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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AufG 1992 idF 1995/351 §9 Abs3;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/19/0977 96/19/0978Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, in den Beschwerdesachen 1. des mj. Y, 2. der B und 3. des mj. O, der Erst- und Drittbeschwerdeführer vertreten durch die Zweitbeschwerdeführerin, letztere vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. einer Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung
Die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen wurden mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien, je vom 31. August 1995, abgewiesen. Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Bescheide am 27. September 1995 Berufung. Mit ihrer am 1. April 1996 beim Verwaltungsgerichtshof überreichten Säumnisbeschwerde machen die Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für Inneres geltend. Mit Verfügungen vom 17. April 1996 trug der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG der belangten Behörde auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten die Bescheide zu erlassen und eine Abschrift derselben dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.
Die belangte Behörde brachte am 29. November 1996 vor, bei den gegenständlichen Anträgen handle es sich um quotenwirksame Erstanträge für das Bundesland Wien. Mit Eingabe vom 7. März 1997 teilte die belangte Behörde über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes mit, daß die festgelegte Höchstzahl von Bewilligungen gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 1023/1994, für das Bundesland Wien am 16. Dezember 1995 erschöpft gewesen sei und der Erteilung einer Bewilligung - von § 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgesehen - im Jahre 1995 keine Hindernisse entgegenstanden.
Diese Mitteilungen der belangten Behörde wurden den Beschwerdeführern vorgehalten, welche den Angaben der belangten Behörde nicht entgegentraten.
Mit den am gleichen Tag zugestellten Bescheiden vom 10. Jänner 1997 gab die belangte Behörde den Berufungen der Beschwerdeführer statt und erteilte diesen Aufenthaltsbewilligungen für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Fremden" für den Zeitraum jeweils vom 15. Jänner 1997 bis 4. Juli 1997.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zur gemeinsamen Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:
§ 27 Abs. 1 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 470/1995 lautet:
"§ 27. (1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war."
§ 9 Abs. 3 AufG in der Fassung der am 20. Mai 1995 in Kraft getretenen Novelle BGBl. Nr. 351/1995 lautet:
"(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG sind in diesem Fall nicht anwendbar."
§ 1 Abs. 1 der am 22. Dezember 1995 ausgegebenen Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, lautete:
"§ 1. (1) Im Jahr 1996 dürfen - außerhalb der in § 2 festgelegten Zahl von Bewilligungen - höchstens 18.480 Bewilligungen erteilt werden."
Diese Verordnung enthält keine ausdrückliche Bestimmung über ihr Inkrafttreten.
Im Hinblick auf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbestrittene Tatsache, daß die für den von den Beschwerdeführern angegebenen Aufenthaltszweck festgelegte Quote für das Jahr 1995 für das Bundesland Wien spätestens am 16. Dezember 1995 erschöpft war, war die belangte Behörde aufgrund der Bestimmung des § 9 Abs. 3 AufG ab diesem Zeitpunkt gehindert, bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 AufG, in Stattgebung der Berufung der Beschwerdeführer eine Bewilligung zu erteilen.
Die Zeiten der geschlossenen Quote (hier: vom 16. Dezember 1995 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1995) waren daher auf die Frist des § 27 VwGG nicht anzurechnen. Der Zeitraum zwischen Einlangen des Antrages und Legitimation zur Einbringung der Säumnisbeschwerde wird um genau jenen Zeitraum verlängert, in dem keine freien Kontingentplätze vorhanden sind (vgl. den hg. Beschluß vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208).
Die Wartefrist des § 27 VwGG von sechs Monaten war daher - unter Zugrundelegung der vorhin dargestellten Berechnungsmethode - im Zeitpunkt der Erhebung der gegenständlichen Säumnisbeschwerden am 1. April 1996 noch nicht abgelaufen. Die Säumnisbeschwerden erweisen sich daher als zu früh gestellt, da die belangte Behörde keine sechs Monate zur Entscheidung über die vorliegenden Berufungen zur Verfügung hatte. Die Säumnisbeschwerden waren daher zurückzuweisen.
Schlagworte
Binnen 6 Monaten Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996190976.X00Im RIS seit
02.05.2001