Entscheidungsdatum
18.08.2020Norm
ASVG §410Spruch
W228 2169323-1/27E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch die XXXX GmbH & Co KG, gegen den Bescheid der vormaligen Wiener Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) vom 07.07.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. VwGVG stattgegeben und der Spruch mit der Maßgabe abgeändert, sodass dieser nunmehr zu lauten hat:
„Die XXXX GmbH, XXXX , 1070 Wien, ist als Dienstgeber verpflichtet für Herrn XXXX für den Zeitraum 01.04.2008 bis 31.12.2011 Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in Gesamthöhe von € 1.859,95 an die Österreichische Gesundheitskasse zu entrichten.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der vormaligen Wiener Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse (in der Folge: ÖGK) vom 07.07.2017, Zl. XXXX , wurde festgestellt, dass die XXXX GmbH (im Folgenden: Beschwerdeführerin) als Dienstgeberin verpflichtet ist, für den in der Anlage namentlich genannten Dienstnehmer ( XXXX ) für die dort angeführten Zeiten, Beiträge Sonderbeiträge und Umlagen in Gesamthöhe von € 4.890,84 an die WGKK zu entrichten. Begründend wurde ausgeführt, dass XXXX im Zeitraum 01.04.2008 bis 31.12.2011 bei der Beschwerdeführerin als Dienstnehmer beschäftigt gewesen sei. Herr XXXX habe mit der XXXX GmbH im Zeitraum 01.04.2008 bis 31.12.2011 einen Leasingvertrag abgeschlossen, wobei er vom 01.04.2008 bis 26.05.2009 einen Citroen C3 1,4 HDI und in der Folge einen Opel Corsa Style 1,3 CDTI geleast habe. Das Geld für die Leasingraten habe Herr XXXX von der Beschwerdeführerin erhalten. Herr XXXX habe beide Fahrzeuge für Privatfahrten benutzt. Die private Nutzung dieser Fahrzeuge habe mindestens 500 km pro Monat betragen. Des Weiteren seien im Zeitraum 01.04.2008 bis 31.12.2011 von der Beschwerdeführerin Herrn XXXX die Kosten für eine Garage bezahlt worden. Weder für den PKW-Sachbezug noch für die Kosten der Garage seien seitens der Beschwerdeführerin Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet worden. In Anwendung des § 539a ASVG seien die geleasten PKWs als arbeitgebereigene Kraftfahrzeuge im Sinne des § 4 Abs. 1 der Sachbezugswerteverordnung zu qualifizieren. Die Kosten für die Übernahme der Garagenkosten und der PKW Sachbezug seien als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG zu qualifizieren, weswegen sich die Beitragsgrundlage für Herrn XXXX erhöht habe und die Beschwerdeführerin die diesbezüglichen Beiträge gemäß § 58 Abs. 2 ASVG schulde.
Gegen diesen Bescheid erhob die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.08.2017 fristgerecht Beschwerde. Darin wurde auf eine beim Bundesfinanzgericht eingebrachte Beschwerde gegen die Haftungs- und Abgabenbescheides für die Jahre 2008 bis 2001 verwiesen und wurde – da gemäß § 50 ASVG für die Bewertung der Sachbezüge die Bewertung für die Zwecke der Lohnsteuer gilt - die Aussetzung des Verfahrens bis zur Vorlage der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts beantragt.
Die Beschwerdesache wurde gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 31.08.2017 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben datierend auf 26.09.2017 erteilte das Bundesverwaltungsgericht einen Verbesserungsauftrag an die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin. Es wurde ausgeführt, dass die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, der Beschwerde nicht zu entnehmen sind und sich weiters das Begehren ausschließlich auf die Aussetzung richtet und sonst kein weiteres Begehren ersichtlich ist. Daher wurde gemäß § 13 Abs. 3 AVG ein Verbesserungsauftrag, unter Hinweis auf die Rechtsfolgen der Nichtverbesserung, dahingehend erteilt, das Begehren und die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, zu ergänzen. Zudem wurde, da dem verfahrensgegenständlichen Akt in der o.a. Rechtssache keine Vollmacht zu entnehmen ist, aufgetragen, die Vollmacht vorzulegen.
Am 13.10.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein mit 12.10.2017 datiertes Schreiben der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin ein, in welchem jene mitteilte, dass sie sich betreffend das Vollmachtsverhältnis gemäß § 10 Abs. 1 AVG auf die erteilte Vollmacht berufe. Weiters wurde ausgeführt, dass im angefochtenen Bescheid die Sachbezugswerte in Höhe von 1,5% der Anschaffungskosten der KFZ angesetzt worden seien. Herr XXXX habe jedoch während des Prüfungszeitraumes ein eigenes KFZ gehabt, sodass beim Finanzamt beantragt wurde, den Sachbezugswert mit 0,75 % der Anschaffungskosten zur berücksichtigen, da die Privatfahrten unter 500 Kilometer monatlich liegen würden. Privatfahrten seien nur zwischen der Wohnung des Dienstnehmers und dem Betriebsort erfolgt, wenn der Dienstnehmer nicht die öffentlichen Verkehrsmittel verwendet habe. Für Privatfahrten in der Freizeit habe der Dienstnehmer sein Privatauto verwendet. Weiters sei im angefochtenen Bescheid keine Beitragsfreiheit für Massenbeförderungsmittel in Abzug gebracht worden. Vom beitragspflichtigen Sachbezugswert für die Zurverfügungstellung eines KFZ durch den Dienstgeber wären die fiktiven Kosten der Beförderung durch ein Massenbeförderungsmittel in Abzug zu bringen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 20.10.2017, Zl. W228 2169323-1/5E, die Beschwerde gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mangels Erfüllung des Verbesserungsauftrages zurückgewiesen, zumal die aufgetragene Vorlage der Vollmacht nicht erfolgte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 24.07.2018, Ra 2018/08/0074, der gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.10.2017 erhobenen Revision stattgegeben und den Beschluss wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 20.08.2018 die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin um Bekanntgabe der Aktenzahl betreffend das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht ersucht.
Mit Schreiben der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 23.08.2018 wurde die Verfahrens- und Geschäftszahl des beim Bundesfinanzgerichts anhängigen Beschwerdeverfahrens bekannt gegeben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 18.09.2018, Zl. W228 2169323-1/17Z, das Beschwerdeverfahren gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens beim Bundesfinanzgericht, Verfahrenszahl: RV/7105065/2017, (samt Entscheidung über allfällige Rechtsbehelfe durch den VwGH) ausgesetzt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 12.12.2019 der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom 22.05.2019, RV/7105065/2017, übermittelt. Zudem wurde ausgeführt, dass aufgrund der Einschränkung des Beschwerdebegehrens im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht der Spruchteil betreffend die Leasingkosten rechtskräftig geworden und der Aussetzungsgrund somit weggefallen sei.
Am 17.01.2020 langte eine mit 09.01.2020 datierte Stellungnahme der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde ausgeführt, dass im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht zwei Punkte anhängig gewesen seien, nämlich einerseits die Privatnutzung eines Leasingfahrzeuges und andererseits die steuerfreien Aufwandsentschädigungen für die unternehmensrechtlichen Geschäftsführer. Die Einschränkung des Beschwerdebegehrens vor dem Bundesfinanzgericht habe nur den zweiten Punkt betroffen, welcher im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht anhängig sei. Den in der Beschwerde vor dem Bundesfinanzgericht geltend gemachten halben Sachbezugswert in Höhe von 0,75 % der tatsächlichen Anschaffungskosten habe das Bundesfinanzgericht jedoch ausdrücklich bestätigt. Der im Schreiben vom 12.07.2017 angeführte Beschwerdepunkt, nämlich die Berücksichtigung des halben Sachbezugswertes werde daher aufrechterhalten. Ebenso der zweite Punkt, nämlich die Reduzierung des beitragspflichtigen Sachbezugswertes für die Zurverfügungstellung eines KFZ durch den Dienstgeber um die fiktiven Kosten der Beförderung durch ein Massenbeförderungsmittel, also den Abzug der Kosten für die Jahresnetzkarte in Wien, von den beitragspflichtigen Sachbezugswerten 2008 bis 2011.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 17.01.2020 der ÖGK das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.12.2019 an die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin sowie die Stellungnahme der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 09.01.2020 übermittelt.
Am 09.06.2020 langte eine Stellungnahme der ÖGK beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde ausgeführt, dass sich die Feststellung des Bundesfinanzgerichts, wonach Herr XXXX weniger als 500 Kilometer pro Monat für nicht beruflich veranlasste Fahrten zurückgelegt habe, auf die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts aufgrund der Befragung des Herrn XXXX in der durchgeführten Verhandlung gründe und liege der ÖGK das Protokoll der Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht nicht vor. Es werde daher auf die Feststellungen der ÖGK im Bescheid vom 07.07.2017 verwiesen. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die (fiktiven) Kosten für die Jahresnetzkarte dem Sachbezugswert angerechnet werden sollen, werde die Entscheidung des VwGH 92/08/0098 entgegengehalten.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 15.06.2020 das Bundesfinanzgericht um die Übermittlung des Verhandlungsprotokolls zu RV/7105065/2017 ersucht.
Am 18.06.2020 hat das Bundesfinanzgericht das Verhandlungsprotokoll zu RV/7105065/2017 an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 23.06.2020 der ÖGK das Verhandlungsprotokoll zu RV/7105065/2017 übermittelt. Des Weiteren wurde Ausführungen zur Sach- und Rechtslage getätigt.
Am 08.07.2020 langte eine Stellungnahme der ÖGK, in der auf die Ausführungen im Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.06.2020 repliziert wurde, beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin betreibt ein zahntechnisches Labor.
XXXX war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 01.04.2008 bis 31.12.2011 bei der Beschwerdeführerin als Dienstnehmer (Botenfahrer) beschäftigt.
Herr XXXX hat mit der XXXX GmbH im Zeitraum 01.04.2008 bis 31.12.2011 einen Leasingvertrag abgeschlossen, wobei er vom 01.04.2008 bis 26.05.2009 einen Citroen C3 1,4 HDI und in der Folge einen Opel Corsa Style 1,3 CDTI geleast hat. Die Anschaffungskosten des Citroen C3 1,4 HDI betrugen inklusive Umsatzsteuer und Normverbraucherabgabe € 17.933,34. Die Anschaffungskosten des Opel Corsa Style 1,3 CDTI betrugen inklusive Umsatzsteuer und Normverbraucherabgabe € 17.533,34. Herr XXXX hat der Beschwerdeführerin das geleaste Fahrzeug gegen Ersatz der Leasingkosten zur Verfügung gestellt.
Herr XXXX hat mit dem geleasten Fahrzeug Botenfahrten erledigt und dabei zwischen 25.000 und 30.000 Kilometer jährlich betrieblich zurückgelegt. Ein Verbot von Privatfahrten wurde nicht nachgewiesen.
Der Wohnsitz des Herrn XXXX war im verfahrensgegenständlichem Zeitraum zwischen 4,4 und 10,9 Kilometer vom Firmenstandort entfernt. Die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte wurden von Herrn XXXX mit dem Firmenfahrzeug durchgeführt. Herr XXXX legte sohin mit dem Firmenfahrzeug weniger als 500 Kilometer pro Monat für nicht beruflich veranlasste Fahrten zurück. Während des Urlaubes von Herrn XXXX war das Firmenfahrzeug am Firmenstandort abgestellt.
Des Weiteren wurden im Zeitraum 01.04.2008 bis 31.12.2011 Herrn XXXX von der Beschwerdeführerin die Kosten für eine Garage bezahlt.
Die Jahreskarte der Wiener Linien kostete in den Jahren 2008 bis 2011 jeweils € 458,00.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich insbesondere aus dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 22.05.2019, RV/7105065/2017, sowie aus der Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am 08.05.2019 und der Niederschrift über die Zeugenvernehmung vom 08.05.2019.
Herr XXXX führte im Zuge seiner Befragung als Zeuge vor dem Bundesfinanzgericht glaubhaft aus, dass er das Leasingfahrzeug zwar für die Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte verwendet habe, dass er darüber hinaus aber mit dem Firmenfahrzeug keine Privatfahrten durchgeführt habe, weil ihm dafür das Fahrzeug seiner ehemaligen Ehefrau zur Verfügung gestanden sei.
Laut Google Maps befand sich im verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Wohnsitz des Herrn XXXX zwischen 4,4 und 10,9 Kilometer vom Firmenstandort entfernt, weshalb bei der Annahme von 20 Arbeitstagen monatlich zwischen 176 und 436 Kilometer für Privatfahrten zurückgelegt wurden. Herr XXXX legte sohin mit dem Firmenfahrzeug weniger als 500 Kilometer pro Monat für nicht beruflich veranlasste Fahrten zurück.
Die Feststellungen zu den Anschaffungskosten der geleasten Fahrzeuge sind nicht strittig.
Ebenso unstrittig ist, dass Herrn XXXX im Zeitraum 01.04.2008 bis 31.12.2011 von der Beschwerdeführerin die Kosten für eine Garage bezahlt wurden.
Die Feststellung zum Preis der Jahreskarte der Wiener Linien ergibt sich aus einer diesbezüglichen Internet-Recherche.
3. Rechtliche Beurteilung:
Anzuwendendes Recht:
§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
Aufgrund der Bestimmungen des § 44 Abs. 1 ASVG gilt als Grundlage für die Beitragsbemessung der im Beitragszeitraum gebührende Arbeitsverdienst, wobei als Arbeitsverdienst das Entgelt im Sinne des § 49 ASVG anzusehen ist.
Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Als Entgelt gelten nach § 49 Abs. 3 Z 20 ASVG nicht die Beförderung der Dienstnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf Kosten des Dienstgebers sowie der Ersatz der tatsächlichen Kosten für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit Massenbeförderungsmitteln.
Nach § 58 Abs. 2 und 4 ASVG schuldet der Dienstgeber die auf ihn und auf den Versicherten entfallenden Beiträge; er hat diese Beiträge auf seine Gefahr und Kosten zur Gänze an den zuständigen Träger der Krankenversicherung unaufgefordert einzuzahlen.
Für die Bewertung der Sachbezüge gilt die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer (§ 50 ASVG idF BGBl. 189/1955, in Geltung bis 31.12.2015)
§ 4 Abs. 1 bis 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge ab 2002, BGBl. II Nr. 416/2011 haben folgenden Wortlaut:
„Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges
§ 4 (1) Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, dann ist ein Sachbezug von 1,5% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 600 Euro monatlich, anzusetzen. Die Anschaffungskosten umfassen auch Kosten für Sonderausstattungen.
(2) Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs. 1 im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist ein Sachbezugswert im halben Betrag (0,75% der tatsächlichen Anschaffungskosten, maximal 300 Euro monatlich) anzusetzen. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind unbeachtlich.“
Im gegenständlichen Fall war das geleaste Fahrzeug als arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug im Sinne des § 4 Abs. 1 der Sachbezugswerteverordnung zu qualifizieren.
Die Kosten für die Übernahme der Garagenkosten und der PKW Sachbezug waren als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG zu qualifizieren, weswegen sich die allgemeine Beitragsgrundlage für Herrn XXXX erhöhte.
Zumal Herr XXXX – wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt – mit dem arbeitgebereigenen Fahrzeug weniger als 500 Kilometer im Monat zurücklegte, ist lediglich ein Sachbezugswert in Höhe von 0,75 % der tatsächlichen Anschaffungskosten in Ansatz zu bringen.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die Reduzierung des beitragspflichtigen Sachbezugswertes für die Zurverfügungstellung eines KFZ durch den Dienstgeber um die fiktiven Kosten der Beförderung durch ein Massenbeförderungsmittel, also den Abzug der Kosten für die Jahresnetzkarte in Wien, begehrt werde, ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 01.03.1996, B2579/95, zu verweisen, wo wie folgt ausgeführt wird:
„Nach § 49 Abs 3 Z 20 ASVG gilt unter anderem die Beförderung der Dienstnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf Kosten des Dienstgebers sowie der Ersatz der tatsächlichen Kosten für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit Massenbeförderungsmitteln nicht als Entgelt. Der Bf. will die Überlassung eines Kraftfahrzeuges des Arbeitgebers für Fahrten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte dem ersten dieser beiden Tatbestände zuordnen. Ob diese Auffassung richtig ist, kann der VfGH dahingestellt sein lassen. Denn es wäre verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber in allen Fällen, in denen die Beförderung der Arbeitnehmer nicht vom Arbeitgeber selbst besorgt wird, mit Rücksicht auf die Schwierigkeit von Feststellungen über die tatsächliche Verwendung eines Dienstfahrzeuges und im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung nur die Kosten des Massenbeförderungsmittels für den Weg zur Arbeitsstätte berücksichtigt.
Nun ist freilich die Überlassung eines Kraftfahrzeuges für den Weg zur Arbeitsstätte auch nicht 'Ersatz der tatsächlichen Kosten für Fahrten ... mit Massenbeförderungsmitteln' im buchstäblichen Sinn. Da sie aber dem Arbeitnehmer solche Kosten erspart, ist sie in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung dem Ersatz solcher Kosten gleichzuhalten. Jedenfalls ist kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, zwar den Ersatz der Kosten eines tatsächlich benutzten Massenbeförderungsmittels beitragsfrei zu stellen, die tatsächliche Überlassung eines Kraftfahrzeuges des Arbeitgebers hingegen voll als Sachbezug zu werten. Eine solche Regelung würde eine unsachliche Differenzierung zwischen Personen, die ein Massenbeförderungsmittel benützen (können) und jenen bewirken, die ein Privatfahrzeug verwenden (müssen); sie verstieße daher gegen den Gleichheitssatz.
Der Fall der Überlassung eines Kraftfahrzeuges für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist im Gesetz aber offenkundig überhaupt nicht geregelt. Daß §49 Abs3 Z20 lückenhaft ist und verständiger Auslegung bedarf, ergeben schon die bei Gehrmann/Rudolph/Teschner/Fürböck, ASVG, 51. ErgLfg, 376, mitgeteilten Überlegungen der Rubrik 'Aus der Praxis', SoSi 1968, 33:
'Die Einschränkung auf Fahrten mit Massenbeförderungsmitteln muß so verstanden werden, daß der Ersatz von Fahrtkosten insoweit beitragsfrei ist, als er die Kosten, die bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels erwachsen wären, nicht übersteigt. Die Beitragsfreiheit müßte jedoch an sich unabhängig davon anerkannt werden, ob der Dienstnehmer tatsächlich ein Massenbeförderungsmittel benützt oder ob er mit einem eigenen Kraftfahrzeug zur Arbeitsstätte fährt. In manchen Gegenden stehen Massenbeförderungsmittel nicht zur Verfügung. Der Versicherte ist dann darauf angewiesen, sein eigenes Fahrzeug zu benützen. Unter diesen Voraussetzungen kommt im Hinblick auf den G.-Wortlaut nur die Möglichkeit in Betracht, unter Bedachtnahme auf die Entfernung einen fiktiven Autobustarif als Maßstab für die beitragsrechtliche Beurteilung von Kostenvergütung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte heranzuziehen.
Diese Rechtsauffassung hält der Hv., wie er mit Rundbrief an alle SV-Träger v. 21.12.1972, 26-37.15:37.25:37/72P/Sa, mitgeteilt hat, weiter aufrecht, weil weder durch die 29. Nov. zum ASVG noch durch das EinkommenssteuerG. 1972 eine Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Ergänzend wird noch ausgeführt: Da der Fahrtkostenzuschuß gem. §§58a DO.A, 50a DO.B und 46a DO.C auch bei Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unter Zugrundelegung jener Kosten zu bemessen ist, die bei Benützung eines öffentlichen Beförderungsmittels erwachsen wären, ist er nicht als Entgelt iS. des §49 Abs1 ASVG anzusehen und daher beitragsfrei zu behandeln.'
Nimmt man im Einklang mit dieser - offenbar ständig gehandhabten - Praxis an, daß das Gesetz unter tatsächlichen Kosten eines Massenbeförderungsmittels tatsächlich aufgelaufene Kosten bis zur Höhe der Kosten eines Massenbeförderungsmittels versteht, so kann auch die vorliegende Frage ohne Schwierigkeiten verfassungskonform gelöst werden:
Sollte die Überlassung des Fahrzeuges nicht ohnedies einer Beförderung durch den Arbeitgeber gleichzuhalten sein, so stellt sie eben einen - wie immer zu bewertenden - Sachbezug dar, der Kosten eines Massenbeförderungsmittels gar nicht erst entstehen läßt, weshalb der Wert dieses Sachbezuges dem Ersatz tatsächlich erwachsener Kosten der Fortbewegung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entspricht, die bis zur Höhe der (fiktiven) Kosten eines Massenbeförderungsmittels beitragsfrei zu belassen sind.“
Hinsichtlich dem, von der ÖGK in der Stellungnahme vom 09.06.2020 getätigten, Verweis auf die Entscheidung des VwGH vom 21.09.1993, Zl. 92/08/0098, ist darauf hinzuweisen, dass diese durch die eben zitierte, spätere Entscheidung des VfGH vom 01.03.1996, B2579/95, überholt ist. Somit wird auch die gegenläufige Entscheidung im Fall W178 2180152-1 vom 23.03.2018, welche von der ÖGK für ihren Standpunkt ins Treffen geführt wird, vom erkennenden Richter im Ergebnis nicht geteilt.
Im gegenständlichen Fall sind daher vom beitragspflichtigen Sachbezugswert für die Zurverfügungstellung eines KFZ durch die Beschwerdeführerin die fiktiven Kosten der Beförderung durch ein Massenbeförderungsmittel, sohin die Kosten für die Jahreskarte der Wiener Linien, in Abzug zu bringen.
Daraus ergibt sich folgende Erhöhung der Beitragsgrundlagen:
Im Kalenderjahr 2008 erhöhte sich die allgemeine Beitragsgrundlage des Herrn XXXX aufgrund des PKW-Sachbezuges um € 1.210,50 (=0,75% statt 1,5%), verringert um den Preis der Jahreskarte der Wiener Linien in Höhe von € 458,00, ergibt eine Erhöhung der Beitragsgrundlage um € 752,50.
Im Kalenderjahr 2009 erhöhte sich die allgemeine Beitragsgrundlage des Herrn XXXX aufgrund des PKW-Sachbezuges um € 1.593 (=0,75% statt 1,5%), verringert um den Preis der Jahreskarte der Wiener Linien in Höhe von € 458,00, ergibt eine Erhöhung der Beitragsgrundlage um € 1.135.
Im Kalenderjahr 2010 und 2011 erhöhte sich die allgemeine Beitragsgrundlage des Herrn XXXX aufgrund des PKW-Sachbezuges jeweils um € 1.578 (=0,75% statt 1,5%), verringert jeweils um den Preis der Jahreskarte der Wiener Linien in Höhe von € 458,00, ergibt eine Erhöhung der Beitragsgrundlage jeweils um € 1.120.
Daraus ergeben sich im Jahr 2008 von der Beschwerdeführerin zu entrichtende Beiträge in Höhe von € 300,25, im Jahr 2009 Beiträge in Höhe von € 452,87 sowie in den Jahren 2010 und 2011 jeweils Beiträge in Höhe von € 446,88.
Aufgrund der Übernahme der Garagenkosten durch die Beschwerdeführerin erhöhte sich die allgemeine Beitragsgrundlage des Herrn XXXX im Jahr 2008 um € 130,77 und in den Jahren 2009 bis 2011 jeweils um € 174,36.
Daraus ergeben sich im Jahr 2008 von der Beschwerdeführerin zu entrichtende Beiträge in Höhe von € 52,18 und in den Jahren 2009 bis 2011 jeweils Beiträge in Höhe von € 69,57.
Insgesamt sind daher von der Beschwerdeführerin für Herrn XXXX für den Zeitraum 01.04.2008 bis 31.12.2011 Beiträge in Höhe von € 1.907,76 aushaftend. In diesem Beitragsnachtrag wurden auch Wohnbauförderungsbeiträge in der Höhe von € 47,81 vorgeschrieben. Da die ÖGK sachlich nicht zuständig ist, Beiträge nach dem Bundesgesetz über die Wohnbauförderungsbeiträge vorzuschreiben, waren € 1.859,95 spruchgegenständlich.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Der VwGH kam, betreffend den Abzug der fiktiven Kosten der Beförderung durch ein Massenbeförderungsmittel, in seiner Entscheidung vom 21.09.1993, Zl. 92/08/0098, zu einem anderen Ergebnis als der VfGH in dessen früheren Entscheidung vom 16.06.1992, B511/91. Der VfGH kam in der späteren Entscheidung vom 01.03.1996, B2579/95, wiederum zu einem anderen Ergebnis als der VwGH und nahm auch Bezug auf letztere Entscheidung.
Da sich die gegenständliche Entscheidung von der Entscheidung des VfGH vom 01.03.1996, B2579/95, leiten ließ, weicht sie von der Entscheidung des VwGH vom 21.09.1993, Zl. 92/08/0098, ab.
Schlagworte
Beitragsgrundlagen Beitragszahlungen Kraftfahrzeug private Nutzung Rechtsanschauung des VfGH Revision zulässig SachleistungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W228.2169323.1.00Im RIS seit
21.12.2020Zuletzt aktualisiert am
21.12.2020