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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §19 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des J in D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. April 1995, Zl. 5 - 212 Se 20/5 - 95, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 10. März 1995, mit dem wegen Nichtbefolgung eines Ladungsbescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 9. Jänner 1995 die darin angedrohte Zwangsstrafe von 10.000 S verhängt wurde, insoferne Folge gegeben, als die Zwangsstrafe gemäß § 2 Abs. 1 VVG auf S 3.000,-- herabgesetzt wurde.
Nach der unbestritten gebliebenen Annahme der belangten Behörde wurde der Ladungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 9. Jänner 1995, mit dem der Beschwerdeführer als Zeuge für den 16. Februar 1995, 15.00 Uhr, geladen wurde, diesem nachweislich am 12. Jänner 1995 durch Hinterlegung beim Zustellpostamt zugestellt. Der Beschwerdeführer habe in der Berufung geltend gemacht, er habe sich am Verhandlungstag auf einer Dienstfahrt auf dem Weg nach Graz befunden, als ihn gegen 12.00 Uhr in der Nähe von St. Veit an der Glan der Ausfall der Dieselpumpe beim LKW an der Weiterfahrt gehindert habe. Er habe gegen 13.40 Uhr beim Unabhängigen Verwaltungssenat angerufen und mitgeteilt, daß an der Behebung des aufgetretenen Gebrechens noch gearbeitet werde und er daher zur Verhandlung nicht erscheinen könne. Die belangte Behörde bejahte gleichwohl die Zulässigkeit der Verhängung einer Zwangsstrafe mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe ausreichend Zeit gehabt, seine Zeiteinteilung mit dem Arbeitgeber so abzustimmen, daß er am Verhandlungstage der Ladung hätte Folge leisten können. Seinem Hinweis auf die Nichtvorhersehbarkeit der LKW-Panne und die Entschuldigung beim Unabhängigen Verwaltungssenat sei entgegenzuhalten, daß er auch bei Nichtauftreten der Panne in zeitliche Schwierigkeiten gekommen wäre, weil er sich ca. 3 1/2 Stunden vor Verhandlungsbeginn noch so weit von Graz entfernt befunden habe, daß schon jedes im täglichen Verkehrsaufkommen vorhersehbare Hindernis (Stau, etc.) ihn daran gehindert hätte, der Ladung zeitgerecht Folge zu leisten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Der Beschwerdeführer erachtet sich insbesondere dadurch in seinen Rechten verletzt, daß über ihn eine Zwangsstrafe verhängt worden sei, obwohl er durch ein begründetes Hindernis im Sinne des § 19 Abs. 3 AVG (Autopanne) vom Erscheinen bei der anberaumten Verhandlung abgehalten worden sei. Ohne diese Panne hätte er entgegen der Meinung der belangten Behörde die Strecke von 130 km vom Ort der Panne bis nach Graz leicht innerhalb von dreieinhalb Stunden bewältigen können.
Die belangte Behörde legte ihren Verwaltungsakt vor und beantragt in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik auf die Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 3 AVG hat, wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten werden.
Entscheidend ist demnach, ob die belangte Behörde zu Recht verneint hat, daß der Beschwerdeführer durch ein begründetes Hindernis vom Erscheinen bei der Verhandlung abgehalten worden sei. Andernfalls wäre die Verhängung der Zwangsstrafe unzulässigerweise erfolgt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. April 1981, Zl. 17/0202/80, und das - wenngleich in einem anderen Zusammenhang ergangene Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 92/04/0276).
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde weder das Vorliegen der behaupteten Autopanne in Zweifel gezogen noch angenommen, daß dem Beschwerdeführer die Behebung des am LKW aufgetretenen Schadens so zeitgerecht möglich gewesen wäre, daß er trotz Panne rechtzeitig beim Unabhängigen Verwaltungssenat hätte erscheinen können. Die - oben wiedergegebene - Begründung des angefochtenen Bescheides beruht auf der - an sich zutreffenden - Erwägung, daß es im gegebenen Zusammenhang auf die besagte Panne dann nicht ankäme, wenn dem Beschwerdeführer auch ohne sie das rechtzeitige Erscheinen beim Unabhängigen Verwaltungssenat unmöglich gewesen wäre. Denn diesfalls hätte diese Unmöglichkeit ihre Ursache nicht in der plötzlich aufgetretenen Panne, sondern in einer vom Beschwerdeführer zu vertretenden Fehldisposition in zeitlicher Hinsicht gehabt.
In dieser Frage ist die Begründung des angefochtenen Bescheides allerdings mit wesentlichen Mängeln behaftet. Es ist unklar, ob die belangte Behörde angenommen hat, dem Beschwerdeführer wäre die Befolgung der Ladung auch ohne die Panne tatsächlich unmöglich gewesen. Die belangte Behörde spricht insoweit lediglich vage von "zeitlichen Schwierigkeiten", in die der Beschwerdeführer jedenfalls gekommen wäre, und auch das nur bei Hinzukommen weiterer Hindernisse ("Stau, etc."). Sollte dies als Annahme der Unmöglichkeit des Erscheinens des Beschwerdeführers auch ohne die Panne zu verstehen sein, fehlt es an einer hinreichenden Begründung, weil mangels näherer Feststellungen nicht beurteilt werden kann, welche Zeit der Beschwerdeführer unter den gegebenen Verhältnissen vom Ort der Panne bis zur belangten Behörde voraussichtlich benötigt hätte. Die in der Gegenschrift nachgeholten Feststellungen und Erwägungen können die aufgezeigten Begründungsmängel nicht sanieren. Sie haben auf Grund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes unberücksichtigt zu bleiben.
Aus diesen Gründen ist der angefochtene Bescheid, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für den angefochtenen Bescheid. Für diese nur in einfacher Ausfertigung vorzulegende Beilage zur Beschwerde hatte der Beschwerdeführer lediglich Stempelgebühren in Höhe von S 90,-- zu entrichten.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995110195.X00Im RIS seit
20.11.2000