Entscheidungsdatum
03.08.2020Norm
ASVG §410Spruch
L501 2201810-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn XXXX , vertreten durch SFÄ Dr. Klinger & Rieger Steuerberatung für Ärzte KG, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse – ÖGK-S) vom 22.05.2018, GZ: XXXX , wegen Beitragsnachverrechnung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben und der Nachverrechnungsbetrag von EUR 9.389,39 auf EUR 8.171,59 (Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 7.769,18 sowie Verzugszinsen in Höhe von EUR 402,41) herabgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wurde die bP als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG verpflichtet, die von der belangten Behörde mit Beitragsabrechnung vom 05.12.2018 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von EUR 9.389,39 zu entrichten; die Beitragsabrechnung und Prüfberichte vom 05.12.2017 wurden zum integrierten Bestandteil des Bescheides erklärt.
Begründend wurde ausgeführt, dass im Zuge der abgeschlossenen Sozialversicherungsprüfung (Prüfzeitraum 2012 – 2016) im Betrieb der bP Melde- und Beitragsdifferenzen festgestellt worden seien. Es seien deshalb neben Beiträgen aufgrund eines Jubiläumsgeldanspruchs [1.], Ansprüchen auf Mehr- und Überstundenzuschläge [2.], Entgeltzahlungen an Praktikantinnen [3.], der Nachversicherung einer Dienstnehmerin [5.] und Abgleichsdifferenzen [6.] auch Beiträge aufgrund von Vereinbarungen mit Dienstnehmerinnen [4.] vorgeschrieben worden. Zu letztgenanntem Punkt wurde ausgeführt, dass zwischen der bP und deren Dienstnehmerin XXXX (in der Folge "MB1") die Vereinbarung getroffen worden sei, dass sich die MB1 mit Wirkung ab 24.02.2014 (Anm., gemeint wohl: 24.02.2012) zur Anbringung von Werbefolien der bP auf ihrem privaten KFZ verpflichtet habe und dafür im Gegenzug einen Betrag in Höhe von EUR 720,00 jährlich erhalte.
Zwischen der bP und ihrer Dienstnehmerin XXXX (im der Folge "MB2") sei die Vereinbarung getroffen worden, dass sich die MB2 mit Wirkung ab 07.12.2012 dazu verpflichtet habe, ihren privaten KFZ-Abstellplatz an der A.-Straße in S. für das Firmen-KFZ mit auffälliger Werbung der bP bereitzustellen und dafür im Gegenzug einen Betrag in Höhe von EUR 600,00 jährlich bzw. EUR 55,00 monatlich erhalte. Ebenso habe die MB2 für die Pflege des Firmenautos im Jahr 2013 sowie im ersten Halbjahr 2014 eine finanzielle Entschädigung in Höhe von EUR 180,00 erhalten.
Die bezeichneten Zahlungen seien nicht über das Lohnkonto der Dienstnehmerinnen abgerechnet worden. Im Zuge der Prüfung seien diese als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gewertet und dementsprechend Beiträge zur Sozialversicherung nachverrechnet worden. Mit anderen Dienstnehmern oder Dritten seien keine gleichlautenden Vereinbarungen getroffen worden.
Den Feststellungen zu Punkt [4.] seien die von der bP vorgelegten Werkverträge, abgeschlossen zwischen dieser und der MB1 und MB2 zu Grunde gelegt worden, ebenso wie die damit korrespondierenden Honorarnoten. Von der bP hätte kein Nachweis erbracht werden können, dass auch mit weiteren Personen gleichlautende oder ähnliche Vereinbarungen abgeschlossen worden seien.
In ihrer rechtlichen Beurteilung verwies die belangte Behörde nach Darstellung der einschlägigen Rechtsvorschriften zu Punkt [4.] auf das Erkenntnis des VwGH vom 19.12.2013, 2011/15/0158, wonach Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis gemäß § 25 Abs. 1 lit a EStG zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählten, vorausgesetzt die Einkünfte haben ihre Wurzel im Dienstverhältnis. Auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer könnten neben dem Dienstverhältnis gesonderte Rechtsbeziehungen bestehen, diese seien dann steuerlich grundsätzlich getrennt zu beurteilen. Voraussetzung hierzu sei allerdings, dass zu gleichen Bedingungen, unabhängig davon, ob ein Dienstverhältnis bestehe, auch mit Dritten ein derartiges Vertragsverhältnis zustande komme. Im gegenständlichen Fall sei dies jedenfalls zu verneinen, da entsprechende Vereinbarungen ausschließlich mit Dienstnehmerinnen der bP getroffen worden seien, weshalb die Einkünfte aus den Werkverträgen ebenso als Entgelt gemäß § 49 Abs. 1 ASVG zu qualifizieren sei.
In der fristgerecht erhobenen Beschwerde vom 20.06.2018 wurde vorgebracht, dass es sich bei den Verträgen zwischen der bP und der MB1 und MB2 um eine gesondert vom Dienstverhältnis zu beurteilende Rechtsbeziehung handle. Die Abstellplatzbereitstellung der MB2 sei getrennt zu beurteilen, da, auch wenn die MB2 nicht bei der bP arbeiten würde, sie diesen bereitstellen würde. Die MB2 benötige diesen nicht selbst und dementsprechend hätte sie den Abstellplatz sonst jemand anderem, zB einem Dritten, bereitgestellt. Dass mit anderen Dienstnehmern oder Dritten keine gleichlautenden Vereinbarungen getroffen worden seien, sei klar, da mangels weiterer Firmen-KFZ nicht mehr Abstellplätze von der bP benötigt würden. Weiters seien EUR 55,00 pro Monat für einen KFZ-Abstellplatz ein üblicher Preis. Die Werbevereinbarung zwischen der MB1 und der bP sei getrennt vom Dienstverhältnis zu beurteilen, da dieser Vertrag auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses weiterlaufen würde. Es seien zwar keine Vereinbarungen mit Dritten getroffen worden, dies beruhe allerdings darauf, dass das Werben über die Autowerbefolien auf dem KFZ der MB1 als ausreichende Werbemaßnahme gesehen worden sei, da ja das Firmen-KFZ selbst auch schon beklebt gewesen sei. Aus diesem Grund sei es nicht angedacht gewesen, mit einer Vielzahl an weiteren KFZ-Besitzern dieselbe Vereinbarung zu treffen. Die rechtliche Beurteilung des unter I.[4.] geschilderten Sachverhalts sei daher unrichtig, weil die oben genannten Vereinbarungen ihre Wurzel nicht im Dienstverhältnis hätten.
Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.04.2020 wurde die belangte Behörde aufgefordert, eine Neuberechnung vorzunehmen und hierbei die aus den Verträgen gebührenden Gegenleistungen für das Anbringen von Werbefolien auf dem privaten KFZ bzw. die Bereitstellung eines Parkplatzes keiner sozialversicherungsrechtlichen Behandlung zu unterziehen.
Die mit Schriftsatz vom 18.05.2020 übermittelte Stellungnahme wurde der bP gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Stellungnahme übermittelt; eine Äußerung langte nicht ein. Einwände gegen die Nachverrechnung wurden nicht erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen
Die MB1 und MB2 waren im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 01.01.2012 bis 31.12.2016 als Dienstnehmerinnen im Betrieb der bP beschäftigt.
Am 24.02.2012 wurde zwischen der MB1 als "Auftragnehmerin" und der bP als "Auftraggeberin" ein als "Werkvertrag für KFZ-Werbung" bezeichneter Vertrag abgeschlossen. Als Gegenstand des Vertrages wurde unter Punkt 1. vereinbart: "Zwischen dem Auftraggeber und der Auftragnehmerin wird mit Wirkung vom 24.02.2012 ein Werkvertrag für KFZ-Werbung abgeschlossen. Gegenstand des Vertrages ist: Das Anbringen von Werbefolien des Auftraggebers am KFZ der Auftragnehmerin."
Als "Dauer dieses Vertrages" wurde unter Punkt 2. festgelegt: "Dieser Vertrag wird mit Wirkung ab 24.02.2012 auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Kündigung dieses Vertrages hat unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist jeweils zum Monatsletzten zu erfolgen."
Als Honorar wurde unter Punkt 3. vereinbart: "Für das Anbringen von Werbefolien des Auftraggebers am KFZ der Auftragnehmerin gebührt der Auftragnehmerin ein Jahreshonorar von € 720,00 (exkl. USt)."
Die an den bP gerichtete Honorarnote der MB1 lautete auszugsweise wie folgt: "Honorarnote. Vereinbarungsgemäß darf ich Ihnen für die Zurverfügungstellung eines Werbeplatzes für mein Privatfahrzeug – [Anm.: Fahrzeugmarke, Modell, Kennzeichen] – für das Jahr 2012 € 720,-- (siebenhundertzwanzig EUR) in Rechnung stellen. […]"
Am 07.12.2012 wurde zwischen der MB2 als "Auftragnehmerin" und der bP als "Auftraggeberin" ein als "Werkvertrag für KFZ-Werbung" bezeichneter Vertrag abgeschlossen.
Als Gegenstand des Vertrages wurde unter Punkt 1. vereinbart: "Zwischen dem Auftraggeber und der Auftragnehmerin wird mit Wirkung vom 07. Dezember 2012 ein Werkvertrag für KFZ-Werbung abgeschlossen. Gegenstand des Vertrages ist: Das Bereitstellen des KFZ-Parkplatzes der Auftragnehmerin für das Firmenauto mit auffälliger [Anm.: der Betrieb der bP] Werbung direkt an der A.-Straße."
Als "Dauer dieses Vertrages" wurde unter Punkt 2. festgelegt: "Dieser Vertrag wird mit Wirkung ab 07.12.2012 auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Kündigung dieses Vertrages hat unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist jeweils zum Monatsletzten zu erfolgen."
Als Honorar wurde unter Punkt 3. vereinbart: "Für das Bereitstellen des Parkplatzes gebührt der Auftragnehmerin ein Jahreshonorar von € 660,00 (exkl. USt)."
Die an den Betrieb der bP gerichtete Honorarnote der MB1 lautete auszugsweise wie folgt: "Honorar für Parkplatzwerbung. Für das Bereitstellen meines Parkplatzes als große Werbefläche – das Firmenauto steht direkt an der A.-Straße – verrechne ich hiermit für das Jahr 2012 € 660,-- (12 Monate à € 55,-- Parkplatzgebühr) […]"
Die bP hat mit keiner anderen (betriebsfremden) Person derartige oder ähnliche Verträge abgeschlossen und dies auch nicht beabsichtigt.
Nach Abzug der entsprechend nachverrechneten Beiträge betreffend MB 1 und MB 2 ergibt sich ein Prüfergebnis bestehend aus nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 7.769,18 sowie Verzugszinsen in Höhe von EUR 402,41, gesamt sohin ein Betrag in Höhe von EUR 8.171,59
II.2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt, unter anderem aus den im Akt erliegenden Unterlagen über die im Jahr 2017 durchgeführte Außenprüfung (insbesondere dem Prüfbericht vom 05.12.2017, Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 21.11.2017) sowie den im Akt befindlichen Vertragsausfertigungen samt Honorarnoten. Der im angefochtenen Bescheid unter Punkt I.[4.] festgestellte Sachverhalt wurde in der Beschwerde im Wesentlichen nicht bestritten, sondern lediglich – etwa im Hinblick auf die Motive für die Vertragsabschlüsse mit den Dienstnehmerinnen – erläutert und die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde bemängelt. Strittig war damit im Ergebnis nur die sozialversicherungsrechtliche Behandlung der aus den Verträgen gebührenden Gegenleistungen für das Anbringen von Werbefolien auf dem privaten KFZ bzw. die Bereitstellung eines Parkplatzes.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, anzuwendendes Verfahrensrecht
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 2. VwGVG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
Zu A) Stattgabe der Beschwerde
II.3.2. Auszug aus den entscheidungsrelevanten Rechtsvorschriften
Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Bemessungsgrundlage) für Pflichtversicherte der im Beitragszeitraum gebührende Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2.
Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Gemäß Abs. 2 leg. cit. können durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.
II.3.3 Im konkreten Fall bedeutet dies:
Die Beschwerde wendet sich ausschließlich gegen die nach Punkt [I.4.] bzw. [III.5.] des angefochtenen Bescheides vorgeschriebenen Beiträge aufgrund von Vereinbarungen mit Dienstnehmerinnen über das Anbringen von Werbefolien auf dem privaten KFZ bzw. die Bereitstellung eines Parkplatzes. Gegenständlich ist sohin die Frage zu klären, ob die den Dienstnehmerinnen MB1 und MB2 dafür gebührenden Gegenleistungen beitragsrechtlich als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG gelten.
§ 49 ASVG knüpft am Entgeltanspruch oder dem darüber hinaus tatsächlich geleisteten Entgelt aus dem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG an (Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 49 ASVG, Rz 2).
Als Entgelt sind alle vermögenswerten Vorteile zu verstehen, die als Gegenleistung für abhängige Dienste gewährt werden (VwGH vom 23.11.1973, 1099/73 mit Verweis auf das Erk. vom 24.10.1955, 3187/54; vgl Blume in Sonntag, ASVG9 (2018), § 49 Rz 1).
Jede Zahlung an den Dienstnehmer, die auf Grund eines Dienstverhältnisses aus welchen Gründen auch immer (auch ohne Rechtsanspruch) tatsächlich geleistet wird, stellt gemäß § 49 Abs. 1 ASVG beitragspflichtiges Entgelt dar, sofern nicht eine Ausnahme von der Beitragspflicht nach § 49 Abs. 3 ASVG vorliegt (vgl. VwGH vom 29.10.2008, 2005/08/0218).
Zuwendungen durch den Dienstgeber oder durch Dritte sind dann im Sinne des § 49 Abs. 1 als "auf Grund" des Dienstverhältnisses erhalten anzusehen, wenn sie nach dem Parteiwillen Gegenwert für eine vom Dienstnehmer erbrachte (oder noch zu erbringende) Leistung sein sollen, die nicht nur die Interessen des Dritten, sondern auch die betriebsbezogenen Eigeninteressen des Dienstgebers fördert (VwGH vom 15.10.2003, 2000/08/0044; in diesem Sinne auch VwGH vom 9.10.2013, 2012/08/0097, mwN). Dazu genügt es nicht, dass solche Bezüge ursächlich irgendwie mit dem Beschäftigungsverhältnis in Zusammenhang gebracht werden können. Ausschlaggebend hiefür ist – im Hinblick auf den nach der Wendung "aus dem Dienstverhältnis" geforderten Kausalzusammenhang mit ihm – vielmehr, dass es sich bei den Bezügen um Gegenleistungen (des Dienstgebers oder eines Dritten) für "im unselbständigen Beschäftigungsverhältnis" bzw. "im Rahmen des Dienstverhältnisses" erbrachte Arbeitsleistungen des Dienstnehmers handelt, sodass gesagt werden kann, es würden mit diesen Bezügen die Leistungen des Dienstnehmers "entgolten". Hiefür ist es nicht erforderlich, dass der Dienstnehmer zur Erbringung dieser Leistungen gegenüber dem Dritten oder einem Dritten verpflichtet ist. Ein im genannten Sinn hinreichender Kausalzusammenhang zwischen den Leistungen des Dienstnehmers und den Bezügen, der die Zurechnung der letzteren zum Entgelt begründet, kann vielmehr schon dann angenommen werden, wenn ein (auf dessen Betrieb bezogenes) Leistungsinteresse des Dienstgebers besteht (vgl. VwGH vom 23.04.1996, 96/08/0065; ebenso Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 49, Rz 21, mwN). Ob durch eine Zuwendung die erbrachte oder noch zu erbringende Dienstleistung vergolten werden soll, hängt alleine vom Willen der Parteien des Dienstverhältnisses ab. Soll eine Zuwendung des Dienstgebers an den Dienstnehmer nach dem Parteiwillen nicht der Abgeltung der Arbeitsleistung, sondern anderen Zwecken dienen, so fällt sie nicht unter den Begriff des Entgeltes (VwGH vom 19.11.1987, 87/08/0152; vgl Blume in Sonntag, ASVG9 (2018), § 49 Rz 12).
Im Unterschied zum (dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten) einkommensteuerrechtlichen Entgeltbegriff gemäß § 25 Abs. 1 lit a EStG 1988, der für die Einordnung von Bezügen und Vorteilen aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit daran anknüpft, ob sie ihre Wurzel im Dienstverhältnis haben (vgl. VwGH 19.12.2013, 2011/15/0158, mwN: Werbezahlungen für das Anbringen von Autoaufklebern), kommt es für die beitragsrechtliche Einordnung von Bezügen als "auf Grund" des Dienstverhältnisses gewährtes Entgelt gemäß § 49 Abs. 1 ASVG nach der zitierten Rechtsprechung darauf an, dass es sich bei diesen Bezügen um eine Gegenleistung für "im unselbständigen Beschäftigungsverhältnis" bzw. "im Rahmen des Dienstverhältnisses" erbrachte Arbeitsleistungen des Dienstnehmers handelt. Dass solche Bezüge in ursächlichem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen, ist damit nicht ausreichend.
Im gegenständlichen Fall mögen die den Dienstnehmerinnen MB1 und MB2 gewährten Gegenleistungen für das Anbringen von Werbefolien auf dem privaten KFZ bzw. die Bereitstellung eines Parkplatzes zwar durchaus ihre Ursache im bestehenden Dienstverhältnis zur bP finden. So hat die bP in Bezug auf beide Verträge verneint, mit Dritten derartige Vereinbarungen abgeschlossen – oder dies auch nur beabsichtigt – zu haben. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die bP einem größeren Personenkreis überhaupt ermöglicht hätte, ähnliche Verträge mit ihr abzuschließen bzw. dass sie diesbezüglich auch an betriebsfremde Personen herangetreten wäre.
Dennoch kann die von der bP gewährte Gegenleistung nicht als "auf Grund" des Dienstverhältnisses geleistet angesehen werden. Dazu ist zunächst darauf zu verweisen, dass auch nach der beitragsrechtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Nebeneinanderbestehen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses und eines freien Dienstverhältnisses bzw. eines Werkvertragsverhältnisses nicht ausgeschlossen ist, wobei es für die Bejahung einer rechtswirksamen Trennung solcher Rechtsverhältnisse entscheidend auf den Parteiwillen, die objektive Trennbarkeit und Überlegungen unter dem Gesichtspunkt arbeitsrechtlicher Schutzprinzipien ankommt (VwGH vom 15.10.2015, 2013/11/0079 mit Verweis auf die Erk. vom 15.12.1992, 91708/0077 und 03.07.2002, 99/08/0125).
Die mit der MB1 und MB2 abgeschlossenen Verträge wurden zwar als "Werkvertrag für KFZ-Werbung" bezeichnet, waren ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 529a ASVG) nach jedoch nicht auf die "Herstellung eines Werkes" im Sinne des § 1151 Abs. 1 ABGB gerichtet. Im Falle der Bereitstellung eines Parkplatzes durch die MB2 handelt es sich in Wahrheit zweifellos um einen Bestandvertrag (Mietvertrag) gemäß § 1090 ff ABGB, da der bP – wenngleich zu Werbezwecken – das Recht zur Benützung einer unverbrauchbaren Sache (des an der A.-Straße gelegenen Parkplatzes) gegen Zahlung eines bestimmten Preises ("Parkplatzgebühr" in Höhe von EUR 660,00 pro Jahr) eingeräumt wurde.
Nicht anders verhält es sich mit der Zurverfügungstellung des KFZ der MB1 für das Anbringen von Werbefolien für den Betrieb der bP. Seiner eindeutigen Ausgestaltung als Dauerschuldverhältnis nach (unbestimmte Vertragsdauer, jährliches Entgelt) ist auch dieser Vertrag nicht auf die Herstellung eines "Werkes" an sich (im Sinne lediglich der Anbringung der Werbefolien) gerichtet; im Vordergrund steht als vertragscharakteristische Leistung vielmehr die dauerhafte Bereitstellung der Werbefläche auf dem Fahrzeug.
Die abgeschlossenen Bestandverträge verpflichten die MB1 und MB2 nur zur Bereitstellung der Bestandobjekte, nicht aber zur Erbringung von (weiteren) unselbständigen Arbeitsleistungen für die bP. Dass die MB1 und MB2 über ihre Dienstverhältnisse hinaus solche im Betriebsinteresse der bP stehenden Leistungen erbracht hätten, welche durch die vertraglich vereinbarten Geldleistungen abgegolten werden sollten, ist nicht ersichtlich. Die von der bP aufgrund der Bestandverträge an die MB1 und MB2 geleisteten Beträge sind nicht als Gegenleistung für "im unselbständigen Beschäftigungsverhältnis" bzw. "im Rahmen des Dienstverhältnisses" erbrachte Arbeitsleistungen zu qualifizieren, sondern als Mietzins für die gebrauchsweise Überlassung einer Werbefläche bzw. eines Parkplatzes zu Werbezwecken. Der entrichtete Mietzins kann damit mangels einer für ihn (neben dem bzw. zusätzlich zum Dienstverhältnis) erbrachten abhängigen Arbeitsleistung der MB1 und MB2 nicht als "auf Grund" des Dienstverhältnisses geleistetes Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG angesehen werden, zumal bereits die Verweisungsnorm des § 44 Abs. 1 ASVG klarstellt, dass als Grundlage für die Beitragsbemessung nur der "Arbeitsverdienst" in Frage kommt. Die Einbeziehung von Mietzinserträgen der Dienstnehmerinnen in die Beitragspflicht nach dem ASVG kommt damit nicht in Betracht.
Die nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge waren daher in Stattgabe der Beschwerde spruchgemäß von EUR 9.389,39 auf EUR 8.171,59 (Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 7.769,18 sowie Verzugszinsen in Höhe von EUR 402,41) herabzusetzen.
Unter Heranziehung der Bescheidbeilagen sowie der einen integrierten Bestandteil darstellenden Beitragskorrektur wurde die Berechnung der Beträge im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt. Da weder gegen die ermittelten Beitragsgrundlagen noch die rechnerische Richtigkeit der daraus resultierenden Nachverrechnungsbeträgen Einwände vorgebracht wurden und sich aus dem Akt auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beiträge nicht korrekt berechnet wurden, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine einheitliche - auszugsweise auch zitierte - ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum beitragsrechtlichen Entgeltbegriff im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Eine mündliche Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall unterbleiben, weil sich Fragen der Beweiswürdigung nicht stellen, der maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage geklärt und nicht als ergänzungsbedürftig erachtet werden konnte. Es wurden für die gegenständliche Entscheidung weder noch zu klärende Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen noch Rechtsfragen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätten. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Schlagworte
Beitragsnachverrechnung Beitragspflicht Kraftfahrzeug Mietvertrag WerbungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L501.2201810.1.00Im RIS seit
21.12.2020Zuletzt aktualisiert am
21.12.2020