Entscheidungsdatum
04.11.2020Norm
ASVG §18aSpruch
W156 2235649-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde(n) des XXXX , vertreten durch TEICHT & JÖCHL Rechtsanwälte, gegen die Bescheide der Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle Wien, vom 16.06.2020, Aktenzeichen: XXXX , und vom 25.08.2020, Aktenzeichen: XXXX , betreffend Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG zu Recht:
A) I. Der Bescheid vom 25.08.2020 wird ersatzlos behoben.
II. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 16.06.2020 wird als unbegründet abgewiesen.
III. Das Kostenbegehren wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 74 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Antrag vom 08.06.2020 begehrte Herr XXXX (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes rückwirkend für die Zeiträume 01.01.2003 bis 31.12.2012 und ab dem 01.01.2019.
2. Mit Bescheid vom 16.06.2020 hat die Pensionsversicherungsanstalt (in weiterer Folge: belangte Behörde) den Antrag abgelehnt.
Begründet wurde die Ablehnung mit dem Umstand, dass ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine laufende eigene Leistung aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung vorliege.
3. Gegen den Bescheid vom 16.06.2020 brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht einlangend am 09.07.2020 Beschwerde ein. Die Ablehnung sei rechtswidrig erfolgt, da der Ausschließungsgrund mit der Novelle BGBl I 2015/2 ersatzlos gestrichen worden sei. Der Leistungsbezug aus der Pensionsversicherung stehe der Zuerkennung der Selbstversicherung nicht mehr entgegen.
4. Am 25.08.2020 erließ die belangte Behörde einen weiteren Bescheid zum selben Antrag. Der Antrag des Beschwerdeführers werde abgelehnt, da die Beitragszeiten nicht (mehr) leistungswirksam erworben werden können.
5. Auch gegen den Bescheid vom 25.08.2020 brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde ein. Es sei über den Antrag schon mit Bescheid vom 16.06.2020 entschieden worden und zu diesem eine Beschwerde beim BVwG anhängig. Der neuerliche Bescheid der belangten Behörde sei daher nichtig. Aus anwaltlicher Vorsicht werde jedoch auch gegen den Bescheid vom 25.08.2020 Beschwerde erhoben. Die Scheinbegründung in diesem Bescheid treffe nicht zu, die beantragten Zeiträume könnten auch rückwirkend erworben werden. Zudem stelle der Beschwerdeführer den Antrag, die Verfahrenskosten idH von 280,54 Euro der belangten Behörde aufzutragen.
6. Der Beschwerdeakt wurde am 28.09.2020 dem BVwG vorgelegt. Aus prozessökonomischen Gründen werde ersucht, die Beschwerden zusammenzulegen und gemeinsam zu entscheiden. Aufgrund der (ersten) Beschwerde habe man anstaltsintern den Sachverhalt geprüft und den korrigierten Bescheid am 25.08.2020 erlassen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stellte datiert mit 19.05.2020 einen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes.
Dieser Antrag langte am 07.06. bzw 08.06.2020 bei der belangten Behörde ein.
Der Beschwerdeführer lebt mit seiner 1987 geborenen Tochter im gemeinsamen Haushalt.
Ab Juli 1993 bis zumindest Juli 2018 wurde eine erhöhte Familienbeihilfe bezogen.
Der Beschwerdeführer bezieht seit 01.10.2004 eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer.
Die belangte Behörde erließ nach dem Einlangen der Beschwerde gegen den Erstbescheid vom 16.06.2020 am 25.08.2020 einen weiteren „korrigierten Bescheid“ zum selben Antrag.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Sachverhaltsfeststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage getroffen werden.
Ob der Antrag des Beschwerdeführers am 07. oder 08.06.2020 bei der belangten Behörde eingelangt ist, ist ungeklärt. Im Bescheid vom 16.06.2020 ist der 08.06.2020 als Eingangsdatum angeführt, im Bescheid vom 25.08.2020 der 07.06.2020. Da jedoch unstrittig ist, dass es sich in beiden Bescheiden um denselben Antrag handelt, ist das tatsächliche Datum +/- einen Tag verfahrensbezogen irrelevant.
Der gemeinsame Haushalt des Beschwerdeführers und seiner Tochter ergibt sich aus dem Akteninhalt, ebenso der Bezug der erhöhten Familienbeihilfe.
Die vorzeitige Alterspension des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem Pensionsbescheid vom 12.10.2004.
Aktenkundig ist auch, dass die Behörde einen sogenannten „korrigierten Bescheid“ nach dem Einlangen der Beschwerde und nach neuerlicher Prüfung des Sachverhaltes erlassen hat. In dieser als „Bescheid“ bezeichneten Erledigung wies die belangte Behörde den Antrag neuerlich ab, jedoch mit einer anderen Begründung.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchpunkt A. I. Behebung des Bescheides vom 25.08.2020:
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen im VwGVG:
§ 14. (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
3.1.2. Auf den Beschwerdefall bezogen:
Bevor inhaltlich auf die Beschwerde gegen den Bescheid vom 25.08.2020 eingegangen werden kann, ist zu klären, ob der angefochtene Bescheid vom 25.08.2020 als Beschwerdevorentscheidung qualifiziert werden kann, oder - unzulässigerweise - als „korrigierter Bescheid" in derselben Sache erlassen wurde, welche die belangte Behörde bereits mit Bescheid vom 16.06.2020 erledigt hatte.
Der Bescheid vom 25.08.2020 ist nicht als "Beschwerdevorentscheidung" bezeichnet. Er ist mit der Überschrift "Bescheid" versehen und in seiner Gesamtheit nicht das Wort "Beschwerdevorentscheidung". Auch sein Spruch spricht gegen eine Deutung als Beschwerdevorentscheidung - dieser nimmt nicht auf eine durch den Bescheid nunmehr erledigte Beschwerde gegen einen bereits erlassenen Bescheid Bezug, sondern bringt den Willen zum Ausdruck, unmittelbar den "Antrag vom 07.06.2020" zu erledigen.
Der kursorisch gehaltene Bescheid nimmt in keiner Weise Bezug auf die die Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen regelnden Vorschriften des § 14 VwGVG. Der angefochtene Bescheid geht auch nicht darauf ein, ob die eingebrachte Beschwerde rechtzeitig und auch sonst zulässig erhoben worden ist. Aus der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom 25.08.2020 ergibt sich nichts, was auf seine Eigenschaft als Beschwerdevorentscheidung hinweisen könnte. Sie enthält keine Hinweise auf die für Beschwerdevorentscheidungen relevante Frist von 2 Wochen zur Einbringung eines Vorlageantrags (§ 15 VwGVG), sondern belehrt über die für "reguläre" Bescheide maßgebliche Frist von 4 Wochen (§ 7 Abs. 4 VwGVG) sowie über das Recht, "Beschwerde" an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben.
Das Bundesverwaltungsgericht kann es dahingestellt lassen, ob die Qualifikation eines Bescheides als Beschwerdevorentscheidung zwingend erfordert, dass dieser ausdrücklich die Normen der §§ 14, 15 VwGVG zitiert oder ausdrücklich als "Beschwerdevorentscheidung" bezeichnet ist. Selbst wenn dies nicht notwendig sein sollte, muss doch der Charakter als Beschwerdevorentscheidung aus der Erledigung selbst, und zwar, wenn schon nicht aus deren Spruch, so zumindest aus der Begründung (oder wenigstens der Rechtsmittelbelehrung) hinreichend erkennbar werden.
Aus der Erledigung selbst ist im vorliegenden Fall daher zu schließen, dass diese keine Beschwerdevorentscheidung, sondern einen neuerlichen Bescheid darstellt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 57 [Stand 1.7.2005, rdb.at] Rz 13).
Durch die Erlassung eines zweiten (korrigierten) Bescheides in derselben Sache, in der bereits ein Bescheid (vom 16.06.2020) ergangen war, verletzte die belangte Behörde das (auch in § 68 AVG zum Ausdruck kommende) Gebot der Unwiederholbarkeit, weil auch kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass (etwa wegen geänderter Sach- oder Rechtslage) über eine "neue Sache" zu entscheiden gewesen wäre.
Wurde über einen bestimmten Sachverhalt bescheidmäßig abgesprochen, kann bei Gleichbleiben der tatsächlichen Verhältnisse und rechtlichen Grundlagen keine weitere Entscheidung in dieser Sache (nicht einmal eine gleichlautende, "bestätigende") Erledigung ergehen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 [Stand 1.3.2018, rdb.at] Rz 20). Die Unwiederholbarkeit tritt bereits mit Erlassung des Bescheides ein (aaO Rz 21).
Ausnahmen von der Unwiederholbarkeit gelten zwar insofern, als nach Einbringung eines rechtzeitigen und zulässigen Rechtsmittels (hier: der Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.04.2018) in derselben Sache eine Rechtsmittelentscheidung, sei es durch das Verwaltungsgericht oder durch die Behörde ergehen kann (im letztgenannten Fall aber eben nur in Form einer Beschwerdevorentscheidung, die ihrerseits spezielle Rechtsfolgen und Fristen auslöst). Außerhalb dieser Ausnahmen für Rechtsmittelentscheidungen sieht § 68 AVG noch weitere Möglichkeiten der Behörde zum Eingriff in die Unwiederholbarkeitswirkung vor, die hier allerdings nicht in Betracht kommen.
Das Bundesverwaltungsgericht übersieht auch nicht, dass § 68 Abs. 2 AVG es grundsätzlich zulässt, noch während eines anhängigen Beschwerdeverfahrens einen neuerlichen Bescheid in derselben Sache zu erlassen, und dass "die Anhängigkeit einer zulässigen Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht einer Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG nicht zuwiderläuft" (VwGH 16.11.2015, VwGH Ra 2015/12/0029 [=VwSlg. 19.245 A/2015]), dies gilt allerdings nur im Fall, dass sich ein solcher neuerlicher Bescheid für den Beschwerdeführer als den bisherigen Bescheid aufhebend oder (begünstigend) abändernd auswirkt, sohin gleichsam auf eine zumindest teilweise Klaglosstellung hinausliefe, nicht aber im hier gegebenen Fall einer bloßen Wiederholung der bisherigen Bescheidlage.
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass der Bescheid vom 25.08.2020 grundsätzlich zwar wirksam zustande kam, aber rechtswidrig ist, weil er im anzuwendenden Verfahrensrecht keine Deckung findet. Der unter Verletzung des Gebots der Unwiederholbarkeit ergangene Bescheid vom 25.08.2020 war daher ersatzlos zu beheben.
3.2. Zu Spruchpunkt A.II. Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 16.06.2020
3.2.1. Gesetzliche Grundlagen ASVG:
§ 18. (…..)
(2) Der Antrag auf Selbstversicherung kann bis zum Stichtag (§ 223 Abs. 2) gestellt werden. Wird die Berechtigung zur Selbstversicherung erst nach dem Stichtag in einem vor dem Stichtag eingeleiteten Verfahren festgestellt, so können die Beiträge zur Selbstversicherung auch nach dem Stichtag wirksam entrichtet werden.
(…..)
§ 18a. (1) Personen, die ein behindertes Kind, für das erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, gewährt wird, unter überwiegender Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während dieses Zeitraumes ihren Wohnsitz im Inland haben, längstens jedoch bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres des Kindes, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Der gemeinsame Haushalt besteht weiter, wenn sich das behinderte Kind nur zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält. Eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes kann jeweils nur für eine Person bestehen.
(2) Die Selbstversicherung ist für eine Zeit ausgeschlossen, während der
1. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 2/2015)
2. eine Ausnahme von der Vollversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 besteht oder auf Grund eines der dort genannten Dienstverhältnisse ein Ruhegenuß bezogen wird oder
3. eine Ersatzzeit gemäß § 227 Abs. 1 Z 3 bis 6 oder § 227a vorliegt.
(3) Eine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft im Sinne des Abs. 1 wird jedenfalls dann angenommen, wenn und so lange das behinderte Kind
1. das Alter für den Beginn der allgemeinen Schulpflicht (§ 2 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76/1985) noch nicht erreicht hat und ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
2. während der Dauer der allgemeinen Schulpflicht wegen Schulunfähigkeit (§ 15 des Schulpflichtgesetzes 1985) entweder von der allgemeinen Schulpflicht befreit ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
3. nach Vollendung der allgemeinen Schulpflicht und vor Vollendung des 40. Lebensjahres dauernd bettlägrig ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf.
(4) Die Selbstversicherung ist in dem Zweig der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zulässig, in dem der (die) Versicherungsberechtigte zuletzt Versicherungszeiten erworben hat. Werden keine Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz nachgewiesen oder richtet sich deren Zuordnung nach der ersten nachfolgenden Versicherungszeit, so ist die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten zulässig.
(5) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den der (die) Versicherte wählt, frühestens mit dem Monatsersten, ab dem die erhöhte Familienbeihilfe (Abs. 1) gewährt wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt.
(6) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonates,
1. in dem die erhöhte Familienbeihilfe oder eine sonstige Voraussetzung (Abs. 1) weggefallen ist,
2. in dem der (die) Versicherte seinen (ihren) Austritt erklärt hat.
Ab dem erstmaligen Beginn der Selbstversicherung (Abs. 5) gelten die Voraussetzungen bis zum Ablauf des nächstfolgenden Kalenderjahres als erfüllt; in weiterer Folge hat der Versicherungsträger jeweils jährlich einmal festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung nach Abs. 1 gegeben sind. Der Versicherte ist verpflichtet, den Wegfall der erhöhten Familienbeihilfe dem Träger der Pensionsversicherung binnen zwei Wochen anzuzeigen.
(7) Das Ende der Selbstversicherung steht hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 lit. a gleich.
§ 223. (1) Der Versicherungsfall gilt als eingetreten:
1. bei Leistungen aus den Versicherungsfällen des Alters mit der Erreichung des Anfallsalters;
2. bei Leistungen aus den Versicherungsfällen geminderter Arbeitsfähigkeit, und zwar
a) im Falle der Invalidität, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit mit deren Eintritt, wenn aber dieser Zeitpunkt nicht feststellbar ist, mit der Antragstellung;
(Anm.: lit. b aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2011)
3. bei Leistungen aus dem Versicherungsfall des Todes mit dem Tod.
(Anm.: Z 4 aufgehoben)
(2) Der Stichtag für die Feststellung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist und auch die anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, sowie in welchem Zweig der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt, ist bei Anträgen auf eine Leistung nach Abs. 1 Z 1 oder 2 der Tag der Antragstellung, wenn dieser auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Tag der Antragstellung folgende Monatserste. Bei Anträgen auf eine Leistung nach Abs. 1 Z 3 ist der Stichtag der Todestag, wenn dieser auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Todestag folgende Monatserste.
§ 669. (…..)
(3) Die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a kann auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen. § 18 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.
(…..)
3.2.2. Auf den Beschwerdefall bezogen:
Die Begründung der belangten Behörde im Bescheid vom 16.06.2020, wonach der Antrag abzulehnen sei, da beim Beschwerdeführer ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine laufende eigene Leistung aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung vorliegt, erweist sich als rechtswidrig, da – wie in der Beschwerde richtigerweise ausgeführt – dieser Ausschlussgrund mit der Novelle BGBl I 2015/2 ersatzlos gestrichen wurde.
Dennoch führt die Beschwerde nicht zum Erfolg:
Aus § 669 Abs 3 ASVG ergibt sich, dass die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a nur auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden kann, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen. Zudem ist § 18 Abs. 2 ASVG sinngemäß anzuwenden. Aufgrund des Verweises aus § 18 Abs 2 kann der Antrag auf Selbstversicherung nur bis zum Stichtag gestellt werden (vgl. Sonntag, Kommentar zum ASVG, RZ 10 zu § 18a ASVG).
Der Antrag auf Selbstversicherung kann gemäß § 18 Abs. 2 ASVG bis zum Stichtag (§ 223 Abs. 2) gestellt werden.
Dieser Stichtag für die Feststellung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist (….) ist bei Anträgen auf eine Leistung nach Abs. 1 Z 1 oder 2 der Tag der Antragstellung, wenn dieser auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Tag der Antragstellung folgende Monatserste.
Der im Juni 2020 gestellte Antrag des Beschwerdeführers liegt jedoch unzweifelhaft nach dem im § 18 Abs 2 ASVG genannten Stichtag des § 223 Abs 2, da der Stichtag mit dem Pensionsantritt des Beschwerdeführers im Oktober 2004 erwirkt wurde.
Eine rückwirkende Selbstversicherung gemäß § 18a ASVG ist daher fallbezogen nicht mehr möglich.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zu Spruchpunkt A. III. Zurückweisung des Antrags auf Kostenersatz:
Den Ersatz von Verfahrenskosten sieht das VwGVG nur in den besonderen Fällen der Maßnahme- oder Verhaltensbeschwerde vor (§§ 35, 53 VwGVG). Das – in Ermangelung sonstiger Regelungen des VwGVG zum Kostenersatz anzuwendende – AVG (§ 17 VwGVG) normiert als Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (§ 74 Abs. 1 AVG). Dieser Grundsatz gilt für sämtliche Parteienkosten, also etwa Anwaltskosten, Kosten für Privatgutachten etc. (VwSlg. 16.636 A/2005 mwN). Von diesem Grundsatz abweichende Regelungen können in den Verwaltungsvorschriften zwar vorgesehen sein (§ 74 Abs. 2 AVG), sind aber für die im Beschwerdefall strittige Materie nicht vorhanden.
Das Kostenersatzbegehren war daher als unzulässig zurückzuweisen.
3.4. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027.
3.5. Zu B) (Un-)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Für die beschwerdegegenständliche Fragestellung sind klare gesetzliche Bestimmungen vorliegend.
Schlagworte
Antragstellung Kostenersatz Pensionsversicherung Rechtslage Rechtswidrigkeit Selbstversicherung StichtagEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2235649.1.00Im RIS seit
21.12.2020Zuletzt aktualisiert am
21.12.2020