TE Bvwg Beschluss 2020/10/1 W186 2131098-1

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Veröffentlicht am 01.10.2020
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Entscheidungsdatum

01.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W186 2131098-1/28E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.07.2016, Zl. 1092827105 - 151651339, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

A)

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 29.10.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am Folgetag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Hierbei führte er aus im Iran, Teheran, geboren zu sein. Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er den Iran verlassen habe, weil er dort nicht regelmäßig in die Schule gehen habe können und er dort auch keine Ausbildung habe machen können. Die Familie sei illegal im Iran aufhältig gewesen und seien sie von der Bevölkerung nicht akzeptiert und ungerecht behandelt worden. Er wolle sich hier in Österreich weiterbilden und einen Beruf erlernen. Zu Afghanistan könne er nichts angeben da er dort nie gelebt habe.

2. In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 27.06.2016 gab der BF als Fluchtgrund im Wesentlichen an, dass er im Iran keine Zukunft gehabt habe. Er habe weder eine Berufsausbildung gehabt, noch habe er die Schule besuchen können. Er habe keine öffentliche Schule besuchen können und sei stattdessen in eine illegale Schule gegangen. Die Iraner würden Afghanen nicht als Menschen ansehen und diese immer belästigen. Mit seinem iranischen Aufenthaltstitel habe er sich nicht einmal eine SIM Karte kaufen können. In Bezug auf Afghanistan gab der BF an, dass dort die Taliban und die Sunniten seien und er als Hazara Angst vor ihnen habe. Er wisse aus den Erzählungen, dass den Hazara die Köpfe abgetrennt werden.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, als auch in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Unter einem erlies das Bundesamt gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

4. Mit Schriftsatz vom 19.07.2016 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid. Begründend wurde zusammengefasst vorgebracht, dass es die belangte Behörde verabsäumt habe, ausreichende Ermittlungen hinsichtlich der vorgebrachten Rückkehrbefürchtung des BF durchzuführen, sowie dem BF ergänzende Fragen zur Herkunftsprovinz der Familie des BF, sowie zum Grund für das Verlassen der Familie des Herkunftsstaates zu fragen. Ebenso habe die belangte Behörde keine Ermittlungen zu der vom BF vorgebrachten Gefahr vor Verfolgung durch die Taliban und/oder als Angehöriger der ethnischen Minderheit der Hazara und der religiösen Minderheit der Schiiten durchgeführt. Beantragt wurde, das BVwG möge den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und ihm Asyl gewähren, in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückverweisen, in eventu dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten erteilten, sowie feststellen, dass die erlassene Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung (plus) vorliegen. Weiters wurde in eventu beantragt festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz vorliegen, sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 21.08.2020 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari eine Verhandlung durch, an welcher der BF, seine Rechtsvertretung, sowie ein länderkundiger Sachverständiger teilnahmen. Die belangte Behörde nahm nicht an der Verhandlung teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Dieser ergibt sich bedenkenlos aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensaktes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) BGBl. I Nr. 87/2012 idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr.100 (Z 4).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung zu überprüfen, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht (VwG), wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

Zu Spruchpunkt A) Behebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG:

3.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, als auch in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Unter einem erlies das Bundesamt gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das VwG den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, sofern die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

3.2. Mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, hat der VwGH einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss eines VwG aufgehoben, weil das VwG in der Sache selbst hätte entscheiden müssen. In der Begründung dieser Entscheidung führte der VwGH unter anderem aus, dass die Aufhebung eines Bescheides durch ein VwG nicht in Betracht kommt, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies werde jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen ließen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hätte, damit diese dann durch das VwG vorgenommen werden.

3.3 Ein Herkunftsstatt ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes. Der BF ist afghanischer Staatsangehöriger, und ging auch das Bundesamt unbestritten im angefochtenen Bescheid hiervon aus.

3.4. Das Bundesamt setzte sich in dem, der Bescheid Erlassung vorangegangenen, Ermittlungsverfahren – insbesondere im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme – unzureichend mit dem Herkunftsstaat des BF auseinander und bezog den Großteil ihrer Ermittlungen auf die Lebensumstände des BF im Iran:

So wurden von Seiten der belangten Behörde weder ausreichende Ermittlungen zu den von Seiten des BF hinsichtlich Afghanistan geäußerten Verfolgungsbefürchtungen „in Afghanistan sind die Taliban und die Sunniten. Ich als Hazara habe Angst vor ihnen“ (AS 58) durchgeführt, noch dem BF ergänzende Fragen hierzu gestellt. Unklar blieb somit im erstinstanzlichen Verfahren aus welcher Herkunftsprovinz die Familie des BF stammt und wieso sich diese damals gezwungen gesehen hat, Afghanistan in Richtung Iran zu verlassen.

Zu der – nach rudimentärer Befragung seitens des Bundesamtes – vom BF vorgetragenen Befürchtungen im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan, nämlich die Verfolgung durch die Taliban aufgrund seiner Angehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara und aufgrund seines schiitischen Glaubens, unterließ das Bundesamt seine Ermittlungen. So finden sich in den im Bescheid zitierten Länderberichten überhaupt keine Informationen über die Lebensumstände von Hazara in Afghanistan, weshalb dem angefochtenen Bescheid grobe Ermittlungslücken zu Grunde liegen.

Darüber hinaus behandelt die belangte Behörde, trotz Feststellung der afghanischen Staatsangehörigkeit des BF, in ihrer Beweiswürdigung betreffend die Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates nur mehr die geschilderten Vorfälle im Iran, und geht in keinster Weise auf die vorgebrachte Verfolgung von schiitischen Hazara in Afghanistan ein (S. 77-78 des Bescheides).

Ferner geht die belangte Behörde sodann in ihrer rechtlichen Beurteilung (AS 142) davon aus, dass der BF keine Bedrohung hinsichtlich Afghanistan vorgebracht habe, was sich somit als aktenwidrig erweist (vgl. die Ausführungen des BF in der Einvernahme am 27.06.2016, AS 58).

Die belangte Behörde setzte völlig ungeeignete Ermittlungsschritte und ermittelte darüber hinaus entscheidungswesentliche Kriterien (Herkunftsprovinz der Eltern, Grund für das Verlassen der Eltern des Herkunftsstaates vor 20 Jahren) gar nicht respektive nur rudimentär (keine ausreichende Befragung zu den Fluchtgründen in Bezug auf Afghanistan, fehlende Länderinformationen zur Volksgruppe der Hazara). Das Bundesamt führte das gegenständliche Verfahren somit grob mangelhaft und stellte im angefochtenen Bescheid aktenwidrig fest, der BF habe in Bezug auf Afghanistan kein Verfolgungsvorbringen erstattet.

Da somit das Bundesamt im vorliegenden Fall in mehrfacher Weise kein hinreichendes Ermittlungsverfahren geführt hat, ist zusammenfassend festzustellen, dass das Bundesamt nicht mit der ihm gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt vorgegangen ist und die Sachlage nicht ausreichend erhoben bzw. sich (in der Bescheidbegründung) nur mangelhaft mit den Angaben des BF und den Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat.

3.5. Im gegenständlichen Fall sind der angefochtene Bescheid der belangten Behörde und das diesem zugrunde liegende Verfahren im Ergebnis so mangelhaft, dass die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides unvermeidlich erscheint. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen sonst zweifelsfrei, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspräche. Im Gegenteil ist das Verfahren der belangten Behörde mit den oben dargestellten schweren Mängeln behaftet. Die Vornahme der angeführten Feststellungen und Erhebungen durch das BVwG selbst verbietet sich unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausführungen des VwGH und unter Effizienzgesichtspunkten, zumal diese grundsätzlich vom Bundesamt durchzuführen sind.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Bundesamt daher die dargestellten Mängel zu verbessern und in Wahrung des Grundsatzes des Parteiengehörs dem BF die Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis zu bringen haben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist dies nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Rückkehrsituation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W186.2131098.1.00

Im RIS seit

22.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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