TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/11 L517 2227797-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.03.2020
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Entscheidungsdatum

11.03.2020

Norm

AuslBG §4
B-VG Art133 Abs4
Richtlinie 2013/33/EU Aufnahme-RL Art15

Spruch

L517 2227696-1/4E

L517 2227797-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den fachkundigen Laienrichterinnen Mag.a TOMA und Mag.a SOVIC als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice, Geschäftsstelle XXXX , vom XXXX , ABB-Nr.: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idgF stattgegeben und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung gem. § 4 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 AuslBG Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) idgF vorliegen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl Nr 1/1930 idgF, zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

28.08.2019 - Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung

05.09.2019 - Anfrage Ersatzkraftverfahren

20.09.2019 - Retournierung Vermittlungsauftrag EKV

14.11.2019 – Stellungnahme Ersatzkraft konnte nicht gestellt werden

28.11.2019 – Behandlung im Regionalbeirat, keine einhellige Zustimmung

XXXX - negativer Bescheid der belangten Behörde

15.01.2020 – Beschwerde der bP1

21.01.2020 – Beschwerdevorlage am BVwG

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

1.0.    Das XXXX (in Folge beschwerdeführende Partei, „bP“) beantragte am 28.08.2019 beim AMS XXXX (in Folge belangte Behörde, „bB“) die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, geboren XXXX für die berufliche Tätigkeit als Koch Lehrling.

Im Akt beiliegend finden sich folgende Dokumente: Versicherungszeitennachweis, Melderegisterauszug, Auskunft des BFA zum Status des Asylverfahrens – aufenthaltsberechtigt, das Verfahren befindet sich seit 16.07.2018 in Beschwerde, Kopie Aufenthaltsberechtigungskarte gem. § 51 AslyG ausgestellt am 18.04.2017

Mit Schreiben vom 05.09.2019 wurde die bP1 von der bB über die Notwendigkeit der Durchführung eines Ersatzkraftverfahrens hingewiesen und ihr ein Vermittlungsauftrag übersandt.

Am 20.09.2019 retournierte die bP1 den ausgefüllten Vermittlungsauftrag: Berufsbezeichnung: Koch, Tätigkeit: Zubereitung und Verarbeitung von Lebensmitteln, erforderliche höchste Ausbildung: keine, zusätzliche Qualifikationen: deutsche Sprache, Bruttoentlohnung: € 760,- (KV Gastronomie/Hotellerie), Stundenausmaß: Vollzeit, Unterkunft wird zur Verfügung gestellt.

Auf Nachfrage der bB bezüglich anfallender Unterkunftskosten teilte die bP1 mit, für Kost und Logis € 200,- zu verrechnen.

Eine Ersatzkraft konnte laut Stellungnahme der bB vom 14.11.2019 nicht gefunden werden.

Am 28.11.2019 erfolge die Anhörung im Regionalbeirat und stimmte dieser nicht einhellig zu.

Am XXXX erging der, den Antrag vom 23.08.2019 abweisende Bescheid der bB. Begründend führte die bB aus, der Regionalbeirat habe die Erteilung nicht einhellig befürwortet, darüber hinaus liege auch keine der sonstigen in § 4 Abs. 3 AuslBG genannten Voraussetzungen vor.

Mit Schreiben vom 15.01.2020 brachte die bP1 Beschwerde ein und führte aus: Wie bekannt sei würde sich im Bereich der Gastronomie und Hotellerie nur mühsam geeignetes Personal finden. Die beantragte Arbeitskraft habe sich im Unternehmen als Koch beworben, weil sie gerne als Koch ausgebildet werden möchte und finanziell nicht vom Staat abhängig sein möchte.

Am 21.01.2020 erfolgte die Beschwerdevorlage am BVwG. In der Beschwerdevorlage führte die bB im Wesentlichen aus:

Die Beschäftigungsbewilligung sei aufgrund der Nichteinhelligkeit des Regionalbeirates abgelehnt worden. Das Asylverfahren befinde sich seit 16.07.2018 im Stadium der Beschwerde. Für die ausgeschriebene Lehrstelle als Koch hätte keine Ersatzkraft gefunden werden können.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch den Firmenbuchauszug, den Auszug aus der Grundversorgung sowie durch Einsichtnahme in das zentrale Melderegister und die sonstigen relevanten Unterlagen.

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II. 1.0. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Die Feststellungen zum negativen Ergebnis des durchgeführten Ersatzkraftverfahrens ergeben sich aus der Stellungnahme der bB vom 14.11.2019.

Die Angaben zum Status des Asylverfahrens ergeben sich aus dem eingeholten GV-Auszug.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz AVG, BGBl Nr. 51/1991 idgF

- Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom
26.06.2013

- Ausländerbeschäftigungsgesetzes AuslBG, BGBl Nr 218/1975 idgF

- Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung BHZÜV, BGBl 278/1995 idgF

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl Nr 1/1930 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl I Nr 10/2013 idgF

- Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz NAG, BGBl I Nr 100/2005 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl Nr 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1.       gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

In Anwendung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 20g AuslBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

Gemäß § 20g Abs 5 AuslBG gelten im Übrigen die Bestimmungen des VwGVG.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.4. Gemäß § 21 AuslBG hat der Ausländer in allen Verfahren, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, Parteistellung. In allen anderen Verfahren hat der Ausländer die Stellung eines Beteiligten.

Gemäß § 21 AuslBG kommt einem Ausländer Parteistellung im Verfahren nur dann zu, wenn seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind. In den Urteilen vom 27.7.2006, Jurisic und Collegium Mererau gegen Österreich (Appl 62539/00) und Coorplan-Jenni GmbH und Hascic gegen Österreich (Appl 10523/00) kommt der EGMR aber zum Ergebnis, dass das Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung – entgegen der ständigen Rsp des VfGH und VwGH sowie zu § 21 – eine Angelegenheit ist, die zivilrechtliche Ansprüche iSv Art 6 Abs 1 EMRK betrifft. Deshalb müsse auch für Ausländer stets und nicht nur – wie es § 21 vorsieht – bei Maßgeblichkeit der persönlichen Umstände der Zugang zu einem Gericht iSd Art 6 Abs 1 EMRK gewährleistet und für sämtliche Antragsteller eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden.

Dieser Judikatur folgend werden Ausländer daher auch in allen übrigen Verfahren, die seine Zulassung zu einer Beschäftigung bzw. deren Widerruf zum Gegenstand haben, Parteistellung haben (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz 2018, zu § 20 Rz 9 ff, § 21 Rz 2). Einer Partei kommen alle nach dem AVG zustehenden Rechte, wie Akteneinsicht, Parteiengehör, Kenntnis des Bescheides sowie die Beschwerdelegitimation zu.

Der ausländische Arbeitnehmer hat im Verfahren um Erteilung einer ihn betreffenden Beschäftigungsbewilligung Parteistellung.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt 3.1. im Generellen und die unter Pkt 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.5. Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung BGBl Nr 218/1975 idgF lauten:

Beschäftigungsbewilligung

Voraussetzungen

§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1.       der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG oder dem Fremdenpolizeige-

setz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt, oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§ 12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder über ein Aufenthaltsrecht gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 oder 3 AsylG 2005 verfügt oder gemäß § 46a FPG geduldet ist und zuletzt gemäß § 1 Abs. 2 lit. a vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen war,

2.       die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,

3.       keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,

4.       die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,

5.       der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,

6.       die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,

7.       der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6 Abs. 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,

8.       die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt,

9.       der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung
a)         einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder
b)         die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,

es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist,

10.      der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß § 5 während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländern eine nicht ortsübliche Unterkunft zur Verfügung gestellt hat und

11.      der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß § 5 bestätigt, dass dem Ausländer für die beabsichtigte Dauer der Beschäftigung eine ortsübliche Unterkunft zur Verfügung stehen wird und, sofern die Unterkunft vom oder über den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird, die Miete nicht automatisch vom Lohn abgezogen wird.

(2) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen ausländischen Lehrling zu erteilen, wenn die Lage auf dem Lehrstellenmarkt dies zulässt (Arbeitsmarktprüfung), keine wichtigen Gründe hinsichtlich der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehen und die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 bis 9 vorliegen.

(3) Die Beschäftigungsbewilligung darf dem Arbeitgeber bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß Abs. 1 und 2 nur erteilt werden, wenn
1.         der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet oder

(Anm.: Z 2 bis 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)
5.         der Ausländer gemäß § 5 befristet beschäftigt werden soll oder
6.         der Ausländer über eine Aufenthaltsbewilligung als Schüler (§ 63 NAG) oder Student (§ 64 Abs. 1 und 4 NAG) verfügt oder Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Student“ eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union ist und im Rahmen eines Unions- oder multilateralen Programms mit Mobilitätsmaßnahmen oder einer Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen einen Teil des Studiums in einer inländischen Hochschuleinrichtung absolviert oder
7.         der Ausländer Betriebsentsandter ist (§ 18) oder

(Anm.: Z 8 aufgehoben durch Art. 1 Z 8, BGBl. I Nr. 66/2017)
9.         der Ausländer gemäß § 57 AsylG 2005 besonderen Schutz genießt oder
10.         für den Ausländer eine Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß § 16 Abs. 4 AÜG bzw. § 40a Abs. 2 des Landarbeitsgesetzes 1984 vorliegt oder, sofern eine solche Bewilligung gemäß § 16a AÜG bzw. § 40a Abs. 6 des Landarbeitsgesetzes 1984 nicht erforderlich ist, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 Z 1 bis 3 AÜG bzw. § 40a Abs. 2 Z 1 bis 3 des Landarbeitsgesetzes 1984 sinngemäß vorliegen oder
11.         der Ausländer auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen zu einer Beschäftigung zuzulassen ist oder
12.         der Ausländer Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609, hat oder

13.      der Ausländer nicht länger als sechs Monate als Künstler (§14) beschäftigt werden soll oder
14.         der Ausländer einer Personengruppe gemäß einer Verordnung nach Abs. 4 angehört.

(4) Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz kann durch Verordnung festlegen, dass für weitere Personengruppen, an deren Beschäftigung öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen, Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden dürfen. Die Verordnung kann eine bestimmte Geltungsdauer der Beschäftigungsbewilligungen, einen Höchstrahmen für einzelne Gruppen und – sofern es die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zulässt – den Entfall der Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall vorsehen.

Abs. 5 – Abs. 6 […]

(7) Die Arbeitsmarktprüfung gemäß Abs. 1 und 2 entfällt bei

(Anm.: Z 1 aufgehoben durch Art. 1 Z 9, BGBl. I Nr. 66/2017)
2.         Schülern und Studenten (Abs. 3 Z 6) für eine Beschäftigung, die 20 Wochenstunden nicht überschreitet,
3.         Studienabsolventen (§ 12b Z 2),
4.         Fachkräften hinsichtlich einer Beschäftigung in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf,
5.         Ausländern, die besonderen Schutz genießen (Abs. 3 Z 9) und
6.         registrierten befristet beschäftigten Ausländern (§ 5 Abs. 7).

Prüfung der Arbeitsmarktlage

§ 4b. (1) Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1) lässt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmer (§ 4c) und Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang (§ 17) zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen.

[…] Abs. 2 – Abs. 3

Übergangsbestimmungen

§ 32. Abs. 1 – Abs. 9 […]

(10) Verordnungen, die vor In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 25/2011 aufgrund des § 12a Abs. 2 erlassen wurden, gelten als Verordnungen gemäß § 14 Abs. 3 weiter.

(11) […]

(12) Verordnungen, die vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 72/2013 aufgrund des § 14 Abs. 3 erlassen wurden, gelten als Verordnungen gemäß § 4 Abs. 4 weiter.


§ 1 BHZÜV in der Fassung BGBl II Nr. 206/2011:

§ 1. Über die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer (Bundeshöchstzahl) gemäß § 14 Abs. 1 AuslBG hinaus dürfen Sicherungsbescheinigungen ausgestellt und Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden für

1.       Ausländer, deren Beschäftigung im Hinblick auf ihre fortgeschrittene Integration geboten erscheint;

Abs. 2 – Abs. 13 […]

Art. 15 Richtlinie 2013/33/EU

Beschäftigung

(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der Antragsteller spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt erhält, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat und diese Verzögerung nicht dem Antragsteller zur Last gelegt werden kann.

(2) Die Mitgliedstaaten beschließen nach Maßgabe ihres einzelstaatlichen Rechts, unter welchen Voraussetzungen dem Antragsteller Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird, wobei sie gleichzeitig für einen effektiven Arbeitsmarktzugang für Antragsteller sorgen.

Aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik können die Mitgliedstaaten Bürgern der Union, Angehörigen der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen Vorrang einräumen.

(3) Das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt darf während eines Rechtsbehelfsverfahrens, bei dem Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung in einem Standardverfahren aufschiebende Wirkung haben, bis zum Zeitpunkt, zu dem die ablehnende Entscheidung zugestellt wird, nicht entzogen werden.

Art. 28 Richtlinie 2013/33(/EU

System zur Lenkung, Überwachung und Steuerung

(1) Die Mitgliedstaaten führen im Einklang mit ihrer verfassungsrechtlichen Struktur Mechanismen ein, um eine geignete Lenkung, Überwachung und Steuerung des Niveaus der im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile sicherzustellen.

(2) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission unter Verwendung des Vordrucks in Anhang I spätestens am 20. Juli 2016 die entsprechenden Informationen.

Die Österreichische Stellungnahme an die Europäische Kommission gemäß Art. 28 zur Umsetzung der RL 2013/33/EU lautet:

„In Entsprechung des Artikels 15 Abs. 1 der Aufnahme-RL haben Asylwerberinnen und Asylwerber Arbeitsmarktzugang im Wege eines Beschäftigungsbewilligungsverfahrens gemäß § 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG). Potentielle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben die Beschäftigungsbewilligung vor Arbeitsaufnahme der Asylwerberinnen und Asylwerber einzuholen. Die nach Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2013/33/EU zulässige Arbeitsmarktprüfung erfolgt nach Maßgabe des § 4b AuslBG, wonach Ausländerinnen und Ausländer mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR- Bürgerinnen und -Bürger, Schweizerinnen und Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmerinnen und- arbeitnehmer oder Ausländerinnen und Ausländer mit unbeschränkten Arbeitsmarktzugang Vorrang einzuräumen ist. Beschäftigungsbewilligungen sind für Asylwerber und Asylwerber zulässig, die seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind und einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz haben. Die übrigen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erforderlichen allgemeinen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG dienen insbesondere der Verhinderung illegaler Beschäftigung und der Sicherung einer ordnungsgemäßen Beschäftigung unter Einhaltung der geltenden Lohn- und Arbeitsbedingungen."

Art. 15 der RL 2013/33/EU weist darauf hin, dass die einzelnen Mitgliedstatten unter Maßgabe des innerstaatlichen Rechtes für die Umsetzung zu sorgen haben, wobei ein effektiver Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewährleisten ist.

Die belangte Behörde begründet die Abweisung der beantragten Beschäftigungsbewilligung damit, dass der Regionalbeirat gem. § 4 Abs. 3 AuslBG nicht einhellig zugestimmt hat.

Nicht zuletzt in E503/2016 vom 22.09.2017 hat der VfGH ausgesprochen, dass das BVwG die Rechtmäßigkeit der Äußerung des Regionalbeirates zu überprüfen hat. Der VfGH führte sinngemäß aus, dass das Erfordernis der Zustimmung einer Behörde, normiert als Voraussetzung für eine positive Erledigung einer anderen Behörde, sich nur auf diesen Verfahrensabschnitt beschränke, dass bedeutet, nur die über den Antrag entscheidende Behörde bindet. Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation werde dadurch aber nicht auch die Rechtsmittelbehörde an die Entscheidung gebunden. Ein Bundesverwaltungsgericht, welches weder eine Begründungspflicht des Regionalbeirates noch eine Möglichkeit zur Überprüfung seiner Äußerungen annimmt, vertrete eine im Widerspruch zum Rechtsstaatsprinzip stehende Auffassung.

Gegenständlich fand die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung keine einhellige Zustimmung im Regionalbeirat am 28.11.2019. Im Protokoll findet sich keine Begründung für die Versagung der Zustimmung.

Da das Zustimmungserfordernis des Regionalbeirates für das Gericht bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Beschäftigungsbewilligung, kein zwingendes Kriterium darstellt, und nicht bindend ist, lagen für das Gericht keine gesetzlichen Gründe für die Versagung der beantragten Beschäftigungsbewilligung - bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen - vor, und war spruchgemäß zu entscheiden.

Mit seiner Entscheidung den als Arbeitnehmer beantragten Asylwerber nicht als Lehrling zuzulassen, vertritt das AMS eine, von der in der Stellungnahme an die Europäische Kommission geäußerten Rechtsansicht Österreichs abweichende Meinung. Gemäß der Stellungnahme zufolge müssen bei der Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber lediglich die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 iVm § 4b AuslBG erfüllt sein.

Darüber hinaus stünde eine derartige Einschränkung des Zugangs zum Arbeitsmarkt Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2013/33/EU entgegen, wonach Asylwerbern ein effektiver Arbeitsmarktzugang zu ermöglichen ist.

So ist dem Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates zur Richtlinie 2013/33/EU (COM/2008/815/FINAL) zu entnehmen, dass der tatsächliche Zugang von Asylwerbern zu einer Beschäftigung nicht in unangemessener Weise beschränkt werden darf und eine faire Chance auf Zugang zu einer Beschäftigung bestehen muss.

Dies wäre jedoch bei einer Einschränkung auf Asylwerber, die die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 AuslBG oder der BHZÜV erfüllen - also de facto auf Asylwerber, deren Bewilligung vom Regionalbeirat einhellig befürwortet wird (Abs. 3 Z 1) oder die im Rahmen von Kontingenten gemäß § 5 AuslBG beschäftigt werden sollen (Abs. 3 Z 5) - gerade nicht der Fall, zumal damit nur in Einzelfällen eine Beschäftigung ermöglicht würde.

Zur Umsetzung der Richtlinie ist festzuhalten, dass grundsätzlich die Mitgliedstaaten zur Umsetzung in innerstaatliches Recht verpflichtet sind. Die innerstaatlichen Behörden haben aber die von der Richtlinie berührten Normen soweit wie möglich im Einklang mit der Richtlinie („richtlinienkonform“) auszulegen. Eine „unmittelbare Anwendung“ der Richtlinie scheidet nach der Rechtsprechung des EuGH aus, solange die Umsetzungsfrist nicht abgelaufen ist. Der Mitgliedstaat, an den diese Richtlinie gerichtet ist, darf allerdings während der Umsetzungsfrist keine Vorschriften erlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Ziels bei Ablauf der Umsetzungsfrist ernstlich in Frage zu stellen (vgl. Rechtssatznummer RS0111214).

Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2013/33 EU war der 20. Juli 2015.

Die in Österreich für AsylwerberInnen bestehenden Einschränkungen des Arbeitsmarktzuganges – Beschäftigung nur im Rahmen von Kontingenten und als Saisonarbeitskräfte - finden keine Deckung in der Richtlinie.

Da im vorliegenden Fall die gegenständliche Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurde, gelangt Art. 15 der Richtlinie 2013/33/EU unmittelbar zur Anwendung.

Dementsprechend steht das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 AuslBG in unmittelbarer Anwendung des Art. 15 Abs. 2 Richtlinie 2013/33/EU der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung hier konkret auch nicht entgegen.

Der hier beantragte Asylwerber ist bereits seit mehr als drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen und wurde innerhalb dieser Frist keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen, wofür den Asylwerber kein Verschulden trifft. Das Asylverfahren befindet sich derzeit in Beschwerde und ist der Asylwerber aufenthaltsberechtigt gem. § 4 Abs. 1 Z 1 AuslBG.

Art. 15 Abs. 3 Richtlinie 2013/33/EU normiert, dass das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt auch während eines Rechtsbehelfsverfahrens, bei dem Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung in einem Standardverfahren aufschiebende Wirkung haben, bis zum Zeitpunkt, zu dem die ablehnende Entscheidung zugestellt wird, nicht entzogen werden darf.

Dem hier beantragten Arbeitnehmer ist daher effektiver Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren.

Die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften (§ 4 Abs. 1 Z 2 AuslBG) ist gewährleistet, weil sich die bP1 bereit erklärte, jedenfalls eine dem im gegenständlichen Fall anzuwendenden Kollektivvertrag entsprechende Lehrlingsentschädigung zu leisten.

Sonstige der in § 4 Abs. 1 Z 3 ff. AuslBG normierten Ausschlussgründe, insbesondere eine Beschäftigung entgegen den Bestimmungen des AuslBG, wurden seitens des AMS nicht behauptet und sind auch nach der Aktenlage nicht evident.

Gemäß § 4 Abs. 1 iVm § 4b AuslBG ist vor der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung eine Arbeitsmarktprüfung (Ersatzkraftstellungsverfahren) durchzuführen. Dies entspricht auch der oben zitierten Stellungnahme Österreichs an die Europäisches Kommission, der zufolge die nach Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2013/33/EU zulässige Arbeitsmarktprüfung nach Maßgabe des § 4b AuslBG erfolgt.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass keine geeignete Ersatzkraft gestellt werden konnte.

Das BVwG hat gem. § 27 VwGVG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden und somit nicht nur über die Beschwerde abzusprechen, sondern auch die Angelegenheit welche von der bB zu entscheiden war, zu erledigen.

Da das BVwG im Hinblick auf § 4 Abs. 3 Z1 AuslBG nicht auf die bloße Überprüfung des Vorliegens eines Tatbestandsmerkmals beschränkt ist, sondern inhaltlich auch die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Regionalbeirates zu prüfen hat, war festzustellen, dass die Versagung des Regionalbeirates aus Sicht des BVwG nicht rechtmäßig erfolgte.

An die Stelle der „einhelligen Befürwortung“ durch den Regionalbeirat tritt die, auf Gesetzeskonformität hin überprüfte Entscheidung des BVwG und war der Beschwerde stattzugeben.

3.6. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen.

Gegenständlich wurde die beschwerdeführende Partei nicht vom Ergebnis des Beweisverfahrens verständigt.

Der Mangel des Parteiengehörs wird im Beschwerdeverfahren durch die mit der Beschwerde gegebene Möglichkeit der Stellungnahme zu einem Beweismittel saniert (VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0009 mit Hinweis auf E 30.9.1958, 338/56).

Eine im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs wird jedenfalls dadurch saniert, dass die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung und sodann im Zuge des Berufungsverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und sohin an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (VwGH vom 28.05.1993, 92/17/0248 mit Hinweis auf E vom 20.11.1967, 0907/67).

Wenn der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt hat, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Stellung zu nehmen, und davon auch Gebrauch gemacht hat, so ist eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die erste Instanz damit als saniert anzusehen (VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299).

Die beschwerdeführende Partei hatte mit der Beschwerdemöglichkeit ausreichend Gelegenheiten ihren Standpunkt darzulegen und hat dies auch genutzt. Die Verletzung des Parteiengehörs war daher als saniert anzusehen.

3.7. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes steht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der bB releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH vom 24.4.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung „wenn es dies für erforderlich hält“ schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 MRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.

Nach der Rechtsprechung des EGMR ist das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der dadurch oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu prädestiniert, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.4.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993).

Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 4.3.2008, 2005/05/0304).

In seiner Entscheidung Tusnovics, 07.03.2017, 24.719/12 hat der EGMR ausgesprochen, dass

insbesondere in Verfahren in denen es nur um rechtliche oder sehr technische Fragen geht, den Anforderungen des Artikel 6 MRK auch ohne mündliche Verhandlung Rechnung getragen werden kann. Da es sich beim Recht auf eine öffentliche Verhandlung (auch vor der einzigen Gerichtsinstanz) um kein absolutes Recht handelt, kann dessen Entfall durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt sein.

Das gilt besonders dann, wenn die Tatfrage nicht bestritten und das Gericht lediglich über Rechtsfragen zu entscheiden hat, die nicht besonders komplex sind. Dies wird etwa wie in der zitierten Entscheidung dann der Fall sein, wenn die festgestellten Tatsachen im gesamten Verfahren nicht bestritten wurden, eine einschlägige ständige Rechtsprechung besteht und der Bf (die bP) keine rechtlichen oder faktischen Fragen aufgeworfen hat, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht hätten.

Unter Bezugnahme auf die zitierte Judikatur der Höchstgerichte sowie Heranziehung der vorliegenden Akten als auch des festgestellten Sachverhaltes und der daraus resultierenden Ermittlungsergebnisse und unter Beachtung der entsprechenden Stellungnahmen der bP wurde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung iSd § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen. Dies begründet sich u.a aus dem Umstand, dass eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtsfrage erwarten lässt und auch der festgestellte Sachverhalt nicht ergänzungsbedürftig scheint. Weiteres besteht auch keine zwingende gesetzliche Bestimmung, die das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, in der anhängigen Beschwerdesache eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

In diesem Zusammenhang wird auch auf das Erk. des VwGH vom 27.9.2013, Zl. 2012/05/0213 verwiesen („…Im Übrigen lassen die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Verwaltungsakten erkennen, dass die Erörterung in einer Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal das Verfahren rechtliche … Fragen betrifft, zu deren Beantwortung auch im Sinne der Judikatur des EGMR (Hinweis E vom 28. Mai 2013, 2012/05/0120 bis 0122, mwH auf die Rechtsprechung des EGMR; ferner etwa das Urteil des EGMR vom 18. Juli 2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle gegen Liechtenstein) eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint.“), wo das genannte Höchstgericht zum Schluss kam, dass keine Verhandlung durchzuführen ist (zumal sich § 24 Abs. 4 VwGVG mit § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG inhaltlich deckt, erscheinen die dort angeführten Überlegungen im gegenständlichen Fall sinngemäß anwendbar).

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, da bereits aufgrund der Aktenlage der angefochtene Bescheid aufzuheben war, eine weitere Klärung der Rechtsfrage nicht zu erwarten war und der Sachverhalt nicht ergänzungsbedürftig erschien.

3.8. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vorliegend zu beurteilenden Rechtsfrage, ob im Falle der Arbeitsmarktzulassung von Antragstellern iSd Art. 15 der Richtlinie 2013/33/EU mittels Beschäftigungsbewilligung die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 AuslBG erfüllt sein müssen, fehlt.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Arbeitsmarktzugang Asylwerber Beschäftigungsbewilligung Lehrstelle Rechtsmittelverfahren Regionalbeirat Revision zulässig Richtlinie Zustimmungserfordernis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L517.2227797.1.00

Im RIS seit

21.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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