Entscheidungsdatum
30.06.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W128 2230046-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien vom 20.01.2020, Zl. 448545201,
zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführerin ist verpflichtet, die in den ersten beiden Studiensemestern insgesamt bezogene Studienbeihilfe in der Höhe von 6.868,00 EURO binnen 4 Wochen bei sonstiger Exekution zurückzuzahlen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 03.06.2019 verpflichtete die Studienbeihilfenbehörde die Beschwerdeführerin zur Zurückzahlung der in den ersten beiden Studiensemestern bezogenen Studienbeihilfe und des ausbezahlten Fahrtkostenzuschusses in der Höhe von insgesamt 7.118,00 EURO. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am 25.06.2019 Vorstellung.
2. Nach dem Erlass einer Vorstellungsvorentscheidung und einem entsprechenden Vorlageantrag erließ der Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien den verfahrensgegenständlichen Senatsbescheid, mit dem der Vorstellung teilweise stattgegeben wurde und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert wurde, dass dieser zu lauten habe: „Sie sind verpflichtet, die in den ersten beiden Studiensemestern bezogene Studienbeihilfe in der Höhe von 6.868,00 Euro binnen vier Wochen zurückzuzahlen.“. In der Begründung wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin für ihr Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien innerhalb der gesetzlichen Frist keinen Studienerfolg für das Sommersemester 2018 und das Wintersemester 2018/2019 erreicht habe. Daher bestehe rückwirkend für diese beiden Semester kein Anspruch auf Studienbeihilfe. Der bereits ausbezahlte Fahrtkostenzuschuss in der Höhe von 250,00 Euro gelange jedoch nicht zur Rückforderung.
3. In ihrer rechtzeitig dagegen erhobenen Beschwerde vom 04.03.2020 führte die Beschwerdeführerin begründend aus, dass der mangelnde Studienerfolg durch ein unabwendbares Ereignis in Form einer Krankheit verursacht worden sei.
4. Mit Schreiben vom 26.03.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die an Morbus Crohn leidende Beschwerdeführerin nahm im Sommersemester 2018 das Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien auf. Dafür stellte sie einen Antrag auf Studienbeihilfe.
Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 28.03.2018 wurde ihr eine Studienbeihilfe ab März 2018 in der Höhe von 589,00 Euro und ab Juli 2018 in der Höhe von 564,00 Euro bewilligt. Aus dem Anhang dieses Bescheides ist ersichtlich, dass sich die Anspruchsdauer wegen einer Behinderung um 2 Semester verlängert.
Im Zeitraum Sommersemester 2018 und Wintersemester 2018/2019 wurde der Beschwerdeführerin insgesamt eine Studienbeihilfe in der Höhe von 6.868,00 Euro ausbezahlt.
Die Beschwerdeführerin konnte für das Sommersemester 2018 und das Wintersemester 2018/2019 keine Zeugnisse vorlegen, die einen Mindeststudienerfolg im Sinne des § 48 Abs. 2 StudFG belegen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt ist unstrittig und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu A)
3.2.1. Zur Rechtslage
§ 51 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG), BGBl. Nr. 305/1992, idgF lautet:
„Rückzahlung
§ 51. (1) Studierende haben zurückzuzahlen:
1. Studienbeihilfenbeträge, deren Zuerkennung erschlichen wurde;
2. Studienbeihilfenbeträge, deren Zuerkennung durch unvollständige oder unwahre Angaben bewirkt wurde;
3. Studienbeihilfenbeträge, die nach dem Eintritt eines gesetzlichen Erlöschensgrundes oder während des Ruhens des Anspruches ausbezahlt wurden;
4. Studienbeihilfenbeträge, für deren Auszahlung die Voraussetzungen durch eine nachträgliche Abänderung des Bewilligungsbescheides weggefallen ist;
5. den gesamten Betrag der erhaltenen Studienbeihilfe, der in den ersten beiden Semestern insgesamt, in den ersten beiden Semestern eines Masterstudiums oder in den ersten beiden Semestern eines Doktoratsstudiums bezogen wurde, wenn nicht wenigstens Studiennachweise in dem in § 48 Abs. 2 festgelegten Ausmaß vorgelegt werden;
6. den gesamten Betrag der im ersten Semester bezogenen Studienbeihilfe, wenn nach einem Studienabbruch oder einer Studienunterbrechung nicht wenigstens Studiennachweise in dem in § 48 Abs. 3 festgelegten Ausmaß vorgelegt werden.
(2) Im Falle eines neuen Studienbeihilfenanspruches ist die Rückzahlungsforderung gegen diesen aufzurechnen. Der monatlich durch Aufrechnung einbehaltene Betrag darf 50% der monatlich zustehenden Studienbeihilfe nicht übersteigen. Eine Aufrechnung ist auch vor Rechtskraft des Bescheides über die Rückzahlungsverpflichtung zulässig. Ist eine Aufrechnung nicht möglich, so kann die Schuld unter Berücksichtigung der finanziellen Situation der rückzahlungspflichtigen Person bis zu zwei Jahren gestundet und auch die Rückzahlung in Teilbeträgen von nicht mehr als 36 Monatsraten gestattet werden.
(3) Im Fall des Abs. 1 Z 5 und 6 entfällt die Rückforderung, wenn der Studierende
1. sein Studium weiter betreibt und längstens in der Antragsfrist des fünften Semesters ab Studienbeginn wieder einen günstigen Studienerfolg gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 und Z 5, § 23 Z 2, § 24 Z 2 und § 25 Abs. 1 Z 2 nachweist oder
2. die zum Ausschluss der Rückzahlungsverpflichtung notwendigen Studiennachweise zwar innerhalb der für die Vorlage vorgesehenen Frist erworben, diese jedoch erst nach Ablauf der Frist vorgelegt hat.
(4) Die Begünstigungen der Abs. 2 und 3 gelten nicht für den Fall der Erschleichung. In diesem Fall sind die empfangenen Beträge ab deren Erhalt mit 8% zu verzinsen und zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zur Rückzahlung fällig. Personen, die durch vorsätzliche Verletzung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gemäß § 40 Abs. 4 an der Erschleichung teilgenommen haben, haften mit dem zur Rückzahlung verpflichteten Studierenden als Gesamtschuldner.
(5) Rückzahlungsansprüche verjähren in drei Jahren, wenn nicht vor Ablauf dieser Frist ein Rückzahlungsbescheid ergeht. Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die letzte gesetzlich nicht gebührende Studienbeihilfenrate ausgezahlt wurde. Der Lauf der Verjährungsfrist ist gehemmt, solange sich der Rückzahlungsverpflichtete im Ausland aufhält.
(6) Mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit versehene Rückzahlungsbescheide sind Exekutionstitel. Im Exekutionsverfahren wegen dieser Rückzahlungsbescheide wird der Bund von der Finanzprokuratur vertreten, die die Eintreibung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen kann. Die Kosten des Einschreitens der Finanzprokuratur sind vom rückzahlungspflichtigen Studierenden zu ersetzen. Die Rückforderung ist nicht zu verzinsen.“
§ 48 StudFG lautet (auszugsweise):
„Nachweise
§ 48. (1) Studierende, die in den ersten beiden insgesamt inskribierten Semestern (im ersten Ausbildungsjahr), in den ersten beiden Semestern eines Masterstudiums oder in den ersten beiden Semestern eines Doktoratsstudiums Studienbeihilfe bezogen haben, sind verpflichtet, spätestens in der auf das zweite Semester folgenden Antragsfrist (§ 39 Abs. 2) Nachweise über ihren Studienerfolg vorzulegen. Dies gilt auch für Studierende, die erstmals im zweiten inskribierten Semester Studienbeihilfe bezogen haben.
(2) Die Nachweise gemäß Abs. 1 müssen zum Ausschluß der Rückzahlungsverpflichtung wenigstens das halbe Stundenausmaß jener Nachweise umfassen, die für den weiteren Bezug von Studienbeihilfe gefordert werden. Studierende an medizinisch-technischen Akademien und an Hebammenakademien haben stattdessen eine Bestätigung der Direktion über die erfolgreiche Ablegung wenigstens der Hälfte der vorgeschriebenen Einzelprüfungen vorzulegen.
[…]“
§ 52 StudFG lautet:
„Fahrtkostenzuschuss
§ 52. (1) Fahrtkostenzuschüsse dienen zur Unterstützung von Studienbeihilfenbeziehern bei der Finanzierung von Fahrtkosten, die zur Absolvierung des Studiums notwendig sind.
(2) Fahrtkostenzuschüsse werden von der zuständigen Bundesministerin oder vom zuständigen Bundesminister im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung in pauschalierter Form zuerkannt.
(3) Für Fahrtkostenzuschüsse ist im Bereich jedes Bundesministeriums jährlich ein Betrag von 4,5% der im letzten Kalenderjahr jeweils für die Studienförderung aufgewendeten Mittel zur Verfügung zu stellen.“
Gemäß § 72 Bundeshaushaltsgesetz 2013 (BHG), BGBl. I Nr. 139/2009, idgF, hat das zuständige Organ, sobald es davon Kenntnis erlangt, eine Leistung des Bundes, die irrtümlich erbracht worden ist (§ 1431 ABGB) zurückzufordern oder dafür, sofern eine Rückerstattung nicht mehr möglich ist, eine dem gemeinen Wert (§ 305 ABGB) entsprechende Ersatzleistung von der Empfängerin oder von dem Empfänger zu verlangen. Von der Geltendmachung solcher Ansprüche, soweit sie sich nicht auf Dauerschuldverhältnisse beziehen, kann Abstand genommen werden, wenn der Wert der nicht geschuldeten Leistung unter 100 EURO liegt.
3.2.2. Gegenständlich hat die Beschwerdeführerin unstrittig, den notwendigen Nachweis im Sinne des § 51 Abs. 1 Z 5 StudFG nicht erbracht. Die von ihr ins Treffen geführte Erkrankung schließt die Rückzahlungsverpflichtung nicht aus (siehe VwGH vom 07.11.1974, 1341/74). Darüber hinaus kann eine Erkrankung nur gemäß § 19 StudFG eine Studienzeitüberschreitung, nicht aber das Fehlen eines günstigen Studienerfolges rechtfertigen (VwGH vom 28.04.1981, 81/07/0029).
Auch der Verfassungsgerichtshof hegt keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung, dass bei Nichterbringung des Nachweises des Studienerfolges die Beihilfe – unabhängig vom Verschulden – zurückzuzahlen ist, da die Gewährung der Studienbeihilfe für die ersten beiden Semester gewissermaßen aufgrund eines „Vertrauensvorschusses“ hinsichtlich der Erbringung gewisser Studienerfolge erfolgt und dem – sachlicher Weise – das Risiko des Beihilfeempfängers, die Beihilfe zurückzahlen zu müssen, gegenübersteht (siehe VfGH vom 06.06.2006, B 3260/05-7).
Gemäß § 51 Abs. 1 Z 5 StudFG hat die Beschwerdeführerin daher den gesamten Betrag der im Zeitraum Sommersemester 2018 und Wintersemester 2018/2019 erhaltenen Studienbeihilfe in der Höhe von 6.868,00 Euro zurückzuzahlen. Über etwaige Zahlungserleichterungen iSd § 51 Abs. 2 StudFG entscheidet die belangte Behörde.
Dass der Fahrtkostenzuschuss nicht zur Rückforderung gelangt, ergibt sich aus den obzitierten Bestimmungen und entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (siehe hierzu BVwG vom 27.08.2019, W128 2162160-1). Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2.4. Eine mündliche Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen – unter Punkt 3.2. dargestellten – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Krankheit Nachweis Studienerfolg Rückzahlung Rückzahlungsanspruch Rückzahlungsverpflichtung StudienbeihilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W128.2230046.1.00Im RIS seit
22.12.2020Zuletzt aktualisiert am
22.12.2020