TE Lvwg Erkenntnis 2020/12/1 LVwG-2020/32/1055-8

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Veröffentlicht am 01.12.2020
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Entscheidungsdatum

01.12.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §81
GewO 1994 §74 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von AA, vertreten durch RA BB, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y der Bezirkshauptmannschaft Y vom 22.04.2020, ***, betreffend eine Angelegenheit nach der Gewerbeordnung 1994 nach der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird nach der Maßgabe der nachfolgenden Spruchpunkte insofern Folge gegeben, wonach die verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 750,-- auf Euro 220,-- herabgesetzt wird.

2.       Bei der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) hat es wie folgt zu lauten:

„AA ist gewerberechtlicher Geschäftsführer der CC Kommanditgesellschaft mit Sitz in **** Sitz in X, Adresse 2. In dieser Eigenschaft hat er es zu verantworten, dass die mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 25.02.1992, Zahl ***, erstgenehmigte und mit Nachfolgebescheiden geänderte Betriebsanlage zur Ausübung des Handelsgewerbes mit Standort in **** Y, Adresse 3, am 30.03.2020 durch die Lagerung die Lagerung von verschiedenen Pflanzen- und Blumenerden und Rindenmulch als Sackware, gestapelt auf Paletten, im Freien in unmittelbarer Nähe des Ausganges des CCmarktes in geänderter Weise betrieben wurde. Diese geänderte Betriebsweise war geeignet, das Leben und die Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchten, zu gefährden.“

3.       Bei den verletzten Verwaltungsvorschriften (§ 44a Z 2 VStG) hat es wie folgt zu lauten:

§ 81 Abs 3 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 96/2017 iVm § 368 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 42/2008

4.       Bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) hat es wie folgt zu lauten:

§ 368 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 42/2008

5.       Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens mit Euro 22,-- neu festgelegt.

6.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Aufgrund einer Bürgermeldung wurde der Beschuldigte als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Inhaberin des Gewerbes von der belangten Behörde mit Schreiben vom 31.03.2020 zu einer Rechtfertigung im Zusammenhang mit der Lagerung von verschiedenen Pflanzen- und Blumenerden und Pflanzen auf Betriebsflächen der gewerblichen Betriebsanlage im Anwesen Adresse 3 in **** Y aufgefordert.

Dieser Aufforderung ist der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte mit der Rechtfertigung vom 15.04.2020 nachgekommen.

In der Folge wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 22.04.2020, Zahl ***, erlassen, wobei dem Beschuldigten wie folgt angelastet wurde:

„Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der CC Kommanditgesellschaft mit dem Sitz in **** X, Adresse 2, zu verantworten, dass die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 25.05.1992, Zahl *** (Stammgenehmigungsbescheid) genehmigte und mit Folgebescheiden geänderte Betriebsanlage zur Ausübung des Handelsgewerbes mit Standort in **** Y, Adresse 3, zumindestens am 30.03.2020 durch die Lagerung von verschiedenen Pflanzen- und Blumenerden und Pflanzen am Vorplatzbereich bei den Aus- und Eingängen sowie auf den in Richtung DD situierten Parkplätzen des CCmarktes in **** Y, Adresse 3, in geänderter Weise betrieben wurde, obwohl Sie nicht im Besitz einer Betriebsanlagengenehmigung für die geänderte Betriebsweise waren und die geänderte Betriebsweise geeignet ist, das Leben und die Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage

der Art des Betriebes gemäß aufzusuchen, zu gefährden.

Die gegenständlichen Flächen sind laut Bescheiden nicht als Verkaufs- und Lagerflächen genehmigt.“

Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach den §§ 370 Abs 1 iVm § 366 Abs 1 Z 3 zweiter Tatbestand iVm § 74 Abs 2 Z 1 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idgF, begangen und wurde über ihn daher gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 eine Geldstrafe in Höhe von Euro 750,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 70 Stunden) verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der vormalige Beschuldigte und nunmehrige Beschwerdeführer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben.

In der Beschwerde vom 22.05.2020 wird wie folgt ausgeführt:

„I. Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 22.04.2020, GZ: ***, dem Vertreter des Einschreiters am 24.04.2020 zugestellt, wurde dem Einschreiter zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretung begangen zu haben:

Der Einschreiter habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der CC Kommanditgesellschaft mit dem Sitz in **** X, Adresse 2, zu verantworten, dass die mit Bescheid der BH Y vom 25.05.1992, Zahl *** (Stammgenehmigungsbescheid), genehmigte und mit Folgebescheiden geänderte Betriebsanlage zur Ausübung des Handelsgewerbes mit Standort in **** Y, Adresse 3, zumindest am 30.03.2020 durch die Lagerung von verschiedenen Pflanzen- und Blumenerden und Pflanzen am Vorplatzbereich bei den Aus- und Eingängen sowie auf den in Richtung DD situierten Parkplätzen des CCmarktes in **** Y, Adresse 3, in geänderter Weise betrieben worden sei, obwohl er nicht im Besitz einer Betriebsanlagengenehmigung für die geänderte Betriebsweise gewesen sei und die geänderte Betriebsweise geeignet sei, das Leben und die Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage

der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden.

Die gegenständlichen Flächen seien laut Bescheiden nicht als Verkaufs- und Lagerflächen

genehmigt.

Der Einschreiter habe dadurch die Rechtsvorschriften der §§ 370 Abs 1 iVm 366 Abs 1 Ziffer 3 zweiter Tatbestand iVm § 74 Abs 2 Ziffer 1 GewO 1994 BGBl.Nr. 194/1994 idgF. verletzt.

Aufgrund dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Einschreiter eine Geldstrafe in Höhe von € 750,00 zuzüglich der Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 75,00, sohin ein Gesamtbetrag in Höhe von € 825,00 verhängt.

II. Zulässigkeit der Beschwerde:

Die Beschwerde ist zulässig, weil der Einschreiter durch das angefochtene Straferkenntnis der BH Y vom 22.04.2020, GZ: ***, dem Vertreter des Einschreiters am 24.04.2020 zugestellt, in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht, nicht wegen einer Verwaltungsübertretung nach §§ 370 Abs 1 iVm 366 Abs 1 Ziffer 3 zweiter Tatbestand iVm § 74 Abs 2 Ziffer 1 GewO 1994 schuldig erkannt und ihretwegen bestraft zu werden, verletzt ist und erhebt der Einschreiter durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter an das für Beschwerden gegen Straferkenntnisse der BH Y zuständige Landesverwaltungsgericht Tirol innerhalb der offenen vierwöchigen Beschwerdefrist

BESCHWERDE

und stellt die

ANTRÄGE:

1.  Das Landesverwaltungsgericht Tirol möge eine öffentliche mündliche Verhandlung

    durchführen und in dieser Verhandlung die beantragten Beweise aufnehmen;

2.  das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben und das gegen den Einschreiter eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen; in eventu

3.  von einer weiteren Verfolgung nach § 45 Abs 1 VStG absehen.

Der Einschreiter erhebt darüber hinaus die

ANREGUNG,

das Landesverwaltungsgericht Tirol möge im Sinne des Artikel 140 Abs 1Z 1 B-VG einen Antrag auf Prüfung der Rechtmäßigkeit des § 47 Abs 4 GewO an den Verfassungsgerichtshof stellen. Es möge geprüft werden, ob die Norm des § 47 Abs 4 GewO aus folgenden Gründen verfassungswidrig ist:

Gleichheitssatz:

Der in Artikel 7 B-VG normierte Gleichheitssatz bewirkt ein allgemeines Sachlichkeitsgebot für die Gesetzgebung sowie ein Willkürverbot für die Verwaltung. Der Gleichheitssatz bindet zunächst den Gesetzgeber und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Auch die Vollziehungsorgane dürfen aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes nicht willkürlich vorgehen. Demnach verletzt eine Behörde, die einen Bescheid erlässt, oder ein VwG, das ein Erkenntnis erlässt, den Gleichheitssatz, wenn der Bescheid bzw. das Erkenntnis auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde bzw. das VwG der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides oder das VwG bei Erlassung eines Erkenntnisses Willkür übt (Stolzlechner, Einführung in das öffentliche Recht6 (2013) Rz 685, 687.).

Im Rahmen dieser Beschwerde ist lediglich eine Anregung auf Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof möglich.

Es wird dabei zu prüfen sein, ob nicht mit der in § 47 Abs 4 GewO getroffenen Regelung, wonach nur der Gewerbetreibende von seiner Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften in der Betriebsstätte, für die der Filialgeschäftsführer bestellt ist, im Rahmen des § 370 GewO befreit ist, wenn er die Bestellung ordnungsgemäß angezeigt hat, eine sachlich nicht begründbare Regelung getroffen und damit der Gleichheitssatz verletzt wurde. Ohne gleichzeitigem Bestehen einer Regelung, wonach auch der gewerberechtliche Geschäftsführer von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit hinsichtlich der Betriebsstätte, für die ein Filialgeschäftsführer wirksam bestellt und eingetragen wird, ist die Regelung sachlich nicht begründbar und widerspricht darüber hinaus § 370 Abs 1 und Abs 4 GewO, woraus sich ergibt, dass für den Fall der Bestellung eines Filialgeschäftsführers Strafen gegen diesen zu verhängen sind.

Zusätzlich lässt der Gesetzeswortlaut des § 47 Abs 4 GewO - wie dies im gegenständlichen Fall von der Behörde vertreten wird - eine Auslegung dahingehend zu, dass es der Behörde freistehen würde, auszuwählen, ob Verwaltungsstrafverfahren betreffend einer weiteren Betriebsstätte gegen den Filialgeschäftsführer oder gegen den gewerberechtlichen Geschäftsführer geführt werden. Eine solche Auslegung widerspricht aber nicht nur dem Willkürverbot in der Vollziehung, sondern widerspricht zusätzlich dem ausdrücklichen Wortlaut des § 370 Abs 1 und 4 GewO.

Es möge daher geprüft werden, ob § 47 Abs 4 GewO dem Gleichheitssatz widerspricht und sohin verfassungswidrig ist.

Recht auf Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs 2 B-VG und Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK:

Da es die Behörde im gegenständlichen Fall aufgrund des § 47 Abs 4 GewO offensichtlich als ihre freie Entscheidung ansieht, beim Vorwurf einer Verwaltungsübertretung in einer weiteren Betriebsstätte, für die ein Filialgeschäftsführer bestellt und im Gewerberegister eingetragen ist, den Filialgeschäftsführer oder aber den gewerberechtlichen Geschäftsführer verwaltungsstrafrechtlich zu verfolgen, möge auch geprüft werden, ob § 47 Abs 4 GewO gegen das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstößt und daher verfassungswidrig ist.

III. Die Beschwerdeanträge werden begründet wie folgt:

Als Beschwerdegründe werden materielle Rechtswidrigkeit, mangelhafte Sachverhaltsfeststellung und mangelhafte Beweiswürdigung sowie willkürliche und unzweckmäßige Ermessensausübung geltend gemacht.

1.       Materielle Rechtswidrigkeit hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen

Verantwortlichkeit:

Mit dem Spruch des Straferkenntnisses der BH Y vom 22.04.2020 wird dem Einschreiter

zusammengefasst vorgeworfen, dass er die genehmigte Betriebsanlage mit dem Standort **** Y, Adresse 3, am 30.03.2020 in geänderter Weise betrieben habe.

Der Einschreiter hat der Behörde in seiner Rechtfertigung vom 15.04.2020 bereits bekanntgegeben, dass die CC KG als Inhaberin der Gewerbeberechtigung für die gegenständliche weitere Betriebsstätte in **** Y, Adresse 3, Herrn EE Adresse 4, **** W, zum gewerberechtlichen Filialgeschäftsführergemäß § 47 GewO bestellt hat. Diese Bestellung wurde auch ordnungsgemäß angezeigt und Herr EE, im Gewerberegister als geweberechtlicher Filialgeschäftsführer für die weitere Betriebsstätte am Standort **** Y, Adresse 3, eingetragen.

Dennoch hat die zuständige Behörde ein Straferkenntnis gegen den Einschreiter als gewerberechtlichen Geschäftsführer erlassen und dies zusammengefasst damit begründet, dass gemäß § 47 Abs 4 GewO nur der Gewerbetreibende durch die Bestellung eines Filialgeschäftsführers von seiner Verantwortung für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften befreit werde, nicht jedoch ein allenfalls bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer. Nach Ansicht der Behörde befreie die Bestellung eines Filialgeschäftsführers

daher einen gewerberechtlichen Geschäftsführer nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auch für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften in einer weiteren Betriebsstätte, für die ein Filialgeschäftsführer bestellt wurde.

Dieser Rechtsansicht der Behörde ist jedoch nicht zuzustimmen.

Richtig ist, dass der Einschreiter von der Gewerbeinhaberin, der CC Kommanditgesellschaft, mit dem Standort der Gewerbeberechtigung in **** X, Adresse 2, zum gewerberechtlichen Geschäftsführer im Sinne des § 39 GewO bestellt wurde. Daneben hat die Gewerbeinhaberin für weitere Betriebsstätten Filialgeschäftsführer gemäß § 47 GewO bestellt. Für die weitere Betriebsstätte am Standort **** Y, Adresse 3

29 wurde Herr EE als Filialgeschäftsführer bestellt. Durch diese Bestellung von EE zum Filialgeschäftsführer für die verfahrensgegenständliche Filiale durch den Einschreiter für und auftrags der Gewerbetreibenden, der CC Kommanditgesellschaft, war somit beiden betroffenen Personen, dem Einschreiter einerseits und dem sodann bestellten Filialgeschäftsführer EE andererseits rechtlich klar, dass mit dieser Bestellung von EE die Verantwortlichkeit, auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit, für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften in sachlicher und örtlicher Hinsicht für die verfahrensgegenständliche Filiale auf den bestellten Filialgeschäftsführer exklusive im Sinne von ausschließlich und alleinig auf EE übergegangen ist. Somit wurde bewusst von der Gewerbetreibenden, der CC Kommanditgesellschaft, im Auftrag und für diese eben genau durch den Einschreiter als gewerberechtlicher Geschäftsführer der sachliche und örtliche Verantwortungsbereich für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften auf den dann bestellten Filialgeschäftsführer EE übertragen, sodass dem dann bestellten Filialgeschäftsführer rechtlich nachvollziehbar klar war, dass ausschließlich er genau diese Verantwortlichkeit für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften für den verfahrensgegenständlichen Standort der Filiale übertragen erhalten hat.

§ 47 Abs 1 GewO sieht vor, dass der Gewerbetreibende für die Ausübung des Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte eine Person bestellen kann, die der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften in der weiteren Betriebsstätte verantwortlich ist (Filialgeschäftsführer). Nach § 47 Abs 3 GewO hat der Gewerbetreibende die Bestellung und das Ausscheiden eines Filialgeschäftsführers für die Ausübung eines Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte der Behörde anzuzeigen. Gemäß § 47 Abs 4 GewO ist der Gewerbetreibende von seiner Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften in der Betriebsstätte, für die der Filialgeschäftsführer bestellt ist, im Rahmen des § 370 GewO befreit, wenn er die Bestellung eines dem § 47 Abs 2 GewO entsprechenden Filialgeschäftsführers gemäß § 47 Abs 3 GewO angezeigt hat.

Wenngleich der Behörde darin zuzustimmen ist, dass der Gesetzeswortlaut des § 47 Abs 4 GewO eine Befreiung des Gewerbetreibenden und sohin der CC KG von ihrer Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften vorsieht, so hätte die Behörde das Strafverfahren in der gegenständlichen Angelegenheit betreffend die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften in der weiteren Betriebsstätte in **** Y, Adresse 3, gemäß des klaren Wortlautes des § 47 Abs 1 iVm § 370 Abs 1 und Abs 4 GewO direkt gegen den Filialgeschäftsführer einleiten und führen müssen. Sobald nämlich für eine weitere Betriebsstätte und sohin für einen konkret abgegrenzten Bereich ein Filialgeschäftsführer bestellt und der Behörde angezeigt wurde, so sind Verwaltungsstrafen im Sinne des § 370 Abs 1 iVm § 370 Abs 4 GewO hinsichtlich der Betriebsstätte, für die er verantwortlich ist, gegen den Filialgeschäftsführer zu verhängen.

Aufgrund der ordnungsgemäßen Bestellung und Anzeige des Filialgeschäftsführers für die weitere Betriebsstätte in **** Y, Adresse 3, ist der Einschreiter als gewerberechtlicher Geschäftsführer für den gesamten Standort der Gewerbeberechtigung in **** X, Adresse 2, der falsche Adressat des Straferkenntnisses.

Diesbezüglich führt der Einschreiter aus, dass zwar grundsätzlich immer nur eine Person für ein Gewerbe zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt werden kann, weil es unzulässig ist, mehrere gewerberechtliche Geschäftsführer nebeneinander zu bestellen. Nur durch einen Filialgeschäftsführer kann der gewerberechtliche Geschäftsführer von seiner Verantwortung für eine Filiale entlastet werden. Für jede weitere Betriebsstätte kann ebenfalls immer nur ein Filialgeschäftsführer bestellt werden (Hanusch, Kommentar zur Gewerbeordnung zu § 39 GewO, Seite 2; Rebhan (FN 1) 14; Kinscher/Sedlak, Gewerbeordnung6 (1996) § 46 FN 21.).

Wird kein Filialgeschäftsführer bestellt, so liegt die Verantwortung für die Filiale bei jener Person, die auch für den Hauptstandort verantwortlich ist, also beim Gewerbeinhaber selbst oder einem für den Gesamtbetrieb bestellten gewerberechtlichen Geschäftsführer - wie dies der Einschreiter ist. Der gewerberechtliche Geschäftsführer ist aber nur solange für alle Filiale verantwortlich, solange kein(e) Filialgeschäftsführer für einzelne Filialen bestellt wird. Wenn der Gewerbeinhaber die Bestellung eines Filialgeschäftsführers anzeigt, ist der Filialgeschäftsführer der Gewerbebehörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften in der weiteren Betriebsstätte verantwortlich (Hanusch, Kommentar zur Gewerbeordnung zu § 47 GewO RZ 1 und 2.).

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass der Einschreiter als gewerberechtlicher Geschäftsführer für den Gesamtbetrieb ab der Bestellung und Anzeige eines Filialgeschäftsführers für eine weitere Betriebsstätte - wie dies im gegenständlichen Fall durch die Bestellung und Anzeige des Herrn EE als Filialgeschäftsführer für die weitere Betriebsstätte in **** Y, Adresse 3 erfolgt ist - nicht mehr für die Einhaltung der verwaltungsrechtlichen Vorschriften in dieser weiteren Betriebsstätte verantwortlich ist, sondern der Filialgeschäftsführer, Herr EE der Behörde gegenüber verantwortlich ist.

Das vorliegende Straferkenntnis ist somit mit materieller Rechtswidrigkeit behaftet, zumal es gegen den Einschreiter als gewerberechtlichen Geschäftsführer gerichtet ist, obwohl für die betreffende weitere Betriebsstätte ein Filialgeschäftsführer bestellt ist, den die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit trifft.

Auch der Kommentar Gruber/Paliege/Barfuß zur Gewerbeordnung enthält zu § 47 die Ausführung, dass der Filialgeschäftsführer künftighin für die Einhaltung der die Filiale betreffenden gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich sein soll. Diesbezüglich wird auch kritisch angemerkt, dass fraglich sei, ob einem gewerberechtlichen Geschäftsführer gemäß § 39 GewO ein Filialgeschäftsführer gemäß § 47 GewO beigestellt werden könne. Es spräche aber gegen eine nebeneinander bestehende Verantwortlichkeit eines Filialgeschäftsführers und eines gewerberechtlichen Geschäftsführers, dass etwa nach VwGH 24.04.2015, 2011/17/0201 für die in räumlicher, sachlicher und allenfalls auch zeitlicher Hinsicht abgegrenzte verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit „immer nur eine von Vornherein feststehende Person" in Betracht komme und dies jedenfalls dann nicht gegeben sei, wenn aufgrund überlappender Verantwortungsbereiche mehrere Personen nebeneinander und auch kumulativ für einen bestimmten Verstoß gegen eine Verwaltungsvorschrift bestraft werden könnten.

Es kann sohin festgehalten werden, dass dann, wenn für die in räumlicher, sachlicher und allenfalls auch zeitlicher Hinsicht abgegrenzte verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit nur eine von Vornherein feststehende Person in Betracht kommt – was jedenfalls nicht gegeben sein kann, wenn überlappende Verantwortungsbereiche vorliegen könnten - immer nur diese eine von Vornherein feststehende Person für den abgegrenzten Bereich verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sein kann.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass durch die Bestellung des Filialgeschäftsführers, der auch im Gewerberegister eingetragen ist, für die bezeichnete weitere

Betriebsstätte und sohin für einen abgegrenzten Verantwortungsbereich eben nur der bestellte Filialgeschäftsführer, also die von Vornherein feststehende verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person, für die in dieser Betriebsstätte einzuhaltenden gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich sein kann.

Unter Berücksichtigung eines natürlichen Rechtsverständnisses und im Sinne einer systemkonformen Auslegung der Regelung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit

in der Gewerbeordnung muss ohnehin klar sein und ist im Sinne der obigen Ausführungen auch jedenfalls davon auszugehen, dass ab der Bestellung eines Filialgeschäftsführers für eine bestimmte weitere Betriebsstätte für diese Betriebsstätte der Filialgeschäftsführer und nicht der gewerberechtliche Geschäftsführer verantwortlich ist. Auch nach Pöschl, System der Gewerbeordnung FN 716 zu RZ 309, wäre „eine ausdrückliche Haftungsbefreiung des Geschäftsführers bei Bestellung eines Filialgeschäftsführers sinnvoll".

Der Behörde ist zwar darin zuzustimmen, dass aufgrund des Wortlautes des § 47 Abs 4 GewO in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Rechtsansichten zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Filialgeschäftsführers oder des daneben bzw. in einem Überordnungsverhältnis stehenden gewerberechtlichen Geschäftsführers vertreten werden. Dass der gewerberechtliche Geschäftsführer bei Bestellung eines Filialgeschäftsführers für eine weitere Betriebsstätte neben dem bestellten Filialgeschäftsführer aber vollends selbst verantwortlich bleiben würde, ist nicht nur deshalb abzulehnen, weil dann jegliche Bestellung eines Filialgeschäftsführers gemäß § 47 GewO völlig sinnbefreit wäre und dieser gesetzlich verankerten Möglichkeit der Boden entzogen würde, sondern würde dies auch als „rechtspolitisch fragwürdig" erscheinen, zumal regelmäßig ein Über- und Unterordnungsverhältnis der Verantwortlichen bestehen wird (VwGH 22.02.1996, 95/11/0302, VwGH 07.04.1995, 94/02/0470, Schlögl in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO § 47, (Stand 01.01.2015).

Nicht nur der Wortlaut des § 47 Abs 1 iVm § 370 Abs 1 und 4 GewO, sondern auch die Tatsache, dass § 47 GewO vor dem Hintergrund erlassen wurde, dass es vielfach nur vor Ort anwesenden Personen möglich ist, die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften zu überwachen (vgl. RV 1117 Big NR. 21.GP80), lassen die Annahme, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer trotz der Bestellung eines Filialgeschäftsführers für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften in der weiteren Betriebsstätte, für die der Filialgeschäftsführer bestellt wurde, verantwortlich wäre, nicht zu.

Die Ausführung der Behörde in der Begründung ihres Straferkenntnis, wonach § 47 Abs 4 GewO nur eine Entlastung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Gewerbetreibenden vorsehe, ein allenfalls bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer hingegen von der Regelung des § 47 Abs 4 GewO nicht erfasst sei, entspricht zwar im Wesentlichen dem Wortlaut des § 47 Abs 4 GewO, ist jedoch im gegenständlichen Fall überhaupt nicht von Bedeutung. Es geht nämlich nicht um die Frage, ob der gewerberechtliche Geschäftsführer von der Regelung des § 47 Abs 4 GewO erfasst ist und durch die Bestellung eines Filialgeschäftsführers von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer befreit wird, sondern ausschließlich darum, dass für die Einhaltung gewerblicher Bestimmungen in der weiteren Betriebsstätte in **** Y, Adresse 3, für die ein Filialgeschäftsführer bestellt wurde, nicht der gewerberechtliche Geschäftsführer und Einschreiter, sondern eben der eigens für diese weitere Betriebsstätte gem § 47 GewO bestellte Filialgeschäftsführer Herr EE verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist. Die besonderen Regelungen der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Filialgeschäftsführers gern § 47 Abs 1 GewO in Verbindung mit § 370 Abs 1 und 4 GewO gehen im Sinne einer lex specialis der allgemeinen Regelungen betreffend den gewerberechtlichen Geschäftsführer (§ 39 iVm § 370 Abs 1 GewO) vor. § 370 Abs 1 GewO sieht dazu vor, dass dann, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde, Geld- oder Verfallsstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen sind. Gemäß § 370 Abs 4 GewO gelten die Bestimmungen der Abs 1-3 leg. cit. sinngemäß für den Fall der Anzeige oder der Genehmigung der Bestellung eines Filialgeschäftsführers gern § 47 GewO, dem nachweislich die entsprechende selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis übertragen wurde, hinsichtlich der Betriebsstätte, für die er verantwortlich ist.

Bei sinngemäßer Anwendung des § 370 Abs 1 GewO infolge der Bestellung und Eintragung des Filialgeschäftsführers, Herr EE für die in seinem Verantwortungsbereich liegende Betriebsstätte in **** Y, Adresse 3, sind Geld- oder Verfallsstrafen diese Betriebsstätte betreffend zweifelsfrei gegen den Filialgeschäftsführer Herrn EE zu verhängen.

§ 370 Abs 4 GewO schließt somit, weil nach erfolgter Bestellung eines Filialgeschäftsführers für eine Betriebsstätte § 370 Abs 1 GewO sinngemäß anzuwenden ist, jegliche Strafbarkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers, hier des Einschreiters, ex lege aus.

Das Straferkenntnis der Behörde ist sohin an den falschen Adressaten gerichtet und aus den eben genannten Gründen materiell rechtswidrig und daher aufzuheben.

In diesem Zusammenhang verweist der Einschreiter auf Entscheidungen von Verwaltungsstrafbehörden 1. Instanz sowie auf Urteile der Landesverwaltungsgerichte Oberösterreich und Niederösterreich, wo Verfahren aufgrund der dort jeweils durchgeführten Bestellungen von Filialgeschäftsführern rechtsrichtig - und ohne rechtliche Beanstandung - gegen die dort bestellten Filialgeschäftsführer und nicht gegen den gewerberechtlichen Geschäftsführer und/oder die Gewerbetreibende geführt wurden:

• Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, GZ: LVwG-800355/2/Bm/AK

• Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, GZ: LVwG-800368/3/Bm/AK

• Magistrat Linz, GZ: 0030357/2019

• Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, GZ: LVwG-S-374/001-2019

• Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, GZ: LVwG-S-1391/001-2019

• Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, GZ: LVwG-S-1194/001-2018

• Magistrat St. Pölten, GZ: 1230-6-185991/3

• Bezirkshauptmannschaft St. Pölten, GZ: PLS2-V-1938144/5

• Bezirkshauptmannschaft Baden, GZ: BNS2-V-16391

2.       Mangelhafte Sachverhaltsfeststellung / mangelhafte Beweiswürdigung:

Hinsichtlich des konkreten Tatvorwurfs in der Betriebsstätte führt die Behörde in ihrem Straferkenntnis aus, dass die gegenständlichen Flächen, auf denen Blumenerde abgestellt wurde, nicht als Verkaufs- und Lagerflächen genehmigt seien und die geänderte Betriebsweise geeignet sei, das Leben und die Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden.

Der Einschreiter bestreitet zwar nicht, dass - wie auf den im Behördenakt befindlichen Lichtbildern ersichtlich - seitlich des Eingangsbereiches Blumenerde und Blumen vorübergehend zum Verkauf angeboten wurden. Dadurch wird aber keinesfalls eine wie von der Behörde in ihrem Straferkenntnis behauptete Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, begründet. Wie auf den Fotos ersichtlich, wurde weder ein Fluchtweg verstellt, noch wurden instabile Aufstellungen oder sonstige Gefahren für die Kunden geschaffen. Selbst wenn - wie von der Behörde in ihrem Straferkenntnis angeführt - die gegenständlichen Flächen nicht als Verkaufs- und Lagerflächen genehmigt worden seien, so stellt das vorübergehende Anbieten solcher Waren vor dem Geschäftsein- und ausgang jedenfalls eine Saisonüblichkeit des gesamten Handels dar.

Diesbezüglich legt der Einschreiter eine Fotodokumentation der Betriebsanlagen von Mitbewerbern im Raum Y, V und U vor, wodurch ein solider Überblick über die gängige Praxis der Konkurrenz in T - nach den Erfahrungen des Einschreiters sogar in ganz Österreich - möglich ist. Dabei wird flächendeckend der Vorplatz zur Präsentation von Waren genutzt.

Beweis:

• Fotodokumentation (Beilage./1);

Der Einschreiter bestreitet sohin ausdrücklich, dass durch die Präsentation der Ware im Eingangsbereich des Geschäftslokales eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage, die geeignet wäre, das Leben und die Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden, vorliegen würde.

In der Begründung des Straferkenntnisses der Behörde ist auch nicht enthalten, worin die von der Behörde behauptete Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Kunden aufgrund der Lagerung oder Präsentation von Blumen und Blumenerde im Ein- und Ausgangsbereich bzw. auf dem Vorplatz oder Parkplatz liegen würde. Wie bereits angeführt, wurde weder ein Fluchtweg verstellt, noch wäre aufgrund der Warenpräsentation irgendeine Gefährdung der Kunden zu befürchten gewesen.

Sollte die Behörde dennoch weiterhin davon ausgehen, dass die saisonbedingte Warenpräsentation des gesamten Handels eine genehmigungsbedürftige Änderung der Betriebsanlage darstellen würde, so würden unzählige Mitbewerber in Raum Y, V und U - wie auf der Fotodokumentation Beilage./1 ersichtlich - gegen die Vorschriften der Gewerbeordnung verstoßen.

Das Straferkenntnis ist auch mit mangelhafter Beweiswürdigung und mangelhafter Sachverhaltsfeststellung behaftet, weil die Behörde von Amts wegen Beweise dahingehend aufnehmen hätte müssen, dass die gängige Praxis der Warenpräsentation von Blumen und Blumenerde im Außenbereich eine Saisonüblichkeit des gesamten Handels darstellt und daraus keine Gefährdung der Kunden resultiert. Es besteht somit auch keine Erforderlichkeit der Änderung der Betriebsanlage. Das Straferkenntnis ist daher auch aus diesem Grund aufzuheben.

Darüber hinaus wurde der Sachverhalt von der Behörde auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite mangelhaft festgestellt und die in der Rechtfertigung vom 15.04.2020 angebotenen Beweise zur erfolgten Bestellung und Anzeige eines Filialgeschäftsführers nicht berücksichtigt bzw. mangelhaft gewürdigt.

Fest steht, dass für die betreffende weitere Betriebsstätte in **** Y, Adresse 3, EE von der Gewerbeinhaberin als Filialgeschäftsführer bestellt wurde. Sollte weiterhin davon ausgegangen werden, dass den Einschreiter als gewerberechtlichen Geschäftsführer die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit trotz wirksamer Bestellung eines Filialgeschäftsführers für die gegenständliche Filiale trifft, so kann dem Einschreiter aufgrund des Bestehens eines Filialgeschäftsführers jedenfalls kein Verschulden an der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung vorgeworfen werden. Zumal für die weitere Betriebsstätte ein Filialgeschäftsführer aufrecht bestellt ist, trifft diesen nach dem Gesetzeswortlaut des § 47 Abs 1 GewO die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Vorschriften der Gewerbeordnung. Daher obliegt es für die gegenständliche Betriebsstätte dem Filialgeschäftsführer, die Einhaltung der Vorschriften der Gewerbeordnung

sowie den Betrieb entsprechend der Betriebsanlagengenehmigung sicherzustellen und zu kontrollieren. Den Einschreiter selbst kann sohin jedenfalls kein Verschulden am gegenständlichen Tatvorwurf treffen, da er sich infolge der aufrechten Bestellung eines Filialgeschäftsführers in der gegenständlichen Betriebsstätte auf die Sicherstellung und Kontrolle der Einhaltung der gewerberechtlichen Bestimmungen durch den Filialgeschäftsführer, Herrn EE verlassen durfte.

Entsprechend der Intention des Gesetzgebers bei Erlassung des § 47 GewO und Einführung der Möglichkeit der Bestellung eines Filialgeschäftsführers ist es dem gewerberechtlichen Geschäftsführer bei einem großen Unternehmen mit 525 Filialen in Österreich auch gar nicht möglich, die Einhaltung der gewerberechtlichen Bestimmungen direkt in den Filialen sicherzustellen und zu kontrollieren. Gerade aus diesem Grund besteht die Möglichkeit gem § 47 GewO, Filialgeschäftsführer für einzelne Filialen zu bestellen, die aufgrund der räumlichen und sachlichen Begrenzung ihrer Verantwortlichkeit die Einhaltung der gewerberechtlichen Bestimmungen direkt in den Filialen sicherstellen und kontrollieren können. Da dies im gegenständlichen Fall so erfolgt ist, durfte der Einschreiter sich auch darauf verlassen, dass der Filialgeschäftsführer die Einhaltung der gewerberechtlichen Bestimmungen in der gegenständlichen Filiale sicherstellt.

Die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung ist beim Einschreiter daher nicht erfüllt. Nichteinmal ein gemäß § 5 Abs 2 VStG für eine Strafbarkeit ausreichendes fahrlässiges Verhalten liegt vor, zumal dem Einschreiter infolge der Verantwortlichkeit des Filialgeschäftsführers für die gegenständliche weitere Betriebsstätte in der Adresse 3, **** Y, eine Fahrlässigkeit nicht vorgeworfen werden kann.

Mangels Erfüllung der subjektiven Tatseite ist der Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung durch den Einschreiter nicht verwirklicht und das Straferkenntnis auch aus diesem Grund materiell rechtswidrig und daher aufzuheben.

3.       Kein Ermessen der Behörde möglich:

§ 370 Abs 1 GewO besagt, dass dann, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt und genehmigt wurde, Geld- oder Verfallsstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen sind. Aus rechtlicher Sicht ist hier im ersten Schritt zu betrachten, dass die Gewerbetreibende, die CC Kommanditgesellschaft, den Einschreiter zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt hat.

§ 370 Abs 4 GewO besagt dann aber weiters, dass die Bestimmungen der Absätze 1 bis 3 leg.cit, somit insbesondere der Absatz 1, sinngemäß für den Fall der Anzeige oder der Genehmigung der Bestellung eines Filialgeschäftsführers gemäß § 47, dem nachweislich die entsprechende, selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis übertragen wurde, hinsichtlich der Betriebsstätte, für die er verantwortlich ist, gelten. Unzweifelhaft wurde für die gegenständliche Betriebsstätte Herr EE zum Filialgeschäftsführer bestellt, erbringt dieser auch die entsprechenden Voraussetzungen dazu und verfügt auch nachweislich über die entsprechende, selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis. Überdies wurde EE auch ordnungsgemäß der Behörde gemeldet und angezeigt und daher von der Behörde im Gewerberegister eingetragen.

Besagt aber nunmehr § 370 Abs 4, dass dann, wenn für eine Betriebsstätte ein Filialgeschäftsführer bestellt ist, § 370 Abs 1 GewO sinngemäß anzuwenden ist, so schließt § 370 Abs 4 GewO jegliche Strafbarkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers, hier des Einschreiters, ex lege aus.

Würde die Behörde diesem Gesetzestext einen anderen Sinn unterstellen, so würde sie diesen Gesetzestext im Sinne eines Ermessens falsch auslegen, wobei diese Ermessensauslegung bereits mit der Qualifikation Willkür gleichzusetzen ist.

4.        Unzweckmäßige Ermessensausübung:

Darüber hinaus hat die Behörde bei Festlegung der Strafhöhe ihr Ermessen unzweckmäßig ausgeübt und wurde die Strafe von € 750,00 bei einem gemäß § 366 Abs 1 Ziffer 3 zweiter Tatbestand GewO festgelegten Strafrahmen bis zu € 3.600,00 zu hoch festgesetzt. Insbesondere ist bei der Festsetzung der Strafhöhe auch auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht zu nehmen und hätte die Behörde vor dem Hintergrund, dass den Einschreiter, wenn überhaupt - aufgrund der wirksamen Bestellung eines Filialgeschäftsführers und Übertragung der Verantwortlichkeit hinsichtlich der gegenständlichen Filiale durch die Gewerbeinhaberin auf den Filialgeschäftsführer - allenfalls ein sehr geringes Verschulden an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung treffen könnte, die Strafe bei weitem niedriger ansetzen müssen bzw. hätte allenfalls eine Ermahnung des Einschreiters ausgereicht.

5.       Absehen von der weiteren Verfolgung aufgrund § 45 Abs 1 VStG:

Sollte dennoch die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes sowie das Vorliegen eines Verschulden des Einschreiters angenommen werden, so wäre ein solches Verschulden im vorliegenden Fall als äußerst geringfügig zu bezeichnen, zumal der Einschreiter aufgrund der Bestellung eines Filialgeschäftsführers durch den Gewerbeinhaber hinsichtlich der gegenständlichen weiteren Betriebsstätte nicht mit der Durchführung eines Schulungs- und Kontrollsystems in dieser Betriebsstätte betraut ist, sondern dies dem Filialgeschäftsführer obliegt. Vom bestellten Filialgeschäftsführer wurde auch ein funktionierendes Schulungs- und Kontrollsystem in der Filiale eingerichtet. Bei der gegenständlich vorgeworfenen Verwaltungsübertretung handelt es sich aber-wie bereits vorgebracht - um eine Saisonüblichkeit des gesamten Handels.

Allfällige Folgen der dem Einschreiter vorgeworfenen Verwaltungsübertretung sind im gegenständlichen Fall nicht vorhanden, zumal kein Kunde durch die Präsentation der Waren im Außenbereich vor der Filiale gefährdet worden ist. Beim gegebenen Sachverhalt ist kein Schaden entstanden und liegen demnach die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 VStG vor. Die Behörde hätte daher ohne Weiteres von der Verhängung einer Strafe absehen müssen. Diesbezüglich wird auch hervorgehoben, dass nach der Judikatur des VwGH zum vormaligen § 21 Abs 1 VStG ein Rechtsanspruch darauf besteht, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen von einer weiteren Verfolgung abgesehen wird. Nachdem die belangte Behörde die genannte Bestimmung unrechtmäßig nicht angewendet hat, ist das Straferkenntnis auch aus diesem Grund rechtswidrig und daher aufzuheben.

Z, am 22.05.2020                                                                 AA“

Vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol wurde unter Einbeziehung des Verwaltungsstrafaktes LVwG-*** eine gemeinsame mündliche Verhandlung unter Beiziehung des hochbautechnischen Amtssachverständigen durchgeführt.

Zu dieser Verhandlung ist der Beschwerdeführer nicht erschienen; er ließ sich rechtsfreundlich vertreten. Ein Vertreter der belangten Behörde war bei der mündlichen Verhandlung nicht anwesend.

In der mündlichen Verhandlung hat der hochbautechnische Amtssachverständige ein Gutachten erstattet.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung hat der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer ua ergänzen

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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