TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/26 G310 2230620-1

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Veröffentlicht am 26.05.2020
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Entscheidungsdatum

26.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G310 2230620-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Nordmazedonien, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 31.03.2020, Zl. XXXX , betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu Recht:

A)       Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der letzte Antrag der Beschwerdeführerin (BF) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Student“ wurde mit Bescheid des Amtes der XXXX Landesregierung, MA XXXX , vom 12.07.2019, Zl. XXXX , abgewiesen.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.10.2019 und 19.12.2019 wurde die BF aufgefordert, sich zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu äußern. Sie erstattete keine Stellungnahme.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erteilte das BFA der BF keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I.), erließ gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.), stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nordmazedonien zulässig sei (Spruchpunkt III.) und setzte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt IV.).

Dagegen richtet sich die Beschwerde der BF mit den Anträgen, den Bescheid zur Gänze zu beheben, in eventu auszusprechen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und ihr einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG zu erteilen, in eventu die Spruchpunkte II. und III. zu beheben und zu neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Beschwerde wird zusammengefasst damit begründet, dass die BF im Jahr 2017 nach Österreich gekommen sei, um zu studieren. Sie verfüge über eine aufrechte Wohnsitzmeldung in XXXX . Sie werde weiterhin lernen und sei im Stande, ihren bisherigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu finanzieren. Weder habe sie das Ausländerbeschäftigungsgesetz verletzt, noch sei sie jemals wegen einer Straftat verurteilt worden. Sie habe sich bislang kooperativ verhalten und sei bereit, in ihr Heimatland zurückzukehren, sollte sie auch beim erneuten Antreten die EPD Deutsch-Prüfung nicht schaffen.

Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag, sie als unbegründet abzuweisen, vor.

Feststellungen:

Die BF kam am XXXX im nordmazedonischen Ort XXXX zur Welt. Die BF ist ledig; etwaige Sorgepflichten sind nicht bekannt. Sie ist gesund und arbeitsfähig, ist aber bislang im Bundesgebiet keiner Beschäftigung nachgegangen. Die BF ist strafrechtlich unbescholten.

Die BF besitzt einen am 19.02.2016 ausgestellten nordmazedonischen Reisepass. Seit Jänner 2017 verfügt sie über eine aufrechte Hauptwohnsitzmeldung in XXXX . Im März 2017 wurde ihr eine gültige Aufenthaltsbewilligung als Studierende erteilt, welche mehrmals verlängert wurde, zuletzt bis 10.03.2019. Am 12.07.2019 wurde ihr letzter Verlängerungsantrag vom 21.01.2019 mangels Studienerfolgs abgewiesen. Seither hält sie sich ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet auf.

Dem Bescheid des Amtes der XXXX Landesregierung ist zu entnehmen, dass die BF seit 23.01.2017 im Vorstudienlehrgang inskribiert ist und die vorgeschriebene Ergänzungsprüfung Deutsch nicht innerhalb von vier Semestern abgelegt hat.

Es bestehen keine familiären, beruflichen oder anderen sozialen Bindungen zu Österreich.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt der Verwaltungsakten und des Gerichtsakts.

Die Identität der BF geht aus ihrem dem BVwG in Kopie vorliegenden, grundsätzlich unbedenklichen Reisepass hervor.

Die Anträge der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG und die Entscheidungen darüber werden anhand der Eintragungen im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister sowie des Bescheids des Amts der XXXX Landesregierung, MA XXXX , vom 12.07.2017 festgestellt.

Einschränkungen ihrer Arbeitsfähigkeit sind mangels entsprechender Hinweise angesichts ihres Alters und Gesundheitszustands nicht anzunehmen.

Ihre strafgerichtliche Unbescholtenheit geht aus dem Strafregister hervor. Dem Sozialversicherungsdatenauszug sind keine Beschäftigungszeiten zu entnehmen. Die Wohnsitzmeldung und der Familienstand der BF basieren auf den Eintragungen im Zentralen Melderegister.

Es sind keine Anhaltspunkte für eine weitgehende Integration der BF in Österreich zutage getreten, zumal sich ihr Lebensmittelpunkt bislang in Nordmazedonien befand.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstücks des FPG ("Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung"; §§ 41 ff FPG) fällt.

Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" ist gemäß § 57 Abs. 1 AsylG Drittstaatsangehörigen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, zu erteilen, wenn entweder der Aufenthalt gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, sofern sie keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sind und nicht wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, oder zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Ein solcher Aufenthaltstitel ist auch Opfern von Gewalt zu erteilen, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO ("Schutz vor Gewalt in Wohnungen") oder nach § 382e EO ("Allgemeiner Schutz vor Gewalt") erlassen wurde oder hätte erlassen werden können, wenn dies zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt der BF in Österreich war zu keiner Zeit geduldet iSd § 46a FPG. Anhaltspunkte dafür, dass sie hier Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen wurde, wurden nicht behauptet und sind auch nicht hervorgekommen. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Die Entscheidung über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG ist nach § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Eine Rückkehrentscheidung, die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingreift, ist gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (nationale Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung, wirtschaftliches Wohl des Landes, Verteidigung der Ordnung, Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit und der Moral sowie der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten ist. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198).

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß
§ 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Dem unter fünfjährigen Aufenthalt der BF im Bundesgebiet kommt für sich betrachtet keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (siehe VwGH 24.01.2019, Ra 2018/21/0191), auch wenn man berücksichtigt, dass ihr Aufenthalt bis Juli 2019 rechtmäßig war. Da keine Angehörigen ihrer Kernfamilie in Österreich leben, steht kein Eingriff in ihr Familienleben zur Debatte. Auch wenn der BF aufgrund ihres Aufenthaltes in Österreich seit 2017 gewisse private Bindungen zuzubilligen sind, liegt keine außergewöhnliche Integration vor, zumal sie bislang im Bundesgebiet keiner legalen Erwerbstätigkeit nachging und nicht selbsterhaltungsfähig ist. Die BF hat nach wie vor enge Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat, wo sie aufwuchs, die prägenden Jahre ihrer Kindheit und Jugend verbrachte. Sie spricht die Landessprache und hat dort die Schule absolviert. Ihre strafrechtliche Unbescholtenheit vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253). Abgesehen vom nicht rechtmäßigen Aufenthalt der BF sind keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung aktenkundig. Der Behörde anzulastende überlange Verfahrensverzögerungen liegen nicht vor. Insgesamt besteht trotz gewisser Integrationsbemühungen keine derartige Verdichtung der persönlichen Interessen der BF, dass von "außergewöhnlichen Umständen" gesprochen werden kann, und ihr allein deshalb unter dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK ein dauernder Verbleib in Österreich ermöglicht werden müsste. Der Umstand, dass es ihr über vier Semester hinweg nicht möglich war, zumindest die Ergänzungsprüfung in Deutsch erfolgreich abzulegen, wirkt sich auch nicht zu ihren Gunsten aus. Sie kann den Kontakt zu etwaigen im Inland lebenden Bezugspersonen auch über diverse Kommunikationsmittel (Telefon, E-Mail, soziale Medien) und bei wechselseitigen Besuchen pflegen.

Der vergleichsweise geringen Schutzwürdigkeit des Privatlebens der BF in Österreich steht das große öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen gegenüber, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts der BF im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib überwiegt. Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK somit im Ergebnis nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen oder wurden in der Beschwerde behauptet, die eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen, sodass diese nicht zu beanstanden ist.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für diese Feststellung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs. 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs. 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs. 3).

Da keiner dieser Tatbestände hier erfüllt ist, ist die Abschiebung der BF nach Nordmazedonien zulässig, Nordmazedonien gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 4 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (in diesem Sinn VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153)

In Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, ist es nicht Aufgabe des BFA oder des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044).

Konkrete Gründe für die Unzulässigkeit der Abschiebung werden in der Beschwerde nicht einmal ansatzweise behauptet. Unter Berücksichtigung der stabilen Situation in Nordmazedonien und der Lebensumstände der gesunden, arbeitsfähigen BF, die dort aufgewachsen ist und die Schule besucht hat, liegen keine Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden.

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 55 FPG wird zugleich mit einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Diese beträgt - abgesehen von Fällen, in denen besondere Umstände vorliegen, die hier aber nicht behauptet wurden - 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheids. Da keine besonderen Umstände nachgewiesen wurden, die bei der Ausreise der BF zu berücksichtigen wären, ist Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids vor diesem gesetzlichen Hintergrund nicht zu beanstanden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Nach § 21 Abs. 7 BFA-VG kann bei Vorliegen der dort umschriebenen Voraussetzungen - trotz Vorliegens eines Antrags - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen kann allerdings im Allgemeinen nur in eindeutigen Fällen ausgegangen werden, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des oder der Fremden sprechenden Fakten auch dann kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm oder ihr einen persönlichen Eindruck verschafft (vgl. zuletzt VwGH 16.01.2019, Ra 2018/18/0272).

Da hier ein eindeutiger Fall vorliegt, der Sachverhalt anhand der Aktenlage und des Beschwerdevorbringens geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck von der BF bei einer mündlichen Verhandlung keine andere Entscheidung denkbar ist, unterbleibt die beantragte Beschwerdeverhandlung. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal in der Beschwerde kein von den nunmehr getroffenen Feststellungen abweichender Sachverhalt behauptet wurde und keine entscheidungserheblichen Widersprüche in den Beweisergebnissen bestehen.

Zu Spruchteil B):

Erhebliche Rechtsfragen von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs. 4 B-VG stellten sich nicht, weshalb die Revision an das Höchstgericht nicht zuzulassen ist. Eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung iSd § 9 BFA-VG und Art 8 EMRK, die in vertretbarer Weise vorgenommen wird, ist im Allgemeinen nicht revisibel iSd Art 133 Abs. 4 B-VG (vgl VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153).

Schlagworte

Interessenabwägung öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung Unbescholtenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G310.2230620.1.00

Im RIS seit

21.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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