TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/10 W117 2232123-6

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.11.2020
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Entscheidungsdatum

10.11.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §2
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch

W117 2232123-6/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Druckenthaner als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 532597300/200219471 zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung von XXXX , auch XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, in Schubhaft zu Recht:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 13.08.2010 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.12.2010 wurde dieser Antrag als unbegründet abgewiesen. Ein Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand blieb erfolglos.

Am 17.06.2015 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wobei er angab, dass er nunmehr homosexuell sei und deswegen nicht nach Nigeria zurückkehren könne. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 30.06.2017 wurde der Antrag vollinhaltlich abgewiesen, kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig ist und ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, sowie einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2017 wurde die dagegen eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Während der laufenden Asyl- bzw. Beschwerdeverfahren wurde der Beschwerdeführer mehrfach straffällig und fünf Mal strafrechtlich verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde von der nigerianischen Vertretungsbehörde als Staatsbürger von Nigeria identifiziert und ein bis zum 27.07.2020 gültiges Heimreisezertifikat ausgestellt.

Am 06.02.2019 wurde vom Bundesamt ein Festnahmeauftrag erlassen, weil der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen war.

Am 01.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer die Einreise mit einem Linienbus in das österreichische Bundesgebiet von Slowenien kommend verwehrt. Am 15.11.2019 stellte der Beschwerdeführer in Slowenien einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Am 26.02.2020 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen einer Dublin-Überstellung von Slowenien nach Österreich überstellt.

Im Rahmen einer polizeilichen Befragung im Auftrag des Bundesamtes gab der Beschwerdeführer an, dass er in Österreich bleiben wolle, und hier Freunde und Familie habe. Er habe nicht viel Geld bei sich, sei gesund und nehme keine Medikamente.

Am 26.02.2020 brachte der Beschwerdeführer einen neuerlichen – den dritten - Antrag auf internationalen Schutz ein. Als Grund für seine neuerliche Antragstellung gab er im Rahmen seiner Erstbefragung am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, dass es immer noch religiöse Gründe wären und er zudem aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit in Nigeria verfolgt werde.

Am 27.02.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt.

Der faktische Abschiebeschutz des Beschwerdeführers wurde mittels mündlich verkündetem Bescheid aufgehoben, die Aufhebung wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.03.2020 für rechtmäßig erklärt.

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.06.2020, 24.07.2020, 21.08.2020 sowie 17.09.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig war.

Am 03.10.2020 legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht Aktenteile zur Prüfung der gegenständlichen Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG neuerlich vor. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, W279 2232123-5/2E, vom 14.10.2020, zugestellt am 15.10.2020, sprach das Bundesverwaltungsgericht die Fortsetzung der Schubhaft aus und begründete seine Entscheidung wie folgt:
„1. Feststellungen:

1.1. Zum bisherigen Verfahren

1.1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 13.08.2010 in Österreich seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher vollinhaltlich abgewiesen wurde. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand blieb erfolglos (W168 1417448-1; W168 1417448-2).

1.1.2. Am 17.06.2015 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, der ebenfalls vollinhaltlich abgewiesen wurde. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen (W168 1417448-3).

1.1.3. Während der laufenden Asylverfahren bzw. der Beschwerdeverfahren wurde der Beschwerdeführer mehrfach straffällig und fünf Mal von österreichischen Strafgerichten rechtskräftig verurteilt (Strafregister; OZ 3; OZ 4).

1.1.4. Der Beschwerdeführer wurde von der nigerianischen Vertretungsbehörde als Staatsbürger von Nigeria identifiziert und ein bis 27.07.2020 gültiges Heimreisezertifikat ausgestellt.

1.1.5. Am 06.02.2019 wurde vom Bundesamt ein Festnahmeauftrag erlassen, weil der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen war.

1.1.6. Am 01.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer die Einreise mit einem Linienbus in das österreichische Bundesgebiet von Slowenien kommend verwehrt. Am 15.11.2019 stellte der Beschwerdeführer in Slowenien einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Am 26.02.2020 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen einer Dublin-Überstellung von Slowenien nach Österreich überstellt. Im Rahmen einer polizeilichen Befragung im Auftrag des Bundesamtes gab der Beschwerdeführer an, dass er in Österreich bleiben wolle, und hier Freunde und Familie habe. Er habe nicht viel Geld bei sich, sei gesund und nehme keine Medikamente.

1.1.7. Am 26.02.2020 brachte der Beschwerdeführer einen neuerlichen – den dritten - Antrag auf internationalen Schutz ein. Als Grund für seine neuerliche Antragstellung gab er im Rahmen seiner Erstbefragung am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, dass es immer noch religiöse Gründe wären und er zudem als Angehöriger der Volksgruppe Biafra in Nigeria verfolgt würde. Über den dritten Antrag auf internationalen Schutz hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bisher noch nicht entschieden. Der faktische Abschiebeschutz des Beschwerdeführers wurde mittels mündlich verkündetem Bescheid aufgehoben, die Aufhebung wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.03.2020 bestätigt (I417 1417448-4).

1.1.8. Am 27.02.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt.

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.06.2020, 24.07.2020, 21.08.2020 sowie 17.09.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig gewesen ist (W150 2232123-1/7E; W279 2232123-2/2E; W283 2231232-3/7E; W140 2232123-4/6E).

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

1.2.1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer wurde von der nigerianischen Vertretungsbehörde als Staatsangehöriger von Nigeria identifiziert (HRZ gültig bis 27.07.2020). Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.2.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.02.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet und wird der Beschwerdeführer seit dem 27.02.2020 in Schubhaft angehalten.

1.2.3. Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.08.2010 wurde am 01.01.2011 rechtskräftig abgewiesen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.04.2014 wurde die Beschwerde gegen die Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages als unbegründet abgewiesen und die Beschwerde gegen den Bescheid als verspätet zurückgewiesen (W168 1417448-1/6E und W168 1417448-2/15E).

1.2.4. Der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 17.06.2015 wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.06.2017 abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Es wurde ein Einreiseverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2017 abgewiesen (I409 1417448-3/4E).

1.2.5. Über den dritten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 26.02.2020 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bisher noch nicht entschieden. Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 10.03.2020 wurde der faktische Abschiebeschutz des Beschwerdeführers aufgehoben, die Aufhebung wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.03.2020 für rechtmäßig erklärt (I417 1417448-4/3E).

1.2.6. Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

1.3.1. Gegen den Beschwerdeführer besteht seit dem 29.08.2017 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot in der Dauer von 10 Jahren (I409 1417448-3/4E). Hinsichtlich seines dritten Asylantrages wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.03.2020 für rechtmäßig erklärt (I417 1417448-4/3E).

1.3.2. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine maßgeblichen privaten und familiären Anknüpfungspunkte, noch über sonstige enge soziale Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer befand sich seit Einreise nach Österreich fast 3,5 Jahre in Justizanstalten in Haft. Der Beschwerdeführer verfügte seit dem 25.03.2019 über keinen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer ist in Österreich behördlich ausschließlich im Polizeianhaltezentrum gemeldet. Er verfügt aktuell über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz (Auszug aus dem Melderegister). Der Beschwerdeführer befand sich im Zeitraum von September bis Oktober 2019 in Italien und von Oktober 2019 bis Februar 2020 in Slowenien.

Der Beschwerdeführer geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung.

1.3.3. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Es konnten weder die Verurteilungen noch die Inhaftierungen den Beschwerdeführer zu rechtskonformen Verhalten bewegen.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende Verurteilungen auf:

1.3.3.1. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 08.06.2011 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Verkaufes von Suchtgift (§§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 3 SMG, § 15 StGB) zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt. Unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren wurden 6 Monate bedingt nachgesehen.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von Mitte April 2011 bis 06.05.2011 insgesamt mindestens 5 Kugeln Kokain und 2 Kugeln Heroin unbekannten Abnehmern am 06.05.2011 einem Abnehmer 1 Kugel Heroin 1,0 g brutto durch gewinnbringenden Verkauf überlassen hat. Am 06.05.2011 hat der Beschwerdeführer zudem 3 Kugeln Kokain 3,0 g brutto durch gewinnbringenden Verkauf zu überlassen versucht, indem er die Kugeln in seinem Mund verwahrt zum unmittelbaren Verkauf bereit hielt.

Die Unbescholtenheit, das Geständnis, die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die Tatbegehung im Alter unter 21 Jahren wurden mildernd, die mehrfache Tatbegehung wurde erschwerend bei der Strafbemessung berücksichtigt.

1.3.3.2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 12.08.2011 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 3 SMG) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt.

Der Verurteilung liegt eine Tathandlung am 12.07.2011 in zugrunde, als der Beschwerdeführer einem verdeckten Ermittler vorschriftswidrig Suchtgift gewerbsmäßig durch gewinnbringenden Verkauf überlassen hat und zwar 2 Kugeln mit insgesamt 1,5 Gramm brutto Kokain und 1 Kugel mit 1,1, Gramm brutto Heroin. Die gewährte bedingte Strafnachsicht vom 08.06.2011 wurde widerrufen.

Mildernd wurden das reumütige Geständnis, die drückende Notlage, die Sicherstellung des Suchtgifts und das damalige Alter des Beschwerdeführers unter 21 Jahren berücksichtigt. Erschwerend wurden die einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall bei der Strafbemessung ins Kalkül gezogen.

1.3.3.3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 18.07.2013 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall sowie Abs. 3 und 5 SMG) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt.

Im Zeitraum von Februar 2013 bis Juni 2013 hat der Beschwerdeführer unbekannten Abnehmern zumindest 18 Kugeln Kokain an szenetypischen Örtlichkeiten gewerbsmäßig durch gewinnbringenden Verkauf überlassen, wobei er selbst an Marihuana gewöhnt war und die Straftat vorwiegend deshalb beging, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen. Am 26.06.2013 hat der Beschwerdeführer einem verdeckten Ermittlern 2 Kugeln Kokain zu 1,4 Gramm brutto gewerbsmäßig durch gewinnbringenden Verkauf überlassen.

Die Voraussetzung einer diversionellen Erledigung lag nicht vor, weil das Verschulden des Angeklagten als schwer anzusehen war und eine Verfahrenseinstellung nicht gleich gut wie eine Verurteilung geeignet war, den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Straftaten nach dem Suchtmittelgesetz abzuhalten.

Mildernd wurde das reumütige Geständnis bei der Strafbemessung berücksichtigt. Erschwerend wurden zwei einschlägige, rückfallsbegründende Vorstrafen und die wiederholten Angriffe gewertet.

1.3.3.4. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 13.03.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels als Beitragstäter und des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel als Beitragstäter (§§§ 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall sowie 28 Abs. 1 zweiter und dritter Fall SMG, § 12 StGB) zu einer unbedingten Freiheitstrafe in der Dauer von 14 Monaten verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer dadurch, dass er mit Mittätern eine Suchtgiftlieferung durch vorangegangene Telefonate mitorganisierte und sich vor Beginn der Lieferung bereit erklärte, das nach Österreich geschmuggelte Suchtgift zu übernehmen, woraufhin eine Mittäterin am 27.11.2012 und am 28.11.2012 mit 121,7 Gramm Kokain mit zumindest 23,2 Gramm Reinsubstanz Cocain (mithin die 1,55fache Grenzmenge) mit dem Zug von Italien nach Österreich reiste, zur vorschriftswidrigen Ausfuhr von Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus Italien und zur anschließenden Einfuhr des Suchtgiftes nach Österreich beigetragen und zum vorschriftswidrigen Besitz und zur vorschriftswidrigen Beförderung von Suchtgift in einer die Grenzmenge (§28b SMG) übersteigenden Menge von der österreichischen Staatsgrenze bis zum Zielort im Bundesgebiet beigetragen.

Das Geständnis, die Sicherstellung des Suchtgifts und die Beitragstäterschaft wurden mildernd, das Zusammentreffen von Vergehen mit Verbrechen und das Vorliegen der Strafverschärfung sowie wiederholte Angriffe wurden erschwerend bei der Strafbemessung berücksichtigt.

1.3.3.5. Mit Urteil eines Landesgerichtes als Schöffengericht vom 13.05.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des versuchten Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von 28 Monaten verurteilt. Die zuletzt gewährte bedingte Entlassung vom 04.03.2015 mit einem Strafrest von 3 Monaten wurde widerrufen.

Der Beschwerdeführer hat im Juni 2015 einen anderen dazu zu bestimmen versucht, vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus Italien aus- und nach Österreich einzuführen, indem er diesen aufforderte, 1 kg Cannabiskraut von Italien nach Österreich zu schmuggeln, wobei es beim Versucht blieb, weil er den Kaufpreis nicht im Voraus bezahlt hatte.

Eine diversionelle Erledigung kam mit Blick auf das einschlägig getrübte Vorleben des Beschwerdeführers bereits aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht. Eine auch nur teilbedingte Strafnachsicht kam aufgrund der Vorstrafbelastung und aufgrund der Ankündigung des Beschwerdeführers vor dem Haftrichter, nach Haftentlassung den Suchtgifthandel erneut aufnehmen zu wollen, nicht in Betracht, zumal der Beschwerdeführer diverse in der Vergangenheit genossenen Rechtswohltaten nicht dazu nutzte, um über das Unrecht seiner bisherigen Taten hinreichend zu reflektieren.

Als erschwerend wurden drei einschlägige Vorstrafen bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39 Abs. 1 StGB gewertet, die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit bei sehr raschem Rückfall sowie Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen. Als mildernd wurden das teilweise reumütige Geständnis, dass es teilweise beim Versuche geblieben ist sowie der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer im Urteilszeitpunkt einer Therapie unterzog, berücksichtigt.

1.3.4. Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig.

1.3.5. Der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers war seit dem 26.03.2019 für das Bundesamt nicht feststellbar und hielt sich der Beschwerdeführer seit diesem Zeitpunkt im Verborgenen auf (Melderegister).

1.3.6. Der Beschwerdeführer verhält sich im Verfahren unkooperativ. Beschwerdeführer versucht durch sein Untertauchen und seine Ausreise nach Slowenien und die weitere (dritte) Asylantragstellung, seine Abschiebung zu verhindern. Der Beschwerdeführer wird sich einer Abschiebung widersetzen und im Falle einer Haftentlassung erneut untertauchen und sich vor den Behörden im Verborgenen halten.

Der Beschwerdeführer reiste trotz seiner Ausreiseverpflichtung in seinen Herkunftsstaat nach Slowenien, wo er ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, um seine Abschiebung zu verhindern. Der Beschwerdeführer versuchte entgegen seiner Ausreiseverpflichtung nach Nigeria, von Slowenien nach Österreich einzureisen. Vom Bundesamt musste bereits ein Festnahmeauftrag erlassen werden, da der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam.

1.3.7. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer wurde bereits zwei Mal erfolgreich vom Bundesamt organisiert. Das zuletzt ausgestellte Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer war bis 27.07.2020 gültig. Es ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer von der nigerianischen Vertretungsbehörde neuerlich ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden wird.

Eine Flugabschiebung für den Beschwerdeführer für 25.06.2020 wurde abgesagt, ein neuer Termin für die Abschiebung wurde mit Ende Oktober 2020 in Aussicht gestellt. Das Bundesamt ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen. Es hat rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer eingeleitet und die Abschiebung bereits für Juni 2020 geplant.

Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer in seinen Herkunftsstaat besteht zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in hinreichendem Maße. Die Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer ist nach wie vor möglich. Hinweise für eine dauerhafte Unmöglichkeit einer Abschiebung liegen dem Gericht im Entscheidungszeitpunkt nicht vor.

1.3.8. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung vom 17.09.2020 hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen Asyl- und Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Zum bisherigen Verfahren

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zitierten Stellen aus dem Akt des Bundesamtes und dem Gerichtsakt sowie aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren (W150 2232123-1; W279 2232123-2; W283 2231232-3/7E; W140 2232123-4/6E) und die Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffend (W168 1417448-1; W168 1417448-2; I409 1417448-3; I417 1417448-4).

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

2.2.1. Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Dass der Beschwerdeführer als Staatsangehöriger von Nigeria identifiziert wurde ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Heimreisezertifikat. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers.

Da der erste und zweite Asylantrag des Beschwerdeführers in Österreich rechtskräftig abgewiesen wurde, und der faktische Abschiebeschutz hinsichtlich des zweiten Folgeantrages rechtskräftig aufgehoben wurde, ist der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2.2. Dass gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.02.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet wurde und er seitdem in Schubhaft angehalten wird, war aufgrund des im Akt aufliegenden Schubhaftbescheides und der Einsichtnahme in die Anhaltedatei festzustellen.

2.2.3. Die Feststellungen zum Verfahren hinsichtlich des ersten Antrags auf internationalen Schutz, ergibt sich aus der Einsichtnahme in die jeweiligen Akten des Bundesverwaltungsgerichts (W168 1417448-1/6E; W168 1417448-2/15E).

2.2.4. Die Feststellungen zum Verfahren hinsichtlich des Folgeantrages vom 17.06.2015 waren ebenfalls aufgrund der Einsicht in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts zu treffen (I409 1417448-3/4E).

2.2.5. Die Feststellungen zum dritten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 26.02.2020 waren aufgrund der Aktenlage und der Einsicht in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts zu treffen (I417 1417448-4/3E).

2.2.6. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war. Der Beschwerdeführer gab im Rahmen seiner polizeilichen Befragung am 26.02.2020 selbst an, dass er keine Probleme mit seiner Gesundheit hat und keine Medikamente einnimmt. Auch im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 05.03.2020 gab der Beschwerdeführer auf die Frage nach seinem Gesundheitszustand lediglich an, sehr nervös zu sein und Beruhigungsmittel zu nehmen. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft und lässt sich zudem aufgrund der in der Anhaltedatei erfassten 14tägigen Arztkontrollen und dem dort ersichtlichen Verbringen des Beschwerdeführers am 26.03.2020 zur ambulanten Behandlung in ein Krankenhaus feststellen.

2.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

2.3.1. Dass gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und ein 10jähriges Einreiseverbot bestehen, die seit dem 29.08.2017 rechtskräftig sind, war aufgrund der Einsichtnahme in den Gerichtsakt festzustellen (I409 1417448-3/4E). Auch die Feststellung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes war aufgrund der Einsichtnahme in den Gerichtsakt festzustellen (I417 1417448-4/3E).

2.3.2. Dass der Beschwerdeführer in Österreich weder über maßgebliche private oder familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, noch enge soziale Anknüpfungspunkte hat, war aufgrund seiner Angaben in den bisherigen Verfahren zu treffen. Im Zuge seiner zweiten Asylantragstellung brachte der Beschwerdeführer hinsichtlich seines Familienlebens vor, mit seinem Partner eine eingetragene gleichgeschlechtliche Partnerschaft eingehen zu wollen (I409 1417448-3/4E, S. 4 f). Im Zuge seiner dritten Asylantragstellung führte er eine in Österreich lebende Tochter sowie seine Frau ins Treffen (I417 1417448-4: OZ 1, AS 55). Die Angaben zu Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Österreich waren widersprüchlich und nicht glaubhaft.

Dass der Beschwerdeführer seit seiner Einreise behördliche Meldungen in Justizanstalten im Ausmaß von mehr als 3,5 Jahren vorzuweisen hat und er seit dem 25.03.2019 nicht mehr behördlich im Bundesgebiet gemeldet war, ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in das Melderegister. Aus dem Melderegister ist zu ersehen, dass der Beschwerdeführer aktuell über keine Meldeadresse außerhalb des Anhaltezentrums verfügt. Dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von September bis Oktober 2019 in Italien und von Oktober 2019 bis Februar 2020 in Slowenien aufhältig war, war aufgrund seiner eigenen Angaben festzustellen (I417 1417448-4, OZ 1: AS 48). Das Fehlen eines gesicherten Wohnsitzes ergibt sich ebenfalls aus dem Einblick in das zentrale Melderegister.

Eine nachhaltige Existenzsicherung ist mangels Geldreserven, wie dies in der Anhaltedatei ersichtlich ist, nicht zu erblicken. Einer legalen Erwerbstätigkeit zur Erlangung einer Selbsterhaltungsfähigkeit steht das Fehlen einer diesbezüglichen Bewilligung entgegen. Der Beschwerdeführer hat selbst angegeben in Österreich illegal gearbeitet zu haben. Dass er in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgegangen ist, war auch aufgrund der Einsichtnahme in die Abfrage des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger festzustellen.

2.3.3. Dass der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, war aufgrund seiner fünf rechtskräftigen Verurteilungen festzustellen. Dass ihn weder seine Verurteilungen noch die Inhaftierungen von weiteren Straftaten abhalten konnten, war aufgrund der Anzahl seiner Verurteilungen und Inhaftierungen und der Tatbegehung trotz laufender Probezeit festzustellen (Strafregister; insbesondere Strafurteil vom 13.05.2016).

Die rechtskräftigen Verurteilungen ergeben sich aufgrund der Einsichtnahme in das Strafregister.

2.3.4. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass er aufgrund seines Vorverhaltens, wonach er bereits fünf Mal von österreichischen Gerichten aufgrund von Strafrechtsdelikten rechtskräftig verurteilt wurde, für sich keine Vertrauenswürdigkeit in Anspruch nehmen kann.

2.3.5. Der Einsichtnahme in das Melderegister war zu entnehmen, dass der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers seit dem 26.03.2019 für das Bundesamt nicht feststellbar war und er sich im Verborgenen aufhielt.

2.3.6. Das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers wird seitens des Gerichts als unkooperativ qualifiziert, da der Beschwerdeführer seit dem ersten negativen Abschluss seines Asylverfahrens im Jahr 2011 weiterhin im Bundesgebiet verblieb und durch unbegründete Rechtsbehelfe und Rechtsmittel und die Stellung von zwei weiteren Asylanträgen versuchte, seiner Ausreiseverpflichtung zu umgehen. Dass er sich einer Abschiebung widersetzen und im Falle der Haftentlassung untertauchen wird, war aufgrund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers festzustellen. Seit 26.03.2019 hielt sich der Beschwerdeführer bereits für die Behörden im Verborgenen auf und reiste trotz seiner Ausreiseverpflichtung und einem Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum nach Italien und Slowenien und hielt sich dort längere Zeit auf, worauf sich die Feststellung zum Untertauchen des Beschwerdeführers im Falle der Haftentlassung gründen. Die Erlassung eines Festnahmeauftrages war aufgrund des Akteninhaltes festzustellen.

2.3.7. Die Feststellungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer beruhen auf dem Akteninhalt und der Stellungnahme des Bundesamtes vom 03.10.2020. Dass dem Beschwerdeführer auch neuerlich ein Heimreisezertifkat ausgestellt werden wird, ergibt sich bereits aufgrund der bisherigen mehrmaligen Ausstellung desselben. Die Feststellungen zur geplanten Flugabschiebung ergeben sich aufgrund des Akteninhalts.

Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb eine Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer nicht erfolgen können soll. Insbesondere liegen dem Gericht zum Entscheidungszeitpunkt keinerlei Hinweise dafür vor, dass Rückführungen nach Nigeria aufgrund der Corona-Pandemie dauerhaft nicht möglich wären. Aufgrund der allgemeinen Lage im Hinblick auf die Wiederaufnahme des internationalen Flugverkehrs und der Stellungnahme des Bundesamtes vom 03.10.2020 ist im Entscheidungszeitpunkt von der Effektuierung der Abschiebung Ende Oktober, jedenfalls aber in den nächsten Monaten auszugehen.

2.3.8. Eine Änderung der Umstände seit der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.09.2020, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen, ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Es sind keine Hinweise hervorgekommen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhafthaftdauer nicht möglich ist.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Fortsetzungsausspruch

(…)

3.3. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Gegen den Beschwerdeführer besteht seit dem 29.08.2017 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot in der Dauer von 10 Jahren. Am 26.02.2020 hat der Beschwerdeführer seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt. Seit dem 27.02.2020 wird der Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG in Schubhaft angehalten. Mit Beschluss vom 19.03.2020 wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Hinblick auf den dritten Asylantrag des Beschwerdeführers durch das Bundesverwaltungsgericht als rechtmäßig bestätigt und kommt dem Beschwerdeführer daher kein Bleiberecht zu.

Daher ist die Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zu prüfen. Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

Seit dem 29.08.2017 bestehen gegen den Beschwerdeführer eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot in der Dauer von 10 Jahren. Gemäß § 76 Abs. 2 zweiter Satz FPG steht diese der Anwendung von Z 1 leg. cit. nicht entgegen.

3.3.1. Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit iSd § 67 FPG

Der Beschwerdeführer wurde bereits fünf Mal rechtskräftig verurteilt, zuletzt zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 28 Monaten.

Der Beschwerdeführer hat kurz nach seiner Einreise in das Bundesgebiet und während seines laufenden Beschwerdeverfahrens erstmalig gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen und wurde in weiterer Folge insgesamt fünf Mal wegen Verbrechen und Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz verurteilt. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer gewerbsmäßig und gewinnbringend Kokain und Heroin über lange Zeit hinweg in Österreich verkauft hat. Von der weiteren Begehung von Suchtgiftdelikten konnten den Beschwerdeführer weder das Verspüren des Haftübels noch die Gewährung von Probezeiten abhalten. Der Beschwerdeführer wurde zuletzt als Bestimmungstäter wegen des Verbrechens des versuchten Suchtgifthandels, nämlich den Suchtgiftschmuggel von 1 kg Cannabiskraut von Italien nach Österreich verurteilt.

Gerade an der Einhaltung der Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes liegt ein besonders hohes staatliches Interesse. Diesem Interesse hat der Beschwerdeführer massiv zuwidergehandelt, weshalb sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet und ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers besteht. Der Beschwerdeführer konnte trotz mehrfacher Verurteilungen und dem Verspüren des Haftübels nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden und wurde im letzten Strafurteil erwogen, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit genossene Rechtswohltaten nicht dazu nutzte um über das Unrecht seiner bisherigen Tätigkeit hinreichend zu reflektieren.

Aufgrund des persönlichen Verhaltens des Beschwerdeführers in der Vergangenheit ist im Hinblick auf die dargelegten Umstände und die Art und Schwere der Straftaten eine Gefährdungsannahme gerechtfertigt. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers stellt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt dar. Das Tatbestandselement, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet, ist daher gegenständlich erfüllt.

3.4. Fluchtgefahr

Im vorliegenden Fall wurde im letzten Folgeantragsverfahren der faktische Abschiebeschutz aufgehoben. Nach negativem Abschluss seines zweiten Asylverfahrens hat sich der Beschwerdeführer dem Verfahren bereits entzogen, lebte ohne behördliche Meldung in Österreich und reiste nach Italien und Slowenien weiter und hielt sich auch dort auf. Das Verfahren hat darüber hinaus ergeben, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit weder kooperativ war, noch vertrauenswürdig ist.

Fluchtgefahr ist dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG ist bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert.

Seit dem 29.08.2017 besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Nachdem der Beschwerdeführer seit dem 26.03.2019 für das Bundesamt nicht greifbar war und nach Italien und Slowenien weitergereist ist, hat der Beschwerdeführer seine Abschiebung behindert, weshalb der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt ist.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige, durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und er nach rechtskräftigem Abschluss des zweiten Asylverfahrens untergetaucht ist, um sich einer Abschiebung zu entziehen, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z 4 FPG ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr zu berücksichtigen, ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt.

Der faktische Abschiebeschutz wurde aufgehoben und die Rechtmäßigkeit der Aufhebung durch Beschluss vom 19.03.2020 durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt. § 76 Abs. 3 Z 4 FPG liegt daher vor.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z 5 FPG ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr zu berücksichtigen, ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde.

Der Beschwerdeführer stellte am 26.02.2020 einen (zweiten) Folgeantrag. Zu diesem Zeitpunkt war die Rückkehrentscheidung, nämlich durch Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde hinsichtlich des Bescheides vom 30.06.2017 durchsetzbar, bzw. durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2017, nach Zustellung am 29.08.2017 rechtskräftig. Der Beschwerdeführer wurde sofort nach seiner Dublin-Überstellung zu diesem Zeitpunkt aufgrund eines Festnahmeauftrags des Bundesamtes angehalten. Es ist daher im vorliegenden Fall auch der Tatbestand der Z 5 des § 76 Abs. 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3, Z 4, Z 5 und Z 9 FPG vor.

3.5. Sicherungsbedarf

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Der Beschwerdeführer ist nach rechtskräftigem Abschluss seines zweiten Asylverfahrens untergetaucht und war für die Behörde nicht greifbar und ist nach Italien und Slowenien weitergereist. Es liegt eine den Beschwerdeführer betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme sowie ein Einreisverbot vor und der faktische Abschiebeschutz hinsichtlich seines Folgeantrages wurde aufgehoben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

In Österreich befinden sich keine engen familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.6. Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der Beschwerdeführer wurde fünf Mal wegen Suchtgiftdelikten strafrechtlich verurteilt. Er hat wiederholt gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen, gewerbsmäßig und gewinnbringend wiederholt Kokain und Heroin verkauft und wurde er auch wegen des Verbrachens des versuchten Suchtgiftschmuggels von Italien nach Österreich verurteilt. Zuletzt wurde er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 28 Monaten verurteilt.

Da der Beschwerdeführer nicht einmal durch rechtskräftige Bestrafungen und der Verspürung des Haftübels von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden konnte, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch künftig Straftaten nach dem Strafgesetzbuch bzw. Suchtmittelgesetz begehen werde. Aufgrund der wiederholten Begehung von Suchtgiftdelikten gefährdet der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Daher besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers.

Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Der Beschwerdeführer hat mehrfach gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Er hat in Österreich bereits zwei unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt, hinsichtlich seines dritten Antrages wurde der faktische Abschiebeschutz aufgehoben. Er ist in der Vergangenheit untergetaucht, um seiner Abschiebung zu entgehen. Es wurde auch ein Einreiseverbot in der Dauer von 10 Jahren verhängt. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers bekundet. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers, der keine engen Kontakte und keine engen Familienbande in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers.

Es wurde bereits ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer von der Vertretungsbehörde ausgestellt und kann die Neuausstellung jederzeit erfolgen. Wie sich aus der medialen Berichterstattung ergibt, ist der Flugverkehr aus Österreich auf Grund der derzeitigen Pandemie (Covid-19) zwar noch immer eingeschränkt, wurde im Laufe der letzten Monate allerdings bereits teilweise wiederaufgenommen, sodass eine realistische Möglichkeit der Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer der Schubhaft besteht. Ferner setzt eine Abschiebung nicht die Wiederaufnahme des geregelten, touristischen Flugbetriebes voraus. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht aus aktueller Sicht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand – kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt – mit wenigen Wochen und allenfalls Monaten, einzustufen. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist es trotz der Einschränkungen im Flugverkehr fallbezogen noch vertretbar eine Schubhaft in Erwartung einer Lockerung der Reisebeschränkungen vorerst aufrecht zu erhalten (VwGH vom 12.05.2020, Ra 2020/21/0094).

3.6.1. Fortsetzung gemäß § 80 Abs. 4 FPG

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers seit 28.08.2020 mehr als sechs Monate andauert und auch vor dem Hintergrund des § 80 Abs. 4 FPG die Verhältnismäßigkeit gegeben sein muss.

Eine Verlängerung der Schubhaft über den Zeitraum von sechs Monaten gemäß § 80 Abs. 2 Z 2 FPG ist im vorliegenden Fall, mangels Anwendbarkeit von § 80 Abs. 3 und Abs. 5 FPG nur unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 zulässig.

Für das Vorliegen einer der Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 Z 1 bis 3 FPG haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben.

Zu prüfen ist daher, ob die Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 Z 4 gegeben sind.

Das Bundesverwaltungsgericht geht zudem davon aus, dass in jenen Fällen, in denen sich der Fremde bereits einmal dem Verfahren entzogen hat, die Schubhaftdauer verlängert werden kann. Die Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 84/2017, geben den Willen des Gesetzgebers wieder: „Die vorgeschlagene Neuregelung des § 80 vereinfacht einerseits die Regelung der Schubhaftdauer, indem sie die Maßgeblichkeit der Durchrechnungszeiträume entfallen lässt, und schöpft andererseits die von der Rückführungs-RL gebotenen Möglichkeiten deutlicher aus, indem sie die zulässige Höchstdauer der Schubhaft auf sechs bzw. – in den in § 80 Abs. 4 definierten Ausnahmefällen – auf 18 Monate anhebt.“ (RV 1523 BlgNR XXV. GP 4).

Der Beschwerdeführer hat sich, wie den Feststellungen unter Punkt 1.3.5. zu entnehmen ist, in der Vergangenheit der Abschiebung durch Untertauchen entzogen:

Der Beschwerdeführer war für die Behörde nicht greifbar, er war untergetaucht. Diesen Umstand hat der Beschwerdeführer auch im gesamten Verfahren nie bestritten. Wenn sich ein Fremder dem Verfahren entzieht, kommt es nicht auf die Dauer des Entzuges, sondern lediglich darauf an, ob der Fremde sich dem Verfahren überhaupt entzogen hat. § 80 Abs. 4 Z 4 FPG liegt daher vor.

3.7. Gelinderes Mittel

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung des Verfahrens, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht. Der Beschwerdeführer hat sich bereits in der Vergangenheit durch Untertauchen seiner Abschiebung entzogen.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.8. Ultima ratio

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.9. Entfall der mündlichen Verhandlung

(…)

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Stellungnahme der belangten Behörde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.“

Die Verwaltungsbehörde legte neuerlich den Schubhaftakt vor und beantragte wiederum die Fortsetzung der Schubhaft; in ihrer Stellungnahme führte sie unter anderem aus:

„(…)

Nunmehr ist der Fremde für den Charter nach Nigeria am 12.11.2020 vorgesehen und ist er für diesen Charterflug bereits eingebucht.

Auch wenn durch die COVID 19 Krise derzeit noch keine Einzelabschiebung nach Nigeria möglich ist, so ist dennoch mit einer Abschiebung jedenfalls innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer zu rechnen, seitens des BFA ist beabsichtigt, den Fremden mit dem Charter am 12.11.2020 nach Nigeria abzuschieben.

(…)

Die Gründe für die Verhängung der Schubhaft liegen daher aus Sicht der Behörde derzeit auch weiterhin vor und ist diese im Hinblick auf den gesteigerten Sicherungsbedarf angesichts des fortgeschrittenen Verfahrensstandes auch weiterhin erforderlich und verhältnismäßig, zumal eine Abschiebung mit dem Charter am 12.11.2020 geplant ist.“

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 

Feststellungen:

Die vom Bundesverwaltungsgericht im oben angeführten Vorerkenntnis getroffenen und im Verfahrensgang dargestellten Feststellungen werden, soweit zitiert, zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

Ergänzend wird festgestellt:

Die Abschiebung (per Charter) ist für den 12.11.2020 vorgesehen.

Es sind zwischenzeitlich keine Umstände eingetreten, die auch nur ansatzweise für eine Freilassung des Beschwerdeführers sprechen.

Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Vorerkenntnis übernommenen Feststellungen ist auf die eindeutige Aktenlage im Zusammenhang mit den erwägenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes im Vorerkenntnis zu verweisen.

Die ergänzende Feststellung ergibt sich aus der Stellungnahme der Verwaltungsbehörde – hingewiesen wird in diesem Zusammenhang, dass ein Heimreisezertifikat bereits ausgestellt wurde.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Stellungnahme der belangten Behörde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Fortsetzungsausspruch:

Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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