TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/20 W133 2227506-1

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Veröffentlicht am 20.08.2020
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Entscheidungsdatum

20.08.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W133 2227506-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 02.12.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin stellte am 22.07.2019 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als „belangte Behörde“ bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Diesem Antrag legte sie einen ärztlichen Entlassungsbrief eines näher genannten Landesklinikums vom 11.01.2019 und einen Laborbefund vom 12.06.2019 bei.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Gutachten vom 03.11.2019 wurde auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkung der Leidensposition

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

ab 01/2019 insulinpflichtiger Diabetes bei stabiler Stoffwechsellage, metabolisches Syndrom

Oberer Rahmensatz bei zufriedenstellendem Krankheitsverlauf unter funktioneller Insulintherapie.

09.02.02

40

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. eingeschätzt. Die Entfernung der Gallenblase ohne Komplikationen erreiche keinen Grad der Behinderung.

Mit Schreiben vom 04.11.2019 räumte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin ein förmliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG samt Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Das eingeholte Gutachten vom 03.11.2019 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage übermittelt.

Die Beschwerdeführerin brachte innerhalb der ihr eingeräumten Frist keine Stellungnahme ein.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 02.12.2019 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da sie mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 von Hundert (v.H.) die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 27.12.2019, bei der belangten Behörde eingelangt am 31.12.2019, fristgerecht eine Beschwerde. Darin bringt die Beschwerdeführerin vor, dass sie zum Schreiben vom 04.11.2019 nicht habe Stellung nehmen können, da die benötigten Befunde der Rehabilitationsanstalt erst mit Anfang Dezember bei ihr eingelangt seien. Aufgrund des Grades ihrer Erkrankung, welcher aus den beiliegenden Befunden ersichtlich sei, ersuche sie um Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerde wurde ein Befund einer näher genannten Rehabilitationsanstalt vom 13.11.2019 beigelegt.

Die belangte Behörde legte am 14.01.2020 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W115 zugeteilt.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Wirksamkeit vom 07.02.2020 der Gerichtsabteilung W115 abgenommen und der Gerichtsabteilung W133 neu zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin brachte am 22.07.2019 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.

Sie ist österreichische Staatsbürgerin und hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Bei der Beschwerdeführerin besteht folgende Funktionseinschränkung, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern wird:

?        Insulinpflichtiger Diabetes bei stabiler Stoffwechsellage und metabolischem Syndrom bei zufriedenstellendem Krankheitsverlauf unter funktioneller Insulintherapie.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 40 v.H.

Die Entfernung der Gallenblase ohne Komplikationen erreicht keinen Grad der Behinderung.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkung, deren Ausmaß, medizinischer Diagnose und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 03.11.2019 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden medizinischen Befunde und der Untersuchungsergebnisse im Gutachten ist eine höhere Einschätzung des festgestellten Leidenszustandes zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergeben sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht aktuell eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister und ihren eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 03.11.2019. In diesem Gutachten wird auf die Art des Leidens der Beschwerdeführerin und dessen Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffene Einschätzung, welche auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden basiert, entspricht auch der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung (diesbezüglich wird auch auf die oben auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in den Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigung wurde nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Im Jänner 2019 wurde bei der Beschwerdeführerin ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus 1 LADA diagnostiziert. Die Stoffwechsellage ist stabil, es liegt ein metabolisches Syndrom vor. Die beigezogene Gutachterin ordnete dieses Leiden der Positionsnummer 09.02.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu, welche einen insulinpflichtigen Diabetes bei funktioneller Einstellung, gutem Allgemeinzustand und stabiler Stoffwechsellage betrifft. Aufgrund des bei der Beschwerdeführerin bestehenden zufriedenstellenden Krankheitsverlaufes unter funktioneller Insulintherapie ordnete die Gutachterin diese Funktionseinschränkung nachvollziehbar dem oberen, mit 40 v.H. bewerteten Rahmensatz dieser Positionsnummer zu. Diese Einschätzung stimmt auch mit dem vorliegenden Laborbefund vom 12.06.2019 überein (HbA1 c 7,1 %). Die Zuordnung zur nächst höheren Positionsnummer 09.02.04 der Einschätzungsverordnung würde insbesondere das Vorliegen einer instabilen Stoffwechsellage sowie eines reduzierten Allgemeinzustandes bedingen. Bei ihrer persönlichen Untersuchung am 18.09.2019 zeigte sich die Beschwerdeführerin jedoch in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand (Größe: 167,00 cm, Gewicht: 73,00 kg). Das Vorliegen einer instabilen Stoffwechsellage wurde von ihr nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Befunden. Die gegenständlich richtige Beurteilung des Diabetes-Leidens wird insbesondere auch durch den von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Befund einer näher genannten Rehabilitationsanstalt vom 13.11.2019 bestätigt. Diesem Befund ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin im Herbst 2019 22 Tage lang in der Rehabilitationsanstalt im Rahmen einer Anschlussrehabilitation zur weiteren Blutzuckeroptimierung aufhältig war. Bereits bei ihrer Aufnahme zeigte sich die Beschwerdeführerin laut diesem Befund in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand (Größe: 164,00 cm, Gewicht: 76,1 kg). Im Rahmen dieses Aufenthalts wurde bei der Beschwerdeführerin eine Insulinpumpentherapie etabliert, das Handling der Pumpe stellte sich als komplikationslos heraus. Gegen Ende des Aufenthalts fand sich eine stabile Blutzuckereinstellung unter 8IE/24h. Insgesamt konnte die Beschwerdeführerin nach erfolgreicher Umstellung auf eine Insulinpumpentherapie in gutem Allgemein- und Ernährungszustand (Größe: 164,00 cm, Gewicht: 74,9 kg) nach Hause entlassen werden. Insofern ist die Einstufung des Diabetes mellitus durch die beigezogene Ärztin für Allgemeinmedizin im Gutachten vom 03.11.2109 nicht zu beanstanden.

Die Entfernung der Gallenblase ohne Komplikationen erreicht keinen Grad der Behinderung und konnte daher gegenständlich keiner Einstufung unterzogen werden.

Zusammengefasst ist daher vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht ersichtlich, dass die Gutachterin die Funktionseinschränkung der Beschwerdeführerin tatsachenwidrig beurteilt hätte.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde sowie der mit der Beschwerde vorgelegte Befund einer näher genannten Rehabilitationsanstalt vom 13.11.2019 waren somit im Ergebnis nicht geeignet, das vorliegende Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 03.11.2019. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45.

(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

…“

Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten vom 03.11.2019 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 40 v.H. beträgt. Die Gesundheitsschädigung wurde in dem Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwendungen und der mit der Beschwerde vorgelegte Befund nicht geeignet, das vorliegende Gutachten zu entkräften.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 BBG eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien stellten zudem keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W133.2227506.1.00

Im RIS seit

21.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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