TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/26 G310 2231077-1

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Veröffentlicht am 26.05.2020
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Entscheidungsdatum

26.05.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76

Spruch

G310 2231077-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA: Afghanistan, vertreten durch die XXXX, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.04.2020, Zl. XXXX , und gegen die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.      Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz der Aufwendungen wird abgewiesen.

III.    Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt, spätestens im September 2015 nach Österreich ein und stellte am 16.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Nach niederschriftlicher Einvernahme des BF wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 27.02.2017, Zl. XXXX, den Antrag sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ab, erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise festgelegt.

Aufgrund der strafgerichtliche Verurteilungen des BF erließ das BFA am 07.06.2018 einen weiteren Bescheid mit der Zl. XXXX, mit welchem dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG nicht erteilt wurde, gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise festgelegt wurde, ein fünfjähriges Einreiseverbot erlassen wurde und festgestellt wurde, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe.

Gegen beide Bescheide erhob der BF Beschwerde. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 22.07.2019, W266 2150518-1/45E bzw. W233 2150518-2/12E, die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.02.2017 als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.06.2018 wurde teilweise Folge gegeben und die Spruchpunkte hinsichtlich der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels, der Rückkehrentscheidung, der Zulässigkeit der Abschiebung und der Frist für die freiwillige Ausreise behoben. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom 17.09.2019 setzte das BFA den BF davon in Kenntnis, dass aufgrund der bevorstehenden Haftentlassung beabsichtigt sei, die gegenwärtige Rückkehrentscheidung durchzusetzen und es bis zur Ausstellung eines Ersatzreisedokuments bzw. zur Sicherung erforderlich sei, über den BF die Schubhaft zu verhängen. Gleichzeitig wurde dem BF die Möglichkeit gewährt, hierzu Stellung zu nehmen, wovon der BF allerdings Abstand nahm.

Am 20.01.2020 wurde bei der afghanischen Botschaft um Ausstellung eines Heimreisezertifikats angesucht. Unter Anwesenheit einer afghanischen Delegation fand am XXXX.02.2020 eine Vorführung im PAZ XXXX statt, wobei die Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats erteilt wurde. Seit 21.02.2020 liegt ein Heimreisezertifikat vor.

Mit Mandatsbescheid vom 24.04.2020, Zl. XXXX, widerrief das BFA die dem BF mit Bescheid vom 27.02.2017 eingeräumte Frist für die freiwillige Ausreise.

Mit Bescheid des BFA vom 24.04.2020, Zl. XXXX, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet und zugleich festgehalten, dass die Rechtsfolgen des Bescheids nach der Entlassung aus der derzeitigen Haft bzw. nach Bezahlung der offenen Verwaltungsstrafen einträten.

Der BF erhob durch seine rechtliche Vertretung fristgerecht Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung der Schubhaft rechtwidrig erfolgt seien und dem BFA den Ersatz der Aufwendungen, für die der BF aufzukommen habe, aufzuerlegen.

Die gegenständliche Beschwerde wurde vom BFA mit dem maßgeblichen Verwaltungsakt dem BVwG vorgelegt. Das BFA erstattete eine Stellungnahme, beantragte die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig anzuweisen und den Ersatz der angefallenen Kosten.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger Afghanistans; seine Muttersprache ist Dari. Er ist haftfähig, es bestehen keine schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme. Seine Kernfamilie lebt im Iran.

Der BF ist nicht gewillt, nach Afghanistan auszureisen und besteht die Gefahr, dass er sich dem Verfahren entzieht, um eine Abschiebung zu verhindern.

Der Beschwerdeführer hält sich nachweislich seit 2015 in Österreich auf. Im Bundesgebiet verfügt er über keine Familienangehörige. Er verfügt in Österreich über kein soziales Netzwerk. Vor seiner Inhaftierung bezog der BF Leistungen aus der Grundversorgung und ging keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Im Rahmen der Strafhaft, hat er Tätigkeiten ausgeübt.

Der BF verfügt über kein Reisedokument und kann das Bundesgebiet aus eigenem Entschluss nicht verlassen.

Der BF wurde in Österreich viermal strafgerichtlich verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2016, XXXX, wurde der BF wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei sechs Monate unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden.

Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX.2017, XXXX, wurde der BF wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt und die Probezeit des bedingten Strafteils zu XXXX auf fünf Jahre verlängert.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2018, XXXX, wurde der BF wegen der Vergehen des versuchten sowie vollendeten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB, der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB sowie der versuchten schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Auch wurde die zu XXXX gewährte bedingte Nachsicht der Strafe und der zu XXXX bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe widerrufen.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2018, XXXX, wurde der BF wegen des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 dritter Fall StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX, XXXX , zu einer Zusatzstrafe von drei Monaten verurteilt.

Von 22.12.2017 bis 20.05.2020 wurde der BF in Justizanstalten angehalten. Seit XXXX.05.2020 befindet er sich in Schubhaft im PAZ XXXX und verfügt über einen Bargeldbetrag von EUR 2.329,95. Eine gesicherte Unterkunft liegt nicht vor.

Im Zuge der Ausbreitung der Atemwegserkrankung COVID-19, die durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöst wird, muss auch in Afghanistan mit verstärkten Einreisekontrollen bis hin zu Einreisesperren und staatlich verordneten längerfristigen Quarantänemaßnahmen gerechnet werden (https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/afghanistansicherheit/204692, Zugriff am 26.05.2020). Auch der internationale Flugverkehr unterliegt weiterhin starken Einschränkungen - viele Airlines haben ihren Betrieb bis 31. Mai fast komplett eingeschränkt. Die Austrian Airlines hat die Wiederaufnahme des Flugbetriebs für 15. Juni angekündigt. Seit Anfang Mai bietet WizzAir nun wieder vereinzelnd innereuropäische Flüge an, Fluglinien wie Lufthansa, Ryanair & People planen im Juni einen Anstieg ihres Betriebs. Der Flughafen Wien bietet seit 4. Mai die Möglichkeit, einen Covid-19-Test (PCR-Test) am Flughafen zu machen (https://www.oeamtc.at/thema/reiseplanung/coronavirus-reiseinfos-36904404, Zugriff am 26.05.2020). Aufgrund der globalen Ausbreitung des Coronavirus gelten derzeit Reisewarnungen für 27 Staaten: Belarus; Belgien; Brasilien; Ecuador; Frankreich; Indien; Indonesien; Iran; Italien; Mexiko; Niederlande; Nigeria; Pakistan; Peru; Philippinen; Portugal; Russland; San Marino; Schweden; Senegal; Spanien; Südafrika; Türkei; Ukraine; USA; Vatikanstadt; Vereinigtes Königreich (https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reisewarnungen/, Zugriff am 26.05.2020).

Von einer dauerhaften Unmöglichkeit der Rückführung des BF nach Afghanistan kann daher nicht ausgegangen werden. Vielmehr ist es nach wie vor wahrscheinlich, dass eine zeitnahe Abschiebung nach Afghanistan durchgeführt werden kann.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang des gegenständlichen Schubhaftverfahrens, zur Erlangung des Heimreisezertifikats als auch zum Verfahren auf internationalen Schutz, zur Rückkehrentscheidung und dem Einreiseverbot ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt des BVwG sowie der Einsichtnahme in die Gerichtsakte des BVwG W266 2150518-1 bzw. W266 2150518-2.

Die Identität des BF steht mangels Vorliegens unbedenklicher Dokumente nicht fest.

Die Verurteilungen des BF ergeben sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug. Im Sozialversicherungsdatenauszug scheinen keine Beschäftigungszeiten auf. Der Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung ergibt sich aus dem Betreuungsinformationssystem

Die mangelnde soziale Verankerung des BF in Österreich ergibt sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 31.07.2018 zu W266 2150518-1/36Z bzw. W266 2150518-2/2Z. Anlässlich der Verhandlung wurden vom BF keine gesundheitlichen Probleme geäußert. Die vom BF angeführten Freundschaften weisen keine besondere Intensität auf, zumal er in der Verhandlung vor dem BVwG nur Vornamen nennen konnte und haben die Kontakte durch die Strafhaft ohnehin eine Einschränkung erfahren.

In der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung ist der dem BF zur Verfügung stehende Bargeldbetrag zu entnehmen, welcher unter anderem daraus resultiert, dass dem BF während der Strafhaft Leistungen aus der Grundversorgung angewiesen wurden.

Im Zentralen Melderegister scheinen seit Oktober 2015 Wohnsitzmeldungen des BF auf, wobei er zuletzt von 22.12.2017 bis 20.05.2020 in Justizanstalten aufhältig war. Derzeit wird der BF im Polizeianhaltezentrum XXXX angehalten.

Dass der BF nicht gewillt ist, nach Afghanistan auszureisen und die Gefahr besteht, dass er sich der Abschiebung entzieht, ergibt sich aus dem Umstand, dass er in Österreich über keine sozialen Anknüpfungspunkte verfügt und gegen ihn eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen wurde. Ebenso geht aus den Ausführungen in der Beschwerde kein Rückkehrwille hervor. Aufgrund seines massiv strafrechtlichen Auftretens zeigte der BF zudem, dass er nicht gewillt ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten und ist deshalb davon auszugehen, dass er die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung nicht akzeptieren wird. Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, dass die bisherigen Verurteilungen den BF in keinster Weise davon abgehalten haben, erneut straffällig zu werden.

Wenn es in der Beschwerde heißt, der BF könne bei einer in der Beschwerde namentlich genannten Person in XXXX Unterkunft nehmen, ergeben sich dahingehend keine Anhaltspunkte. Der BF war an deren Anschrift niemals gemeldet und fanden sich in der Beschwerde keinerlei Bescheinigungsmittel, die diese Behauptung bestätigt hätten und wurde er von dieser Person auch nicht in der Justizanstalt besucht, wie das BFA anhand der Besucherliste in seiner Stellungnahme festhielt. Daher ist die bloße Behauptung, dass dem BF eine Unterkunft zur Verfügung stehe, im Lichte der bereits angeführten Umstände nicht überzeugend, um die beabsichtigte Aufenthaltsbeendigung auch tatsächlich sichern zu können. Dies gilt auch für im Hinblick auf die dem BF zur Verfügung stehenden finanzielle Mittel.

Die Feststellungen zu den aktuellen Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung der Corona-Pandemie basieren auf übereinstimmenden Medienberichten und den dazu erlassenen Vorschriften. Lediglich beispielhaft wird in diesem Zusammenhang auf die angegebenen Websites verlässlicher Stellen verwiesen.

Wenn der BF in der Beschwerde vorbringt, er könne derzeit nicht nach Afghanistan abgeschoben werden, so ist dies zutreffend, jedoch kann derzeit von einer dauerhaften Unmöglichkeit der Rückführung des BF nicht ausgegangen werden. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wurden durchwegs vorübergehend bzw. befristet angeordnet, somit ist davon auszugehen, dass eine zeitnahe Rückführung nach Afghanistan bewerkstelligt werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem BF gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lauten:

„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(…)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(…)

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(…)“

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138). Schubhaft erfordert nämlich keine Gewissheit darüber, dass es letztlich zu einer Abschiebung kommen könnte. Sie muss sich nach Lage des Falles bloß mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen (VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).

Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011, Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (VwGH 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und verfügt über keine Berechtigung zur Einreise in das und zum Aufenthalt im Bundesgebiet. Der BF verfügt weder über eine soziale Verankerung im Bundesgebiet noch über eine gesicherte Unterkunft und ist bislang keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Seit 21.02.2020 liegt ein Heimreisezertifikat vor. Gegen den BF, welcher seit seiner Einreise in das Bundesgebiet im Jahr 2015 bislang viermal strafgerichtlich verurteilt wurde, besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt fünfjährigem Einreiseverbot. Die Straftaten erfolgten teilweise während dem offenen Beschwerdeverfahren bezüglich des Antrags auf internationalen Schutz sowie innerhalb von Probezeiten, was auf eine Gleichgültigkeit gegenüber der österreichischen Rechtsordnung hindeutet.

Daran vermag auch die in der Beschwerde geäußerte Reue des BF nichts ändern, zumal er erst aus der Strafhaft entlassen wurde, sich derzeit in Schubhaft befindet und ein allfälliger Gesinnungswandel eines Straftäters in erster Linie daran zu messen ist, innerhalb welchen Zeitraumes er sich nach der Entlassung aus der Strafhaft in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa VwGH 22.11.2013, 2011/23/0505, mwN).

Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht (vgl. auch VwGH 03.07.2018, Ra 2018/21/0080). Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später ergibt - umgehend zu beenden (VwGH 20.12.2013, Zl. 2013/21/0014).

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Im Gesamten gesehen ist daher von erheblichem Sicherungsbedarf auszugehen, da das Verfahren nicht ergeben hat, dass sich der BF an die österreichischen Gesetze halten und sich den Anordnungen österreichischer Behörden unterziehen werde. Den persönlichen Interessen des BF kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung.

Die belangte Behörde kommt ihrer Verpflichtung, die Schubhaft so kurz als möglich zu halten nach.

Anhaltspunkte dafür, dass die Schubhaft auf Grund des Gesundheitszustandes des BF unverhältnismäßig wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Das Bundesverwaltungsgericht geht somit von der Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft aus.

Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass trotz des vorhandenen Bargelds ein gelinderes Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. Gegen dem BF besteht eine durchsetzbare und rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot und liegt seit 21.02.2020 ein Heimreisezertifikat auf. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (vgl. VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Zur tatsächlichen Durchführung der Abschiebung ist auszuführen, dass Abschiebungen nach Afghanistan regelmäßig stattfinden. Ein aus den Maßnahmen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung der Corona-Pandemie allenfalls resultierendes Abschiebehindernis ist daher aufgrund der zeitlichen Beschränkung dieser Maßnahmen aus heutiger Sicht noch als vorübergehend anzusehen und wird voraussichtlich in der nächsten Zeit wieder wegfallen. Die Durchführung der Abschiebung stellt sich somit als ausreichend wahrscheinlich im Sinne der oben zitierten Judikatur dar.

In Zusammenschau mit der fehlenden sozialen Verankerung und der mangelnden Rückkehrbereitschaft liegt Fluchtgefahr iSd § 76 Abs. 3 Z 3 und 9 FPG vor. Der Zweck der Schubhaft kann auch nicht durch Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden, zumal der BF durch seine Vorverurteilungen gezeigt hat, sich nicht an die Rechtsordnung halten zu wollen und aufgrund des bereits vorliegenden Heimreisezertifikats und der damit einhergehenden zeitnahen Abschiebung nach Lockerung der derzeitigen Reisebeschränkungen eine erhebliche Gefahr des Untertauchens besteht.

Auch wurde die in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft im Ausmaß von sechs Monaten zum Entscheidungszeitpunkt nicht überschritten.

Da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen, ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt und die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Zum Kostenersatz:

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Der mit "Kosten" betitelte § 35 VwGVG lautet:

(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.

§ 35 VwGVG 2014, der in seinem Abs. 1 einen Aufwandersatzanspruch für die obsiegende Partei vorsieht, gilt im Wege des § 22a Abs. 1a BFA-VG 2014 auch in der Konstellation einer Beschwerde gegen einen die Schubhaft anordnenden Bescheid, der im Entscheidungszeitpunkt noch nicht in Vollzug gesetzt wurde (VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0086).

Da die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung abgewiesen wurde, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und der BF die unterlegene Partei.

Die belangte Behörde hat im Zuge der Aktenvorlage beantragt, dem Bund Kostenersatz im Umfang des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes zuzusprechen.

Es war daher spruchgemäß dem BF als unterlegene Partei der zu leistende Aufwandersatz in der Gesamthöhe von EUR 426,20 aufzuerlegen.

Der in der Beschwerde gestellte Antrag des BF auf Ersatz der Aufwendungen im beantragten Umfang war gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abzuweisen, da der BF (gänzlich) unterlegene Partei ist und ein Aufwandersatz somit nicht in Betracht kommt.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat der Beschwerdeführer hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von dem Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH jeweils vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021 und Ra 2016/21/0144, insbesondere zur geltenden Rechtslage des § 76 FPG (im Zusammenhalt mit unionsrechtlichen Bestimmungen). Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen ist, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufwandersatz Fluchtgefahr Interessenabwägung Kostenersatz öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G310.2231077.1.00

Im RIS seit

22.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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