TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/27 L501 2161102-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.07.2020
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Entscheidungsdatum

27.07.2020

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L501 2161102-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RAe Prof. Haslinger & Partner, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (vormals Oberösterreichische Gebietskrankenkasse) vom 13.03.2017, GZ. VR/RS-4530-hs, betreffend die Feststellung der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und § 1 Abs. 1 lit. a Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) von Herrn XXXX , VSNR XXXX , in den Zeiträumen 19.02.2013 bis 31.07.2013 und 01.09.2013 bis 28.02.2014 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid der belangten Behörde vom 13.03.2017 wurde festgestellt, dass Herr XXXX ( XXXX “) in den Zeiträumen 19.02.2013 bis 31.07.2013 und 01.09.2013 bis 28.02.2014 aufgrund der für die beschwerdeführende Partei (in der Folge „bP“) in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit als Dienstnehmer der Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall-, und Pensionsversicherung) nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung nach § 1 Abs. 1 lit a AIVG unterlegen ist.

In der fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht, dass MB aufgrund des besseren Verdienstes von Anfang an aus eigenem Antrieb als selbstständiger Handelsvertreter für die beschwerdeführende Partei tätig werden wollte, weshalb ein mündlicher Handelsvertretervertrag abgeschlossen worden sei.

Die Produkte der beschwerdeführenden Partei würden auf verschiedenen Messen von selbstständigen Handelsvertretern vertrieben werden. Die Handelsvertreter könnten sich vor Messesaisonbeginn nach Belieben in einen ausgeschickten Messeplan eintragen. Aufgrund der begrenzten Ressourcen habe der Geschäftsführer der bP die Handelsvertreter für die einzelnen Messen ausgesucht. Diese Auswahl sei aber nicht verbindlich gewesen, ob der Handelsvertreter die Messe schlussendlich besucht hat, sei in seinem freien Ermessen gestanden. Eine Einteilung sei nicht vorgenommen worden. Es sei MB auch frei gestanden Einsätze zu tauschen und sich durch geeignete Personen vertreten zu lassen. Die diesfalls erforderliche Information des Geschäftsführers habe lediglich die reibungslose Abwicklung der Ausstellungen gewährleisten sollen, sie habe der Koordinierung gedient. Der Geschäftsführer habe in seiner schriftlichen Stellungnahme das Erfordernis der geeigneten Person für die Vertretung unglücklich umschrieben. Es würden Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens vertrieben werden und könnten Kenntnisse darüber bereits mit minimalen Aufwand erworben werden, wie beispielsweise im Selbststudium oder durch Internetrecherche. Eine interne Schulung seitens der beschwerdeführenden Partei sei für die Vertreter nicht erforderlich gewesen.

Die Betriebsregeln seien MB nicht gesondert ausgefolgt und sohin nicht Vertragsinhalt geworden; sie würden vielmehr an jedem Messestand aufliegen und lediglich die Vorstellungen des Geschäftsführers widerspiegeln. Eine Verpflichtung, sich an dieses Leitbild zu halten, bestünde nur für die Angestellten der beschwerdeführenden Partei. Für die selbstständigen Handelsvertreter wären die Betriebsregeln nur unverbindliche Empfehlungen zwecks Optimierung der Verkaufsergebnisse.

MB habe sich über den organisatorischen Ablauf der Messen selbst informieren müssen, er sei an Arbeitszeiten weitestgehend nicht gebunden gewesen Arbeitszeit, Pausen oder andere derartige Aufzeichnungen habe er nicht führen müssen. Lediglich die zur Provisionsabrechnung erforderliche Abrechnung habe er erstellen müssen. Es bestünden nach der Natur des Geschäftes natürlich Öffnungszeiten auf Messen und in Einkaufszentren, wobei die Messestände auch nach Vorgabe der Messebetreiber und Einkaufszentren grundsätzlich besetzt werden müssten. Nach Art der Tätigkeit seien sohin Absprachen betreffend Besetzung der Stände notwendig gewesen, dies schade allerdings nicht der persönlichen Unabhängigkeit. Eine Pflicht zum Tragen oder Ausleihen der Hemden mit Firmenlogo habe nicht bestanden.

MB habe Provisionen im Ausmaß von bis zu 27 % bezogen, ein Fixum sei ihm nicht zugeflossen, auch habe er selbstständig Rabatte auf den Listenpreis gewähren können. Ihn habe sohin das unternehmerische und wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit getroffen. Eine Stützung allfällige Übernachtungskosten habe nicht stattgefunden, auch habe MB die Fahrtkosten selber tragen müssen. Wenn MB in einem Firmenfahrzeug mitgenommen worden sei, so habe sich dieser am Auf- und Abbau des Messestandes beteiligt, um eine entgeltwerte Gegenleistung für die Fahrt zu erbringen. Er war jedoch nicht zum Mitwirken am Auf- und Abbau verpflichtet, dieser sei von den Angestellten erledigt worden. Die für die Tätigkeit notwendigen Betriebsmittel wie Wechselgeld, Taschenrechner und Visitenkarten habe MB selbst beisteuern müssen.

Die Tätigkeit in der Weihnachtszeit an einem Verkaufsstand im Einkaufszentrum habe MB als selbstständiger Handelsvertreter ausgeführt. Beim Leitfaden XXXX habe es sich wiederum um eine bloße Empfehlung durch die Geschäftsführung gehandelt, der Leitfaden habe keinen Weisungscharakter. Er diene nur der Verkaufsoptimierung und der Information der tätigen Verkäufer. Auch hier hätten die Handelsvertreter das Einkaufszentrum und den Zeitraum frei wählen können. Allfällige Berichterstattungen und allfällige Aufzeichnungen seien nur für die notwendige Koordinierung mit den Bedürfnissen der bP erfolgt.

Die belangte Behörde vermische zudem die Tätigkeit des MB auf Messen und im Einkaufszentrum; es sei zu verschiedenen Konditionen Leistungen erbracht worden. Ein Fixum sei mit Ausnahme der Tätigkeit im Einkaufszentrum nicht vereinbart und nicht ausbezahlt worden

Nach Vorlage der Beschwerde fand am 10.07.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der der Geschäftsführer der bP (in der Folge „GF“) sowie der MB einvernommen wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Die bP ist im Firmenbuch des Landesgerichts XXXX unter der FN XXXX eingetragen; selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum war Herr XXXX (GF), 100 % ige Gesellschafterin und selbständig vertretungsbefugte Prokuristin Frau XXXX , Mutter des GF. Der GF der bP ist zudem 50 % iger Gesellschafter der XXXX GmbH (in der Folge „Schweizer GmbH“), die vom gleichfalls zu 50 Prozent beteiligten Geschäftsführer XXXX vertreten wird.

Die beschwerdeführende Partei vertreibt Reinigungsgeräte und bietet als XXXX die Verlegung von Betonrandleisten XXXX an. In der Weihnachtszeit verkauft sie auf Verkaufsständen in Einkaufszentren Gegenstände aus Glas.

Der Verkauf der Reinigungsgeräte erfolgt üblicherweise auf diversen Messen in Österreich, Deutschland, Luxemburg und Schweiz; am Messestand werden die Verkaufsgespräche geführt und die Verkäufe auch zum größten Teil abgeschlossen. Gelegentlich ist ein Kunde nicht sofort kaufwillig, dann werden die Kontaktdaten aufgenommen und der Kunde am Ende des Messetages zwecks Abschluss zu Hause besucht. Ohne Berücksichtigung der für den Verkauf in den Einkaufszentren kurzfristig angestellten Personen beschäftigte die beschwerdeführende Partei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Außendienst in etwa zwei gemeldete Dienstnehmer, welche auf den Messen verkauften, Montagearbeiten verrichteten, Randleisten verlegten, etc. Über einen gemeldeten Dienstnehmer, dessen Tätigkeit sich auf den Verkauf auf Messeständen beschränkte, verfügte die beschwerdeführende Partei nicht.

II.1.2. Die beschwerdeführende Partei besucht im Jahr ca. 25 Messen, auf denen sie durchschnittlich mit einem bis fünf Verkaufsständen vertreten ist. Die Anzahl der Stände hängt vom jeweiligen Messethema ab, auf einer Campingmesse hat sie beispielsweise nur einen Stand, auf einer Gartenmesse mehrere. Das Messejahr startet Mitte Jänner mit der Frühjahrsaison und Ende August mit der Herbstsaison. Der GF übermittelt den für die bP tätigen Handelsvertretern für die Frühjahrssaison und für die Herbstsaison einen Messeplan mit der Aufforderung, sich in diesen einzutragen. Da auf den Standplätzen nur eine begrenzte Anzahl von Verkäufern tätig werden kann, wählt der GF im Falle eines zu großen Interesses an einer Messe die Handelsvertreter aus und schlägt den anderen Alternativen vor und vereinbart sie dann; wenn ein Handelsvertreter dreimal keine Messevorschläge annimmt, wird er vom GF nicht mehr angefragt. Der anschließend erstellte Plan wird nicht mehr ausgesandt. Die Messetermine für die Frühjahrssaison werden mit den Handelsvertretern meistens im November/Dezember des Vorjahres für beide Seiten verbindlich vereinbart, jene für die Herbstsaison im Juni/Juli; allfällige Verhinderungen sind von den Handelsvertretern frühzeitig bekanntzugeben. Manchmal kommt es insofern zu Veränderungen, als dass eine Messe aufgrund eines Konkurses der Messe nicht stattfindet (dies war bislang einmal der Fall), die beschwerdeführende Partei an einer geplanten Messe nicht teilnehmen kann (dies ist seit der Lehrzeit des GF bei der bP bislang nur einmal vorgekommen), ein Handelsvertreter aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls auf dem Weg zur Messe nicht oder aufgrund eines Verkehrsgebrechens verspätet an der Messe teilnimmt. Dass eine Person zu wenig an einem Messestand ist, passiert so ca. einmal im Jahr. Einmal verließ ein Handelsvertreter den Messestand und meinte, er müsse zum Friseur gehen, wurde dann zwei Tage lang nicht gesehen und erschien erst am dritten Tag wieder. Der GF rechnete hierauf mit dem Handelsvertreter ab und beendete diese Geschäftsbeziehung am dritten Tag.

Kommt es zum Ausfall eines Handelsverkäufers, sucht der GF einen Ersatz. Es kommt so gut wie nie vor, dass ein Handelsvertreter einen Vertreter auf die Messe schickt. MB hat nie einen Vertreter geschickt, er hat die im Messeplan eingetragenen Termine immer persönlich wahrgenommen. Eine Vertretung wurde zwischen der bP und MB nie thematisiert. Für die beschwerdeführende Partei war bislang nur ein Handelsvertreter tätig, der einen Angestellten hatte. In diesem Fall war es dem GF egal, ob der Handelsvertreter oder sein Angestellter die Messe besuchte.

II.1.3. Die Messen in der Schweiz wurden von der Schweizer GmbH besucht, die hierbei erzielten Umsätze flossen auch dieser zu. Auf den Messen in der Schweiz wurden die für die bP in Österreich, Deutschland und Luxemburg tätigen Handelsvertreter, aber auch die zur Sozialversicherung gemeldeten Dienstnehmer der beschwerdeführenden Partei tätig. Die Dienstnehmer wurden von der beschwerdeführenden Partei in die Schweiz entsandt. Der Einsatz der Angestellten wurde der beschwerdeführenden Partei von der Schweizer GmbH vergütet.

II.1.4. MB erfuhr im Rahmen eines mit der nunmehrigen Ehefrau des GF absolvierten Führerscheinkurses von der Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei. MB war zur damaligen Zeit arbeitssuchend und wurde sohin ein Gespräch zwischen GF und ihm vereinbart. Besprochen wurde sowohl die Ausübung der Verkaufstätigkeit im Wege eines Angestelltenverhältnisses als auch einer selbstständigen Verkaufstätigkeit mit Gewerbeschein. Die beschwerdeführende Partei adressierte eine Einstellungszusage an MB, gemäß der er ab 20. Februar 2013 mit 38,5 Stunden zu einem Einstiegsgehalt von netto EUR 1.200,-- plus Verkaufsprovision angestellt wird. Dieses Schreiben wurde von MB dem AMS vorgelegt. Letztendlich kam es aber zwischen der beschwerdeführenden Partei und MB zu einer mündlichen Vereinbarung, wonach er als „selbstständiger Handelsvertreter“ auf von der bP betriebenen Messeständen Reinigungsgeräte der bP verkauft, kein Fixum erhält, jedoch 28 % Provision, wobei er im Falle der Gewährung von Rabatten diese zu tragen hat. MB wurden vom GF hinsichtlich des zu erzielenden Verdienstes Erfahrungswerte vorgelegt, im Endeffekt ergaben diese das im Jobangebot aufscheinende Entgelt. Die beschwerdeführende Partei und MB vereinbarten im Rahmen dieser Zusammenkünfte zwar nicht die Anzahl der von MB im Jahr zu besuchenden Messen, es wurde jedoch kommuniziert, dass MB, wenn alles passt, auf genügend Messen fahren kann, um das Besprochene zu verdienen.

MB war in der Folge für die beschwerdeführende Partei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auf diversen Messen in Österreich, Deutschland, Luxemburg und Schweiz als Messeverkäufer tätig. Für diese Tätigkeit löste MB einen Gewerbeschein. Er hatte die Gewerbeberechtigung für Handelsagenten ab 18.02.2013 inne, wobei diese erstmals mit 30.07.2013 bis 31.08.2013 sowie endgültig mit 01. März 2014 als ruhend deklariert wurde. MB war nur für die bP tätig, verfügte über keine betriebliche Organisation und war dies der bP auch bekannt. Die Arbeitsleistung des MB wurde auf Provisionsbasis abgerechnet, er legte Honorarnoten. MB wurde hierfür vom GF mit E-Mail vom 7.3.2013 ein Rechnungsformular mit der Aufforderung, die fehlenden Daten einzutragen, dieses auszudrucken, es zu unterschreiben und ihm zu retournieren, übermittelt. Des Weiteren forderte der GF den MB auf, das Formular für zukünftige Rechnungen abzuspeichern, eine fortlaufende Rechnungsnummer zu erfinden sowie sich einen Stempel anfertigen zu lassen (vgl. ÖGK-Akt).

Dem kurz nach der mit GF getroffenen Übereinkunft übersandten Messeplan konnte MB die von ihm zu besuchenden Messen der Frühjahrssaison entnehmen. Im August 2013 erhielt MB den Messeplan für die Herbstsaison, in diesem waren bereits die für die einzelnen Messen vorgesehenen Verkäufer eingetragen. Hätte er an einen Termin keine Zeit gehabt, dann hätte er Bescheid geben müssen. MB hat nur einmal einen vereinbarten Messeeinsatz abgesagt, dies weil er erkrankt war. Er informiert hierüber den GF, dieser war nicht erfreut, es kam aber zu keinen Sanktionen.

Zu Beginn seiner Tätigkeit für die beschwerdeführende Partei war auf den von ihm besuchten Messen auch der GF am Stand, er zeigte und erklärte ihm, was zu tun ist. Dies ist bei Handelsvertretern, die bei der beschwerdeführenden Partei anfangen, üblich. Die Handelsvertreter sehen ein bis zwei Tage beim Verkauf zu und beginnen kleinweise selbst zu verkaufen, bei Fragen ziehen sie Kollegen zu Rate.

Mangels Führerschein fuhr MB des Öfteren mit Kollegen im Firmenfahrzeug zu den Messeveranstaltungen. GF fragte mitunter auch bei MB nach, ob er sich schon um eine Pension am Messeort umgeschaut habe, er riet ihm, dies bald zu tun, da die Messe schon vor der Tür stehe und fragte nach, ob er sich schon um einen Zug umgeschaut habe (vgl. ÖGK-Akt, E-Mail vom 2.4.2013).

Die vom GF der beschwerdeführenden Partei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum formulierten Betriebsregeln richteten sich sowohl an die Handelsvertreter als auch an die angemeldeten Dienstnehmer. Der GF schrieb die Betriebsregelungen in diesem Zeitraum auch immer wieder um und erstellte sehr viele Listen. Die Betriebsregeln wurden im Unternehmen gelebt, wenn auch nicht auf Punkt und Komma.

Die vom GF formulierten - dem MB übergebenen bzw. mit E-Mail vom 14.01.2014 - übermittelten – (überarbeiteten) Betriebsregeln sahen Verhaltensregeln für die auf den Messeständen der beschwerdeführenden Partei tätigen Verkäufer vor, die sowohl an die Angestellten als auch die Handelsvertreter gerichtet waren. So war es beispielsweise erforderlich, 30 Minuten vor Messebeginn auf dem Messestand zu erscheinen, die Pausenregelungen einzuhalten, den Messestand sauber zu halten, ein permanent aktives Verkaufsverhalten an den Tag zu legen, nicht gelangweilt „am Tisch zu lehnen“, ein Hemd der beschwerdeführenden Partei mit Logo zu tragen, im Falle einer kostenfreien Beförderung auf die Messe mit dem Firmenfahrzeug ohne Anspruch auf eine Auf-und Abbaupauschale beim Standbau tatkräftig zu helfen, usw.

MB hatte am Verkaufsstand zu beraten sowie zu verkaufen, 30 Minuten vor Messestart am Verkaufsstand zu erscheinen, um den Stand verkaufsbereit zu machen, Ware nach zu räumen, auch war der Stand rein zu halten. Er durfte am Verkaufsstand keine längere Pause als 15 Minuten machen; dies wurde ihm zu Beginn seiner Tätigkeit vom GF mitgeteilt bzw. stand dies so in den Betriebsregeln. Er musste stets mitteilen, wenn er auf Pause ging. Kontrolliert wurde die Einhaltung durch den GF, wenn er- wie meistens- selbst auf einem Stand auf der Messe vertreten war, dem Standleiter oder durch Waren an liefernde Dienstnehmer der beschwerdeführenden Partei. MB wurde auch einmal gefragt, warum er zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht auf dem Stand gewesen sei. Während des Messeeinsatzes musste er auf Anweisung des GF ein Poloshirt oder ein Hemd mit dem Firmenlogo der beschwerdeführenden Partei tragen, da er ansonsten nicht auf dem Stand hätte arbeiten dürfen. Es wurden auch als Handelsvertreter eingestufte Personen vom GF angesprochen, wenn das Hemd nicht passte oder schmutzig war. Das Verhalten von MB am Messestand wurde vom GF, dessen Mutter sowie anderer Mitarbeiter der beschwerdeführenden Partei insofern kontrolliert, als dass er angesprochen wurde, wenn etwas nicht passte, am Tisch lehnte oder nicht aktiv Leute ansprach bzw. wurde die Art und Weise des Verkaufs sowie die von ihm gewährte Rabatthöhe kritisiert. Auch wurde ihm ans Herz gelegt, mehr Rabatte zu geben. MB wurde eine Kellnerbrieftasche zur Verfügung gestellt, in der sich zumeist EUR 100 Wechselgeld befand, teilweise musste aber auch er diese mit Wechselgeld befüllen.

Als Gegenleistung für die kostenfreie Mitnahme im Firmenwagen musste MB beim Aufbau des Messestandes mithelfen, das heißt, die Wände aufbauen, die Scheinwerfer aufhängen, etc.

II.1.5. MB arbeitete in der Weihnachtszeit von 28.11.2013 bis 24.12.2013 an einem Verkaufsstand der beschwerdeführenden Partei im Einkaufszentrum XXXX . Er stand alleine am Verkaufsstand und verkaufte Glasflaschen gegen Stundenlohn und Provision. Mit E-Mail vom 22.11.2013 schickte der GF dem MB den Leitfaden XXXX der beschwerdeführenden Partei 2013 sowie leere Dienstzeitnachweise. Der Leitfaden war für MB verbindlich, er enthielt u.a. die Anordnung 30 Minuten vor den Öffnungszeiten am Verkaufsstand zu erscheinen, bei Anwesenheit nur einer Person am Stand nur kurze Toilettengänge durchzuführen, ein höchst aktives und freundliches Verkaufsverhalten gepaart mit Loyalität, Fleiß und Pünktlichkeit an den Tag zu legen, Stromausfälle, Unfälle, krankheitsbedingte Ausfälle, usw. umgehend telefonisch zu melden, täglich eine morgendliche Standreinigung durchzuführen, den Teppich zu saugen, zur Führung der Abrechnungsunterlagen inklusive der Wochenabrechnungsliste, etc. MB füllte die ihm zugesagten Zeitnachweise aus. Die Einhaltung des Leitfadens wurde vom GF bzw. seiner Mutter kontrolliert und wurde er auch angesprochen, warum er nicht zu dieser oder jener Zeit am Stand gewesen sei oder dass die Umsatzzahlen nicht passen.

II.2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Abführung einer mündlichen Verhandlung am 10.07.2020 unter Einschluss und Zugrundelegung des dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Verwaltungsaktes sowie des Gerichtsakts. Darüber hinaus wurden sämtliche aufgenommenen Beweise – auch soweit sie nicht ausdrücklich angeführt sind – im Einzelnen betrachtet und gegeneinander abgewogen.

Erstellung des Messeplans: Während der GF in der mündlichen Verhandlung angab, er habe den Messeplan für die nächste Saison den Handelsvertretern mit der Aufforderung zugesandt, sich in diesen einzutragen, erklärte MB, sein Name sei bereits bei Erhalt des Plans bestimmten Messen zugeordnet gewesen. Diese Aussagen erscheinen nur auf den ersten Blick widersprüchlich, zumal der Messeplan zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit des MB im Februar 2013 bereits Bestand hatte, ein „Aussuchen“ von Terminen sohin rein faktisch nicht mehr möglich gewesen ist. Zum Plan für die Herbstsaison ist auf die Aussage des GF zu verweisen, wonach er bei zu vielen Interessenten „ausgesiebt“ habe, die Entscheidung sohin an Hand von ihm wichtigen Kriterien getroffen wurde. Aufgrund des vom GF in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks war ein Kriterium jedenfalls die Verkaufsstärke des jeweiligen Vertreters, sodass es nicht verwundert, wenn er zwecks Gewinnoptimierung bei einem „Neuling“ wie MB eine ihm zum Vorteil gereichende Vorauswahl traf, aber doch auch – sozusagen als Investition in die Zukunft - erfolgversprechende Messen für MB vorsah. So erklärte GF in der mündlichen Verhandlung u.a. auch, dass „Insbesondere wenn jemand das erste Jahr macht, weiß er nicht welche Messe gut ist oder nicht.“

Verbindlichkeit des Messeplans: Steht der Messeplan für die nächste Saison, so sind die Termine nach Aussage des GF mit den Handelsvertretern vereinbart, diese können dann davon ausgehen, dass sie die vereinbarten Messen als Verkäufer besuchen werden. Die beiderseitige Verbindlichkeit ergibt sich anschaulich aus der Aussage des GF in der mündlichen Verhandlung, in der ihm auf Nachfrage der Richterin, aus welchen Gründen es doch zu Veränderungen kommen könne, auf Anhieb nur selten eintretende Ereignisse, wie ein Messekonkurs bzw. die Nichtteilnahme der bP an einer eingeplanten Messe, oder Krankheit, Wegunfall des Vertreters oder eine verspätete Teilnahme des Vertreters aufgrund von Verkehrsbehinderungen einfielen. Erst auf wiederholte Nachfrage gab GF an, dass es auch schon mal zu einer kurzfristigen Absage eines Handelsvertreters kommen könne, dies komme aber nur so ca. einmal im Jahr vor. Stimmig in diesem Zusammenhang die Erklärung des GF, er frage einen Handelsvertreter nicht mehr an, wenn er dreimal keine Messevorschläge annimmt; eine kurzfristige Absage vereinbarter Messetermine durch den Handelsvertreter ohne triftigen Grund ist unter diesen Bedingungen mit Sicherheit nicht sanktionslos gestattet. Die Möglichkeit des Handelsverstreters, die so vereinbarten Messen, einfach sanktionslos abzulehnen, könnte auch mit den Anforderungen der bP nicht in Einklang gebracht werden. Es hätte wenig Sinn, vor Beginn einer Messesaison die Messeverkäufer einzuteilen (ev. auch nach deren bekannt gegebenen Wünschen bzw. bei zu vielen Meldungen einen Verkäufer auszusuchen und mit den anderen Alternativen zu vereinbaren), wenn es der bP (völlig) gleichgültig sein könnte, ob die Messetermine durch die Verkäufer wahrgenommen werden oder nicht. Die Behauptung des GF, er steige im Falle eines kurzfristigen Ausfalls ins Auto und fahre selber zur Messe, kann aus Kapazitätsgründen nicht nachvollzogen werden, zumal GF laut eigener Aussage ohnedies auf zahlreichen Messen als Verkäufer und beim Standaufbau beschäftigt ist.

Stimmig in diesem Sinne auch die Angabe des MB, wonach er, wenn er auf dem Plan stand, die Messe besuchen konnte, zumal dies der Zweck des Messeplans gewesen sei. Erst auf Nachfrage gab er an, dass es vielleicht doch möglich gewesen wäre, dass GF eine Messe mit Begründung hätte absagen könne. Unterstrichen wird die Verbindlichkeit des Messeplans zudem durch die Vereinbarung zwischen GF und MB, dass, wenn alles passt, MB an einer ausreichenden Anzahl von Messen wird teilnehmen könne, um das besprochene Entgelt erlangen zu können. Dass MB den Messeplan eingehalten und nur einmal einen vereinbarten Einsatz kurzfristig, und zwar wegen Erkrankung absagte, ergibt sich auch der diesbezüglichen, nicht bestrittenen Aussage des MB. Dass MB die Verkaufstätigkeit immer persönlich durchführte und eine Vertretung nie thematisiert worden war, ergibt sich aus den diesbezüglich übereinstimmenden Ausführungen des GF und MB.

Die Verpflichtung, die übernommene Verkaufs- und Beratungstätigkeit vom Zeitpunkt der Eröffnung der jeweiligen Messe bis zum Schluss der jeweiligen Messe durchzuführen, wird durch folgende Erzählung des GF plastisch unterstrichen: „Einer hat auch mal am Messestand gesagt, dass er jetzt zum Friseur geht, hat sich umgedreht, wurde zwei Tage lang nicht gesehen und wäre am dritten Tag wieder erschienen. Es wurde abgerechnet und die Geschäftsbeziehung am dritten Tag beendet.“

Verbindlichkeit der Betriebsregeln: Nicht gefolgt werden kann der Behauptung des GF in der mündlichen Verhandlung, die Betriebsregeln seien, was die Handelsagenten betreffe, nur Verhaltensempfehlungen gewesen. Zu verweisen ist diesbezüglich einerseits auf Punkt 1 dieser Regeln, wonach jemand, der sich mit ihnen nicht einverstanden erklärt, nicht für die bP tätig werden wird, sowie andererseits auf das Eingeständnis der GF, das die Betriebsregeln, wenn auch nicht auf Punkt und Komma, im Unternehmen gelebt worden seien – und widerspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass derartige umfangreiche Anweisungen ohne Ausspruch der Verbindlichkeit durch die Geschäftsleitung in einem Unternehmen tatsächlich gelebt werden.

Wenn den Betriebsregeln des Weiteren seitens der beschwerdeführende Partei ein bloßer Empfehlungscharakter zugesprochen wird, so ist auf die Aussage des GF zum Vorhalt „eigenwilliges Tauschen von Einsätzen durch Messeverkäufer untereinander ist nicht geduldet; ein Abtausch ist immer vorgängig mit einem der Entscheidungsträger abzusprechen und bewilligen zu lassen.“ hinzuweisen: „Genau, ich möchte nicht, dass die Oma geschickt wird. Ich möchte schon wissen, was auf meinen Ständen so vor sich geht.“ Ein bloßer Empfehlungscharakter ist diese Aussage nicht zu entnehmen.

Abgesehen von den dem MB vom GF übergebenen bzw. mit E-Mail vom 14.01.2014 - übermittelten – (überarbeiteten) Betriebsregeln, erhielt MB vom GF persönlich die Anweisung, Kunden aktiv anzusprechen, Firmenhemden oder Poloshirts mit dem Firmenlogo der bP zu tragen, die Pausenregelungen einzuhalten und spiegeln sich die Regelungen auch in den von MB geschilderten Kontrollhandlungen der bP wider, wie beispielsweise, dass Handelsvertreter nicht ohne Logo der bP am Stand arbeiten durften, von GF angesprochen wurden, wenn ein Hemd nicht passte oder dreckig war, nachgefragt, warum er nicht auf dem Stand gewesen sei, Bekanntgabe von Pausen.

Verbindlichkeit des Leitfadens XXXX : Die Bindung des MB an den ihm mit E-Mail vom 22.11.2013 übermittelten Leitfaden ergibt sich eindeutig aus der Antwort des GF auf die Frage, was gewesen wäre, wenn MB am Stand im Einkaufszentrum gestanden wäre und sich nicht an die Regeln gehalten hätte: „Dann hätte ich gesagt, lassen wir das mit Weihnachten, wir sehen uns im Jänner wieder auf den Messen. Ich stelle einen Angestellten auf den Weihnachtsstand hin.“

MB überzeugte in der mündlichen Verhandlung durch sein offenes, sachliches Verhalten, glaubhaft schilderte er die ihm in Erinnerung gebliebenen Ereignisse und war folglich auch seiner Schilderung der Anweisungen durch den GF als auch der von ihm wahrgenommenen Kontrolltätigkeit der bP hinsichtlich Einhaltung der Arbeitszeit und der Anweisungen zum arbeitsbezogenen Verhalten zu folgen.

Wenn GF behauptet, niemand habe die Einhaltung der Betriebsregeln am Stand kontrolliert, so ist diese Aussage nicht mit der allgemeinen Lebenserfahrung vereinbart. Niemand verfasst seitenweis Betriebsregeln und schreibt diese immer wieder um, wenn ihm deren Einhaltung gleichgültig wäre, es keine Kontrolltätigkeit gäbe. Als logisch und nachvollziehbar sind diesbezüglich vielmehr die Ausführungen des MB zur Überwachung und Überprüfung der Regeln zu bezeichnen.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Zu A) Abweisung der Beschwerde

II.3.1. Auszug aus den entscheidungsrelevanten Rechtsvorschriften

Nach § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind aufgrund dieses Bundesgesetzes, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden; als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist (mit hier nicht anzuwendenden Ausnahmen).

Nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, arbeitslosenversichert, soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert sind oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben.

II.3.2. Wurden die Leistungen des MB als Selbständiger erbracht?

Eingangs ist zum Vorbringen, MB sei als Selbständiger für die bP tätig geworden, auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es auf die Bezeichnung des Verhältnisses zwischen einer Person und dem von ihr Beschäftigten durch die Vertragspartner grundsätzlich nicht ankommt (vgl. VwGH vom 26.05.2004, 2001/08/0045). Obgleich es den Parteien eines Vertrages über zu erbringende Tätigkeiten grundsätzlich freisteht, ihre Rechtsbeziehungen entweder als Arbeitsverhältnis im Sinne des § 1151 ABGB und damit eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG oder als (im beschwerdegegenständlichen Zeitraum keine Pflichtversicherung begründendes) anderes Rechtsverhältnis (zum Beispiel mündlicher Handelsvertretervertrag) auszugestalten, so kommt es bei dieser Ausgestaltung nicht nur auf die vertragliche Bezeichnung und die Benennung von Arbeitsabläufen, sondern darauf an, wie das Beschäftigungsverhältnis von den Vertragsparteien tatsächlich in die Wirklichkeit umgesetzt wird, was in erster Linie von der Art der Tätigkeit und ihrer Verwertung durch den Beschäftiger abhängen wird. Insofern steht den Vertragsparteien kein isolierter Zugriff auf die Rechtsfolge "Arbeitsverhältnis" bzw. "versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis" dahin zu, diese ungeachtet der inhaltlichen Vertragsgestaltung bzw. der tatsächlichen Umsetzung ausschließen zu können (vgl. VwGH vom 31.01.1995, 92/08/0213).

MB schuldete fortlaufend gattungsmäßig bestimmte Arbeiten, nämlich den Verkauf von Waren der beschwerdeführenden Partei auf Messeständen bzw. einem Verkaufsstand der beschwerdeführenden Partei. Er hat nicht nach der Art eines selbstständigen Unternehmers agiert, übernommene Aufgaben nach Gutdünken an Dritte delegiert oder sich durch Hilfspersonen oder Subunternehmer vertreten lassen; keinesfalls verfügte er über eine betriebliche Organisation, die es sinnvoll bzw. möglich erscheinen ließe, übernommene Aufträge an andere Personen zu delegieren (was auch realiter nicht passierte). MB hat seine Arbeitskraft ca. ein Jahr lang ausschließlich der bP zur Verfügung gestellt.

II.3.3. Vorliegen einer persönlichen Arbeitspflicht

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist stets die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis schon deshalb nicht vor (vgl. unter vielen VwGH vom 25.06.2013, 2013/08/0093, und vom 15.07.2013, 2013/08/0124). Persönliche Arbeitspflicht ist (unter anderem) dann nicht gegeben, wenn demjenigen, dessen Leistungserbringung zu beurteilen ist, eine generelle Vertretungsbefugnis bei Erbringung dieser Leistung eingeräumt ist oder wenn ein Beschäftigter die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann (vgl. VwGH vom 31.07.2014, 2013/08/0247, mwN).

MB hat – wie bereits oben ausgeführt - nicht nach der Art eines selbständigen Unternehmers agiert, auch wurde kein Vertretungsrecht im Sinne der Rechtsprechung festgestellt. Von einer generellen Vertretungsbefugnis kann nämlich nur dann gesprochen werden, wenn der Beschäftigte berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen. Dies setzt - sofern es nach den Umständen der Arbeitserbringung nicht von vornherein zu vermuten ist - einerseits voraus, dass dem Beschäftigten ein solches Recht im Vorhinein vertraglich ausdrücklich eingeräumt worden wäre und andererseits, dass beide Parteien ernsthaft davon ausgehen konnten, dass nach den erkennbaren Umständen des Beschäftigten die Möglichkeit einer Gebrauchnahme von diesem Recht auch ernsthaft in Betracht gezogen werden konnte. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z. B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubes, vertreten zu lassen; ebensowenig die bloße wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. VwGH vom 25. Mai 2011, 2010/08/0025, mwN).

Selbst GF gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, dass MB seine Arbeit immer persönlich durchgeführt habe, eine Vertretung bei ihm nie Thema gewesen sei. Stimmig in diesem Sinne die eher erstaunte Reaktion des MB in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, ob er eine andere Person auf die Messe hätte schicken können. MB hat letztlich nur seine eigene Arbeitskraft verwertet. Es ist nicht erkennbar, dass er für eine planmäßige Anwerbung von Verkäufern auf dem regulären Arbeitsmarkt auch nur annähernd gleiche oder gar bessere Voraussetzungen mitgebracht hätte als die ihn einst selbst anwerbende bP. Schließt man des Weiteren die übrigen Handelsvertreter in die Betrachtung mit ein, so zeigt sich, dass – bis auf eine Ausnahme - ein generelles Vertretungsrecht nicht gelebt wurde, die Tätigkeit von den Messeverkäufern vielmehr persönlich ausgeübt wurde und im Falle einer Verhinderung der GF einen Ersatz suchte.

In keiner Weise berührt wird die persönliche Arbeitspflicht auch durch die Befugnis des MB vor Saisonbeginn, die ihm mittels Messeplan für die kommende Saison angebotenen Einsätze vor deren Vereinbarung auszuschlagen.

Ausgeschlossen wäre die persönliche Abhängigkeit vom Empfänger der Arbeitsleistungen gemäß Rechtsprechung jedoch, wenn die Berechtigung bestünde, im Rahmen einer übernommenen Gesamtverpflichtung (d.h. im Rahmen einer Verpflichtung, auf längere Dauer Arbeitsleistungen zu erbringen) sanktionslos einzelne Arbeitsleistungen (ohne Stelligmachung eines Vertreters) abzulehnen, wodurch der Beschäftigte trotz übernommener Gesamtverpflichtung in der Disposition über seine Arbeitszeit weitgehend frei wäre und der Empfänger der Arbeitsleistungen nicht von vornherein mit der Arbeitskraft der Betreffenden rechnen und disponieren könnte; der Grund liegt in dem in dieser Berechtigung zum Ausdruck kommenden Fehlen der Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit durch die übernommene Arbeitspflicht.

Nachdem der Messeplan für die nächste Saison vereinbart war, standen die Einsatzzeiten von MB fest und konnte er von den dort vorgesehenen Einsätzen nicht mehr abweichen. Ein sanktionsloses Ablehnen einzelner Arbeitsleistungen, für die die beschwerdeführende Partei den MB disponiert hatte, war daher nicht möglich. Ein solch sanktionsloses Ablehnen könnte auch mit den Anforderungen der bP nicht in Einklang gebracht werden. Es hätte wenig Sinn, vor Beginn einer Messesaison die Messeverkäufer einzuteilen (ev. auch nach deren bekannt gegebenen Wünschen bzw. bei zu vielen Meldungen einen Verkäufer auszusuchen und mit den anderen Alternativen zu vereinbaren), wenn es der bP (völlig) gleichgültig sein könnte, ob die Messetermine durch die Verkäufer wahrgenommen werden.

Zur unmittelbaren Beschäftigung auf der jeweiligen Messe bzw. dem Verkaufsstand im Einkaufszentrum sei der Vollständigkeit halber ausgeführt, dass auch hier gemäß den Feststellungen ein sanktionsloses Ablehnungsrecht im Sinne der Judikatur nicht in Betracht kommt. Zu den auch in diesem Falle ihre Gültigkeit behaltenden Ausführungen des vorstehenden Absatzes, tritt nämlich überdies noch das mangelnde Interesse der bP an einer/einem kurzzeitigen Bewerbung/Verkauf der Produkte hinzu. Der Messestand bzw. der Verkaufsstand im Einkaufszentrum war gemäß den Vorgaben der Messebetreiber bzw. des Einkaufszentrums während der Öffnungszeiten besetzt zu halten, ein bloßes Verkaufen der bP im Einkaufszentrum an nur vereinzelten Tagen sohin keinesfalls im Sinne der bP. Anschaulich schilderte der GF in diesem Zusammenhang zudem ein Vorkommnis mit einem Messeverkäufer, zu dem er die Geschäftsbeziehung, nachdem dieser der Messe zwei Tage lang zwecks „Friseurbesuch“ ferngeblieben war, nach dessen Rückkehr unverzüglich beendete.

II.3.4. Nach Bejahung der persönlichen Arbeitspflicht ist zu klären, ob bei Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist.

Dies hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung - nur beschränkt ist (vgl. VwGH 10.12.1986, VwSlg. Nr. 12.325/A). Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die MB seine Tätigkeit in einem von der bP für ihre unternehmerischen Zwecke organisierten, in den wesentlichen Grundzügen genau umrissenen Rahmen entfaltete. Er übte die Verkaufstätigkeit außerhalb des Betriebsstandortes der bP auf einer ihrer Messestände bzw. dem Verkaufsstand im Einkaufszentrum aus und kommt sohin dem Arbeitsort bei der Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit keine wesentliche Bedeutung zu. Der Messestand bzw. der Verkaufsstand im Einkaufszentrum war gemäß den Vorgaben der Messebetreiber bzw. des Einkaufszentrums während der Öffnungszeiten besetzt zu halten. Hat nun aber die allfällige Ungebundenheit des Beschäftigten hinsichtlich der Arbeitszeit ihre Grenze in den betrieblichen Erfordernissen, sodass die Arbeitserbringung letztlich doch im Kern an den Bedürfnissen des Dienstgebers orientiert sein muss, so spricht dies nach der Rechtsprechung für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit (vgl. VwGH vom 20.12.2006, 2004/08/0221).

Auf den Messen unterlag MB in zeitlicher Hinsicht zudem direkten Vorgaben der bP; so hatte er sich täglich gemäß Anweisung des GF 30 Minuten vor Messestart beim Verkaufsstand einzufinden und durfte nur 15 Minuten-Pausen machen. Er hatte stets mitteilen, wenn er auf Pause ging, musste während des Messeeinsatzes auf Anweisung des GF ein Poloshirt oder ein Hemd mit dem Firmenlogo der beschwerdeführenden Partei tragen, durfte nicht am Tisch lehnen und wurde angehalten, aktiv Leute anzusprechen. Des Weiteren galt es, die Betriebsregeln einzuhalten, wenn auch nicht auf Punkt und Komma. Kontrolliert wurden die Vorgaben hinsichtlich des arbeitsbezogenen Verhaltens durch den GF, dessen Mutter oder auch dem Standleiter.

Bei seiner Tätigkeit am Verkaufsstand im Einkaufszentrum hatte MB die im Leitfaden XXXX enthaltenen Anweisungen in zeitlicher Hinsicht, wie u.a. die Anordnung 30 Minuten vor den Öffnungszeiten am Verkaufsstand zu erscheinen, nur kurze Toilettengänge durchzuführen, als auch jene im Hinblick auf das arbeitsbezogene Verhalten, wie ein höchst aktives und freundliches Verkaufsverhalten gepaart mit Loyalität, Fleiß und Pünktlichkeit an den Tag zu legen, Stromausfälle, Unfälle, krankheitsbedingte Ausfälle, usw. umgehend telefonisch zu melden, täglich eine morgendliche Standreinigung durchzuführen, den Teppich zu saugen, Führung der Abrechnungsunterlagen inklusive der Wochenabrechnungsliste, etc., einzuhalten. Zudem musste er Stundenaufzeichnungen führen. Die Einhaltung des Leitfadens wurde vom GF bzw. seiner Mutter kontrolliert und wurde er auch angesprochen, warum er nicht zu dieser oder jener Zeit am Stand gewesen sei oder dass die Umsatzzahlen nicht passen.

Zusammenfassend ist sohin festzustellen, dass MB an Ordnungsvorschriften über die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten gebunden war und deren Einhaltung kontrolliert wurde. Die in der gebotenen Gesamtabwägung des Weiteren zu berücksichtigenden Kriterien, wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, die im Wesentlichen ausschließliche Erbringung der geschilderten Arbeitsleistungen für die beschwerdeführende Partei - zumal es sich bei der Schweizer GmbH zwar um ein eigenständiges Unternehmen handelte, das sich aber von den zu verkaufenden Produkten, der Einteilung, den handelnden Personen, den für MB geltenden Arbeitsbedingungen sowie den Vorgaben hinsichtlich des arbeitsbezogenen Verhaltens nicht von der bP unterschied - sowie der vereinbarte Stundenlohn für die Tätigkeit im Einkaufszentrum unterstreichen das Bild der Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit.

Dem Umstand, dass MB als Entgelt 25 % Provision ohne Fixum erhielt, kommt keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Die Gewährung eines leistungsbezogenen Entgeltes bzw. eines Entgelts von 40 % vom Umsatz ohne Fixum steht gemäß Rechtsprechung einer Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG grundsätzlich nicht entgegen (vgl. dieVwGH vom 3.04.2001, 96/08/0053, 21.12.2005, 2003/08/0201, und vom 31.01.2007, 2005/08/0176).

Hinzutritt, dass gegenständlich keine Möglichkeit des MB zur (unternehmerischen) Einflussnahme auf die Ausführung und die Verwertbarkeit der Tätigkeit gegeben war. Die Art und Weise der Durchführung der kaufmännischen Tätigkeit (also das eigentliche "Wie" der "unternehmerischen" Tätigkeit) war so vorgeschrieben, dass sich die Verkaufstätigkeit auf die von dem Dienstgeber festgelegten Produkte beschränkte, deren Vertrieb keines eigenen Mitteleinsatzes und keiner – nach Angaben des GF – besonderen Beratung oder Information bedurfte. MB hatte hierdurch praktisch keinen noch irgendwie relevanten Spielraum für eine eigene "unternehmerische" Gestaltung der Verkaufstätigkeiten Daran ändert nichts, dass MB befugt war Rabatte zu geben. Aus dem Umstand, dass die Höhe des Entgelts von den erzielten Verkaufsumsätzen abhing, ergibt sich vielleicht ein Ansporn, gute Verkaufsergebnisse zu erzielen, nicht aber eine im vorliegenden Zusammenhang relevante Gestaltungsmöglichkeit bzw. ein berücksichtigungswürdiges Merkmal selbständiger Ausübung einer Verkaufstätigkeit.

Die als Tatbestandmerkmal im § 4 Abs. 2 ASVG neben der persönlichen Abhängigkeit geforderte wirtschaftliche Abhängigkeit findet nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel (vgl. VwGH vom 21.12.2011, 2008/08/0233). Bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen ist sie die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. VwGH vom 20. 09.2006, 2004/08/0110). Im vorliegenden Fall ist es überdies unbestritten, dass MB über keine Betriebsmittel verfügte, sondern diese von der bP gestellt wurden. Es kann kein Zweifel bestehen, dass MB wirtschaftlich abhängig war.

II.3.5. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Frage, ob jemand in einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 ASVG steht, immer in Bezug auf eine andere Person, nämlich - vom Fall der Indienstnahme durch Mittelspersonen abgesehen - den Dienstgeber zu prüfen (vgl. VwGH vom 15.07.2013, 2011/08/0151). Das System der Versicherungspflicht abhängig Beschäftigter baut auf der Verschiedenheit von Dienstgeber (iSd § 35 Abs. 1 ASVG) und Dienstnehmer auf. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist für die Dienstgebereigenschaft wesentlich, wer nach rechtlichen (und nicht bloß tatsächlichen) Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird, wen also das Risiko des Betriebes im Gesamten unmittelbar trifft (vgl. VwGH vom 10.12.1986, 83/08/0200). Das Risiko des Betriebes trifft gegenständlich unstrittig die bP, sie ist diesbezüglich berechtigt und verpflichtet, sodass sie als Dienstgeberin iSv § 35 Abs. 1 ASVG zu qualifizieren ist.

Hinsichtlich der Verkaufstätigkeit des MB auf den Messen in der Schweiz wurde die bP im verfahrensgegenständlichen Bescheid nicht als Dienstgeberin festgestellt und die diesbezüglich von MB gelegten Honorarnoten bei der Nachverrechnung außer Acht gelassen.

II.3.6. Wenn auf die Gewerbeberechtigung des MB verwiesen wird, so ist zu erwidern, dass diesem formalen Umstand keinerlei Bedeutung für die Entscheidung der Frage zukommt, ob eine Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vorliegt (vgl. VwGH vom 17.10.2012, 2010/08/0012, und vom 12.09.2012, 2010/08/0133).

Schließlich unterliegt das Eintreten der gesetzlichen Sozialversicherung auch nicht der vertraglichen Disposition. Die gesetzliche Sozialversicherung tritt bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein, auch unabhängig von der Erstattung einer Anmeldung und vom Willen der Vertragsparteien bezüglich der Versicherungspflicht, den Parteien kommt keine isolierte Zugriffsmöglichkeit auf die Rechtsfolge Pflichtversicherung zu. Im § 539a ASVG ist ausdrücklich normiert, dass für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (Vertragsbezeichnung) maßgebend ist.

Auf Grund der getroffenen Feststellungen und einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Beurteilung ist somit jedenfalls davon auszugehen, dass MB im relevanten Zeitraum von der bP mit einem die Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden Entgelt in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG beschäftigt wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Arbeitszeit Dienstnehmereigenschaft Dienstvertrag persönliche Abhängigkeit Pflichtversicherung Weisung wirtschaftliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L501.2161102.1.00

Im RIS seit

21.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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