TE Bvwg Beschluss 2020/2/13 L527 2215656-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.2020
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Entscheidungsdatum

13.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

L527 2215656-1/14E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Bangladesch, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.02.2019, Zl. XXXX :

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, verließ seinen Herkunftsstaat legal und reiste – ebenfalls legal (Visum D) – am XXXX 2015 erstmals in das Bundesgebiet ein. Er erhielt hier einen Aufenthaltstitel für Studierende, der nach einer Verlängerung zuletzt bis XXXX 2018 gültig war.

Am XXXX 2017 verließ der Beschwerdeführer das Bundesgebiet zuletzt, um nach Bangladesch zu reisen; er habe seine Familie bzw. seine Frau besuchen wollen. Am XXXX 2018 reiste er legal wieder in das Bundesgebiet ein, wo er am 15.02.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

In der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer – zusammengefasst – als Fluchtgrund an, er sei in Bangladesch politisch aktiv gewesen. Seit 2008 sei er Mitglied der Chatra Dal (Studentenflügel der Bangladesh Nationalist Party [BNP]). Als lokaler Funktionär sei er gegen die jetzige Regierung aktiv gewesen. Aus diesem Grund habe er Probleme gehabt. Deshalb habe er versucht, im Ausland einen Studienplatz zu erhalten. In Österreich habe er letztendlich einen erhalten. Als der Beschwerdeführer im XXXX 2017 nach Bangladesch reiste, habe er sich dort politisch engagiert und Kontakt zu seinen alten Parteikollegen gehabt. Während er bei seinen Schwiegereltern gewesen sei, seien mehrere Polizisten in seinem Elternhaus gewesen und haben seinen Eltern mitgeteilt, dass gegen ihn Anzeige erstattet worden sei. Die Polizisten haben seinen Eltern auch ein polizeiliches Anzeigenprotokoll ausgehändigt. Aus diesem Protokoll sei ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer eine Klage wegen versuchten Mords, schwerer Körperverletzung und Diebstahl zur Last gelegt worden sei. Der Beschwerdeführer habe kein Vertrauen in das jetzige Justizsystem, da dieses abhängig von der Regierung sei. Nun habe er Angst, im Falle einer Rückkehr von den Sicherheitsbehörden festgenommen und in Haft misshandelt zu werden. Diese Art von Misshandlungen der Oppositionspolitiker stehe in Bangladesch an der Tagesordnung. Da die Anzeige ganz frisch gewesen sei, sei die Flughafenbehörde noch nicht informiert gewesen und der Beschwerdeführer habe noch rechtzeitig ausreisen können. Er legte fremdsprachige Unterlagen zum angeblichen Strafverfahren gegen ihn in Kopie vor.

In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) am 13.11.2018 bestätigte der Beschwerdeführer die in der Erstbefragung gemachten Angaben, nannte weitere Details und äußerte sich auch zu angeblichen Vorfällen in den Jahren 2009, 2011 und im Spätsommer/Herbst 2017. In einer weiteren behördlichen Einvernahme am 24.01.2019 hatte der Beschwerdeführer noch einmal die Möglichkeit, sich zu seiner Fluchtgeschichte zu äußern. Der Leiter der Einvernahme stellte dem Beschwerdeführer auch Fragen zu einigen von diesem vorgelegten Unterlagen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus (Spruchpunkt V) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI). Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer einer konkreten asylrelevanten Gefährdung oder Bedrohung in seinem Herkunftsstaat ausgesetzt sei oder gewesen sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde vom 01.03.2019 an das Bundesverwaltungsgericht und ergänzte diese um eine Stellungnahme vom 04.03.2019.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 15.02.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, den er im verwaltungsbehördlichen Verfahren – auf das Wesentliche zusammengefasst – wie folgt begründete: Er sei seit 2008 bei der Chatra Dal bzw. BNP und in seinem Heimatland politisch aktiv gewesen, weswegen es immer wieder (etwa 2009 und 2011) zu näher bezeichneten Problemen und Auseinandersetzungen gekommen sei. Am XXXX 2018 hätte dann ein namentlich genannter politischer Gegner, mit dem der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit Auseinandersetzungen gehabt habe, eine falsche Strafanzeige gegen ihn erstattet. In der Strafanzeige werden dem Beschwerdeführer versuchter Mord, schwere Körperverletzung und Diebstahl vorgeworfen. Würde ihn die Polizei erwischen, so würde ihn diese in Haft nehmen, wo er misshandelt oder sogar umgebracht werden würde. Aus diesem Grund sei er geflohen (AS 8, 81 ff, 240 ff).

1.2. Der Beschwerdeführer brachte mehrfach vor, an gesundheitlichen Problemen (Probleme mit einer Hüfte, Rheuma) zu leiden (AS 80, 240) und gab an, dass möglicherweise ein Zusammenhang mit den Hüftproblemen und einem Vorfall in Bangladesch bestehe (AS 87). Er legte medizinische Unterlagen vor (z. B. AS 213 bis 229, 345).

Die Behörde stützt die Feststellungen im angefochtenen Bescheid zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers unter anderem auf eine „Anfragebeantwortung BMA-4436 durch medcoi“ (AS 396); diese Anfragebeantwortung ist dem verwaltungsbehördlichen Akt jedoch nicht zu entnehmen.

1.3.

1.3.1. Der Beschwerdeführer legte bereits bei der Erstbefragung am 15.02.2018 ein Konvolut an Dokumenten in bengalischer Sprache in Kopie vor. Seinen Angaben zufolge handle es sich dabei um Unterlagen, welche das gegen ihn laufende Strafverfahren betreffen (AS 8). Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente wurden zum Akt genommen (AS 11 bis 17). Eine Übersetzung dieser Dokumente ins Deutsche enthält der von der belangten Behörde vorgelegte Akt nicht.

1.3.2. Laut Niederschrift habe der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor der belangten Behörde am 13.11.2018 zahlreiche Beweismittel vorgelegt (AS 81). Dabei handle es sich laut Beschwerdeführer unter anderem um Unterlagen von seinem Strafverfahren in Kopie, einem Schreiben seines Rechtsanwalts, aus welchem hervorgehe, dass er den Prozess verliere, seine Heiratsurkunde, eine Mitgliederliste der Awami League (AL), eine eidesstattliche Erklärung der Schwester, eine eidesstattliche Erklärung des Vaters betreffend Eigentum in Bangladesch und Unterlagen, welche das Eigentum an Grundstücken belegen. Laut Niederschrift habe der Beschwerdeführer außerdem Screenshots seines Profils auf Facebook (AS 85) sowie einen Auszug aus einer Zeitung, demzufolge der Beschwerdeführer seinen Gegner als indischen Spion bezeichnet und aufgefordert habe, Schutzgeld zu bezahlen (AS 87), vorgelegt.

Dass die belangte Behörde die Bescheinigungsmittel zum Akt genommen hätte, ist der Niederschrift nicht zu entnehmen.

1.3.3. Mit E-Mails vom 21.11.2018 übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde ein Konvolut an Scans von in bengalischer Sprache handschriftlich verfassten Texten (AS 95 bis 161). Eine Übersetzung der Texte ins Deutsche enthält der von der belangten Behörde vorgelegte Akt nicht.

Mit E-Mail vom 26.11.2018 übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde Screenshots von in bengalischer Sprache verfassten Beiträgen in den sozialen Medien (AS 163 bis 167). Eine Übersetzung der Beiträge ins Deutsche enthält der von der belangten Behörde vorgelegte Akt nicht.

Mit E-Mails vom 29.11.2019 übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde weitere Unterlagen. Laut den handschriftlichen Anmerkungen auf den im Akt enthaltenen Ausdrucken handle es sich einerseits um medizinische Unterlagen (AS 169 bis 200), andererseits um Beweismittel (AS 201 bis 212). Inhaltlich ist auf den Ausdrucken kaum etwas zu erkennen. Soweit ersichtlich, sind die Beweismittel (AS 201 bis 212) zumindest teilweise in bengalischer Sprache gehalten. Eine Übersetzung der in bengalischer Sprache gehaltenen Beweismittel ins Deutsche enthält der von der belangten Behörde vorgelegte Akt nicht.

1.3.4. Der Leiter der behördlichen Einvernahme am 21.01.2019 stellte dem Beschwerdeführer zu den mit E-Mails vom „22.11.2018 [vermutlich gemeint: 21.11.2018] und 29.11.2018“ übermittelten Unterlagen Fragen (AS 242 f). So fragte der Leiter der Einvernahme den Beschwerdeführer etwa zum E-Mail vom 21.11.2018, XXXX , („TEIL 01“), dem eine fünfseitige handschriftlichen Stellungnahme angeschlossen war (AS 95 bis 105): „F: Was steht in der Stellungnahme? A: Das ich Rheuma habe, Spritzen nehme, über das Strafverfahren. F: Wie ist der Stand des Strafverfahrens? A: Es ist bei Gericht anhängig. Die Polizei sucht mich. F: Was steht in der Stellungnahme, was Sie noch nicht erzählt haben? A: Nichts. Ich habe jetzt alles erzählt.“ (AS 242; Orthografie und Grammatik im Original)

Auf die Frage, ob er noch weitere Unterlagen vorlegen wolle, wollte der Beschwerdeführer allgemeine Berichte über Bangladesch, von denen er nicht persönlich betroffen sei, vorlegen (AS 243). In der Folge fragte der Leiter der Einvernahme den Beschwerdeführer, was dieser „mit dem Facebook Eintrag“ beweisen wolle. Der Beschwerdeführer wollte damit bescheinigen, dass er bedroht werde (AS 243). Auf welchen Facebook-Eintrag sich die Frage des Leiters der Einvernahme bezog, ist der Niederschrift nicht zu entnehmen.

1.3.5. Der verwaltungsbehördliche Akt enthält auf den AS 247 bis 355 eine Vielzahl an Unterlagen, die teils in deutscher, bengalischer und englischer Sprache gehalten sind.

Soweit dies anhand des Inhalts der Unterlagen oder der angebrachten Vermerke zu erkennen ist, befinden sich darunter unter anderem das in der behördlichen Einvernahme am 13.11.2018 genannte Schreiben des Rechtsanwalts des Beschwerdeführers, aus welchem hervorgehe, dass er den Prozess verliere (AS 303 ff; bengalische Sprache, keine Übersetzung ins Deutsche), seine Heiratsurkunde (AS 299 ff; bengalische Sprache, keine Übersetzung ins Deutsche), die Mitgliederliste der AL (AS 311 ff; bengalische Sprache, keine Übersetzung ins Deutsche) und die eidesstattliche Erklärung der Schwester (AS 297; deutschsprachig). Bei welchen der zahlreichen Unterlagen es sich um die eidesstattliche Erklärung des Vaters betreffend Eigentum in Bangladesch und die Unterlagen, welche das Eigentum an Grundstücken belegen, handle (vgl. AS 81) bzw. ob diese Unterlagen überhaupt im verwaltungsbehördlichen Akt enthalten sind, lässt sich diesem hingegen nicht entnehmen.

Bedingt durch die Art der Verfahrens- und Aktenführung durch die Behörde und (teils auch) infolge fehlender Übersetzungen ist dem verwaltungsbehördlichen Akt ebenso wenig zu entnehmen, zu welchem konkreten Beweisthema der Beschwerdeführer die Bescheinigungsmittel auf den AS 247 bis 289, 323 bis 333 sowie 341 bis 343 vorgelegt hat und was der konkrete Inhalt derselben ist.

Wann der Beschwerdeführer den auf den AS 349 bis 355 abgelegten englischsprachigen „First Information Report“ (FIR) vorgelegt hat, ist aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich. In Ermangelung einer entsprechenden Befragung des Beschwerdeführers, der Einholung einer Übersetzung jedenfalls der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen in bengalischer Sprache, die sein Strafverfahren betreffen sollen, sowie einer sonstigen Auseinandersetzung mit den betreffenden Beweismitteln durch die belangte Behörde ist auch nicht erkennbar, ob der englischsprachige FIR inhaltlich den Unterlagen zum Strafverfahren in bengalischer Sprache entspricht.

1.4.

1.4.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus (Spruchpunkt V) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI). (AS 361) Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer einer konkreten asylrelevanten Gefährdung oder Bedrohung in seinem Herkunftsstaat ausgesetzt sei oder gewesen sei (AS 375). Der Beschwerdeführer habe keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen können (AS 401).

1.4.2. Die dafür maßgeblichen Erwägungen der Behörde sind im Wesentlichen (AS 397 ff):

Der Beschwerdeführer habe seinen Antrag auf internationalen Schutz im zeitlichen Nahebereich zum Auslaufen seines Aufenthaltstitels als Studierender gestellt. Es sei nicht ersichtlich, warum der Beschwerdeführer, nachdem am XXXX 2018 Polizisten mit der gegen ihn gerichteten Anzeige bei seinen Eltern gewesen seien, noch drei Wochen mit dem Stellen des Antrags auf internationalen Schutz hätte zuwarten sollen. Mangels Aussicht auf Verlängerung des Aufenthaltstitels habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Bereits diese Umstände seien für die Behörde ausreichend tragfähig, um den Antrag auf internationalen Schutz als unbegründet abzuweisen.

Dem Beschwerdeführer seien aber noch andere Ungereimtheiten vorzuhalten:

„Das dem von Ihnen vorgelegten Anzeigeprotokoll schon alleine deshalb kein Beweiswert zukommen kann, liegt in der Tatsache begründet, dass davon auszugehen ist, dass dieses gefälscht ist, schließlich ist es notorischer Weise bekannt jedwedes Dokument in Bangladesch, ob als Totalfälschung oder auch nur mit unrichtigem Inhalt vom dazu Berechtigten gegen Bezahlung ausgestellt wird und erhältlich ist. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat des Öfteren Anzeigen und Haftbefehle in Bangladesch überprüfen lassen; in vielen Fällen hat sich herausgestellt, dass diese tatsächlich gefälscht waren (Erkenntnis BVwG vom 26.08.2016, GZ W119 2014550-1). Es erübrigt sich die Überprüfung des Inhaltes der Schreiben auf einen ‚glaubhaften Kern‘ hin auch insofern, da Sie sich gerade auch zu dem von Ihnen vorgebrachten Vorfall fern ab der Realität bewegt haben.“ (AS 399; Orthografie und Grammatik im Original)

Aus Sicht der belangten Behörde sei es auch nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer nach der angeblichen Anzeigeerstattung mit seiner richtigen Identität Bangladesch über den internationalen Flughafen ohne Probleme habe verlassen können.

Die vom Beschwerdeführer geschilderten Vorfälle in den Jahren 2009, 2011 und 2014 erachtete die belangte Behörde als nicht kausal dafür, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dass das Vorbringen des Beschwerdeführers konstruiert sei, zeige sich auch darin, dass dieser regelmäßig zu Besuchen nach Bangladesch gereist sei, wo er kein vor der Öffentlichkeit verstecktes Leben geführt habe. Der Zeitpunkt der angeblichen Anzeigeerstattung gegen den Beschwerdeführer sei vollkommen unplausibel.

Schließlich führte die belangte Behörde noch aus: „Die von Ihnen zahlreich vorgelegten Unterlagen, welche mit Ihnen in der zweiten Einvernahme durchbesprochen wurden, gereichen nicht, eine Verfolgung Ihrer Person von Dritten glaubhaft zu machen. Durch diese Unterlagen und die allgemein gehaltenen Medienberichte, haben sich keine Änderungen des vorliegenden Sachverhaltes ergeben. Zu den Screenshots von Facebook Eintragungen kann gesagt werden, dass dies nicht als Beweismittel für eine mögliche Verfolgung herhalten können, schließlich konnten Sie auch in Ihrer Einvernahme die Behörde nicht davon überzeugen, dass Sie internationalen Schutz benötigen würden. Zudem ist es ohne Schwierigkeiten möglich, solche Eintragungen zu konstruieren und beweist daher gar nichts.“ (AS 401; Orthografie und Grammatik im Original)

1.4.3. Wie unter 1.3. teils bereits festgehalten, hat die Behörde die vom Beschwerdeführer bereits bei der Erstbefragung vorgelegten Dokumente in bengalischer Sprache, die nach seinen Angaben das gegen ihn gerichtete Strafverfahren und damit einen zentralen Aspekt seines Fluchtvorbringens betreffen, nicht übersetzt bzw. übersetzen lassen. Sie hat den Beschwerdeführer zwar zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaats befragt (insbesondere AS 83), unterließ aber (auch ansonsten) eine konkrete Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumenten.

Auch andere vom Beschwerdeführer vorgelegte fremdsprachige Bescheinigungsmittel ließ die Behörde nicht übersetzen und sie setzte sich mit diesen ebenso wenig anderweitig auseinander. Dennoch führt sie im Bescheid unter der Liste von herangezogenen Beweismitteln einen Teil dieser Unterlagen an, etwa das Schreiben des Rechtsanwalts und Screenshots von Facebook-Eintragungen (AS 374).

1.5. Das Bundesverwaltungsgericht musste bereits mehrmals feststellen, dass die belangte Behörde notwendige und bisweilen aufwendige Ermittlungen unterlassen hat. So hat es die Behörde bereits in zahlreichen Verfahren zu Anträgen auf internationalen Schutz von Fremden aus dem Herkunftsstaat Bangladesch unterlassen, fremdsprachige Bescheinigungsmittel zu übersetzen bzw. übersetzen zu lassen und sich mit diesen in der gebotenen Weise auseinanderzusetzen. Angesichts dessen liegt der Schluss nahe, dass die belangte Behörde – grundsätzlich gebotene – Ermittlungsmaßnahmen mit der Intention unterlässt, dass sie das Bundesverwaltungsgericht vornimmt.

1.6. Das Bundesverwaltungsgericht kann die notwendigen Ermittlungen keinesfalls rascher durchführen und auch den Sachverhalt keinesfalls rascher feststellen als die belangte Behörde. Es wäre keineswegs mit einer Kostenersparnis – und erst recht nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden, würde das Bundesverwaltungsgericht statt der belangten Behörde die erforderliche Ermittlungstätigkeit und Sachverhaltsfeststellung vornehmen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen unter 1.1. bis 1.4. waren auf Grundlage des von der belangten Behörde vorgelegten Akts zu treffen. Die jeweiligen Aktenbestandteile sind bei den Feststellungen, soweit möglich, unter Nennung der Aktenseiten (AS) angegeben. Einwände, dass der Akt unvollständig oder unrichtig wäre, wurden nicht erhoben. Dementsprechend konnte das Bundesverwaltungsgericht den Akteninhalt seinen Feststellungen ohne Weiteres zugrunde legen. Dass das Bundesverwaltungsgericht dem verwaltungsbehördlichen Akt etwa Übersetzungen von näher genannten fremdsprachigen Aktenbestandteilen nicht entnehmen konnte, deutet nicht auf die Unvollständigkeit des Akts hin, sondern liegt vielmehr daran, dass die Behörde die entsprechenden Ermittlungen tatsächlich nicht vorgenommen hat.

Damit ist der Sachverhalt insofern aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

2.2. Die Feststellung, dass die belangte Behörde notwendige und bisweilen aufwendige Ermittlungen unterlässt, war im Lichte zahlreicher Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zu treffen. Exemplarisch verweist das Bundesverwaltungsgericht auf: BVwG 02.10.2018, L516 2144445-2/2E, BVwG 24.09.2018, L516 2202821-1/5E; BVwG 17.08.2018, L512 2199291-1/6E; BVwG 05.04.2018, L516 2153392-1/5E; BVwG 18.01.2018, L516 1427683-2/4E. In dem diesen Entscheidungen jeweils vorangegangenen Verwaltungsverfahren hatte die belangte Behörde es unterlassen, vom jeweiligen Beschwerdeführer vorgelegte fremdsprachige Bescheinigungsmittel übersetzen zu lassen bzw. sich (auch) anderweitig damit in der gebotenen Weise auseinanderzusetzen.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts erscheint daher der Schluss berechtigt, dass diese grundsätzlich gebotenen Ermittlungsschritte von der belangten Behörde regelmäßig mit der Intention unterlassen werden, dass diese durch das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen werden. Dafür spricht im Übrigen auch, dass sich die belangte Behörde bei von Asylwerbern aus dem Herkunftsstaat Bangladesch vorgelegten Bescheinigungsmitteln vielfach auf den Standpunkt zurückzieht, dass gekaufte Gefälligkeitsschreiben und echte Dokumente falschen Inhalts in Bangladesch leicht zu beschaffen seien; vgl. etwa die bereits zitierten Entscheidungen BVwG 02.10.2018, L516 2144445-2/2E; BVwG 24.09.2018, L516 2202821-1/5E.

2.3. Schon aus der Tatsache, dass das vom Bundesverwaltungsgericht zu führende Verfahren ein Mehrparteienverfahren ist (vgl. § 18 VwGVG), folgt eindeutig, dass das Bundesverwaltungsgericht die notwendigen Ermittlungen keinesfalls rascher durchführen und auch den Sachverhalt keinesfalls rascher feststellen könnte als die belangte Behörde. Auch die Feststellung, dass es keineswegs mit einer Kostenersparnis – und erst recht nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre, würde das Bundesverwaltungsgericht statt der belangten Behörde die erforderliche Ermittlungstätigkeit und Sachverhaltsfeststellung vornehmen, ergibt sich daraus. Dass die belangte Behörde – im Unterschied zum Bundesverwaltungsgericht – eine Spezialbehörde für das Fremdenwesen und Asyl (vgl. das BFA-G) ist, mag zwar für sich allein nicht begründen, dass die Voraussetzung des § 28 Abs 2 Z 2 VwGVG nicht erfüllt sei, kann jedoch als einer von mehreren Faktoren durchaus Berücksichtigung finden; vgl. VwGH 26.04.2016, VwGH Ro 2015/03/0038. Zu bedenken ist überdies, dass es bei der Beurteilung der Kostenersparnis und Raschheit nicht auf die Auswirkungen auf das Gesamtverfahren, sondern nur auf die Ersparnis an Zeit und Kosten für die jeweilige konkrete Amtshandlung ankommt. Dass die Zurückverweisung den gesamten Verfahrensverlauf verlängert, ist bei der Zeit- und Kostenersparnis nicht in Rechnung zu stellen, weil ansonsten eine kassatorische Entscheidung nie in Frage käme; vgl. mwN Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 20 (Stand 1.7.2007, rdb.at).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Behebung des angefochtenen Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl:

3.1.

3.1.1. § 37 iVm § 39 Abs 2 AVG verpflichtet die Verwaltungsbehörden, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen. Näher dazu und unter Verweis auf zahlreiche Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 7, 19 ff (Stand 1.7.2005, rdb.at).

§ 18 AsylG verpflichtet die belangte Behörde, in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen; vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100.

Der Verwaltungsgerichtshof betont in seiner ständigen Rechtsprechung, dass § 18 AsylG für das Asylverfahren eine Konkretisierung der aus § 37 AVG iVm § 39 Abs 2 AVG hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörde darstellt, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen; vgl. mwN VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0236.

Auch die Verfassung enthält Vorgaben zum behördlichen Ermittlungsverfahren. So liegt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ein willkürliches Verhalten, das in die Verfassungssphäre eingreift, etwa im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes; vgl. VfGH 20.02.2015, E 1278/2014 mwN.

3.1.2. Der in § 39 Abs 2 AVG ausgesprochene Grundsatz der Amtswegigkeit (Offizialmaxime) schließt den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit ein; vgl. mwN Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 7 (Stand 1.7.2005, rdb.at). Dem AVG ist eine antizipierende Beweiswürdigung fremd; vgl. z. B. VwGH 25.05.2016, Ra 2016/11/0038. Eine unzulässige antizipierende Beweiswürdigung liegt vor, wenn ein vermutetes Ergebnis noch nicht aufgenommener Beweise vorweggenommen wird. Die freie Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs 2 AVG darf erst nach einer vollständigen Beweisaufnahme einsetzen; vgl. abermals VwGH 25.05.2016, Ra 2016/11/0038.

Auch genügt ein allgemeiner Verdacht, dass die Beweiskraft von Beweismitteln (konkret: Urkunden) deshalb gering sei, weil derartige Urkunden auch ohne adäquaten Nachweis von bestimmten Behörden oder Behörden eines bestimmten Herkunftsstaats ausgestellt werden würden bzw. weil Urkunden unwahren Inhalts eines bestimmten Herkunftsstaats weit verbreitet seien, nicht, um im Verfahren vorgelegten Urkunden generell den Beweiswert abzusprechen; vgl. mwN VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0083.

3.2. Den Anforderungen an ein vollständiges und mangelfreies Ermittlungsverfahren ist die belangte Behörde im gegenständlichen Fall in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht geworden. Das von der Behörde geführte (Ermittlungs)verfahren ist grob mangelhaft; die Behörde hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht (hinreichend) ermittelt. Die Behörde hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt (folglich) auch nicht vollständig und nachvollziehbar festgestellt. Schließlich verstößt auch die „Begründung“ des angefochtenen Bescheids gravierend gegen die rechtlichen Vorgaben:

3.2.1. Der Beschwerdeführer legte bereits bei der Erstbefragung am 15.02.2018 ein Konvolut an Dokumenten in bengalischer Sprache in Kopie vor. Dabei handle es sich um Unterlagen, die das gegen ihn in Bangladesch geführte und, wie sich bereits aus den Angaben in der Erstbefragung eindeutig ergibt, politisch motivierte Strafverfahren betreffen sollen. Die Beweismittel betreffen damit ein zentrales Element des Vorbringens, mit dem der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz begründet. Dass die - somit relevante Sachverhaltselemente betreffenden - Beweismittel an sich ungeeignet wären, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern, ist weder ersichtlich noch hat die belangte Behörde dergleichen (begründet, nachvollziehbar und rechtskonform) dargetan. Wie insbesondere unter 1.4.3. festgestellt, hat die belangte Behörde diese Beweismittel nicht übersetzt bzw. übersetzen lassen. Sie hat den Beschwerdeführer zwar zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaats befragt (insbesondere AS 83), unterließ aber (auch ansonsten) eine konkrete Auseinandersetzung mit diesen Beweismitteln, wie etwa eine nähere Befragung dazu. Bereits im Unterlassen der insoweit gebotenen Sachverhaltsermittlung besteht eine gravierende Ermittlungslücke.

Auch die im Akt enthaltene Kopie eines englischsprachigen FIR betrifft nach dessen Inhalt in Verbindung mit den Aussagen des Beschwerdeführers zentrale Elemente seines Vorbringens zur Begründung seines Antrags auf internationalen Schutz. Auch dieses Beweismittel ist nicht an sich ungeeignet, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern. Dennoch ist die Behörde auch diesbezüglich ihrer Pflicht zur amtswegigen Sachverhaltsermittlung nicht hinreichend nachgekommen. Mit ihren Ausführungen in der Beweiswürdigung verstößt sie ebenfalls gegen die rechtlichen Vorgaben.

Zu den Ausführungen der belangten Behörde zu dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Anzeigeprotokoll (AS 399; vgl. 1.4.2.) ist zunächst festzuhalten, dass aus den Erwägungen nicht hervorgeht, ob sich die Behörde damit auf die Kopie des englischsprachigen FIR oder auf die in bengalischer Sprache gehaltenen Unterlagen zum Strafverfahren bezieht. Soweit die belangte Behörde weiter ausführt, dass dem Protokoll der Beweiswert abzusprechen sei und dies damit begründet, dass „dass davon auszugehen ist, dass dieses gefälscht ist, schließlich ist es notorischer Weise bekannt jedwedes Dokument in Bangladesch, ob als Totalfälschung oder auch nur mit unrichtigem Inhalt vom dazu Berechtigten gegen Bezahlung ausgestellt wird und erhältlich ist.“ (AS 399), nimmt sie gerade jene Beweiswürdigung vor, die ihr nach dem AVG verwehrt ist, nämlich eine antizipierende Beweiswürdigung. Dass nach den Länderinformationen (AS 395) in Bangladesch echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden, Privatpersonen und Firmen problemlos gegen Zahlung erhältlich sind und dergleichen auch in Asylverfahren tatsächlich, womöglich sogar in vielen Fällen (AS 399) vorgelegt werden, entbindet die belangte Behörde nicht davon, sich mit den im gegenständlichen Verfahren vorgelegten Beweismitteln individuell auseinanderzusetzen, was in diesem Fall die Übersetzung jedenfalls für das Vorbringen zentraler Beweismittel und eine nähere Befragung des Beschwerdeführers erfordert hätte. Dass die belangte Behörde insoweit eine Übersetzung und auch sonst eine hinreichende Auseinandersetzung mit für das Vorbringen wesentlichen Beweismitteln unterlassen hat, begründet eine besonders gravierende Ermittlungslücke Die Berichtslage alleine kann nicht zu einem Automatismus führen, Beweismittel aus Bangladesch von Vornherein als nicht beweiskräftig zu qualifizieren.

Auch im Hinblick auf weitere im Akt enthaltene oder zumindest erwähnte Beweismittel hat die Behörde das Gebot der Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts in gravierender Weise verletzt, namentlich im Hinblick auf das – nicht in die deutsche Sprache übersetzte – Schreiben des Rechtsanwalts (AS 303 ff), auf - nicht in die deutsche Sprache übersetzte – Screenshots von Inhalten sozialer Medien sowie einen Auszug aus einer Zeitung, demzufolge der Beschwerdeführer seinen Gegner als indischen Spion bezeichnet und aufgefordert habe, Schutzgeld zu bezahlen (AS 87). Bedingt durch die Art der Verfahrens- und Aktenführung durch die Behörde ist nicht eindeutig zu erkennen, ob die Behörde den Zeitungsausschnitt überhaupt zum Akt genommen hat. Sofern es sich dabei um den Zeitungsausschnitt auf AS 333 handeln sollte, fehlt jedenfalls eine Übersetzung ins Deutsche. Trotz der vom Beschwerdeführer angegebenen Relevanz der Beweismittel für sein Vorbringen (so stehe im Schreiben des Rechtsanwalts, dass der Beschwerdeführer den Prozess nicht gewinnen werde; AS 81) hat die belangte Behörde eine nähere Befragung unterlassen.

Die Erwägungen im angefochtenen Bescheid zu den Screenshots von Facebook-Eintragungen erweisen sich wiederum als antizipierende Beweiswürdigung. Der pauschale Verweis darauf, dass derartige Eintragungen konstruiert werden können, kann eine konkrete Auseinandersetzung mit im Einzelfall vorgelegten Facebook-Screenshots nicht schlechthin ersetzen.

Zur Ansicht der Behörde, die Facebook-Eintragungen können nicht als Beweismittel für eine mögliche Verfolgung herhalten, schließlich habe der Beschwerdeführer die Behörde auch in der Einvernahme nicht davon überzeugen können, dass er internationalen Schutz benötige, hält das Bundesverwaltungsgericht, da die von der Behörde gebrauchte Formulierung insofern nicht eindeutig scheint, zunächst fest, dass zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden braucht. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist; vgl. VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252 und Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1, 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206.

Dass sich, worauf sich die belangte Behörde allerdings im Hinblick auf die Screenshots von Facebook-Einträgen aber auch in anderem Zusammenhang (z. B. AS 399) zurückzuziehen scheint, ein Eingehen auf vom Beschwerdeführer vorgelegte Beweismittel deshalb erübrige, weil die im Übrigen vorliegenden Beweise/Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ein klares Bild über den Sachverhalt ergeben hätten (vgl. z.B. VwGH 27.06.2016, Ra 2015/08/0184), kann das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen. Zum einen ist noch einmal zu betonen, dass zumindest einige der Beweismittel, mit denen sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt hat, zentrale Aspekte des Vorbringens des Beschwerdeführers betreffen. Da die Behörde weder Übersetzungen eingeholt noch den Beschwerdeführer konkret und eingehend zu den vorgelegten Beweismitteln befragt hat, kann sie den maßgeblichen Sachverhalt, konkret den Inhalt der Beweismittel, nicht hinreichend ermittelt haben, um die Relevanz der Beweismittel sachgerecht beurteilen zu können. Zum anderen ist die Behörde im angefochtenen Bescheid, konkret in der Beweiswürdigung, auf den Kern des Vorbringens nur ansatzweise eingegangen. Die Behörde hat sich vor allem mit Nebenaspekten bzw. -umständen und dem Verhalten des Beschwerdeführers nach dem Verlassen des Herkunftsstaats befasst (z B. Zeitpunkt der Antragstellung vor dem Hintergrund der Rückkehr aus Bangladesch und dem Ablauf des Aufenthaltstitels für Studierende, Modalitäten der Ausreise). Wenngleich das Bundesverwaltungsgericht diesen Aspekten und Umständen keineswegs von Vornherein jegliche Relevanz absprechen will, hätte sich die Behörde mit den zentralen Elementen des Vorbringens des Beschwerdeführers, wozu insbesondere die behauptete politische Tätigkeit, die behaupteten Auseinandersetzungen und Vorfälle zwischen dem Beschwerdeführer und seinen angeblichen politischen Gegnern und eben das angebliche Strafverfahren zählen, näher auseinandersetzen müssen. Die Auffassung, dass die angeblichen Vorfälle in den Jahren 2009, 2011 und 2014 mangels Kausalität für das Stellen des Antrags auf internationalen Schutz keiner Berücksichtigung im Verfahren bedürfen, kann das Bundesverwaltungsgericht nicht teilen. Angesichts dessen, dass diese angeblichen Vorfälle alle in Zusammenhang mit der behaupteten politischen Betätigung des Beschwerdeführers und daraus angeblich resultierenden Auseinandersetzungen stehen sollen, wird auf sie, mag es auch an einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Asylantragstellung fehlen, im Lichte des Vorbringens, wonach diese politischen Auseinandersetzungen nunmehr zu einer politisch motivierten Strafanzeige gegen ihn geführt haben (in diesem Sinne AS 83), durchaus im Rahmen des Ermittlungsverfahrens und der Beweiswürdigung einzugehen sein.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass der Beschwerdeführer eine Vielzahl an Beweismitteln, darunter befinden sich auch zahlreiche fremdsprachige Beweismittel, vorgelegt hat. Es mag im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur (z. B. VwGH 17.03.2011, 2008/01/0266, VwGH 27.06.2016, Ra 2015/08/0184) nicht unter allen Umständen geboten sein, jedes einzelne der fremdsprachigen Dokumente in deutsche Sprache übersetzen zu lassen und einen Asylwerber ebenfalls zu jedem einzelnen Beweismittel im Detail zu befragen. Eine derartige Vorgehensweise wird – ungeachtet allfälliger weiterer Voraussetzungen – nur dann als rechtmäßig zu qualifizieren sein können, wenn sie schlüssig und nachvollziehbar begründet wird. Die Vorgehensweise der belangten Behörde steht jedoch nicht im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben. Die Behörde führt zu den vom Beschwerdeführer zahlreich vorgelegten Unterlagen, die mit ihm in der zweiten Einvernahme durchbesprochen worden seien, wobei eine konkrete und nachvollziehbare Benennung der Unterlagen im Bescheid unterbleibt, nur aus, dass diese nicht gereichen, eine Verfolgung durch Dritte glaubhaft zu machen. Durch diese Unterlagen und die allgemein gehaltenen Medienberichte haben sich keine Änderungen des vorliegenden Sachverhalts ergeben. Die Behörde unterließ es darzulegen, aufgrund welcher nachvollziehbaren Überlegungen sie zum Befund über die Aussagekraft der Beweismittel gelangte. Es ist den Erwägungen im Bescheid auch nicht zu entnehmen, von welchem Sachverhalt die Behörde ursprünglich ausging, hinsichtlich dessen sich durch die vorgelegten Beweismittel keine Änderungen ergeben haben sollen. Die belangte Behörde ließ keines der fremdsprachigen Dokumente übersetzen. In der Einvernahme am 24.01.2019 wurde der Beschwerdeführer zwar zu im November 2018 per E-Mail übermittelten Beweismitteln befragt, die Befragung war jedoch sehr knapp gehalten. Soweit der Beschwerdeführer in der knappen Befragung etwas vorbrachte, was er davor noch nicht angegeben habe und was mit seinem Asylvorbringen in Zusammenhang steht (z. B. angebliche Anschuldigungen durch seinen angeblichen Widersacher), wäre eine genauere Befragung geboten gewesen.

3.2.2. Angesicht dessen, dass die Behörde ihre Feststellungen im angefochtenen Bescheid zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers unter anderem auf eine „Anfragebeantwortung BMA-4436 durch medcoi“ (AS 396) stützt, welche im verwaltungsbehördlichen Akt nicht enthalten ist, hat sie auch in dieser Hinsicht die unter 3.1. genannten Pflichten nicht erfüllt.

3.3.

3.3.1. Gemäß § 28 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Regel durch Erkenntnis in der Sache selbst zu entscheiden. Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs 2 VwGVG nicht vor, ist das Verwaltungsgericht nach § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG berechtigt, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen, wenn diese notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Zulässig ist eine Zurückverweisung insbesondere bei „krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken“ (mit Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG Rz 118 [Stand 15.2.2017, rdb.at]). Ausdrücklich für zulässig befunden hat der Verwaltungsgerichtshof ein Vorgehen nach § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG unter anderem, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat; vgl. VwGH 14.12.2015, Ra 2015/09/0057. Eine Zurückverweisung der Angelegenheit ist jedenfalls auch gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen mit der Intention unterlassen hat, dass sie in der Folge das Verwaltungsgericht durchführt; mit Verweis auf zahlreiche Judikate des VwGH Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG Rz 118 (Stand 15.2.2017, rdb.at).

3.3.2. Die Voraussetzungen für die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit Beschluss und die Zurückverweisung der Angelegenheit sind erfüllt:

Wie bereits dargelegt, hat die belangte Behörde ihre Ermittlungspflicht in mehrfacher Hinsicht in gravierender Weise verletzt: Namentlich hat sie, wie unter 3.2. ausgeführt, fremdsprachige Beweismittel, die nach den Angaben des Beschwerdeführers zentrale Elemente des Vorbringens, mit dem er seinen Antrag auf internationalen Schutz begründet, betreffen, nicht übersetzen lassen und (auch ansonsten) eine konkrete Auseinandersetzung mit diesen Beweismitteln, wie etwa eine nähere Befragung, unterlassen. Da die Behörde weder Übersetzungen eingeholt noch den Beschwerdeführer konkret und eingehend zu den vorgelegten Beweismitteln befragt hat, kann sie den maßgeblichen Sachverhalt, konkret den Inhalt der Dokumente, nicht hinreichend ermittelt haben, um die Relevanz der Beweismittel sachgerecht beurteilen zu können. Somit ist sie der Verpflichtung, den maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln, nicht nachgekommen. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Behörde in Bezug auf mehrere Beweismittel eine – nach dem AVG unzulässige – antizipierende Beweiswürdigung vornahm. Insgesamt hat die Behörde den für die Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten relevanten Sachverhalt in wesentlichen Punkten unvollständig ermittelt und somit kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren geführt; es bestehen gravierende Ermittlungslücken.

Dass auch die übrigen Voraussetzungen für die Aufhebung des angefochtenen Bescheids mit Beschluss und die Zurückverweisung der Angelegenheit vorliegen, folgt unzweifelhaft aus den Feststellungen unter 1.5. und 1.6. Ergänzend ist anzumerken, dass die gebotene Einholung von Übersetzungen fremdsprachiger Beweismittel und nähere Befragung des Beschwerdeführers der Behörde ohne Weiteres möglich gewesen wären. Dies indiziert zusätzlich, dass die belangte Behörde – in Kenntnis der Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. die unter 2.2. zitierte Judikatur) – die gebotene Sachverhaltsermittlung mit der Intention unterlassen hat, dass sie das Bundesverwaltungsgericht nachhole.

Zwar erklärt der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz zunächst, die Spruchpunkte I bis V des Bescheids anzufechten (AS 442), in Zusammenschau mit den in der Beschwerde gestellten Anträge (AS 442) und der „Conlusio“ (AS 446) ist jedoch von einer vollumfänglichen Anfechtung auszugehen. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG zur Gänze aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

3.4.

3.4.1. Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Verfahren ein dem Gesetz entsprechendes Ermittlungsverfahren zu führen und den entscheidungsrelevanten Sachverhalt vollständig zu ermitteln. Jedenfalls wird sie die Übersetzung der vorgelegten, das Strafverfahren betreffende Dokumente zu veranlassen und sich mit der Echtheit (bei Originalen) und dem Inhalt der vorgelegten Bescheinigungsmittel - so diese das Vorbringen des Beschwerdeführers stützen - in der gehörigen Weise auseinanderzusetzen zu haben. In Bezug auf die anderen fremdsprachigen Dokumente wird sie sich durch nähere Befragung des Beschwerdeführers ein genaueres Bild des Inhalts der Dokumente machen und diese, sollte es im konkreten Fall notwendig sein, ebenfalls übersetzen lassen.

3.4.2. Ohne Nachholung der hier aufgezeigten und für die Prüfung notwendigen Tatsachenerhebungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt ermittelt wurde.

3.4.3. Ferner weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass durch die Zurückverweisung das Verfahren in die Lage zurücktritt, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befand, sodass die Behörde das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete Parteivorbringen zu berücksichtigen und gemäß § 18 Abs 1 AsylG gegebenenfalls darauf hinzuwirken haben wird, dass getätigte Angaben ergänzt bzw. vervollständigt werden. Dies gilt insbesondere auch auf die mit der Beschwerde bzw. im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel.

3.4.5. Nach Durchführung der demnach allenfalls erforderlichen und geeigneten Ermittlungen wird die Behörde dem Beschwerdeführer die Ermittlungsergebnisse und insbesondere auch entscheidungsrelevante, aktuelle und auf den festgestellten Sachverhalt abgestimmte Länderfeststellungen mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist zur Kenntnis zu bringen haben. In weiterer Folge hat die belangte Behörde das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Bescheinigungsmittel einer – schlüssigen und individuellen – Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen. Dabei hat die Behörde vom Beschwerdeführer neu behauptete Geschehnisse – und auch seine Rechtfertigung für den Zeitpunkt seines Vorbringens – individuell und schlüssig daraufhin zu überprüfen, ob diese einen „glaubhaften Kern“ aufweisen oder nicht. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist vollständig zu ermitteln und im zu erlassenden Bescheid sind jene individuellen Feststellungen zu treffen, die erforderlich sind, um über die Begründetheit des Antrags des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von internationalem Schutz abzusprechen und allfällige weitere Spruchpunkte zu treffen.

3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG die mündliche Verhandlung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zum einen war gegenständlich in erster Linie maßgeblich, ob die belangte Behörde im vorliegenden Fall den entscheidungserheblichen Sachverhalt ermittelt hatte. Dieser Frage kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Zum anderen sind die für den Beschluss bedeutsamen Rechtsfragen – wie sich aus den oben angeführten Zitaten eindeutig ergibt – hinreichend geklärt. Vgl. im Übrigen VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109, wonach es keine grundsätzliche Rechtsfrage darstelle, ob das Verwaltungsgericht die zu § 28 Abs 3 VwGVG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs angesichts der einzelfallbezogen vorgelegenen Verfahrenskonstellation in jeder Hinsicht korrekt angewendet hat. Der Beschluss steht demnach im Einklang mit der entsprechenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs und der in der zitierten Literatur vertretenen Rechtsauffassung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Befragung Beweismittel Beweiswürdigung Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Übersetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L527.2215656.1.00

Im RIS seit

21.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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