TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/22 G310 2231025-1

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Veröffentlicht am 22.05.2020
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Entscheidungsdatum

22.05.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z2

Spruch

G310 2231025-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 14.04.2020, Zahl: XXXX , betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots zu Recht:

A)       Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)       Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahin abgeändert, dass Spruchpunkt IV. zu lauten hat:

„IV. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 2 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.“

C)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am XXXX .01.2020 im Bundesgebiet festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2020, XXXX , wurde er des Verbrechens der Schlepperei und des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

Am 10.01.2020 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA).

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen den BF ein sechsjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) Dies wurde im Wesentlichen mit seiner strafgerichtlichen Verurteilung und mit dem Fehlen beruflicher, privater oder familiärer Anknüpfungspunkte begründet.

Der Bescheid wurde dem BF samt Verfahrensanordnungen gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG und § 52a Abs. 2 BFA-VG am 15.04.2020 zugestellt. Bereits am 16.04.2020 langte beim BFA ein vom BF unterzeichneter Rechtsmittelverzicht ein.

Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde des BF mit den Anträgen, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, die Rückkehrentscheidung zu beheben bzw. auf Dauer unzulässig zu erklären, das Einreiseverbot zu beheben, in eventu eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, das Einreiseverbot auf eine angemessene Dauer herabzusetzen und allenfalls nur für Österreich zu erlassen. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt worden sei. Der BF habe zahlreiche Familienmitglieder in Deutschland und Frankreich, was durch die beigelegten Unterstützungsschreiben belegt werde. Im Hinblick auf das Einreiseverbot sei keine nachvollziehbare Prognoseentscheidung erfolgt.

Die Beschwerde und die Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 20.05.2020 einlangten.

Feststellungen:

Der BF ist serbischer Staatsbürger und verheiratet. Zuletzt erzielte der BF ein monatliches Nettoeinkommen von ca. EUR 1.000,00. Er verkauft Haushaltsgeräte, welche er zuvor von Deutschland nach Serbien einführt. Er besitzt ein Haus in Belgrad. In Serbien leben sein Vater, seine Ehefrau, zwei Söhne und eine Tochter. Insgesamt hat er fünf Kinder, wobei das jüngste noch minderjährig ist. Zwei Töchter und Schwestern samt Familien leben in Deutschland bzw. Frankreich. Wesentliche familiäre oder soziale Bindungen des BF in Österreich können nicht festgestellt werden

Erkrankungen oder Einschränkungen seiner Arbeitsfähigkeit können nicht festgestellt werden.

Es liegen keine Wohnsitzmeldungen des BF in Österreich vor. Ihm wurde nie ein österreichischer Aufenthaltstitel erteilt. Er ging in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Hinweise auf eine sprachliche, berufliche oder gesellschaftliche Integration haben sich nicht ergeben.

Seiner rechtskräftigen Verurteilung liegt zugrunde, dass er am XXXX .01.2020 über XXXX , im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter, erstens überdies als Mitglied einer kriminellen Vereinigung mit weiteren Mitgliedern der Vereinigung, nämlich unbekannten Tätern in Serbien, insbesondere dem unbekannten Auftraggeber „ XXXX “ und weiteren unbekannten Tätern, welche unter anderem in Serbien die Fälschung von Reisedokumenten für den Zweck der Durchführung von Schleppungen vornehmen, die rechtswidrige Einreise von Fremden, die über keine gültigen Einreise- und Aufenthaltsdokumente für den EU- bzw. Schengenraum verfügten, nach Österreich, mit dem Vorsatz, sich bzw. Dritte durch ein dafür geleistetes bzw. in Aussicht gestelltes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, gefördert hat, indem er zwei minderjährige afghanische Staatsangehörige, welche über keine gültigen Einreise- und Aufenthaltspapiere für den EU-Raum verfügten und bereits zuvor in arbeitsteiligen Teilschleppungen von ihrem Heimatland nach Serbien gebracht worden waren, über Auftrag des abgesondert verfolgten unbekannten Schlepperorganisators „ XXXX “ in Ungarn in der Nähe der serbisch/ungarischen Grenze bei Rösze in das in seinem Eigentum stehende Fahrzeug aufnahm, und diese gegen ein nicht mehr festzustellendes Entgelt über Ungarn und den Grenzübergang XXXX nach Österreich verbrachte. Zweites hat er mit den minderjährigen afghanischen Staatsangehörigen falsche ausländische öffentliche Urkunden, welche inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt sind, im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts bzw. einer Tatsache gebraucht, indem er den kontrollierenden Grenzbeamten am Grenzübergang XXXX zwei nachgemachte bulgarische Personalausweise, in welchen die Lichtbilder der afghanischen Staatsangehörigen angebracht waren, zum Nachweis der vorgetäuschten Identitäten und deren Einreise- und Aufenthaltserlaubnis für den EUR-Raum vorwies.

Der BF hat hiedurch das Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs. 1 und 4 erster Fall FPG und das Vergehen der Fälschung von besonders geschützten Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB begangen und wurde, ausgehend von einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe, zu einer achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der PKW des BF, ein Mobiltelefon sowie ein Navigationsgerät wurden konfisziert. Bei der Strafbemessung wurden der bisher ordentliche Lebenswandel und das Tatsachengeständnis zum Grunddelikt mildernd, das Zusammentreffen strafbarer Handlungen hingegen erschwerend gewertet.

Dem dieser Verurteilung vorangegangenem Abschlussbericht der Landepolizeidirektion XXXX vom 27.01.2020, dass in Übereinstimmung der Angaben der afghanischen Staatsangehörigen mit der Auswertung des Mobiltelefons belegt werden konnte, dass der BF mit dem Auftraggeber „ XXXX “ bereits im Dezember 2019 in Kontakt stand. Darüber hinaus fanden sich auf dem Mobiltelefon Fotos von zwei bulgarischen Personalausweisen. Laut Auskunft der bulgarischen Botschaft in Wien, handelt es sich dabei um Totalfälschungen, da solche Personalausweise mit den angeführten Dokumentennummern bzw. die Personen in Bulgarien nicht existent sind. Im Navigationsgerät sind zuletzt ausschließlich Ziele in Ungarn und Österreich eingegeben, jedoch keine Ziele in Deutschland.

Der vom BF abgegebene Rechtsmittelverzicht ist nicht wirksam.

Der BF verbüßt seine Strafhaft derzeit in der Justizanstalt XXXX . Das errechnete Strafende ist am XXXX .07.2021.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Identität des BF beruht auf seinen in Kopie im Akt aufliegenden serbischen Reisepass. Die Feststellungen zu seinen persönlichen Verhältnissen erfolgten aufgrund den entsprechenden Konstatierungen im Strafurteil, der Vollzugsinformation, seinen Angaben anlässlich der Einvernahme und der Beschwerde.

Widersprüchlich sind die Angaben des BF zu seinen im Schengenraum ansässigen Angehörigen. Anlässlich der Beschuldigtenvernehmung am XXXX .01.2020 vor dem Landeskriminalamt Burgenland gab er an, dass er zwei Töchter habe, eine lebe in Deutschland und eine Belgien. Auch würden zwei Schwestern von ihn in Deutschland leben. Anlässlich der Einvernahme vor dem BFA am 10.01.2020 gab er an, eine minderjährige Tochter und vier erwachsene Kinder zu haben. Eine Tochter und zwei Söhne würden in Serbien leben, eine Schwester ebenfalls. Weiters würden zwei Schwestern in Deutschland und eine Schwester in Frankreich leben. Darüber hinaus sollen sich zwei Schwägerinnen und eine Cousine in Österreich aufhalten. In der Beschwerde ist davon hingegen keine Rede, sondern wird nur angeführt, dass er zahlreiche Familienmitglieder in Deutschland und Frankreich habe. Die Unterstützungsschreiben stammen von zwei in Deutschland lebenden Schwestern, einer in Deutschland ansässigen Tochter, einer in Frankreich lebenden Schwester samt Familien und seinen in Serbien lebenden Angehörigen.

Serbischkenntnisse des BF sind aufgrund seiner Herkunft plausibel. Eine Verständigung mit den Dolmetscherinnen für diese Sprache war im Strafverfahren und vor dem BFA problemlos möglich.

Gesundheitliche Beeinträchtigungen können nicht festgestellt werden, weil keine Anhaltspunkte für Erkrankungen vorliegen. Seine Arbeitsfähigkeit folgt aus seinem erwerbsfähigen Alter und aus der bisherigen Erwerbstätigkeit.

Weder der Beschwerde noch dem übrigen Akteninhalt lässt sich entnehmen, dass der BF je über eine Aufenthaltsgenehmigung in Österreich verfügte oder hier legal erwerbstätig war.

Im Fremdenregister ist weder ein Aufenthaltstitel noch ein entsprechender Antrag gespeichert. Im Zentralen Melderegister (ZMR) sind keine Wohnsitzmeldungen des BF ersichtlich.

Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seiner Verurteilung und zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen basieren auf dem Strafurteil. Die Rechtskraft wird auch durch das Strafregister belegt, in dem keine weiteren Verurteilungen des BF aufscheinen.

Durch die im Abschlussbericht angeführtem Ermittlungsergebnisse ist davon auszugehen, dass es dem BF nicht vorrangig darum ging, seine Angehörigen in Deutschland zu besuchen und er die afghanischen Staatsangehörigen auch nicht einfach aus Mitleid auf deren Ersuchen hin mitgenommen hat, wie von ihm im Abschlussbericht behauptet wird.

Dem Rechtsmittelverzicht ist nicht zu entnehmen, dass er nach entsprechender Beratung durch die gemäß §52 BFA-VG bestellte Rechtsberaterin abgegeben wurde oder ob zumindest der zum Zweck einer Rückkehrberatung iSd §52a BFA-VG dem Beschwerdeführer zugewiesenen XXXX anwesend war. Nachdem das Schreiben bereits einen Tag nach Entgegennahme des Bescheids und der entsprechenden Verfahrensanordnungen verfasst wurde, ist davon auszugehen, dass davor keine Beratung stattgefunden hat, weswegen der Rechtsmittelverzicht als nicht wirksam zu betrachten ist (vgl. VfGH 23.09.2019, E2344/2019).

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids:

Der BF ist als Staatsangehöriger von Serbien Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art 1 Abs. 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (§ 2 Abs. 4 Z 20 FPG) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tage nicht überschreitet, befreit.

Gemäß § 7 Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz (AHRG) benötigen Personen, die nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von einem anderen Staat übernommen werden, für den Grenzübertritt weder ein Reisedokument noch einen Sichtvermerk.

Unabhängig von einer möglichen Überschreitung der erlaubten visumfreien Aufenthaltsdauer hielt sich der BF jedenfalls nicht rechtmäßig in Österreich auf, weil er in Österreich straffällig wurde und somit die Bedingungen für den visumfreien Aufenthalt nicht einhielt. Dazu gehört gemäß Art 6 Abs. 1 lit e Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF) und Art 5 Abs. 1 lit e SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen; vgl § 2 Abs. 4 Z 6 FPG) unter anderem, dass er keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt. Schon die Absicht der Begehung einer Straftat reicht aus, um ein gefährdendes Verhalten iSd Art 6 Abs. 1 lit e Schengener Grenzkodex und Art 5 Abs. 1 lit e Schengener Durchführungsübereinkommen anzunehmen. Das BFA ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass sich der BF nicht rechtmäßig in Österreich aufhielt.

Wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstücks des FPG ("Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung", §§ 41 ff FPG) fällt, ist gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs. 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist Drittstaatsangehörigen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, zu erteilen, wenn entweder der Aufenthalt gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, sofern sie keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sind und nicht wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, oder zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Letztlich ist ein solcher Aufenthaltstitel auch Opfern von Gewalt zu erteilen, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO („Schutz vor Gewalt in Wohnungen“) oder nach § 382e EO („Allgemeiner Schutz vor Gewalt“) erlassen wurde oder hätte erlassen werden können, wenn dies zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt des BF in Österreich war zu keiner Zeit geduldet. Anhaltspunkte dafür, dass sein Aufenthalt zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen erforderlich ist oder dass er Opfer von Gewalt wurde, liegen nicht vor. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, so ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Unter dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK ist die Verhältnismäßigkeit der Rückkehrentscheidung am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist (ua) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingreift, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198).

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG nur dann von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Die Rückkehrentscheidung greift nicht unverhältnismäßig in das Privat- und Familienleben des BF ein. Seinem allfälligen Interesse an einem Verbleib in Österreich steht das große öffentliche Interesse an einer Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften und an der Verhinderung strafbarer Handlungen gegenüber. Die für die Integration wesentliche soziale Komponente wird durch die vom BF begangene Straftat erheblich beeinträchtigt. Allfällige Sozialkontakte des BF zur in Österreich lebenden Personen sowie zu seinen in Deutschland und Frankreich lebenden Angehörigen können auch durch Besuche in Serbien oder in anderen, nicht vom Einreiseverbot umfassten Staaten) und durch grenzüberschreitende Kommunikationsmittel (z.B. Telefon, Internet, E-Mail) aufrechterhalten werden. Allfällige Konsequenzen der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbots, insbesondere die zeitweilige Trennung von Verwandten und Freunden, sind im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Straftaten in Kauf zu nehmen.

Der BF ist in Österreich weder beruflich noch gesellschaftlich integriert. Er hat nach wie vor starke Bindungen zu seinem Herkunftsstaat, wo seine Ehefrau und drei seiner Kinder nach wie vor leben und er den Großteil seines bisherigen Lebens verbrachte. Er beherrscht die dort übliche Sprache und ist mit den Gepflogenheiten vertraut. Es wird ihm daher möglich sein, sich ohne größere Probleme wieder in die Gesellschaft seines Herkunftsstaates zu integrieren.

Aufgrund der Straffälligkeit des BF überwiegen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung die vergleichsweise geringen Interessen des BF an einem Verbleib in Österreich. In Anbetracht der über den BF verhängten unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten sowie des Umstands, dass der BF erwachsen, gesund und arbeitsfähig ist und keine Berechtigung für einen längeren Aufenthalt in Österreich hat, kommt die Aufhebung der Rückkehrentscheidung nicht in Betracht, zumal diese Maßnahme zur Verwirklichung der in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, namentlich zur Verteidigung der Ordnung, Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit und der Rechte und Freiheiten anderer, geboten ist. Das Ergebnis der vom BFA vorgenommenen Abwägung der gegenläufigen Interessen ist somit nicht zu beanstanden. Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK im Ergebnis nicht verletzt.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG festzustellen, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre. Gemäß § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat zulässig. Die Unzulässigkeit der Abschiebung wird in der Beschwerde nicht einmal ansatzweise behauptet. Es liegen unter Berücksichtigung der Situation in Serbien und der Lebensumstände des BF keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden, zumal er sein bisheriges Leben dort verbracht hat.

Da die Voraussetzungen für die Abschiebung des BF nach Serbien vorliegen, ist auch Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 53 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs) sowie Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, verbunden werden, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig vom bisherigen Verhalten des Drittstaatsangehörigen. Geht von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder ein anderes in Art 8 Abs 2 EMRK genanntes öffentliches Interesse aus, kann gemäß § 53 Abs. 3 FPG ein Einreiseverbot für bis zu zehn Jahre verhängt werden. Dies ist (soweit hier relevant) insbesondere dann der Fall, wenn der Drittstaatsangehörige von einem Gericht rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wurde (§ 53 Abs. 3 Z 1 erster Fall FPG) oder der Drittstaatsangehörige von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist (§53 Abs. 3 Z 2 FPG).

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde (vgl VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen sei eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung und Bestrafung des Betroffenen abzustellen, sondern auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und das Persönlichkeitsbild, das sich daraus ergibt. Es ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

In Anwendung dieser Grundsätze hat das BFA zu Recht die Erfüllung des Tatbestands des § 53 Abs. 3 Z 2 FPG bejaht und wurde auch der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG verwirklicht. Der BF hat als Mitglied einer kriminellen Vereinigung das Verbrechen der Schlepperei begangen. Dabei handelt es sich ohne Zweifel um ein die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten des BF welches nicht nur auf eine hohe Bereitschaft der Negierung österreichscher Gesetze und gesellschaftlicher Regeln hinweist, sondern stellt das Ausnützen - mittlerweile über Jahrzehnte hinweg - der Not und das Leid Vertriebener - sei es aus wirtschaftlichen oder asylrelevanten Gründen - um sich dadurch unrechtmäßig bereichern zu können, noch einmal ein erhöhtes verwerfliches Verhalten dar. (siehe VwGH 20.08.2013, 2013/22/0097).

Dem BFA ist sohin beizupflichten, dass der Aufenthalt des BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, die ein Einreiseverbot erforderlich macht, obwohl er erstmals strafgerichtlich verurteilt wurde und erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt.

Da der BF unmittelbar nach seiner Straftat festgenommen wurde und seither in Haft ist, kann nicht von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit ausgegangen werden. Dazu bedarf es grundsätzlich eines längeren Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (VwGH 27.04.2017, Ra 2016/22/0094).

Ein Einreiseverbot in der Dauer von sechs Jahren steht jedoch außer Relation zu der über den BF verhängten Strafe, dem Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Taten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe und seiner privaten und familiären Situation. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Strafgericht bei der Strafzumessung im unteren Bereich des Strafrahmens blieb, dass der BF erstmals strafgerichtlich verurteilt wurde und zum ersten Mal in Haft ist, wobei dem Erstvollzug im Allgemeinen eine erhöhte spezialpräventive Wirksamkeit zukommt. Demgemäß ist die Dauer des Einreiseverbots auf vier Jahre zu reduzieren. Ein Einreiseverbot in dieser Dauer ist notwendig, aber auch ausreichend, um der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und eine nachhaltige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken.

Eine weitere Reduktion im Hinblick auf seine in Deutschland und Frankreich lebenden Verwandten scheitert allerdings an der Schwere der vom BF begangenen Straftaten. Die zeitweilige Unmöglichkeit, seine Angehörigen zu besuchen, als Konsequenz des Einreiseverbots, ist im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen in Kauf zu nehmen, zumal keine Hinweise für eine besondere Abhängigkeit des BF von seinen Angehörigen vorliegen und die Kontakte auch durch Besuche im Ausland, durch Telefonate, Briefe und elektronische Kommunikation aufrechterhalten werden können.

Für die angestrebte Einschränkung des räumlichen Geltungsbereichs des Einreiseverbots auf Österreich gibt es keine gesetzliche Grundlage (vgl VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037). Das Einreiseverbot erstreckt sich gemäß § 53 Abs. 1 zweiter Satz FPG auf das "Gebiet der Mitgliedstaaten", also auf jene Staaten, für die die Rückführungsrichtlinie (RL 2008/115/EG) gilt (VwGH 22.05.2013, 2013/18/0021). Eine Einschränkung der Staaten, für die das Verbot der Einreise und des Aufenthalts gilt, ist nicht möglich. Gemäß Art 11 Abs. 4 Rückführungsrichtlinie kann ein Mitgliedstaat aber einen Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung für Drittstaatsangehörige ausstellen, gegen die ein Einreiseverbot eines anderen Mitgliedstaats besteht.

Zu Spruchpunkt V. und VI. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG ist gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Entscheidungen, in denen der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, sind gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht mit einer Frist für die freiwillige Ausreise zu verbinden. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG ist von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Da hier über die Beschwerde bereits innerhalb der in § 18 Abs. 5 BFA-VG normierten Wochenfrist entschieden werden konnte, ist weder die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung noch die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise erforderlich.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

§ 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung sogar dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs. 2 GRC. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK sonst relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht klärungsbedürftig ist und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung kein Entfall der Rückkehrentscheidung oder eine weitere Herabsetzung oder ein Entfall des Einreiseverbots möglich wäre, konnte hier eine mündliche Verhandlung unterbleiben. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal ohnehin von der Richtigkeit der in der Beschwerde aufgestellten, glaubhaften Behauptungen des BF ausgegangen wird.

Zu Spruchteil C:

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284). Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Herabsetzung Interessenabwägung Milderungsgründe öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung Unrechtsgehalt Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G310.2231025.1.00

Im RIS seit

22.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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