in eventu ein gelinderes Mittel anzuordnen.

Der Beschwerdeführer begründete seine Beschwerde wie folgt:

„(…)

I. Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) ist serbischer Staatsangehöriger, Er wurde am 30.10.2020 festgenommen und in weiterer Folge im PAZ Hemalser Gürtel gebracht. Am 31.10.2020 wurde er hinsichtlich der Schubhaftverhängung niederschriftlich befragt.

Gegen den BF wurde am 13.05.2005 durch die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Auffällig ist hierbei, dass die belangte Behörde die Anordnung der Schubhaft hauptsächlich auf dieses Aufenthaltsverbot stützt, im selben Bescheid aber selbst ausführt, dass dieses mittlerweile bereits aufgehoben wurde, konkret am 13.05.2020 (Seite 3 des Bescheides). Es ist daher in keiner Weise nachvollziehbar, wieso die belangte Behörde auf derselben Seite, gar eine Zeile (!) über der Anmerkung des aufgehobenen Aufenthaltsverbotes, ausführt, dass ein aufrechtes unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen den BF bestehen würde und die Festnahme deswegen verfügt wurde. Auch auf Seite 7 des Bescheides führt das BFA aus, dass ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot gegen den BF bestehen würde.

Wenn die belangte Behörde auf Seite 8 des angefochtenen Bescheides aus führt, dass der BF im Bundesgebiet weder familiäre, soziale oder wirtschaftliche Bindungen, er keine berufliche oder soziale Verankerung habe und schließlich auch keine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe, ist dem entgegenzuhalten, dass der BF in Österreich auf die Welt kam und sich sowohl seine Eltern als auch sein Bruder und sein eigener Sohn im Bundesgebiet befinden, Der BF spricht außerdem fließend Deutsch, von fehlenden familiären, sozialen Bindungen oder einer fehlenden Bindung zum Bundesgebiet kann daher keinesfalls die Rede sein.

Dass das Bundesamt für Fremdenrecht und Asyl die oben genannten Punkte in seiner Argumentation zur Schubhaft dennoch ausführt, ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass es sich mit diesem Fall nicht wirklich beschäftigte. Anders kann die Außerachtlassung solcher Fakten nicht erklärt werden.

Die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung ist gern. §76 Abs 2 Z 2 FPG nur bei Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit zulässig.

Art 3 Z 7 der Rückfuhrungs-RL (Richtlinie 2008/115/EG) definiert Fluchtgefahr als Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven, gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und der Annahme Anlass geben, dass sich Drittstaatsangehörige einem Rückkehrverfahren durch Flucht entziehen könnten.

Schubhaft darf nie als Standard-Maßnahme gegenüber Asylwerben oder Fremden angewendet werden, weder eine illegale Einreise noch das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung noch der Mangel finanzieller Mittel sind für sich genommen als Schubhaftgründe zu werten (VwGH 24.10.2017, 2006/21/0239).

Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die fehlende Ausreisewilligkeit des BF für sich genommen die Verhängung der Schubhafl nicht rechtfertigen kann.

Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung damit, dass der BF keine Bindungen im Bundesgebiet habe und die Fluchtgefahr deswegen groß wäre. Bei der tatsächlichen Situation des BF, nämlich jener, dass die Kernfamilie des BF im Bundesgebiet wohnhaft ist und nun auch kein aufrechtes Aufenthaltsverbot mehr gegen den BF besteht, kann nur wiederholt werden, dass eine Fluchtgefahr zu verneinen ist. Der BF könnte problemlos Unterkunft bei seinen Familienangehörigen finden, laut eigenen Aussagen ist er derzeit zwar nicht gemeldet, besitzt jedoch einen Schlüssel zur Wohnung in der XXXX , 1050 Wien (Seite 4 des Bescheides). Wiederum kann keinesfalls die Rede davon sein, dass es keinerlei Bindungen zum Bundesgebiet gebe.

Eine Gesamtschau aller zu berücksichtigenden Umständen macht im vorliegenden Fall deutlich, dass die Voraussetzungen für die Verhängung einer Schubhaft nicht gegeben sind.

(…)“

Die Verwaltungsbehörde legte den Schubhaftakt vor und gab eine Stellungnahme ab:

„(…)

Der Beschwerde ist entgegen zu halten, dass gegen den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot besteht und er trotzdem immer wieder nach Österreich zurückkehrt. In Österreich lebt zwar die gesamte Familie aber er wurde auch bereits neunmalig von einem inländischen Gericht, davon sogar einmal zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 7 Jahren rechtskräftig verurteilt.

Sobald der Reisepass eingeholt wurde bzw. einer Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugestimmt wird, wird der BF nach Serbien abgeschoben.

Es ist somit der Sicherungsbedarf gegeben.

1.       die Beschwerde als unbegründet abweisen bzw. unzulässig zurückzuweisen,

2.       gemäß § 22a BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen

3.       den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.

(…)“

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Die von der Verwaltungsbehörde im oben angeführten Schubhaftbescheid gemachten Ausführungen im Rahmen der Rubrik „Verfahrensgang“ sowie die getroffenen und im gegenständlichen Verfahrensgang dargestellten Feststellungen werden mit der Ausnahme der Feststellung, der Beschwerdeführer verfüge in Österreich über keine familiären Bindungen zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

Ergänzend wird daher festgestellt:

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über massive familiäre Bindungen; alle Familienangehörigen des Beschwerdeführers leben in Österreich. Diese massiven Bindungen haben aber den Beschwerdeführer nicht davon abgehalten, zahlreiche strafbare Handlungen, darunter eine schwere Straftat, derentwegen der Beschwerdeführer gar einmal zu einer siebenjährigen unbedingten Haftstrafe verurteilt wurde, zu begehen.

Es bestand und besteht (daher) erhebliche Fluchtgefahr; die Abschiebung des bereits vormals Abgeschobenen ist weiterhin sehr realistisch.

Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Schubhaftbescheid übernommenen Feststellungen und aus dem Verfahrensgang übernommenen Sachverhaltsparameter ist auf die eindeutige Aktenlage im Zusammenhang mit den erwägenden Ausführungen der Verwaltungsbehörde zu verweisen, die Großteils in der Beschwerde nicht in Kritik gezogen wurden.

Zwar zeigt die Beschwerde zutreffend auf, dass der Beschwerdeführer im Gegensatz zur Annahme der Verwaltungsbehörde im Schubhaftbescheid über massive familiäre Verbindungen in Österreich verfügt, zumal sämtliche Verwandten des in Österreich aufgewachsenen Beschwerdeführers in Österreich leben, sodass diese Feststellung der Verwaltungsbehörde einer Korrektur zuzuführen war, dies hatte aber in mehrfacher Hinsicht keinen Einfluss auf die von der Verwaltungsbehörde im Ergebnis richtig angenommenen Fluchtgefahr:

Denn auch die massiven familiären Bindungen hatten, wie sich eindeutig aus der Aktenlage ergibt, den Beschwerdeführer nicht davon abgehalten, massiv straffällig zu werden – die Rechtsuntreue des Beschwerdeführers hielt also während seiner gesamten in Österreich verbrachten Zeit an.

In letzterem Zusammenhang ist auch die so verbliebene Feststellung der Verwaltungsbehörde, der Beschwerdeführer verfüge über keine sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in Österreich zu sehen:

Die massive Straffälligkeit des Beschwerdeführer nämlich, mit dem Höhepunkt einer siebenjährigen unbedingten Haftstrafe, zeigt neben weiteren unbedingten Haftstrafen eine starke Sozialisierung im kriminellen Milieu.

Von wirtschaftlichen Bindungen wiederum kann im Hinblick auf das seit 2005 bestehende unbefristete Aufenthaltsverbot und damit verbunden die Unmöglichkeit zur Arbeitsaufnahme kann sowieso keine Rede sein.

Der Hinweis auf das Bestehen familiärer Bindungen geht aber nicht nur unter dem Aspekt der zahlreichen vom Beschwerdeführer verübten strafbaren Handlungen ins Leere, sondern auch im Hinblick auf die Frage der Anwendung eines gelinderen Mittels, sprich: Möglichkeit der Unterkunftnahme bei Familienangehörigen:

Dort mag zwar eine Unterbringungsmöglichkeit bestehen, aber schon bisher hielt dies den Beschwerdeführer nicht ab, unterzutauchen und auch mehrfach – nach erfolgter Abschiebung – wieder ins Bundesgebiet einzureisen.

In diesem Zusammenhang ist daher der Gesamtschau der Verwaltungsbehörde mit Annahme von Fluchtgefahr nicht entgegengegenzutreten.

Zwar trifft weiters zu, dass die Verwaltungsbehörde im Zusammenhang mit der Dauer des Aufenthaltsverbotes an einer Stelle ihres Schubhaftbescheides die mehr als unglückliche Formulierung

„Anmerkung: Aus früheren Niederschriften und Bescheiden geht ein Aufenthaltsverbot bis zum 13.05.2020 hervor”

trifft, aus der man den zeitlichen Ablauf des Aufenthaltsverbotes ableiten lässt, dabei handelt es sich aber offensichtlich um einen Schreibfehler, wie eine nochmalige Bestandsaufnahme (des Schubhaftbescheides) zeigt:

So führte die Verwaltungsbehörde im Rahmen des Verfahrensganges drei Mal aus, dass das Aufenthaltsverbot unbefristet sei:

1.

„Gegen Sie wurde am 13.05.2005 durch die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn, unter der Zahl HLS3-F-05, rechtskräftig mit 27.10.2005, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot, erlassen.“

2.

„Sie wurden am 30.10.2020 einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen. Auf Grund eines aufrechten Aufenthaltsverbotes wurde mit dem BFA Journal Kontakt aufgenommen. Es wurde die Festnahme verfügt.“

3.

„Gegen Sie besteht ein aufrechtes unbefristetes Aufenthaltsverbot.“

Im Rahmen der von ihr getroffenen Feststellungen spricht sie ausdrücklich vier Mal ausschließlich vom Bestehen eines unbefristeten Aufenthaltsverbot:

1.

„Gegen Sie besteht ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot, welches unbefristet ist.“

2., 3. und 4.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

-        Gegen Sie besteht ein unbefristetes rechtskräftiges Aufenthaltsverbot seit dem 27.10.2005.

-        (…)

-        Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie trotz Aufenthaltsverbotes in das Bundesgebiet einreisten und keine behördliche Meldung begründeten.

-        (…)

-        Obwohl bezüglich Ihrer Person ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot bestand, kehrten Sie immer wieder unrechtmäßig nach Österreich zurück.

Zu guter Letzt subsummiert die Verwaltungsbehörde unter der Rubrik „Rechtliche Beurteilung“ diesen Sachverhaltsparameter unter nochmaliger ausdrücklicher Erwähnung „Gegen Sie besteht rechtskräftiges unbefristetes Aufenthaltsverbot.“ zutreffend unter §76 Abs. 3 Z 2 – Wiedereinreise trotz bestehenden Aufenthaltsbverbotes.

An keiner anderen Stelle des Schubhaftbescheides ist von einem befristeteten Aufenthaltsverbot die Rede.

Der Vollständigkeit halber sei aber angeführt, dass selbst mit der Annahme eines bereits abgelaufenen Aufenthaltsverbotes nichts für den Beschwerdeführer gewonnen wäre, würde die nichts an der Tatsache ändern, dass der Beschwerdeführer ohne Aufenthaltserlaubnis welcher Art auch immer – eine solche wurde in keinem Verfahrensstadium auch nur behauptet – illegal in das Bundesgebiet eingereist wäre und sich illegal in Österreich aufhalten würde. Diesfalls wären lediglich die Tatbestände des §76 Abs. 3 Z 2 und 3 nicht erfüllt, am Bestehen von Z 1 und insbesondere der Z 9 würde dies nichts ändern.

Die Verwaltungsbehörde ist daher zumindest im Ergebnis völlig zutreffend vom Bestehen von Fluchtgefahr ausgegangen.

Auch zwischenzeitlich sind keine Umstände hervorgekommen, welche die Annahme von Fluchtgefahr auch zum aktuellen Zeitpunkt auch nur ansatzweise zu relativieren vermögen – in der Beschwerde wurden keine substantiiert vorgebracht.

Die Fluchtgefahr war und ist daher gerade aktuell als mehr als erheblich anzusehen.

b) Zur Realisierbarkeit des Schubhaftzweckes:

Da der Beschwerdeführer schon zwei Mal zuvor abgeschoben wurde, die serbischen Behörden den Beschwerdeführer auch in diesem Zusammenhang kennen, steht damit eindeutig fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nur eine Frage der Zeit ist, unabhängig davon, ob sein Reisepass noch gefunden wird oder nicht.

Da der Sachverhalt als geklärt anzusehen war, war von der Durchführung einer Verhandlung Abstand zu nehmen; eine Verhandlung wurde auch nicht vom Beschwerdeführer beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Zu Spruchpunkt A) I. (Schubhaftbescheid, bisherige Anhaltung):

Gesetzliche Grundlagen:

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Die Bestimmung des §22a BFA-VG idgF bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

Materielle Rechtsgrundlage:

Darauf aufbauend wiederum folgende innerstaatliche Normen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, welche in der anzuwendenden geltenden Fassung lauten:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, a

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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